Protocol of the Session on April 26, 2018

Jetzt wurde von vielen gesagt: höhere Löhne. Das ist richtig und wir brauchen Tariflöhne und hohe Löhne in der Pflege. Da gibt es jetzt schon Fortschritte in Thüringen, das kann ich und muss ich eindeutig sagen. Ich habe im letzten Jahr Vergütungsverhandlungen geführt, eine zweistellige Prozentzahl bei den Pflegekassen rausgehandelt, was die zukünftig bezahlen. Ich sage es jetzt aus kaufmännischen Gründen nicht. Es war ein Erfolg. Ich konnte den Lohn der Pflegkräfte spürbar erhöhen. Aber ich muss auch sagen, das gehört zum System dazu. Da bin ich wieder bei dem System: Diese Erhöhung des Gehalts, darüber müssen wir uns alle hier im Klaren sein, bezahlen ebenfalls die Pflegebedürftigen, so, wie das funktioniert: Je mehr ich meinen Pflegekräften zahle, umso mehr enteigne ich die Pflegebedürftigen. Hier in diesem Land findet durch dieses System eine Enteignung der Pfle

gebedürftigen statt. Das ist so und das ist nicht wegzuleugnen. Und wenn die Pflegebedürftigen nicht mehr können, dann sind die Kommunen dran, zu zahlen. Das heißt, der Krebsschaden an dieser Pflegeversicherung – ach, und das Pflegestärkungsgesetz II und III hat das überhaupt nicht verbessert, das müssen wir an dieser Stelle auch erst einmal sagen.

Wir brauchen hier ein Nachdenken und wir brauchen eine Systemveränderung, wie die Pflege zukünftig finanziert werden kann. Wenn die Betriebe und Einrichtungen wieder zur Ausbildung, die nicht zulasten der Pflegebedürftigen läuft, angehalten werden, dann, glaube ich, steigt auch die Anzahl der Auszubildenden.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt wurde hier schon mehrmals die Frage nach Teilzeit und Vollzeit gestellt. Da ecke ich mit manchen Kollegen auch bei mir immer an. Im Krankenhaus mag das möglich sein, dass dort die Pflegekräfte Vollzeit arbeiten können. In der Pflege – ich habe es einmal ausgerechnet –, wenn ich alle meine Pflegekräfte Vollzeit beschäftigen würde, könnte ich von meinem jetzigen Personal fünf entlassen, die brauchte ich nicht mehr. Das Problem wäre aber: Der erste Patient würde früh um 6.00 Uhr gewaschen und der letzte Patient würde um 14.00 Uhr gewaschen, weil ich ein paar Touren einspare. Das heißt, wenn ich den um 14.00 Uhr gewaschen habe, kann ich gleich wieder anfangen und sagen: Opa, jetzt waschen wir dich noch einmal, jetzt gehst du nämlich gleich ins Bett, jetzt bereiten wir dich für die Nacht vor. Das ist real! Deshalb arbeiten so viele in der Pflege in Teilzeit. Das Hauptproblem ist, wir müssen so vergüten und so bezahlen, dass man auch von 30 Stunden Arbeit in der Pflege – und die reicht körperlich –, 30 Stunden Wochenarbeitszeit in der Pflege leben kann.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist das Ziel, was wir haben müssen und was wir erreichen müssen. Deshalb ist das, wovon ich hier rede, ein gesamtgesellschaftliches Problem, was wir angehen müssen.

Ich will jetzt noch ein paar Sachen nennen, die auch dazu beigetragen haben. Früher gab es den Zivildienst und ich habe die Erfahrung gemacht, junge Männer, die Zivildienst geleistet haben, haben während des Zivildienstes die Motivation bekommen, das könnte mal ihr Beruf sein. Sie haben dort eine gute Arbeit geleistet und sind gute Pfleger geworden. Das gibt es jetzt nicht mehr. Ich stelle noch etwas fest, wir haben das Problem nicht nur in der Pflege. Es gibt einen neuen Begriff, der einen erschaudern lässt: Dienstleistungsprekariat.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie lautet der Begriff?)

