Das erwarten Sie von den politisch Verantwortlichen und das dürfen Sie bald mit Recht auch von ihrer Universität verlangen.
Zweitens: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann nicht erkennen, dass wir unsere Universitäten durch diese Form der Hochschuldemokratie überfordern. Es waren und sind doch gerade die Universitäten, in denen gesellschaftlicher Fortschritt gedacht und auch Utopien entwickelt werden. Vieles, was in der Vergangenheit in den Universitäten entstanden ist, gehört heute zum gesellschaftlichen Standard. Wem, wenn nicht den Universitäten und Hochschulen, sollen wir also zutrauen, mit demokratischen Entscheidungsstrukturen im Sinne aller Hochschulmitglieder verantwortungsbewusst umzugehen? Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir aus den rot-rot-grünen Fraktionen trauen das den Hochschulmitgliedern zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, es ist natürlich Ihr gutes Recht als Oppositionspartei, die Gesetzentwürfe der Landesregierung und der Koalition zu kritisieren. Wenn ich aber an den vergangenen Mittwoch dieser Plenarsitzung zurückdenke, drängt sich mir doch eine Frage auf. Da haben Sie die Regierung dafür kritisiert, dass sie für 2020 einen Landeshaushalt beschließen will, da sahen Sie Ihre demokratischen Rechte und die der Bürger mit Füßen getreten. Überhaupt sind Sie immer relativ schnell bei der Hand mit dem Vorwurf, Rot-RotGrün lasse es an Mitbestimmung mangeln. Aber dann, liebe CDU, gehen Sie doch bitte raus und erzählen Sie den wissenschaftlichen Mitarbeitern und den Studierenden, dass Sie ihnen an den Hochschulen die demokratischen Mitbestimmungen und Beteiligungen vorenthalten, die Sie hier regelmäßig so larmoyant einfordern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist doch so: Immer dann, wenn Sie – wie heute mit unserem Hochschulgesetz – die Möglichkeit haben, konkrete Mitbestimmungsrechte zu verbessern, dann kneifen Sie. Mit Ihrem heutigen Abstimmungsverhalten zum neuen Hochschulgesetz werden Sie zeigen, dass Ihr ganzes Gerede über Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung nichts weiter ist als heiße Luft. Das ist die Wahrheit. Den Vorwurf, sehr geehrte Damen und Herren, müssen Sie sich heute hier gefallen lassen.
Sehr geehrte Damen und Herren, im Gegensatz zu den Oppositionsparteien werden wir heute den Thüringer Hochschulstandort mit dem neuen Hochschulgesetz entscheidend voranbringen. Wir werden die Hochschulautonomie stärken.
Wir werden den Präsidenten der Hochschulen die Ernennungszuständigkeit für Professuren übertragen. Wir schaffen außerdem die Verpflichtung zur befristeten Erstberufung ab. Diese Einschränkung hat sich nämlich als Standortnachteil erwiesen. Und wir werden die Attraktivität Thüringens als Wissensstandort steigern, indem wir die Bewilligung von Forschungs- und Praxissemestern wesentlich flexibler gestalten. Wir wollen den Wissenschaftlern an Fachhochschulen den Weg zur Promotion erleichtern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden die Wahrnehmung der Bauherrenangelegenheiten in die Eigenverantwortung der Hochschulen legen. Der FSU Jena werden die Bauherreneigenschaften komplett übertragen und die Verankerung der kleinen Baumaßnahmen wird gesetzlich realisiert. Natürlich sehe ich das auf einem positiven Weg, und wir werden uns verpflichten, die Ergebnisse auszuwerten, um uns auch dort noch weiter in die positive Richtung zu bewegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rot-RotGrün sorgt für gute Beschäftigungsbedingungen an den Thüringer Hochschulen. Mit dem neuen Gesetz verpflichten wir die Hochschulen, sich selbst Richtlinien für gute Arbeit zu geben. Dies soll unter Beteiligung aller Statusgruppen erarbeitet werden und unter anderem Rahmenvorgaben für unbefristete/ befristete Arbeitsverhältnisse, Maßnahmen zur Vereinbarung von Familie und Beruf und zum Gesundheitsmanagement enthalten. Wir werden die Gleichstellung von Frauen und Männern im Hochschulbereich voranbringen.
