Kommen wir zu einem weiteren Problem: Im weiteren Verlauf hat Frau Schmidt nun einen Platz in einer Rehabilitationseinrichtung und Jonathan darf als Begleitkind auch bei ihr sein. Aber nur selten und nur verbunden mit einem sehr hohen organisatorischen Aufwand, wie es zum Beispiel – Frau Meißner hat es ja bereits angesprochen – dem Suchthilfezentrum WENDEPUNKT in Wolfersdorf gelingt, können Einrichtungen die notwendigen sozialpädagogischen Unterstützungsbedarfe für Begleitkinder durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten. Denn oftmals scheitert die Realisierung für diese Hilfen an viel zu vielen bürokratischen Hürden.
Und nicht nur das – die Klinik Römhild schrieb in ihrer Stellungnahme: „Nachteilig ist, bei uns können die Kinder lediglich als Begleitkinder aufgenommen werden, obwohl sie parallel eigentlich einer eigenen psychotherapeutischen Behandlung bedürfen.“ Auf die Nachfrage, warum dies nicht möglich sei, erwiderten sie, dass die Krankenkassen eine psychotherapeutische Behandlung des Kindes ablehnen, solange sich ein Elternteil in einer Reha-Maßnahme befindet. Und das eigentlich Absurde ist, dass in der Klinik Römhild das nötige Fachpersonal für eine Therapie der Kinder vor Ort ist. Es sind sozusagen die Therapeuten da, es findet sich nur niemand, der die Kosten dafür übernehmen würde. Es ist in unserem Rechtssystem bis heute nicht möglich, das System Familie in die medizinische Rehabilitation zu vermitteln. Selbst wenn klar ist, dass die Krankheit Sucht die Therapie der gesamten Familie erfordert; die bestehenden gesetzlichen Regelungen sowie die gesamte Infrastruktur der Therapie von Suchtkranken bieten hierfür keinerlei Option.
Bereits 2003 wurden auf einer Fachkonferenz im Bundesgesundheitsministerium zehn Eckpunkte zur Verbesserung der Situation von Kindern aus suchtbelasteten Familien verabschiedet. Unter Punkt 1 heißt es: „Kinder aus suchtbelasteten Familien haben ein Recht auf Unterstützung und Hilfe, unabhängig davon, ob ihre Eltern bereits Hilfeangebote in Anspruch nehmen.“ Doch bis heute ist nichts geschehen – nach 15 Jahren! –, um diesen Kindern einen gesetzlichen Anspruch auf Hilfe zu geben. Die Bundesdrogenberichte halten immer wieder fest, dass Kinder von Suchtkranken in Deutschland oft keine adäquate Hilfe und Unterstützung erhalten und dass für sie eine flächendeckende Hilfe im Rahmen einer Regelfinanzierung notwendig ist. Aber wie diese Regelfinanzierung sichergestellt werden kann, darauf hat die Bundespolitik bis heute keine Antwort gegeben. Es gibt bis heute in den Sozialgesetzbüchern auch keine Anspruchsgrundlage für diese Kinder auf präventive Hilfe. Erst wenn es zu spät ist, erst wenn die Kinder und Jugendlichen infolge ihres Aufwachsens in einer dauerhaft von Unberechenbarkeit und emotionaler Abwesenheit der Eltern geprägten Atmosphäre krank oder sozial auffällig werden, erst dann greifen die Hilfeansprüche aus der Jugendhilfe oder der Krankenversicherung.
Die umfangreiche Anhörung verschiedener Vereine, Fachverbände, Leistungserbringer und Kostenträger zum Thema hat gezeigt, dass die Behandlung suchtkranker Eltern mit ihren Kindern mit dem Angebot der gemeinsamen stationären Aufnahme eine große Chance bietet, die Kontinuität der Beziehung aufrechtzuerhalten und die gegenseitigen Ressourcen zu nutzen und zu stärken. Aus diesem Grund bedarf es eben einer Anpassung der erforderlichen gesetzlichen Grundlagen, der Behandlungszeiten und der Rahmenbedingungen sowohl
für die Entgiftung und die Rehabilitation als auch für die ambulante Nachsorge für suchtkranke Eltern mit ihren Kindern.