Dienstleistungsprekariat! Das heißt, die Dienstleistungsberufe in diesem Land werden schlecht bezahlt und deshalb sind die Menschen nicht mehr bereit, früh um sechs aufzustehen, Leute zu pflegen oder am Wochenende zu arbeiten, zu pflegen oder in Gaststätten zu kellnern. Das ist doch das Problem.

(Beifall DIE LINKE)

An dieser Stelle müssen wir mehr für die Motivation und die gesellschaftliche Anerkennung tun.

Dann gibt es so ein paar einfache Sachen, die ich in der großen Bundespolitik auch nicht verstehe. Es gibt Menschen, die würden gern den Pflegeberuf ergreifen, haben aber schon einen anderen Beruf. Sie denken, im Rahmen der Digitalisierung könnte ihr Betrieb schließen oder sie fallen vielleicht eines Tages aus oder sie haben ihre Mutter oder ihren Vater gepflegt, was für sie eigentlich eine tolle Sache war und was sie sich auch als Beruf vorstellen könnten. Die gehen zur Bundesagentur für Arbeit und wollen sich zur Pflegefachkraft umschulen lassen. Da sagt die Bundesagentur: Schön für dich, aber, lieber Bürger, liebe Bürgerin, du hast einen Beruf, wir können dich nur fördern, wenn du drei Jahre in der Arbeitslosigkeit bist. – Das kann doch nicht wahr sein! Da will jemand als zweiten Berufsweg einen Pflegeberuf ergreifen, weil er dort eine Zukunft sieht und dann wird ihm gesagt: Dafür musst du aber erst mal drei Jahre arbeitslos sein, bevor wir das fördern. Bei einer Tagung bei der Bundesagentur für Arbeit in Jena ist das selbst von den Mitarbeitern der Bundesagentur und von den Chefs, die dort waren, kritisiert und die Politik aufgefordert worden, dort eine Änderung vorzunehmen.

Noch ein kleiner Gag: Was ich mir vorstellen könnte, ist ein Diskussionsprozess. Ich hatte das vor fünf Jahren hier schon mal gesagt. Damals hatte ich den MDK gemeint, das sage ich jetzt nicht, den meine ich jetzt nicht, denn ich will morgen keine Kontrolle haben. Aber wir könnten mal als Land anfangen. Es gibt die Heimaufsicht und in der Heimaufsicht arbeiten Pflegefachkräfte. Da könnten wir doch ein Einstellungskriterium machen – und wir sollten mal diesen Diskussionsprozess führen –: Man kommt nur an so eine Einstellung heran, wenn man fünf Jahre Berufserfahrung als Pflegefachkraft hat. Das heißt, man kann sich dann in der Heimaufsicht bewerben, wenn man fünf Jahre in der Pflege richtig malocht hat. Dann wissen die auch, was sie kontrollieren, wenn sie rauskommen. Das trägt dann auch zu einem besseren Verständnis zwischen Heimaufsicht und Heimen als Leistungserbringer bei. Man sollte mal darüber nachdenken.

Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Unseren Antrag – weil auch immer von dem Personalschlüssel gesprochen wird – richtig lesen: die Landesregierung hat zu prüfen, hat im Bundesrat Ein

fluss zu nehmen. Das heißt, wir wollen nicht gleich heute und morgen den Personalschlüssel einführen. Wir sind ja nicht mit dem Klammerbeutel gepudert und wissen genau, dass das nicht geht. Aber wir wollen endlich, dass dieser Diskussionsprozess mit vielen Anregungen, die ich jetzt vielleicht auch gegeben habe, geführt wird.