So wird die Stellung der Gleichstellungsbeauftragten gestärkt. Wir werden außerdem die Stellung der Lehrbeauftragten verbessern, die an anderen Hochschulen mittlerweile einen unverzichtbaren Beitrag dazu leisten, das Lehrangebot sicherzustellen. Diese Funktionen wollen wir dadurch wertschätzen, dass Lehrbeauftragte künftig auf Antrag die Rechte eines Hochschulmitglieds erhalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben auch die Entlohnung der Lehrbeauftragten im Blick und werden dies untergesetzlich regeln.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir verbessern die Studienbedingungen. Wir schaffen endlich eine verbindliche Regelung zum Nachweis der Prüfungsunfähigkeit. Damit reagieren wir auf die vereinzelt aufkommende Praxis, zum Nachweis der Prüfungsunfähigkeit grundsätzlich ein amtsärztliches Attest zu verlangen. Diese Nachweisführung zulasten und vor allem auf Kosten der Studierenden werden wir beenden. Künftig genügt zum Nachweis der Prüfungsunfähigkeit eine einfache ärztliche Bescheinigung. Auch die umstrittene An
wesenheitspflicht werden wir im Gesetz verbindlich regeln und den Studierenden dabei größtmöglichen Freiraum geben. Wir sind davon überzeugt, dass Studierende selbst einschätzen können, ob der Besuch einer Lehrveranstaltung zum Bestehen der Abschlussprüfung sinnvoll ist oder sich das notwendige Wissen im Selbststudium anzueignen ist.
Diese Fähigkeit – und das erlauben Sie mir persönlich zu sagen – zur Selbsteinschätzung und Selbstorganisation wurde jahrzehntelang von Studierenden erwartet und verlangt. Das können Studierende auch heute noch. Im neuen Hochschulgesetz regeln wir, dass nur noch dann eine Anwesenheitspflicht verlangt werden darf, wenn dies zur Erreichung des Lernziels der Veranstaltung zwingend erforderlich ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, allen diesen Verbesserungen werden Sie als Opposition von CDU und – ich gehe davon aus – auch AfD hier im Hohen Haus heute nicht Ihre Zustimmung geben.
Rot-Rot-Grün steht für eine Stärkung der Mitbestimmungsund Beteiligungsrechte an den Hochschulen, die Stärkung der Hochschulautonomie und Attraktivität des Wissensstandorts Thüringen, die Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen im Wissenschaftsbetrieb, die Verbesserung der Gleichstellung von Männern und Frauen an Thüringer Hochschulen und für die Verbesserung der Studienbedingungen. Sehr geehrte Damen und Herren, dafür lohnt es sich, heute diesem Gesetz zuzustimmen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Werte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Kollegin Mühlbauer! Ich grüße auch den Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz, Prof. Scharff, recht herzlich willkommen!