Die im Antrag aufgeführten Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene, die sich aus der Anhörung ergeben haben, sollen außerdem dazu führen, dass bei einem entsprechenden Behandlungsbedarf eine zeitnahe Umwandlung des Status des Kindes als Begleitperson in den des Patienten mit entsprechenden Behandlungen und Therapien möglich wird. Der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Prof. Dr. Stachowske, welcher Anfang der Neunziger eine stationäre Eltern-Kind-Einrichtung für drogenabhängige Eltern und ihre Kinder konzipierte und selbst bis 2011 leitete, drückte es in seiner Stellungnahme so aus – ich zitiere –: „Aufgrund dieser Erfahrung möchte ich ohne Einschränkung drauf hinweisen, dass gut entwickelte Therapieangebote für Eltern und ihre Kinder – und dies meint Kinder jeglichen Alters – sinnvolle und erfolgreiche Therapiekonzepte sein können. Von den Eltern und ihren Kindern, die die Therapieprozesse regelhaft beendet haben, ist kaum jemand rückfällig geworden. Viele der Kinder, die an diesen Therapien teilgenommen haben, habe ich auch mittel- und langfristig in ihrer Lebensentwicklung begleiten können. Ich weiß, dass sie hohe Bildungsabschlüsse erreicht haben, dass sie sich zu kreativen und liebenswürdigen Menschen entwickelt haben, es sind Studienabschlüsse im In- und Ausland abgeschlossen worden usw. Kurz: Dies ist die geeignete und für mich die einzig geeignete Art der Therapie dieser Familiensysteme.“ Auch bei allen Belastungen in diesen Familien, auch diese Kinder lieben ihre Eltern. Mit der richtigen Art von Unterstützung können die Familien mit den suchtbedingten Schwierigkeiten zurechtkommen und die Kinder haben dann eine gute Chance, sich zu gesunden, reifen und lebensfrohen Erwachsenen zu entwickeln. Und Ziel muss es sein, die Eltern trotz Suchterkrankung zu unterstützen, schließlich sind diese Menschen krank und eine vorsätzliche Schädigung der Kinder ist, wie bei allen anderen Eltern auch, meist die Ausnahme. Deshalb bitte ich um Zustimmung. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, werte Zuschauer und Zuhörer, in vielen Punkten kann ich mich meinen Vorrednerinnen anschließen. Aller
Frau Herold, ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin wirklich enttäuscht, weil ich in Ihrer Rede eigentlich schon rausgehört habe, dass Sie durchaus Verständnis haben für das, was wir in unserem Antrag formuliert haben. Aber die Konsequenz, die Sie als AfD daraus ziehen, nämlich unserem Antrag nicht zuzustimmen und eigene Vorschläge zu machen, die sich wiederum aber nicht in Ihrem Antrag oder in einem neuen Antrag wiederfinden, die verstehe ich ganz und gar nicht. Deswegen möchte ich einfach, bevor ich dann genauer darauf eingehe, noch einmal deutlich machen, warum es bei dieser Thematik so wichtig ist, sich auch einmal parteiübergreifend eine Meinung zu bilden und einen Antrag zu formulieren.
Im Rahmen unserer Anhörung hörten wir Prof. Dr. Klein vom Deutschen Institut für Suchtund Präventionsforschung. Er führte aus, dass fast 40 Prozent der Kinder Suchtkranker in ihrem Leben selbst suchtkrank werden, dazu komme ein hohes Ausmaß an anderen psychischen Störungen, namentlich Depressionen, Schizophrenie, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen. Crystal Meth sei eine teratogene, erbgutverändernde Substanz, die Organschädigungen verursachen könne. Im Verhaltensbereich habe man es mit kognitiven Defiziten, Entwicklungsverzögerungen und sozial-emotionalen Auffälligkeiten dieser Kinder zu tun. Hyperaktivität sei beispielsweise sehr häufig.