Ich sehe folgende vier Punkte, die politisch geklärt werden müssen: Erstens, wir brauchen eine höhere gesellschaftliche Anerkennung des Pflegeberufs und an dieser Stelle ist die ganze Gesellschaft gefragt.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gehört zweitens eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte, aber nicht zulasten der Pflegebedürftigen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sondern?)

Drittens, wir brauchen die Möglichkeit der Verbesserung, dass man Pflegeberufe auch über den zweiten Berufseinstieg finanzieren kann und das alles ist viertens nur zu realisieren, indem wir generell über das System der Pflege nachdenken. Jawohl, wir müssen über eine neue Finanzierungsausstattung für die Pflegeversicherung nachdenken und da ist Thüringen nicht die Insel der Glückseligkeit, sondern das geht nur auf Bundesebene und mein abschließender Satz, meine Damen und Herren: Wir alle hier – und ich wünsche das niemandem –, jeder kann mal in die Situation kommen, dass er von heute auf morgen ein Pflegefall wird und dann denkt derjenige vielleicht auch nach. Wir müssen nachdenken und uns die Frage selbst beantworten, was ist das Älterwerden in dieser Gesellschaft, was ist die menschenwürdige Pflege dieser Gesellschaft wert? Wenn wir diese Frage beantwortet haben, bin ich überzeugt, klären wir das Problem der Pflege. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegt eine weitere Wortmeldung vor, Herr Abgeordneter Thamm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, weil ich kurz zusammenfassen will: Der Herr Kubitzki hat es gerade gesagt, so weit sind wir bei diesen Themen nicht auseinander und Sie haben die vier Punkte zusammengefasst. Unser Ziel ist es, den Pflegepakt, den wir in Thüringen haben, zu stärken und als Anlass zu nehmen, die Pflege noch mal nach vorne zu bringen. Die vier Säulen sind einmal die Kampagne, also das gute Reden über

(Abg. Kubitzki)

die Pflege, das Miteinander-Austauschen und den Wert dieser Pflege deutlich zu machen. Das Zweite ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das geht weiter über die Aus- und Fortbildung und letztendlich sind es die Beschäftigungsbedingungen insgesamt. Das sind doch die vier Säulen, die wir im Pflegepakt haben und über nichts anderes haben wir heute gesprochen. Uns freut, dass Frau Pelke gesagt hat, über diesen Punkt 6 a) und vielleicht sogar b) können wir noch mal gemeinsam reden und deswegen bin ich auch noch mal vorgekommen, um es hier zu sagen: Wir beantragen die Rücküberweisung des Antrags und des Alternativantrags an den Ausschuss, um eventuell eine gemeinsame Linie zu finden und auf den Weg zu bringen, um im Interesse der zu Pflegenden und der Pflegenden einen guten Ausgang hinzukriegen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen jetzt keine Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung hat Staatssekretärin Feierabend das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte zunächst erst einmal die Worte von Herrn Thamm aufgreifen. Die Bundesregierung ist im Umdenken, haben Sie sinngemäß gesagt, und in Bezug auf den Antrag der regierungstragenden Fraktionen, der heute hier vorliegt, muss man sagen, da sind aber die regierungstragenden Fraktionen in diesem Landtag schon lange auf der Spur zum Umdenken und legen hier einen Antrag vor, der tatsächlich auch die Ursachen und die Rahmenbedingungen für gute Pflege in der Altenpflege und im Krankenhaus hier in Thüringen erreichen möchte.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern unterstützt die Landesregierung diesen Antrag natürlich sehr gern und wird diesen Antrag auch umsetzen, weil die Landesregierung sicher ist, dass das ein wichtiges, ein sehr wichtiges Feld hier in Thüringen ist, ein Zukunftsfeld, in dem sich die Landesregierung auch engagieren muss. Lassen Sie mich sagen, dass ich zum Antrag der regierungstragenden Fraktionen heute nicht mehr ausführlich Stellung nehmen möchte, weil wir es in einem Sofortbericht und auch im Antragsverfahren, in der Anhörung, in den Ausschüssen schon sehr ausführlich getan haben,

(Beifall SPD)

aber ich möchte noch zu einigen Punkten, die den Alternativantrag der CDU-Fraktion betreffen, Stellung nehmen.

