Protocol of the Session on February 23, 2018

Es ist eine Ehrenamtsarbeit gewesen. Es sind Menschen gewesen, die sich über den Freistaat verteilt dieser Art angenommen haben, die gute Arbeit geleistet haben und hoffentlich auch in Zukunft noch leisten werden. Ich bin ganz optimistisch, dass wir es schaffen werden, diese Arbeit in Zukunft mit Landesmitteln vernünftig auszugestalten und sie weiter begleiten werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich die Aussprache schließe. Ich gehe davon aus, dass der Sofortbericht erteilt wurde, alle damit zufrieden sind, sodass wir über die Ausschussüberweisung auch nicht debattieren müssen, sondern direkt über den Antrag abstimmen können. Wer für den Antrag ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus der AfD. Danke schön. Enthaltungen? Die gibt es nicht. Somit ist Nummer II des Antrags der Koalitionsfraktionen mit Mehrheit angenommen.

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 18

(Abg. Müller)

Umfassende Reform des BAföG initiieren Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/5310

Ich frage, ob jemand das Wort zur Begründung wünscht. Ja, dann Herr Abgeordneter Wolf.

Sehr geehrte Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir beraten nun in der Drucksache 6/5310 den Antrag der Koalitionsfraktionen mit dem Titel „Umfassende Reform des BAföG initiieren“. Das BAföG, seit 1971 in immer wieder veränderter und angepasster Form in Kraft, ist eine wesentliche Säule für mehr Bildungsgerechtigkeit, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Im Koalitionsvertrag haben sich die drei Regierungsparteien mit Bezug auf das BAföG zu zwei Schritten verständigt. Der Ende 2014 vorgelegten BAföG-Reform wollten wir zustimmen, weil das dort das erste Mal seit langer Zeit wesentliche Verbesserungen für die Studierenden abgebildet wurden. Dies ist mit der Zustimmung Thüringens am 19.12.2014 geschehen.

In einem weiteren Schritt, so der Koalitionsvertrag, wollen wir für weitere Verbesserungsschritte sorgen, wofür wir heute eine Bundesratsinitiative für eine umfassende Reform des BAföGs vorlegen. Dabei greifen wir eine Vielzahl an einzelnen Punkten auf, wie zum Beispiel eine weitere notwendige Anpassung der Regelsätze an die Preis- und Einkommensentwicklung und – daran geknüpft – eine Dynamisierung, damit das BAföG künftig mit der Preisentwicklung Schritt hält. Wir wollen die Freibeträge für Eltern und Einkommen anheben und auch die Wohnkostenpauschale evaluieren, um nach Möglichkeiten zu suchen, die den an den Hochschulstandorten oft stark steigenden Mieten zeitgemäße Antworten entgegenstellt. Auch die Förderhöchstdauer muss in Zeiten, wo viel von lebenslangem Lernen die Rede ist, auf den Prüfstand gestellt werden und wir müssen diese Überprüfung auch nutzen, um der Heterogenität der Studierendenschaft weiter Rechnung tragen zu können, etwa indem Studierende mit Kindern, mit zu pflegenden Angehörigen oder auch mit chronischen Krankheiten und ihre Lebenssituation besser widergespiegelt werden. Ich will hier explizit auch nennen, dass wir auch viele Studierende haben, die durch eine Lockerung der in Punkt 7 benannten Altersgrenze positiv benannt werden.

Ebenfalls im Sinne der Integration wollen wir die diskriminierende Situation, die mit bestimmten Aufenthaltstiteln verknüpft ist und die Studieninteressierten für bis zu 15 Monaten die Aufnahme eines Studiums verbietet, abschaffen. Wir müssen auch

endlich die Situation von Teilzeitstudierenden im BAföG vernünftig abbilden. Auch hier sind Anpassungen längst überfällig.

Unsere Koalition ist zuversichtlich, dass sich im Bundesrat für diese Forderung viele Unterstützende finden lassen. Nicht zuletzt die regelmäßigen Berichte des Deutschen Studentenwerks belegen, dass der Reformbedarf eindeutig besteht.