Wir hörten darüber hinaus Herrn Dr. Bittrich vom Helios Klinikum Erfurt. Er führte aus, dass das Gehirn des Ungeborenen durch Crystal Meth im Prinzip zerstört wird. Es komme zu Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen des Gehirns, sodass die Verschaltungspläne des Gehirns, die für das Denken und die Entwicklung der Persönlichkeit usw. verantwortlich seien, völlig durcheinandergerieten. Werde ein so geschädigtes Kind geboren, sei es im Prinzip verloren, denn die Schäden seien im Nachhinein irreparabel.
Das waren Ausführungen aus der Anhörung. Darüber hinaus gab es innerhalb der letzten Monate auch eine Veranstaltung des Runden Tisches für Kinder aus suchtbelasteten Familien, die sich hier in Thüringen in den vergangenen Jahren sehr intensiv um diese Thematik bemühen. Bei dieser Veranstaltung – wo die AfD im Übrigen eingeladen war, aber nicht erschien – war auch Herr Dr. Ekkehart Englert vom Helios Klinikum Erfurt da. Er beschrieb, welche Auswirkungen psychischer Natur die Suchtkrankheit der Eltern auf die Kinder hat. Das, was ich zunächst beschrieben hatte, waren Entwicklungen, die Kinder haben, deren Eltern während der Schwangerschaft Drogen nehmen.
Aber auch Kinder, die schon auf der Welt sind und deren Eltern Crystal Meth oder ähnliche Drogen nehmen, haben psychische Störungen.
Seine Erfahrung zeigt, dass die Kinder geängstigt und verwirrt sind, weil sie die Probleme der Eltern nicht einordnen oder nicht verstehen können. Die Kinder glauben, dass sie an den psychischen Problemen der Eltern schuld sind. Solche Sätze wie „Mama ist krank, durcheinander, traurig, weil ich böse war, weil ich mich nicht genug um sie gekümmert habe“ sind dabei keine Seltenheit. Aber auch eine Tabuisierung zeigen diese Kinder. Sie haben den Eindruck, dass sie über ihre Familienprobleme mit niemandem sprechen dürfen. Sie haben die Befürchtung, dass sie ihre Eltern verraten, dass sie damit etwas Böses tun, wenn sie sich an andere Personen außerhalb der Familie wenden. Und wir haben bei diesen Familien, bei diesen Kindern auch oftmals eine Isolierung, denn die Kinder wissen nicht, an wen sie sich mit ihren Problemen wenden können, und haben niemanden, mit dem sie darüber sprechen können. Das heißt, sie sind alleingelassen.
Alles das sind Probleme, die Kinder haben, die am Ende nichts dafür können. Deswegen, denke ich, ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle auch einmal parteiübergreifend ein Maßnahmenpaket zusammenfassen oder zumindest die Landesregierung damit beauftragen, damit hier etwas getan wird. Und ich muss ganz ehrlich sagen, Frau Herold: Ihre Beteiligung im Sozialausschuss habe ich im Verlauf der vergangenen 15 Monate wirklich vermisst.
Ganze zwei Wortmeldungen habe ich von Ihnen im Ausschuss dazu gehört. Und wenn Sie sich jetzt hierherstellen und sagen, man hätte noch das und das und das machen können, da muss ich ganz ehrlich sagen, Sie haben entweder die Ausschussarbeit nicht verstanden oder Ihnen ist das Thema vielleicht nicht wichtig genug. Dann hätten Sie zum Beispiel heute hier einen eigenen Antrag einbringen können, in den Sie die Punkte aufnehmen, oder Sie hätten auch sagen können: Wir stimmen hier zu.
Letztendlich möchte ich an dieser Stelle aber auch noch mal auf Ihren Antrag eingehen, der hier sozusagen geparkt wurde, denn dieser Antrag hat sich meines Erachtens erübrigt. Das, was darin zu finden ist, wurde alles im Ausschuss beraten und deswegen könnten Sie ihn wegen der Bedeutung dieses Themas letztendlich heute hier auch zurückziehen. Im Übrigen merke ich an: Das, was Sie nannten – die Rolle der Väter, die natürlich wichtig ist, aber auch der Aspekt der Eingliederung in die Arbeitswelt –, diese beiden wichtigen Punkte, stehen in Ihrem Antrag auch nicht drin. Vielleicht lehnen Sie also Ihren Antrag nachher ab; wir werden sehen.