Wie Sie wissen, Herr Thamm – und Sie haben ja eben auch auf den Pflegepakt fokussiert –, haben das Land und die Leistungserbringer und die Kostenträger am 7. November 2012 den Thüringer Pflegepakt unterzeichnet. Gemeinsam wollen die Partner die Voraussetzungen zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen und wirtschaftlich angemessenen Versorgung der Pflegebedürftigen in Thüringen stärken und die demografischen Herausforderungen bewältigen. Als Leitfaden für eine erfolgreiche Umsetzung des Thüringer Pflegepakts wurden drei Ziele genannt, Sie haben sie auch schon erwähnt: Höhere gesellschaftliche Akzeptanz, Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bessere Rahmen- und Beschäftigungsbedingungen in der Altenpflege und Verbesserung der Personal- und Nachwuchsgewinnung und Qualifizierung. Ein wichtiger Faktor für die Stärkung und Weiterentwicklung des Thüringer Pflegepakts ist dabei die gute Zusammenarbeit und das kooperative Miteinander von allen Mitgliedern des Thüringer Pflegepakts.

Die Akteure des Thüringer Pflegepakts sind sich einig, dass sich das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit deutlich verbessert hat. Die Pflege findet zunehmend Akzeptanz. Das ist auch wirklich wichtig in der Gesellschaft. Dafür maßgebend ist vor allem die Imagekampagne, die vom Pflegepakt entwickelt wurde. Auch spielt sie bei der Gewinnung junger Leute, die vor der Berufswahl stehen und sich erstmals für eine Berufsausbildung entscheiden, eine wichtige Rolle. Insofern kann ich ganz aktuell sagen, am 23.06.2018 wird hier in Erfurt eine entsprechend große Veranstaltung stattfinden. Sie wird den Namen „HELDEN-Spiele“ tragen und junge Leute motivieren, zukünftig ihre Perspektive in der Pflege zu suchen – eine Aktion des Pflegepakts.

Um dem Fachkräftemangel in der Altenpflege entgegenzuwirken, beschäftigt sich die Projektgruppe 2 des Pflegepakts seit April 2018 mit der Weiterqualifizierung von Heilerziehungspflegern und Heilerziehungspflegerinnen sowie anderer Berufsgruppen, um diese abschließend gegebenenfalls als Fachkräfte in der Altenpflege einsetzen zu können. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die derzeitige Erstellung eines Altenpflege-Dossiers für den Freistaat Thüringen insgesamt sowie für die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen der Projektgruppe 4. Ziel ist es, Datenmaterial zur Situation in der Pflege zu bündeln und Projektionen zur möglichen zukünftigen Entwicklung in Thüringen hieraus abzuleiten. Die Umsetzung der Ziele des Thüringer Pflegepakts ist ein stetiger Prozess. Von daher werden die bestehenden Projektgruppen anlassbezogen fachlich entsprechend angepasst.

(Abg. Thamm)

Eine nachhaltige Verbesserung muss hinsichtlich der Rahmenbedingungen für die Arbeit in der Pflege sowie der Personal- und Nachwuchsgewinnung erfolgen. Die Vergütung im Pflegesektor spielt hier eine wichtige Rolle. Das will ich nicht wiederholen, das haben Frau Abgeordnete Pelke und die Abgeordneten der regierungstragenden Fraktionen unterstrichen. Auch Sie, Herr Thamm, haben das ja noch mal bekräftigt.