Erlauben Sie mir deshalb, abschließend ein Zitat des Präsidenten des Deutschen Studentenwerks Prof. Dr. Timmermann hier vorzutragen, ganz kurz: „Es gibt noch viel zu tun beim BAföG; jetzt gäbe es einen guten Moment, um ein paar Baustellen zu schließen.“ Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Damit eröffne ich die Beratung und als Erste erhält Abgeordnete Henfling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, wenn man die Zahlen des Statistischen Bundes- und der Landesämter zur Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gelesen hat, muss man sich verwundert die Augen reiben. Politischer Anspruch und gelebter studentischer Alltag scheinen nur wenig miteinander zu tun zu haben. Die neuste Ausgabe des Sozialberichts mit dem Stand von 2016 zeigt vor allem: Die Wohnkosten fressen zu viel vom Lebensunterhalt weg und das Vertrauen ins BAföG ist deutlich gesunken. So ging die Anzahl der Personen, die Leistungen nach dem BAföG bezogen, im Bundesdurchschnitt um 5,5 Prozent und in Thüringen konkret um 6,2 Prozent zurück. Im Sozialbericht kann man unter anderem lesen – ich zitiere –: „Im Vergleich zu den herkunftsspezifischen BAföGQuoten des Jahres 2012 wird deutlich, dass der Anteil Geförderter unter den Studierenden der Herkunftsgruppe ‚niedrig‘ besonders stark zurückgegangen ist“ – nämlich minus 13 Prozentpunkte –, „während zum Beispiel bei Studierenden der Bildungsherkunft ‚hoch‘ der Schwund deutlich geringer ausfällt“ – nämlich nur minus 3 Prozentpunkte.

Zur Erinnerung: Das BAföG ist geschaffen worden, um auch Menschen aus sozial oder finanziell schlechtergestellten Herkunftsgruppen das Studieren zu ermöglichen, denn sowohl die soziale Gerechtigkeit als auch die Leistungsfähigkeit von Gesellschaft und Wirtschaft hängen davon ab, dass alle ihre Potenziale entfalten können. Es liegt nicht am Können, sondern am System, dass heute nur

(Präsident Carius)

ein Viertel der Kinder von Nichtakademikerinnen studieren, gleichzeitig aber drei Viertel der Kinder aus Akademikerinnenfamilien.

Der Sozialbericht stellt weiterhin fest, dass Studierende mit niedriger Bildungsherkunft wesentlich häufiger über die Grenze des eigenen Einkommens bwz. Vermögens ausgesiebt werden, gleichwohl – und ich zitiere wieder – „sie zuvor häufiger bereits eine Ausbildung absolviert haben und/oder berufstätig waren […]. Dementsprechend häufiger sind sie bereits älter, länger und stärker auf Selbstfinanzierung angewiesen, was sich auf den BAföG-Anspruch auswirkt.“ Eine Wertschätzung dieses Bildungswegs wird so nicht vermittelt. Es gilt wohl immer noch die Vorstellung, dass das Studieren eine Elitenausbildung ist, bei dem sich der Elitenbegriff über den Sozialstatus definiert. Die Studienfinanzierung muss daher grundlegend geändert werden. Das BAföG muss wieder zum Leben reichen und für Studierende jeden Alters und in Teilzeit geöffnet werden. Das Ziel muss ein BAföG sein, das Sicherheit schafft und nicht durch eine starre zeitliche Begrenzung Druck aufbaut. Dafür wollen wir uns im Bundesrat einsetzen und darum haben wir diesen Antrag eingereicht.

Zwischen 2012 und 2016 haben zwei Bundesregierungen unter Führung der Union das BAföG leider nicht erhöht. Entsprechend schlecht war die Entwicklung für die soziale Lage der Studierenden. Dabei hilft auch nicht, dass der Bund seit dem 01.01.2015 allein für das BAföG zahlt. Die Studierenden, die seit 2010 auf eine Erhöhung warten, haben von dieser Änderung leider gar nichts gehabt – im Gegenteil. So ist der Anteil derjenigen, die neben dem Studium arbeiten, von 62 auf 68 Prozent gestiegen. Das Vertrauen der Studierenden auf das BAföG ist im gleichen Zeitraum gesunken. Nun sagen 37 Prozent der 60.000 bundesweit befragten Studierenden, dass sie erst gar keinen BAföG-Antrag stellen, weil sie Angst vor der Verschuldung haben. Hier muss die nächste Bundesregierung dringend handeln.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Folgen dieser Politik sehen wir nun auch in Thüringen. Hier verschärft sich die Lage sogar noch. Sowohl im Vergleich mit dem Jahr 2015 als auch mit dem Jahr 2014 lag der prozentuale Rückgang der BAföG-Empfänger über dem Bundesdurchschnitt.

Bildungsgerechtigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedeutet für uns Grüne, allen Studienchancen zu eröffnen. Jeder muss unabhängig vom Geldbeutel der Eltern und von der Herkunft studieren können. Die Problemlage ist nicht neu. In dieser Bundeslegislatur haben wir Grüne diese Problematik bereits mehrfach auf den Tisch gelegt und auch Reformkonzepte vorgeschlagen. Wir wollen in ei

nem ersten Schritt dafür sorgen, dass das BAföG künftig automatisch und regelmäßig erhöht wird und eine ortsabhängige Wohnpauschale enthält. So können Studierende steigende Lebenshaltungskosten und Mieten schultern. Im zweiten Schritt wollen wir die Studienfinanzierung zum Zwei-Säulen-Modell weiterentwickeln. Unser grüner Vorschlag dabei ist, in der ersten Säule den Studierenden einen sogenannten Studierendenzuschuss – also einen gleich hohen Basisbetrag für alle – zu gewähren, und bei der zweiten Säule kommt ein individuell bemessener Bedarfszuschuss hinzu. Beides soll, anders als das jetzige BAföG, nicht zurückgezahlt werden müssen.

Ich finde es sehr gut und sehr zielgerichtet, dass die Koalitionsfraktionen gemeinsam eine Bundesratsinitiative hier anstoßen wollen. Ich glaube, das ist das richtige Zeichen zur richtigen Zeit, und ich glaube, es ist auch ein richtiges Zeichen in die Richtung des Bundes und der momentanen Regierungsbildung, dass wir hierzu dringend Handlungsbedarf haben. Nicht nur für Thüringen, sondern auch für die gesamte Bundesrepublik ist das wichtig. Von daher herzlichen Dank an die Koalitionsfraktionen und wir werben natürlich um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Als Nächster hat Abgeordneter Schaft für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lieber Zuschauer auf der Tribüne, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream! Wir haben das Thema „BAföG“ zuletzt im August 2017 hier im Landtag auf Antrag meiner Fraktion im Rahmen der Aktuellen Stunde diskutiert. Der Grund waren da die gesunkenen Zahlen der Förderberechtigten in Thüringen wie im Bund. Seitens der Opposition wurde darauf verwiesen, dass die Zahlen noch kein Indikator seien, dass dringender Handlungsbedarf bestehe, weil die mit der letzten Novellierung des BAföG greifenden Regelungen noch nicht evaluiert seien.

Doch selbst in dem fast zwei Jahre verspätet erschienenen Bericht der aktuell geschäftsführenden Bundesregierung, der im Dezember 2017 erschienen ist, ist zu lesen – ich zitiere –, „dass eine mögliche Neufestlegung der Bedarfssätze und Freibeträge sowie der Höchstbeträge bei den Sozialpauschalen eine Aufgabe der künftigen Bundesregierung ist.“ Ein Handlungsbedarf besteht also mittlerweile selbst aus Sicht der Bundesregierung.