Fakt ist, meine Vorrednerinnen haben schon einige Punkte aus unserem Antrag aufgegriffen, die ich an dieser Stelle dann nicht mehr dezidiert erwähnen muss. Aber ich möchte schon auch noch mal die Bedeutung für Thüringen deutlich machen, denn es gab eine Abwasserstudie des European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction im Jahr 2018, bei der 60 europäische Städte unter die Lupe genommen worden sind. Genauer gesagt gab es eine Abwasseranalyse, um die Drogenkonsumgewohnheiten der Bewohner zu erforschen. Traurigerweise ist bei diesen 60 Städten Erfurt nach Chemnitz auf Platz 2 gelandet. Ich finde, das sollte uns alles zu denken geben, auf welchem Niveau wir uns auch hier in Thüringen befinden. Natürlich hat das alles Auswirkungen auf verschiedene Zuständigkeitsbereiche; dabei ist das Innenministerium, die Polizei auch mit in der Pflicht.
Aber wir haben uns eben nun mal diesem Aspekt der drogenabhängigen Schwangeren und Mütter gewidmet. Das, was wir im Antrag formuliert haben, sind viele Sachen, die auch bei wenigen Experten, die sich dieser Thematik bereits gewidmet haben, Zustimmung finden – ich sprach schon von dem Runden Tisch. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich auch das „Ärzteblatt Thüringen“ von Oktober letzten Jahres anzuschauen, das sich diesem Thema widmete und viele dieser Punkte ebenso, wie wir sie jetzt aufgegriffen haben, bereits gefordert hat.
Aber auch die Neuköllner Erklärung einer Fachtagung in Berlin im November 2012 der „Horst und Ingrid Frank Stiftung“ hat viele dieser Punkte bereits formuliert und deswegen als gute Grundlage für Politik angesehen, auch tätig zu werden.
Ich sagte es in meiner Begründung bereits: Wir als Freistaat können hier auch wirklich vorangehen, denn wir haben uns als eines der ersten Bundesländer diesem Thema gewidmet. Nicht umsonst gibt es bei uns auch die Einrichtung in Wolfersdorf, die hier neue Wege geht. Deswegen haben auch viele in der Anhörung gesagt, dass sie dankbar sind, dass es – damals auf Grundlage des Antrags der CDU-Fraktion – die Möglichkeit gibt, zu diesem Thema sprechen zu können, ihren Standpunkt deutlich zu machen und auch einen Austausch zu diesem Thema in Gang zu bringen.
Frau Engel hat praktisch gut dargestellt, welche Probleme wir vor allen Dingen bei der Finanzierung haben: Allein die Mutter-Kind-Einrichtung des WENDEPUNKT e. V. in Wolfersdorf hat vier unterschiedliche Hilfesysteme bzw. Finanzierungsarten, mit denen sie sich beschäftigen muss, wenn sie eine Mutter mit Kind aufnimmt. Das ist der Kostensatz für die Hilfen für die Kinder, der Kostensatz für das Wohnen für die Mütter, der Kostensatz Tagesstruktur für die Mütter, der Kostensatz Verselbstständigung über Fachleistungsstunden. Insgesamt bedeutet das: vier Konzeptionen, vier Leistungsbe
schreibungen und viermal Bürokratie in einem Umfang, der nicht leicht zu handhaben ist. Deswegen wird an diesem Beispiel auch gut deutlich, wo wir als Politik tätig werden können.
Deswegen freuen wir uns als Fraktion auch, dass unsere Forderung, die Einrichtung in Wolfersdorf als Modell anzusehen und auch zu unterstützen sowie möglicherweise in eine Regelfinanzierung zu überführen, sodass es auch andere Einrichtungen geben kann, die dieses Konzept umsetzen, in dem gemeinsamen Antrag Niederschlag gefunden hat, auch wenn ich weiß, dass das nicht so einfach ist. Aber ich finde, dieses Thema ist es wert und vor allen Dingen auch dieser Aspekt, bei der Familie anzusetzen und eben nicht getrennt voneinander unterschiedliche Problemlagen zu betrachten, wobei die Familie dabei in den Hintergrund gerät, obwohl die Familie letztendlich auch der Schlüssel zur Lösung vieler Probleme sein kann.