Die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften ist nicht nur Thema des Thüringer Pflegepakts – das will ich hier auch noch mal ganz deutlich sagen – und der Projektgruppen, sondern steht mit dem im Juni 2017 in Kraft getretenen Pflegeberufereformgesetz derzeit ohnehin im Fokus der politischen Debatte. Ziel des Kernstücks des Gesetzes, also des Pflegeberufereformgesetzes, ist die Zusammenführung der bisherigen Alten-, Krankenund Kinderkrankenpflegeausbildung zu einer generalistischen Ausbildung mit dem Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“. Hierdurch soll unter anderem die Attraktivität der Ausbildung erhöht werden. Im Zuge der Umsetzung des Gesetzes und der dazu noch zu erwartenden Verordnungen des Bundes sind natürlich auch die landesrechtlich geregelten Weiterbildungen in den Fachberufen des Gesundheits- und Sozialwesens anzupassen und zu modernisieren. Dagegen ist die Stärkung der Fortbildung der Pflegekräfte Angelegenheit der Einrichtungsträger. Die Themen „Verweildauer im Beruf“, „betriebliches Gesundheitsmanagement“, „Personalentwicklung“, und „Arbeitsorganisation“ fallen in den Verantwortungsbereich der Einrichtungsträger und wurden bzw. werden auch in Projektgruppen der Steuerungsgruppe des Thüringer Pflegepakts behandelt. Richtig ist, dass in diesem Zusammenhang auch an die Lehrkräfte gedacht werden muss.

Eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der Pflege spielen pflegende Angehörige. Rund die Hälfte der Pflegebedürftigen in Thüringen wird mit Unterstützung von Angehörigen im häuslichen Umfeld versorgt. Umso wichtiger ist es, diese Menschen zu entlasten und zu unterstützen. Hier hat der Bundesgesetzgeber mit den Pflegestärkungsgesetzen bereits Verbesserungen für pflegende Angehörige auf den Weg gebracht. Zu nennen sind hier insbesondere folgende Maßnahmen: Pflegende Angehörige werden durch höhere Leistungen und flexiblere Kombinationsmöglichkeiten von Kurzzeit-, Tagesund Nachtpflege sowie von Verhinderungspflege mit ambulanten Pflegesachleistungen sowie mit dem Pflegegeld entlastet. Mit einem kostenfreien Pflegekurs der Pflegekassen können Angehörige sich bei der Pflege zu Hause unterstützen lassen. Seit dem 1. Januar 2016 haben pflegende Angehörige auch einen eigenen Anspruch auf individuelle Pflegeberatung mit oder ohne Beteiligung der pflegebedürftigen Person. Voraussetzung dafür ist ein

Einverständnis der pflegebedürftigen Person. Pflegende Angehörige können jetzt bis zu sechs Wochen im Jahr eine Auszeit von der Pflege nehmen. Wer pflegt und berufstätig ist, kann bis zu zehn Tagen unter bestimmten Voraussetzungen einmalig Lohnersatzleistung in Anspruch nehmen und bis zu zwei Jahre seine Arbeitszeit reduzieren. Seit dem 1. Januar 2017 haben mehr pflegende Angehörige einen Anspruch auf Rentenversicherungsbeiträge. Auch der Schutz in der Arbeitslosenversicherung hat sich verbessert.

Der Entlastungsbetrag nach § 45 d SGB XI von bis zu 125 Euro im Monat kann für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende eingesetzt werden. Den Aufund Ausbau von Angeboten zur Unterstützung pflegebedürftiger Angehöriger im Alltag fördert das Land gemeinsam mit den Pflegekassen in diesem Jahr mit jeweils 450.000 Euro. Insgesamt stehen dafür also 900.000 Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Die Angebote zur Unterstützung im Alltag beinhalten unter anderem die Übernahme von Betreuung und allgemeiner Beaufsichtigung pflegebedürftiger Menschen.

