Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt steht hier ein Bildungspolitiker vorn und Sie fragen sich vielleicht: Was macht der Kollege Wolf bei diesem Thema hier? Wie Sie wissen, bin ich über lange Zeit meiner Biografie und auch meiner Erwerbsbiografie – genauso wie der Ministerpräsident – über die Arbeitnehmerbewegung und die Gewerkschaften in die Politik gekommen. Da treibt uns was. Und das, was Herr Höcke hier vorhin vorgetragen hat, treibt mich auch hier vor. Herr Höcke hat hier einen Begriff eingeführt – ich will ihn gerne wiederholen: „Solidarischer Patriotismus“ –, der offensichtlich eine inhaltliche Lücke, die die AfD auch im Bundestagswahlkampf und insgesamt in ihrer Programmatik hat, füllen soll. Damit will sich Herr Höcke offensichtlich wieder mal als ideologischer Vorkämpfer der neuen Rechten positionieren, denn Herr Gauland hat nichts anderes im Bundestagswahlkampf zur Rente gesagt als: Wir haben kein Konzept. Und da hat sich nichts, und zwar gar nichts geändert, auch nicht nach der Rede vom Kollegen Höcke.
Der DGB-Chef, Kollege Hoffmann, hat das neulich sinngemäß gesagt auf die Frage, warum so viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch gewerkschaftlich organisierte, AfD wählen, sie würden doch eigentlich gegen ihre eigenen Interessen wählen. Das stimmt. Aber sie wählen offensichtlich AfD, um ein Zeichen zu setzen gegen eine Politik, die sie so auch bewusst nicht akzeptieren können und wollen. Das ist heute alles schon ausgeführt worden, wie die Solidarsysteme in Deutschland in den letzten 20 Jahren auch umgestellt worden sind.
Ich will das auch am Beispiel Rente noch mal deutlich machen: Wenn man in einer demografischen Entwicklung ist, die nun mal so ist, dann hat man immer weniger jüngere Menschen, die einzahlen, die erwerbstätig sind, und immer mehr ältere Menschen, die anspruchsberechtigt sind. Da hat man zwei Möglichkeiten – zumindest scheinbar, da gibt es natürlich noch viele Grauzonen –, das eine ist, man kann das Anspruchsniveau senken, zum Beispiel, indem man also die Rente insgesamt Stück für Stück senkt, und natürlich auch, indem man das Renteneintrittsalter erhöht. Beides ist gemacht wor
Es gibt einen anderen Weg, und das ist, dass in die Sozialsysteme tatsächlich mehr Geld fließt, Geld, was tatsächlich in der Gesellschaft erwirtschaftet und vorhanden ist.
Was heißt das? Wir haben in den letzten 40 Jahren eine konstante Entwicklung – die konnte Bismarck auch noch gar nicht voraussehen, die ist aber so –, dass wir immer mehr Einkommen in der Gesellschaft über Kapitalerträge, Mieten, Aktien, Unternehmensgewinne etc. erwirtschaften und immer weniger über Arbeitseinkünfte. Das hat sich in den letzten 40 Jahren umgekehrt. Trotz alledem ist es so, dass diese Einkommen, diese immens hohen Einkommen, in den Sozialsystemen überhaupt keine Rolle spielen.
Da sind uns andere Länder um Meilen voraus, und diese Länder sind keine dem Sozialismus oder welcher linken Orientierung auch immer anheimgefallenen Länder. Das ist zum Beispiel die Schweiz und das ist auch Österreich – Schweiz in der Krankenversicherung, Österreich in der Rentenversicherung. Dieses System, was ich meine, nennt sich eine Erweiterung des Solidarsystems – manche sagen: erster Schritt Erwerbstätigenversicherung, zweiter Schritt Bürgerversicherung. Da würden dann alle Einkommen in die Sozialversicherung einzahlen. Das stabilisiert die Sozialversicherung und festigt sie auch, macht sie zukunftsfest. Das heißt zum Beispiel in Österreich, das wissen wir auch, haben nicht nur die Renten ein deutlich höheres Niveau, das Renteneintrittsalter ist deutlich niedriger als in Deutschland, sondern es erfolgen auch mehr Rentenauszahlungen im Jahr. Das alles findet sich bei der AfD überhaupt nicht wieder. Die AfD hat nach wie vor bis auf heiße Luft kein Konzept. Was sie hier macht, ist Folgendes...
Wir haben es doch gerade von Ihrem selbsternannten Sozialpolitiker gehört, im Übrigen, wenn ich mich richtig erinnere, ein Beamter, der hier jetzt im Landtag sitzt und der natürlich auch von der Bürgerversicherung entsprechend betroffen wäre.
Was die AfD oder Kollege Höcke hier gemacht hat, ist Sand in die Augen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Menschen hier in Deutschland
zu streuen, indem zwei unterschiedliche Systeme, die sich immer mehr mischen – wofür wir als ersten Schritt auch sind –, die aber im Moment noch als solche vorhanden sind, nämlich das steuerfinanzierte System und das beitragsfinanzierte System, gegeneinander gestellt werden.
Wenn Kollege Höcke hier sagt, dass wir aufgrund einer Fluchtbewegung, aufgrund von Menschen, die zu uns gekommen sind, irgendjemandem hier in Deutschland etwas vorenthalten, ist das schlicht gelogen. Ich sage es jetzt mal so: Kein einziger Rentner, keine einzige Rentnerin in Deutschland würde auch nur einen Cent mehr bekommen, wenn wir diese Menschen hier nicht ordentlich begrüßen, unterbringen, integrieren würden – keinen einzigen Cent mehr!