Thüringer Hochschulgesetz, das ist eine Debatte, die beschäftigt uns jetzt schon eine gewisse Weile. Das findet heute seinen Endpunkt. Wir stehen heute hier und haben zu bewerten, ob das eine gelungene Reform ist oder nicht. Es ist logisch, dass das die Regierung immer anders einschätzen wird als die Opposition. Es ist nicht immer der Fall, dass man unterschiedlicher Meinung sein muss, aber in dem Fall ist es so. Das kann ich schon mal sagen. Vielleicht macht es ja Sinn, darüber nachzudenken, was die eigentlichen Experten, diejenigen, die be
troffen sind, die jeden Tag in Hochschulen, im Wissenschaftsbetrieb unterwegs sind, dazu sagen. Da nehme ich mir einfach nur mal die Pressemitteilung der Thüringer Landesrektorenkonferenz. Das ist quasi die Vereinigung derjenigen, die jeden Tag die wesentlichen Entscheidungen im Thüringer Hochschulraum zu treffen haben, weil sie dafür verantwortlich sind, die Entscheidungen zu treffen, und dafür geradezustehen haben. Die geben am Mittwoch eine Pressemitteilung heraus, die ist überschrieben mit: „Thüringer Hochschulrektoren und präsidenten positionieren sich zu umstrittener [Thüringer-Hochschulgesetz] Novelle“. Dann steht drin: „Nach Auffassung der Thüringer Landesrektorenkonferenz“, so das Zitat, „geht der Gesetzentwurf an vielen Stellen grundsätzlich an den Bedürfnissen der Hochschulen und ihrer Partner vorbei.“
„Grundsätzlich an den Bedürfnissen“! Wenn Ihnen diejenigen, die jeden Tag die Erfahrung an den Hochschulen sammeln, die jeden Tag dafür verantwortlich zeichnen, dass das hier gut in Thüringen funktioniert, wenn die Ihnen ins Stammbuch schreiben, dass Ihr Gesetzentwurf durchgefallen ist, dann kann ich Ihnen nur sagen: Das sollte bei Ihnen die Alarmglocken schellen lassen. Wenn Sie nicht auf die Opposition hören, hören Sie wenigstens auf diejenigen, die tatsächlich von Ihrem Gesetzentwurf betroffen wären und damit auch ein großes Risiko für den Thüringer Hochschulraum sehen. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Deswegen lehnen wir als CDU-Fraktion den Gesetzentwurf ab, weil wir glauben, dass er massiv Schaden im Thüringer Hochschulraum schaffen wird.
Ich will es noch mal rekapitulieren, weil es nicht darum geht, hier eine akademische Fingerübung zu machen – selbst wenn es um Hochschulen geht –, sondern es geht um eine sehr präzise Fragestellung. Es geht um die Fragestellung, wie wir als Landesgesetzgeber unsere Rolle für die Entwicklung eines gemeinsamen Thüringer Hochschulraums verstehen, wie wir unsere Rolle verstehen, um zukünftig leistungsstarke Hochschulen, hervorragende Lehre, exzellente Forschung mit einem Rahmen zu versehen, sodass Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter, Studenten, nichtwissenschaftliches Personal dafür Sorge tragen, dass rund 50.000 Studenten im Freistaat Einrichtungen vorfinden, die national und international wettbewerbsstark sind. Das ist die Fragestellung: Wie kann so ein Rahmen aussehen?
Es gibt, glaube ich, keinen Dissens zwischen uns, wenn es um die Frage geht, dass es einer Novelle eines Hochschulgesetzes bedurfte, einerseits weil das Gesetz seit 2007 natürlich auch ein bisschen in die Jahre gekommen war, aber andererseits natürlich auch, weil es mit dem Bundesverfassungsge
richtsurteil zur medizinischen Hochschule, aber auch mit den Fragestellungen, die 2016 in BadenWürttemberg beschrieben worden sind, um eine Anpassung ging. Ich erinnere mich noch – wir haben als CDU zu der Frage viele Anträge hier im Hohen Haus gestellt –, dass sich der Minister immer hierhergestellt hat und das alte Wissenschaftsgesetz gelobt hat. Deswegen stand für uns die zentrale Fragestellung im Raum: Braucht es eine behutsame Weiterentwicklung des existierenden Gesetzes, eine Novelle, oder braucht es eine Radikalreform, die Rot-Rot-Grün vorgelegt hat? Ich kann Ihnen sagen, dass ich heute – auch nach der Rede von Frau Mühlbauer, die