Protocol of the Session on March 22, 2018

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist doch sowieso vom Staatssekretär!)

(Zwischenruf Höhn, Staatssekretär: Sei froh, dass ich dir nicht antworten kann!)

Zwischenrufe von der Regierungsbank sind nicht zulässig.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste, auch anwesende Vertreter der kommunalen Familie begrüße ich sehr! Die regierungstragenden Fraktionen haben im Dezember des letzten Jahres den Entwurf des Gesetzes über die Weiterentwicklung der Thüringer Gemeinden vorgelegt. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für die engagierte Beratung in den beteiligten Ausschüssen bedanken. Insbesondere möchte ich mich bei den angehörten Verbänden und Einzelpersonen bedanken, die ihre Beiträge bei der Diskussion über dieses Gesetz sehr engagiert und sachkundig geleistet haben.

(Beifall CDU)

Es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass nicht alle Argumente, die jetzt vorgetragen wurden, berücksichtigt werden können.

Es freut mich heute außerordentlich, dass wir mit diesem Gesetz bei der Gemeindegebietsreform in Thüringen einen weiteren Meilenstein erreichen. Was mich auch freut, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Dynamik, die inzwischen entstanden ist. Wenn ich morgens in den Pressespiegel schaue, bin ich immer wieder überrascht, wo, in welchen Bereichen des Landes sich jetzt Gemeinden, kommunale Vertreter auf den Weg machen, sich zusammenzuschließen.

(Beifall DIE LINKE)

Dies findet jetzt statt, obwohl zum Teil von Fraktionen, die hier im Raum versammelt sind, auch Nebelkerzen gezündet wurden, um Unsicherheit zu streuen. Gegen diese Unsicherheit kämpfen wir vonseiten des Innenministeriums an, teilweise mit Ihrer Unterstützung. Ich bin sehr erfreut, dass es

jetzt zu wirken beginnt. Ich freue mich auch, dass wir in diesem Jahr sehr viel Grund haben werden zu feiern. Es werden sich sehr viele Kommunen zusammenschließen, am 1. Juni oder am 31. Dezember bzw. 1. Januar. Das wird ein Anlass zur Freude sein, weil das Zusammengehen in vielerlei Hinsicht Sinn macht und von den Beteiligten auch ausdrücklich gewünscht wird.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir auf Freiwilligkeit setzen und diese sich jetzt auch manifestiert, so können wir das doch auch als Erfolg wahrnehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir schaffen mit diesem Gesetz jetzt Rechtssicherheit. Freiwillige kommunale Strukturänderungen können nunmehr auch von denen rasch und unkompliziert vorangebracht werden, die bisher – wie gesagt – aufgrund rechtlicher Bedenken verunsichert waren. Wie heute schon angeklungen: Der vorliegende Gesetzentwurf greift im Wesentlichen die im Vorschaltgesetz geregelten Änderungen der Thüringer Kommunalordnung auf, die damals in Artikel 2 des Vorschaltgesetzes enthalten waren, damit diese erneut wirksam werden können und auch den freiwilligen Neugliederungsprozess auf diese Weise unterstützen.

Wie ich eben schon angedeutet habe, liegt dem Thüringer Innenministerium eine Reihe von Anträgen auf freiwillige Neugliederung vor. Ein Teil davon wurde schon in den Entwurf des Thüringer Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2018 aufgenommen, das bereits in diesem Haus in erster Lesung behandelt und an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen wurde. Diese Gemeinden in ihren Bestrebungen auf eine zeitnahe Schaffung zukunftsfähiger Strukturen zu unterstützen, ist uns das wesentliche Anliegen. Aber auch die Gemeinden, die noch vor der Herausforderung der Neustrukturierung stehen, müssen sicher sein können, dass ihre Beschlüsse rechtssicher sind. Der Gesetzgeber schafft diese Grundlage und die damit einhergehende Verbindlichkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Gesetzentwurf, über den Sie heute abstimmen, ist Ausdruck bürgernahen, zukunftsorientierten und verantwortungsvollen Denkens. Die Menschen, vor allem in den ländlichen Gegenden des Freistaats, haben ein Recht auf starke, entscheidungsfreudige sowie handlungs- und leistungsfähige Verwaltungen.