Ein weiterer Punkt in unserem Antrag ist aber eben auch eine Landesinitiative für ein flächendeckendes niedrigschwelliges Netzwerk. Es ist so, dass die betroffenen Frauen viel um die Ohren haben und teilweise in einem Loch sitzen, aus dem sie selbst schwer wieder herauskommen und sich deswegen – Frau Pelke sagte es schon – auch schwer tun, Hilfe zu suchen. Deswegen sollten wir auch daran arbeiten, dass wir in Thüringen Möglichkeiten finden, an diese Frauen heranzukommen, und Ihnen so die Möglichkeit geben, Hilfe zu bekommen. Dazu kann man verschiedene Möglichkeiten andenken. Ich hatte im Ausschuss angeregt, vielleicht auch über die Eltern-Kind-Zentren in den Kitas zu gehen, um letztendlich auch zu schauen, wo sind Kinder, wo sind Mütter, die Auffälligkeiten haben, wo man Beratungs- und Hilfsangebote anbringen kann. Aber letztendlich geht es auch um das Fachwissen, was wir vor Ort brauchen. Deswegen müssen auch von Landesseite Qualifikationsmaßnahmen angeboten werden, um sich diesem Themenfeld widmen zu können. Natürlich gibt es vor Ort schon einige Hilfsangebote, aber – das hat die Anhörung auch ergeben – oft wird vor Ort um eine bessere personelle Ausstattung der Beratungsstellen zur Sicherstellung einer Funktion als Versorgungszentrum gebeten. Das heißt, auch an dieser Stelle muss man schauen, wie man das Ganze unterstützen kann. Und vor allen Dingen: Wie können wir Löcher und Lücken füllen, um letztendlich flächendeckend als Netzwerk dort etwas zusammenzuführen?
Es ist auch schon gesagt worden, dass wir die nahtlose Aufnahme des Elternteils und des Kindes in eine Einrichtung mit ambulanter Nachsorge ermöglichen wollen, die sektorenübergreifende Abstimmung, dass letztendlich auch Hilfe aus einer Hand angeboten wird. Denn diese bürokratischen Hürden, die sind nicht nur – ich sage das mal auch für uns – schlecht zu meistern. Ich frage mich: Wie
soll eine Mutter in so einer Situation so etwas überhaupt schaffen? Da ist sie wirklich auch auf Hilfe und Entgegenkommen angewiesen. Es sind natürlich auch Dinge auf Bundesebene anzugehen, auch da müssen wir dranbleiben. Aber ich setze einfach darauf, dass diese Beratung hier in der Öffentlichkeit mit dieser Vehemenz und meinetwegen auch parteiübergreifend dazu beiträgt, dass letztendlich auch für das Themenfeld Unterstützer auf allen Ebenen gefunden werden.
Ich hoffe, dass die Landesregierung diesen Auftrag nicht nur ernst nimmt, sondern auch im Rahmen der Fristen, die wir in unserem Antrag vorgegeben haben, tätig wird, und versucht, dort wirklich uns ein Konzept vorzuschlagen. Ich denke, wir haben gute Grundlagen dafür. Diese Grundlagen finden sich beispielsweise auch in ehrenamtlichen Initiativen. Deswegen war es uns als Fraktion auch wichtig, dass wir diese ehrenamtlichen Initiativen auch mit in dieses Netzwerk aufnehmen, auch mit finanzieller Unterstützung.