Um auch in Zukunft den professionell Pflegenden mehr Zeit für die direkte Pflege und für die Betreuung einzuräumen, wird in Thüringen das Projekt zur Entbürokratisierung – also zur Vereinfachung der Pflegedokumentation – weiter ausgebaut. Das dazu gebildete Kooperationsgremium von Pflegeeinrichtungen, den Pflegekassen sowie dem Land trifft sich regelmäßig, um Erfahrungen und Probleme auszutauschen und die Entbürokratisierung in Thüringen voranzubringen und zu festigen.

Hinsichtlich der Gewinnung von Altenpflegefachkräften aus dem Ausland wurde vonseiten der Steuerungsgruppe des Thüringer Pflegepakts die Projektgruppe 2 „Verbesserung der Personal- und Nachwuchsgewinnung und Qualifizierung“ ins Leben gerufen. Das Ziel der Projektgruppe 2 bestand darin, Möglichkeiten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Personal- und Nachwuchsgewinnung aufzuzeigen, also auch Potenziale und Hindernisse der Integration von Zugewanderten für Pflegeberufe zu erörtern. Durch die Projektgruppe wurden Handlungsempfehlungen erstellt, um daraus geeignete Maßnahmen zu entwickeln.

Lassen Sie mich auch noch ein oder zwei Sätze zu Ihrem Punkt 6 sagen, zum Potenzial ausländischer Fachkräfte. Gerade in diesen Tagen laufen die Vorbereitungen der Amtschefkonferenz der Gesundheitsministerkonferenz, die bald stattfinden wird. Dort gibt es einen sehr wichtigen Tagesordnungspunkt: Eckpunkte zur Überprüfung der für die Berufsausübung erforderlichen Deutschkenntnisse in Gesundheitsberufen. Wir werden uns dazu austauschen, und es wird zur Gesundheitsministerkonfe

(Staatssekretärin Feierabend)

renz dazu einen entsprechenden Beschluss aller Länder geben. Ich denke, man ist auf dem richtigen Weg, wenn man dazu auch noch mal eine Information einholt, was alle Länder bisher in den Arbeitsgruppen erarbeitet haben und was dann Beschlusslage der Gesundheitsministerkonferenz sein wird.

Lassen Sie mich auch zum Krankenhausbereich noch einige kurze Ausführungen machen. Im Rahmen der Anhörung des Antrags der regierungstragenden Fraktionen gehen ja die Meinungen auseinander. Zum einen wird die Meinung vertreten, in den bisherigen Strukturen seien die Pflegepersonalvorgaben ausreichend abgebildet und den Krankenhäusern müssten auch in der Pflege Freiheiten zur adäquaten Organisation verbleiben. Zum anderen werden verbindliche Personalschlüssel oder verbindliche Mindestpersonalschlüssel gefordert. Die über viele Jahre existierenden Personalschlüssel wurden mit Einführung des DRG-Systems abgeschafft. Das letzte Fachgebiet war die Psychiatrie. Ich glaube, dass es ganz ohne verbindliche Vorgaben nicht gehen wird.

(Beifall SPD)

So haben die Krankenhäuser immer wieder gezeigt, dass sie sich auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen können und gute Qualität in Pflege und medizinischer Versorgung ihrer Patienten leisten, die aber jederzeit noch zu verbessern ist. Auf der anderen Seite häufen sich Klagen, dass zu viel auf den Schultern des Pflegepersonals abgeladen wird. Aufgaben, die früher durch Krankenschwestern erledigt wurden – wie Patiententransporte oder die Essensausgabe – werden durch Hilfskräfte erfüllt.

Die Einführung der DRG hat jedoch durch die deutliche Verkürzung der Verweildauern zu einer erheblichen Mehrbelastung für das Pflegepersonal geführt, die nur zum Teil durch die eben von mir beispielhaft angerissenen organisatorischen Maßnahmen, wie Hilfskräfte, kompensiert werden kann. Im Krankenhausbereich besteht das Problem, dass durch die bundeseinheitlichen Vorgaben zur Finanzierung durch die Kostenträger für länderspezifische Regelungen kein Raum existiert.