darüber ausgeführt hat, was so alles an huldigenden Möglichkeiten im Gesetz drinsteht – immer noch nicht davon überzeugt bin, dass das, was Sie hier vorlegen, nur ansatzweise einer nationalen Wettbewerbsfähigkeit standhält. Trotzdem sind wir den Weg mit Ihnen mitgegangen, weil ich – und das will ich auch noch mal wiederholen – den Beteiligungsprozess durchaus positiv gefunden habe: dass man versucht hat, unterschiedliche Interessenlagen einzufangen. Ich hätte mir gewünscht, dass man von Anfang an mit klaren Kernpunkten deutlich gemacht hätte, worin der tatsächliche Reformbedarf besteht, denn ich glaube, das hätte einen strukturierteren Prozess gegeben. Aber es gab die Werkstattgespräche, es gab die Einbindung aller Gruppen, es gab öffentliche Anhörungen dazu, das Ganze ist zusammengebunden worden. Dann ist daraus ein Gesetzentwurf entstanden. Hier will ich uns nur noch mal ganz kurz verweilen lassen: Dann hatten wir eine neunstündige Anhörung im Wissenschaftsausschuss
zehn Stunden, gut –, eine zehnstündige Anhörung. Wenn man sich diese Anhörung rekapituliert – ich habe mir in Vorbereitung auf die heutige Sitzung das Protokoll noch mal ganz entspannt durchgelesen –, dann kann ich Ihnen sagen: So quasi nach Hause geschickt worden ist noch nie ein Gesetz von einer Landesregierung, dass es so schlecht vorbereitet ist, dass es inkonsistent ist, dass es die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen gefährdet – und ich zitiere einfach mal die Experten, denn ich glaube, das ist am passendsten hier: „Anstelle einer Anpassung an die aktuelle Rechtsprechung […] formuliert das Gesetz Neuregelungen, die sowohl die nationale als auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer Hochschulen gefährden.“ Das ist ein Zitat aus der Anhörung.
Oder ein weiteres: „Nicht nachvollziehbar ist, warum die Landesregierung an einer grundlegenden Überarbeitung des bewährten Thüringer Hoch
schulgesetzes festhält. Die erforderliche Anpassung an die aktuelle Rechtsprechung rechtfertigt dies nicht.“ All das schreiben Ihnen Experten ins Stammbuch, die jeden Tag in der Hochschule aktiv sind, und trotzdem verteidigen Sie diesen Gesetzentwurf im Ausschuss.
Danach heißt es: Jawohl, dieser Gesetzentwurf hat sich auch in der Anhörung bewährt, obwohl das eine deutliche Mehrheit der Anzuhörenden abgelehnt hat. Dann passiert Folgendes: Dann kommen 27 Seiten mit 56 Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen – 27 Seiten. Ich will mal eins sagen: Wenn ein Gesetzentwurf vorher so gut gewesen ist und wenn er sich bewährt hat, dann braucht es hinterher nicht 27 Seiten aus den Koalitionsfraktionen, um dort nachzubessern. Das zeigt ganz eindeutig, wie schlecht der Gesetzentwurf überhaupt erst mal ins Hohe Haus gekommen ist.
Ich werde gleich noch zu ein paar einzelnen Punkten Ausführungen machen. Aber eine Sache kann ich Ihnen nicht ersparen und das will ich auch nicht: Wenn Sie sich für Ihren Beteiligungsprozess rühmen, dann passiert jetzt Folgendes: Sie machen einen Gesetzentwurf, Sie kriegen in einer Anhörung eine richtige Watsche ab und dann liefern Sie 27 Seiten/56 Änderungsanträge, und zu diesen Änderungsanträgen, die zum Teil massive Veränderungen zu Ihren Vorlagen bedeuten, werden nicht noch mal die Betroffenen angehört. Das heißt, wir verabschieden heute ein Gesetz, das nach einem langen Beteiligungsprozess an einem Punkt angekommen ist, wo Sie Last-Minute-Änderungen vortragen, die mit denjenigen gar nicht besprochen sind, die tatsächlich davon betroffen sind. Das zeigt eigentlich, dass der Beteiligungsprozess – wenn er vielleicht auch noch so gut vom Ministerium intendiert gewesen ist – am Ende jetzt bei den Entscheidungsfindungen nur noch ein Feigenblatt dessen ist, was Sie sich eigentlich vorgenommen haben. Das, finde ich, ist offen gestanden eine ThüringerHochschulgesetz-Novelle nicht wert, sehr geehrte Damen und Herren.