Ich denke beispielsweise an das Projekt „Zauberland“ des Jugendsozialwerks Nordhausen. Das hat unter anderem 2015 sogar eine Auszeichnung der Stiftung FamilienSinn bekommen, die dort ein therapeutisches Modellprojekt durchführt mit dem Ziel, Kinder und Eltern im Umgang mit Problemen der Sucht zu stärken und Vernachlässigung der Kinder zu vermeiden. Das ist so eine Sache, wo ich sage, da sind welche, die haben Erfahrungen, die engagieren sich, aber die kämpfen wirklich auch um ihr Bestehen. Denen muss man auch unter die Arme greifen, damit letztendlich von diesen Erfahrungen profitiert werden kann.
Ich hoffe, dass wir heute nicht nur mit dieser Abstimmung etwas in Gang bringen, sondern letztendlich auch die vielen Betroffenen draußen merken, dass sie nicht alleine sind. Ich möchte zum Anfang meiner Rede zurückkommen: Hier geht es auch um die Kinder, die ja nichts dafür können, die letztendlich in einen Teufelskreis hineingeboren werden, wo es wichtig ist, zu helfen und Chancen zu ergreifen. Dass es diese gibt, da bin ich optimistisch. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Ich freue mich auch sehr, dass wir parteiübergreifend heute diesen gemeinsamen Antrag mit der CDU stellen und dass wir
hier bei diesem wichtigen Thema, das für die Menschen wichtig ist, an einem Strang ziehen. So kann ich mich jetzt auch gleich anschließen an meine Rede heute früh zum Petitionsbericht. Da zählt auch das Parteibuch weniger, sondern da geht es um die Sache. Deshalb begrüße ich es sehr, dass wir das heute gemeinsam auf den Weg bringen.
Es wurde schon viel gesagt. Die Gefahren, die von Drogen ausgehen, sind uns allen bekannt. Alle legalen und illegalen Suchtmittel fügen einer Mutter und ihrem ungeborenen Kind in irgendeiner Weise Schaden zu. Die Schäden für das Kind sind häufig langfristig und dauerhaft – körperliche, psychische, kognitive und soziale Folgeschäden. Es ist unser gemeinsames Anliegen, suchtkranken Müttern ein umfassendes Hilfeangebot zu unterbreiten. Die bereits heute in Thüringen etablierten Hilfen müssen weiter ausgebaut und besser aufeinander abgestimmt werden. Da bin ich Frau Engel für diese anschauliche Darstellung heute sehr dankbar. Da wurde noch einmal klar, wo hier das Problem im System ist. Frau Meißner hat es auch gesagt, wir brauchen Hilfe aus einer Hand. Und diese bürokratischen Hürden sind stellenweise so schlecht. Das haben wir in der Anhörung mehrfach gehört. Ich glaube, da liegt wirklich der Fehler im System. Das muss für mich ganz persönlich an erster Stelle angegangen werden, dass diese Überleitung schnell erfolgt, dass keine Wartezeiten dazwischen sind, dass die Mutter nicht wieder nach Hause kommt und dann noch zwei oder drei Wochen warten muss, bevor sie ein Therapieangebot bekommt. Ich glaube, das ist auch unser Auftrag, heute hier eine wichtige Botschaft zu senden.
Es wurde schon gesagt, dass wir umfangreiche Anhörungen hatten. Wir haben umfangreich darüber diskutiert, welche Maßnahmen wichtig sind und welche wir hier angehen sollen. Aber Fakt ist, drogenabhängigen Schwangeren und Müttern muss eine umfangreiche Begleitung und Hilfe angeboten werden, damit sie und ihre Kinder den Alltag gut bewältigen können und bestenfalls ihre Sucht überwinden. Es scheint, dass sich der Drogenkonsum in den letzten Jahren in Richtung Crystal Meth verschoben hat. Das stellt das Hilfesystem vor eine größere Herausforderung, da die Konsumentinnen durch die extrem psychische und physische Belastung nicht in der Lage sind, kontinuierliche Hilfen wahrzunehmen. Dennoch lieben die Frauen ihre Kinder. Ein Kind kann eine große Motivation sein, aus dem Teufelskreis der Drogensucht auszusteigen.