Ich möchte an dieser Stelle noch mal kurz einige wesentliche Punkte des Gesetzentwurfs ansprechen. Größere Gemeinden – das ist auch meine Auffassung – eröffnen auch größere Handlungs

möglichkeiten und Handlungsspielräume für die Aufgabenerfüllung sowie die Sicherung der kommunalen Daseinsfürsorge und insbesondere auch – und das ist ganz wichtig – für Investitionen. Die durch das Gesetz geplante Stärkung des Ortschafts- bzw. Ortsteilrechts einschließlich des Ortsteilbudgets wird die bereits bestehende Möglichkeit stärken, Gemeindeleben vor Ort und durch die dort lebenden Menschen zu gestalten. Im Verlauf der Diskussion um den Gesetzentwurf, über den Sie heute abstimmen, wurde auch die Notwendigkeit verschiedener Konkretisierungen erkannt, die mit dem vorliegenden Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen umgesetzt werden sollen und die vom federführenden Innen- und Kommunalausschuss bestätigt wurden.

Der Antrag zur Streichung von Satz 6 des durch den Gesetzentwurf neu eingefügten Absatzes 6 in § 9 der Thüringer Kommunalordnung dient der Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage, die als ausreichend angesehen wird. Der in Artikel 1 Nummer 1 b) Satz 6 des Gesetzentwurfs vorgesehenen Änderung der Rechtslage bedarf es also nicht. Gerade für den Fall, dass ein Beauftragter selbst als Bürgermeister kandidiert und deshalb an der Wahrnehmung seines Amts als Wahlleiter verhindert ist, stellt das Thüringer Wahlgesetz ein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung, um eine andere Person zum Wahlleiter zu berufen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, infolge des Urteils des Verfassungsgerichtshofs über die Nichtigkeit des Vorschaltgesetzes kam es zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Umsetzung der freiwilligen Neugliederungsanträge. Für das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2018, aber noch stärker für das geplante folgende Gesetzgebungsverfahren zur freiwilligen Neugliederung der Gemeinden im Jahr 2019 bedeutet dies einen kurzen Übergangszeitraum zum Zusammenwachsen der neuen Strukturen. Um den Prozess des Zusammenwachsens hinreichend lange und mit vorhandener Erfahrung begleiten zu können, sollen die Bürgermeister der aufgelösten Gemeinden deshalb bis zum Ende ihrer persönlichen Amtszeit als Ehrenbeamte zum Ortsteil- oder Ortschaftsbürgermeister ernannt werden können. Als Folgeänderung wird es notwendig, die Ortsteil- bzw. Ortschaftsverfassung in allen Neugliederungsfällen nicht nur für den Rest der laufenden, sondern auch für die folgende gesetzliche Amtszeit des Gemeinderats festzuschreiben.

Die Einführung von Mindestsätzen für die Entschädigung von Gemeinderats- und Kreistagsmitgliedern dient der Stärkung und Aufwertung des kommunalen Ehrenamts, schaffen sie doch einen angemessenen Ausgleich für den mit der Übernahme eines kommunalen Ehrenamts verbundenen Zeitund Arbeitsaufwand.

Mit der Streichung der Regelung zur sogenannten doppelten Mehrheit für die Beantragung, Bildung, Erweiterung, Änderung und Auflösung von Verwaltungsgemeinschaften wird das Ziel verfolgt, die Bildung leistungsfähiger und verwaltungsstarker Gemeindestrukturen auch für Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften zu erleichtern.

An dieser Stelle, Herr Kellner, Sie hatten das Beispiel vom Brexit genannt. Das hat mich jetzt auch beschäftigt, aber es ist, glaube ich, auch tatsächlich ein Beispiel, das für diese Gesetzesänderung spricht, denn eigentlich sah die Europäische Union gar keinen Austritt vor. Es gab oder es gibt eigentlich keine Möglichkeit, aus der Europäischen Union auszutreten. Trotzdem haben die Briten sich mehr oder weniger dieses Recht genommen, weil die Menschen – und persönlich tut mir das leid – mehrheitlich dafür abgestimmt haben, aus der Europäischen Union auszutreten, und das ist eben auch Ausdruck ihrer demokratischen Rechte.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Und darum braucht es die Mehrheit!)

Und ich glaube, die Briten haben uns, was demokratische Tradition anbelangt, auch einiges voraus. Insofern ist das ernst zu nehmen, so traurig es ist.

(Zwischenruf Abg. Geibert, CDU: Wir können das dortige Wahlrecht gern hier einführen!)