Jetzt lassen Sie uns mal zu ein paar einzelnen Punkten kommen, damit wir keine Pappkameraden hier aufbauen – wie der Minister immer so schön zu sagen pflegt. Gehen wir mal zum Thema „Governance-Strukturen“. Es gibt eine Expertenkommentierung zur Auswertung der Exzellenzinitiative 2016 und da ist im Hinblick auf die Hochschulgovernance sehr eindeutig formuliert, dass eine geeignete Governance daraus besteht, einerseits auf Autonomie zu setzen und andererseits auf starke Führungsstrukturen.
Expertenkommission zur Exzellenzinitiative. Klare Führungsstrukturen, Hochschulautonomie – und jetzt sehen wir uns mal an, was Ihr Hochschulgesetzentwurf bringt. Zitat eines Experten aus der Anhörung: „Das ist die neu organisierte Verantwortungslosigkeit!“ Die Parität, die Sie versuchen einzuführen, schafft am Ende eine unsortierte, fernab von jeder Organisationsführung mögliche Differenzierung zwischen sehr unterschiedlichen Partnern. Sie müssen mal Ihre eigenen Maßstäbe annehmen. § 22 Abs. 6 Ihres Gesetzentwurfs, da geht es um die Frage: Was wollen wir eigentlich und wer darf bei Paritäten mit dabei sein? Art und Umfang der Mitwirkung gemäß Qualifikation, Funktion, Verantwortung, Betroffenheit der Mitglieder – all das findet in Ihrem Thüringer Hochschulgesetz so nicht statt; tatsächlich organisieren Sie zwischen Präsident, Senat und Hochschulrat eine Unordnung, eine Funktionszuweisung, die am Ende nicht funktionieren wird und wo mittlerweile wirklich auch die Experten aus den Gremien sagen: Ist es das noch wert, überhaupt daran teilzunehmen?
Und jetzt schieben Sie quasi als Koalitionsfraktionen, nachdem Sie festgestellt haben, dass das offensichtlich nicht funktioniert – sowohl in der Größe des Senats als auch in der Aufgabenzuweisung, was ist jetzt Forschung, was ist jetzt Lehre –, eine Positivliste nach. Das ist quasi der Endpunkt dessen, wenn wir uns jetzt mal den Verlauf des Gesetzesverfahrens anschauen. Zuerst haben Sie eine Positiv-/Negativliste. Die kassieren Sie wieder ein. Dann haben Sie gar keine Liste und legen einen Gesetzentwurf vor. Jetzt kommen Sie mit einer Positivliste um die Ecke, die in der Positivliste zwar versucht zu regeln, was jetzt für Forschung und Lehre relevant ist, aber tatsächlich wesentliche Fragestellungen ungeklärt lässt, nämlich zum Beispiel die Erprobungsklausel, nämlich die Frage „Wahl der Mitglieder des Hochschulrates“, die Frage der Geschäftsordnung usw.
Ich will Ihnen nichts Böses unterstellen, Herr Schaft, und ich weiß, dass das maßgeblich von Ihnen ausgegangen ist, aber das ist doch vollkommen klar, was Sie dem Ministerium da für ein Kuckucksei gelegt haben. Das wird dazu führen, dass wir quasi in der Viertelparität die wesentlichen Fragen immer wieder auszuverhandeln haben. Deswegen will ich Sie auch an diesem Punkt packen, weil ich auch nicht davon überzeugt bin, dass Ihr demokratisches Verständnis, sehr geehrte Frau Mühlbauer, jetzt wo Sie da sind, hier trifft. Das haben Sie doch in den Anhörungen ausführlich dargelegt bekommen: Es geht um die zentrale Fragestellung, dass tatsächlich auch Leute mit entscheiden sollen – und so steht es in Ihrem Gesetz –, die die Qualifikation, Funktion, Verantwortung und Betroffenheit haben. Haben die die immer in jedem Fall? Ich glaube, Ihr Gesetz schafft da einfach vielfach Unklarheit.