Da erscheint es notwendig, vermehrt stationäre Therapien gemeinsam für Mütter und Kinder anzubieten. Außerdem müssen die Wartezeiten auf einen Therapieplatz deutlich verringert werden. Aus
verlässlichen Quellen stammen folgende Zahlen – die möchte ich hier an der Stelle auch noch mal nennen –: In Deutschland konsumieren circa 100.000 Frauen illegale Drogen, etwa drei von 1.000 Kindern haben eine drogenkonsumierende Mutter. In Thüringen sind schätzungsweise 49.500 Kinder und Jugendliche von einer elterlichen stoffgebundenen Suchterkrankung betroffen. Kinder aus suchtbelasteten Familien sind die größte bekannte Risikogruppe für eine spätere eigene Suchterkrankung. Drogenabhängige schwangere Frauen müssen also im besonderen Fokus der Aufmerksamkeit liegen und suchtmedizinisch, geburtshilflich und psychosozial behandelt und betreut werden. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit von Gynäkologen, Hebammen, Suchtberatungsstellen, Psychologinnen, Jugendämtern, Geburtskliniken und anderen Institutionen im Zusammenhang mit Drogensucht besonders wichtig. Gerade die Droge Crystal Meth stellt das Hilfesystem vor besondere Herausforderungen. Abhängige haben sehr oft massive Probleme, Termine wahrzunehmen und einen strukturierten Alltag zu gestalten. Das ist aber für ein Kind immens wichtig. Das bringt Erziehungsund Schwangerschaftsberatung, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an ihre Grenzen. Besonders wichtig ist für uns, dass die bisherige Suchtpräventionspolitik auf den Prüfstand gestellt wird, die Aufklärungsarbeit verbessert wird, Handlungsleitfäden für Kommunen zum Abschluss von Kooperationsvereinbarungen erstellt werden und nicht zuletzt die Beratung und Begleitung von Angehörigen intensiviert wird. Außerdem ist es unser Ziel, die wirksame Bekämpfung der Folge- und Begleitprobleme durch den Missbrauch der Droge Crystal Meth mehr in den Fokus zu rücken.
Für ganz Deutschland lässt sich eine Zunahme des Gebrauchs stimulierender, anregender bis aufputschender Substanzen nachweisen. Immer häufiger sind es Frauen, die aus unterschiedlichsten Gründen Drogen konsumieren, um im Alltag besser bestehen zu können. Darauf muss das Suchthilfesystem in Thüringen reagieren und es braucht ein Konzept, welches die neuesten Entwicklungen von problematischem Suchtmittelkonsum bedarfs- und zielgruppenspezifisch berücksichtigt und konkrete Maßnahmen ableitet. Gerade diese Droge Crystal Meth verursacht teilweise schwere psychische Begleiterkrankungen sowie ein hohes Potenzial an Fremdgefährdung, insbesondere im Hinblick auf konsumierende Eltern. Auf diese Klientinnen und Klienten muss speziell eingegangen werden, damit Menschen mit einer Suchtproblematik im Alkoholoder im Tabakbereich nicht zu kurz kommen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Suchtberatungsstellen, der Jugendämter, der Schulen, der Kinder- und Jugendhilfe, in Einrichtungen der Familienberatung, in Krankenhäusern und bei der Polizei haben hier eine spezielle Aufgabe und müssen da auch vom Land gut begleitet werden.
Wir brauchen auch noch eine stärkere Vernetzung und Weiterbildung von Fachkräften, insbesondere im pädagogischen Bereich, denn Prävention, Suchtberatung und -behandlung sind langfristige Prozesse, die auf Vertrauensbildung und Kontinuität angewiesen sind.
Besonders ist natürlich die Zielgruppe der drogenabhängigen Schwangeren und Mütter zu betrachten. Dafür sind Einrichtungen wie – das wurde schon genannt – das Suchthilfezentrum für Mutter und Kind „WENDEPUNKT Wolfersdorf“ wichtige Anker im Hilfesystem.
Die ganzen Vorschläge, die Frau Herold hier vorhin eingebracht hat, die habe ich auch sehr im Ausschuss vermisst. Da hat sich Frau Herold zurückgehalten, um das einmal vorsichtig auszudrücken. Vielen Dank.