In der Diskussion zu diesem Änderungsvorschlag zu § 46 kam aber auch deutlich die Sorge zum Ausdruck – und jetzt gehe ich auf Ihre Punkte ein –, dass der Gesetzgeber Veränderungswünschen von Mitgliedsgemeinden, von Verwaltungsgemeinschaften nachkommen könnte, ohne die Interessen der übrigen Mitgliedsgemeinden zu berücksichtigen. Diese Sorge ist aus meiner Sicht unbegründet, denn auch Änderungen an bestehenden Verwaltungsgemeinschaften können nur dann erfolgen, wenn Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen. Ob dies gerade auch bezüglich der in Verwaltungsgemeinschaften verbleibenden Gemeinden der Fall ist oder nicht, wird vor der Verabschiedung entsprechender gesetzlicher Regelungen geprüft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Interessen der Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften geprüft werden, zeigt auch die in Vorbereitung befindliche Anhörung zum Entwurf des Thüringer Gesetzes zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2018 und dem zugehörigen Änderungsantrag, denn sobald im Rahmen dieses Gesetzes Verwaltungsgemeinschaften betroffen sind, werden auch diese förmlich angehört. Die Einführung dieser Anhörungspflicht der Mitgliedsgemeinden und der betroffenen Verwaltungsgemeinschaften, wie sie durch die Ergänzung des § 46 der Thüringer Kommunalordnung vorgesehen ist, schreibt diese bereits ge

(Minister Maier)

lebte Praxis nun rechtlich fest. Sie stellt formal sicher, dass bei Entscheidungen des Gesetzgebers über Veränderungen, die eine Verwaltungsgemeinschaft betreffen, die maßgeblichen Gründe des öffentlichen Wohls in die gesetzgeberische Abwägung einbezogen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch ganz kurz auf die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen des Artikels 2 über die geplanten erheblichen Finanzhilfen eingehen. Auch sie wurden bis auf eine Ausnahme eins zu eins aus dem ehemaligen Artikel 3 des Vorschaltgesetzes übernommen. Durch die Förderung der freiwilligen Neugliederungen wird zunächst einmal ein Anreiz geschaffen, freiwillige Beschlüsse zur Bildung neuer oder erweiterter Gemeinden zu fassen.

Zweitens: Die Strukturbegleithilfen fangen finanzielle Schieflagen auf, die durch die Neugliederung mit leistungsschwächeren Gemeinden entstehen können.

Drittens: Durch die besondere Entschuldungshilfe wird gewährleistet, dass die neu gegliederten Gemeinden nicht von Anfang an in erheblichem Maße durch strukturelle Erschwernisse belastet werden, die aus der bisherigen Gemeindestruktur resultieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie abschließend, den eingeschlagenen Weg der Weiterentwicklung der kreisangehörigen Gemeinden in Thüringen fortzusetzen und damit die freiwillige Gemeindeneugliederung zu unterstützen. Ich danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Aussprache jetzt schließen kann und wir kommen zur Abstimmung. Zunächst stimmen wir ab über die Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses in der Drucksache 6/5438. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und des Abgeordneten Gentele. Gegenstimmen? Aus der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Danke schön. Damit mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/4811 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des eben durchgeführten Ergebnisses der Abstimmung zur Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und des Abgeordneten Gentele. Danke

schön. Gegenstimmen? Aus der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Ich bitte sich von den Plätzen zu erheben, wer für den Gesetzentwurf ist. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Mit Gegenstimmen der AfD-Fraktion, der CDU-Fraktion wurde es mit Mehrheit aus den Koalitionsfraktionen beschlossen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und gebe Herrn Abgeordneten Geibert das Wort für eine persönliche Erklärung.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe gegen den Gesetzentwurf gestimmt, nicht nur weil er viele rechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken enthält, sondern insbesondere weil er nach der Diskussion in den Ausschüssen und auch hier im Plenum nicht klar erkennen lässt, welchem kommunalpolitischen Leitbild er überhaupt folgt.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Sie ha- ben das nicht erkannt!)

Danke schön. Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 8 auf

Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Mitteldeutschen Rundfunk zum Zwecke der Umsetzung der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/ 46/EG Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/5414 ZWEITE BERATUNG

Den Gesetzentwurf haben wir gestern in erster Beratung beraten. Ich frage: Wird Aussprache gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich habe auch keine Wortmeldungen vorliegen, sodass ich die Beratung schließen kann und wir zur Abstimmung kommen.

(Minister Maier)

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/5414 in zweiter Beratung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Aus der AfD-Fraktion. Enthaltungen? Bei Enthaltung des Abgeordneten Gentele mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung über diesen Gesetzentwurf. Ich bitte, sich von den Plätzen zu erheben, wer für diesen Gesetzentwurf ist. Danke schön. Gegenstimmen? Gegenstimmen aus der AfD-Fraktion und vom Abgeordneten Heym. Herr Heym, vielleicht sollten Sie sich entscheiden, wofür Sie stimmen.

(Zuruf Abg. Heym, CDU: Ich war bei „ange- nommen“!)

Danke schön. Enthaltungen? Bei Enthaltungen vom Abgeordneten Rudy und Abgeordneten Gentele mit Mehrheit angenommen.