Ich nehme nur ein anderes Beispiel: Nehmen wir das Beispiel in dem Bereich der Studiengangskommission: Dort gilt auch Viertelparität. Da werden die Inhalte der Studiengänge besprochen. Was passiert jetzt mit ihrer Viertelparität? Es passiert Folgendes: Mindestens die Hälfte der Mitglieder in diesen Studiengangskommissionen besteht aus Leuten, die entweder gar nichts mit Wissenschaft zu tun haben oder als Studenten noch gar nicht die wissenschaftliche Qualifikation haben, überhaupt einschätzen zu können, was die Inhalte für ihre Kommilitonen für die nächsten Jahre sein sollen. Das heißt, die Studenten entscheiden am Ende zentral selbst darüber, was die Inhalte sein sollen, an denen sie geprüft werden. Ich finde, das kann nicht unser Anspruch sein, wenn wir ein national, international wettbewerbsfähiger Hochschulstandort sein wollen, wenn wir in den Studiengangskommissionen qua Mehrheit eine Situation schaffen, wo wir Unklarheit und nicht mehr wissenschaftliche Exzellenz vornedran stehen haben, liebe Freunde.
Ich könnte noch viele andere Punkte nennen, aber ich will noch auf einen Punkt eingehen, weil der mir zentral erscheint bei dieser Frage des GovernanceChaos. Ich zitiere aus der Anhörung bzw. aus dem, was in der Anhörung besprochen worden ist. Die Frage der Qualität des Studiums steht ja im Vordergrund. Deswegen sprechen Ihnen die Experten auch dort gegen das Wort, dass Sie mehr Klarheit schaffen. Jetzt haben Sie nachgebessert mit Ihrem Änderungsantrag. Sie haben den Senat vergrößert, Sie haben dafür gesorgt, dass quasi eine Reservebank an Professoren da ist, die aber mit einer Positivliste so ausgestattet ist, dass sie gar nicht weiß, wann sie eingewechselt wird und wann nicht. Ich zitiere jetzt aus einer Stellungnahme der Landesrektorenkonferenz über Ihre Positivliste: Damit sind letztlich Streitigkeiten über die Zuordnung sehr wahrscheinlich und nicht zuletzt ist die Rechtssicherheit von Beschlüssen berührt und gefährdet, auch durch nachfolgende gerichtliche Überprüfungen. Dies hätte vermieden werden können, wenn stattdessen eine Negativliste mit den viertelparitätischen Angelegenheiten aufgenommen worden wäre. – Das heißt, die Landesrektoren sagen Ihnen jetzt schon: Sie schaffen einen Rechtszustand, der Rechtsunsicherheit produziert, der gerichtlich überprüft werden wird, der die Prozesse in den Abstimmungen unserer Hochschule verlangsamt und der an einer zentralen Fragestellung, nämlich, wie geht es um Berufung, wie geht es um wesentliche Strukturentscheidungen in den Thüringer Hochschulen, zu einer Bürokratisierung und Verlangsamung führen wird, die unsere Hochschule nicht mehr wettbewerbsfähig machen. Wenn Sie sich anschauen, wie hoch unser Bedarf ist, auch in den nächsten Jahren neue Professoren zu berufen, und wir quasi einen der langsamsten Prozesse, den es in Deutschland
gibt, durch Ihr Gesetz organisieren, glauben Sie dann ernsthafterweise, dass unsere Hochschulen dann noch wettbewerbsfähig sind, die geeigneten Wissenschaftler hier zu gewinnen? Natürlich nicht, weil die schon längst irgendwo anders einen Ruf erfahren haben, bevor überhaupt in Thüringen die Einladung ergangen ist. Das kann doch wohl nicht unser Ernst sein. Damit gefährden Sie ernsthafterweise die wissenschaftliche Qualität hier vor Ort.