Wenn Sie sagen, wir wollen es besser machen, dann frage ich mich: Wo ist in Ihrem Antrag auch nur ein Satz diesbezüglich, dass das über Tarifsysteme geht, dass wir bessere Tarifbindungen, eine höhere Tarifbindung in Deutschland brauchen? Nein, ganz im Gegenteil: Sie machen natürlich, ohne dass Sie einmal benennen, wer das eigentlich gewesen sein soll – mir ist da kein einziger Name bekannt –, Gewerkschaftsführer oder Gewerkschaftsvertreter, wie Sie sagen, für eine AgendaPolitik mit verantwortlich. Ja, es gab eine Beratung, aber die Gewerkschaften waren immer gegen die Agenda 2010. Das haben sie immer deutlich gemacht. Ich selbst habe damals als DGB-Beschäftigter die Busse nach Berlin organisiert, um dagegen zu protestieren.
Und wir haben sie zusammen gefüllt, die Gewerkschaften, Die Linke, die Grünen waren mit dabei. Hunderttausende haben dagegen protestiert. Es ist schlicht falsch, was hier steht.
Wir haben in unserem Antrag der Koalitionsfraktionen in den Punkten 6, 7 und 8 noch mal deutlich gemacht, wie die Schritte dahin sind, was uns auch als Koalitionsfraktionen inhaltlich als Perspektive eint, nämlich ein Solidarsystem zu festigen, welches sich bewährt hat, und das auch auf breitere Grundlagen zu stellen – ich habe es schon gesagt, eine Bürgerversicherung als Endziel. Hier ist ganz klar benannt: Ausbau der Rente zu einer steuerund beitragsfinanzierten Leistung, Altersgrenzen anheben verhindern – da haben wir schon einige Entwicklungen in den letzten Jahren gesehen – und eine steuerfinanzierte Mindestrente. All das findet bei der AfD überhaupt nicht statt.
Die AfD – als letzter Satz – hat kein Konzept und sie hat auch keinen Sozialpolitiker Höcke, sie hat einen Spalter Höcke und mehr nicht. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Schülerinnen und Schüler und sonstige Besucher auf der Tribüne! Sehr geehrter Herr Kollege Wolf – wo ist er? –, Sie haben in Ihren Ausführungen indirekt richtig erkannt und auch zugegeben, dass die AfD jetzt dabei ist, aus Protestwählern Stammwähler zu machen. Das ist richtig.
Denn immer mehr Menschen in diesem Lande, Herr Kollege Wolf und sehr geehrte Frau Kollegin Stange – zu Ihnen sage ich gleich auch noch mal was, da ist es auch dringend geboten, Ihre Ausführungen und Anwürfe in Richtung meiner Person zu replizieren –, erkennen das Grundproblem der Ausrichtung der Politik dieses Landes. Nämlich, dass Sie und leider alle Altfraktionen – einschließlich leider auch der CDU – etwas träumen und glauben, dass dieser Traum auch in der Realität existieren könnte. Ich kann verstehen, dass man das träumt. Aber ich weiß, dass dieser Zustand in der Realität niemals vollzogen werden kann. Dieser Traum, den Sie augenscheinlich alle träumen, lautet: die Kombination von offenen Grenzen und einem funktionsfähigen Sozialstaat. Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, das kann man träumen, aber man wird diese Kombination niemals in der Realität auf diesem Planeten vorfinden.
Das verstehen die Menschen da draußen. Und Herr Wolf, natürlich müssten entsprechende Regelungen neu geschaffen werden, aber Sie wollen hier doch nicht wirklich ernsthaft behaupten, dass man die 500 Millionen Euro, die Ihre Landesregierung ungefähr pro Jahr für illegale Einwanderung zur Verfügung stellt, nicht nehmen und sie dem Rentner geben könnte, der nach 40/45 Jahren Arbeitstätigkeit hier in Deutschland und für Deutschland manchmal im Mülleimer nach Pfandflaschen wühlen muss.
Und wir haben den politischen Willen, und deswegen haben wir auch den Zuspruch als AfD. Freuen Sie sich auf die nächsten Umfrageergebnisse.
Wir haben den politischen Willen, diejenigen, die dieses Land aufgebaut haben, auch nach der Wende wieder schön gemacht haben, die den Wohlstand in diesem Lande erarbeitet haben, auch in einen auskömmlichen Ruhestand zu schicken. Diesen politischen Willen haben wir.
Ich kann Ihnen sagen, sehr geehrter Herr Kollege Wolf und sehr geehrte Frau Kollegin Stange, wenn Sie nicht schleunigst aus Ihrem ideologischen Wolkenkuckucksheim herabsteigen, dann werden Sie persönlich und Ihre Partei einen sehr, sehr schweren Gang in die Zukunft antreten, das prophezeie ich Ihnen.
Noch was zu den Lösungsmöglichkeiten, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne: Als das Rentensystem
umgestellt worden ist in der Ära Adenauer, da gab es die sogenannte Drittelparität. Das heißt, ein Drittel der Rente sollte von den Arbeitnehmern erwirtschaftet werden, ein Drittel der Rente sollte von den Arbeitgebern erwirtschaftet werden und das letzte Drittel sollte als Steuerzuschuss vom Staat kommen. Das ist die Drittelparität. Ja, gucken Sie doch nicht so, Herr Kuschel, so ist es gewesen.
Heute ist es so, dass der Staat seine Steuerzuschüsse nicht mehr in dem damals vereinbarten – zumindest angedachten – Umfang leistet. 20 Milliarden Euro hat Minister Schäuble im letzten Jahr zu wenig in die Rentenkasse überwiesen. Damit hat er seine „schwarze Null“ erkauft.