Nun hat sich auch die potenzielle neue Große Koalition in dem Entwurf des Koalitionsvertrags eine

(Abg. Henfling)

Trendumkehr beim BAföG auf die Fahnen geschrieben. Da wollen wir doch gern eine kleine Hilfestellung leisten, um deutlich zu machen, worauf es ankommt, wenn wir eine wirkliche Trendumkehr erreichen wollen – nämlich eine Trendumkehr für mehr Bildungsgerechtigkeit und mehr Bildungsbeteiligung in diesem Land.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es ist schon erwähnt worden: Wir tragen mit dem vorliegenden Antrag auch unserer Vereinbarung im Koalitionsvertrag Rechnung, wo wir 2014 schon gesagt haben, dass es noch einen notwendigen Ausbau der Förderung zur Steigerung der Bildungsbeteiligung und Bildungsgerechtigkeit braucht. Dass wir durch einen grundlegenden Ausbau des BAföG mehr Bildungsgerechtigkeit schaffen können, zeigt sich auch noch mal mit Blick auf die DSW-Sozialerhebungen. Auch dort spiegelt sich klar wider: Das BAföG ist immer noch eine der zentralen Säulen der staatlichen Bildungsfinanzierung oder überhaupt der Studienfinanzierung, wenngleich mittlerweile die Zuschüsse von Familienangehörigen oder ein eigenes Einkommen durch Erwerbsarbeit noch vor dem BAföG stehen. Wenn das BAföG seinen Anspruch erfüllen will, wirklich bedarfsgerecht den Lebensunterhalt und die Ausbildung zu finanzieren, um eben soziale Zugangsbarrieren abzuschaffen, dann müssen wir hier anpacken, dann müssen wir es ausbauen.

Was sich für diese Trendumkehr ändern muss, liegt mit den sich im vorliegenden Antrag widerspiegelnden Punkten vor: Erstens müssen wir endlich die BAföG-Fördersätze der realen Preis- und Einkommensentwicklung der vergangenen Jahre anpassen, und zwar schnell. Warten wir beispielsweise bis 2021, wie es im Entwurf des Koalitionsvertrags der potenziellen Großen Koalition steht, wird es mit der Trendumkehr nicht viel. Die mögliche Erhöhung würde weitgehend verpuffen, wie es mit der letzten Anhebung schon passiert ist.

Im Bericht der Bundesregierung, den ich schon erwähnt habe, ist euphemistisch dargestellt – ich zitiere –: „Der rückläufigen Entwicklung bei den Gefördertenzahlen steht ein Zuwachs bei den durchschnittlichen Förderbeträgen gegenüber. [...] Bei Studierenden legte der durchschnittliche Förderungsbetrag um 3,6 Prozent zu und stieg zwischen 2012 und 2016 von 448 Euro auf 464 Euro.“ Diese Steigerung trägt aber der Entwicklung der Verbraucherinnenpreise eben nicht Rechnung, denn die BAföG-Fördersätze laufen genau dieser bereits seit 1979 hinterher. Um diese Entwicklung abzufangen, wäre bei der letzten Novelle eben eine Erhöhung der Bedarfssätze um 15,4 Prozent notwendig gewesen. Am Ende wurden es 9,7 Prozent, und diese Lücke muss geschlossen werden. Auch aus diesem

Grund haben wir diesen Antrag vorgelegt, um eine Bundesratsinitiative zu initiieren.

Aber mit der einmaligen Erhöhung ist es nicht getan. Um einen langfristigen und sicheren Ausbau des BAföG zu erreichen, braucht es auch zweitens die Dynamisierungskomponente der Fördersätze, damit die Entwicklung eben auch zukünftig mit der realen Preis- und Einkommensentwicklung Schritt hält und sich an dieser orientiert.

Im Dreiklang damit verbunden ist dann drittens die Anhebung der Elternfreibeträge und der Einkommensfreibeträge, auch da mit einer dynamischen Komponente, um auch hier der realen Entwicklung nicht hinterherzulaufen. Auch hier wollen wir anpacken, um die Zahl der Anspruchsberechtigten nachhaltig und auch dann tatsächlich zu erhöhen.

Besonders in den Fokus gerückt ist in den letzten Monaten im Zusammenhang mit der Diskussion über die Ausgestaltung des BAföG auch die Entwicklung der Mietpreise in den deutschen Hochschulstädten. Auch hier besteht dringender Handlungsbedarf, denn nach einer Erhebung unterschiedlicher Forschungsinstitute, wie beispielsweise dem Moses Mendelssohn Institut oder dem Institut der deutschen Wirtschaft, liegt der Mietpreis im bundesweiten Durchschnitt selbst in Wohnheimen weit über den 250 Euro der Mietkostenpauschale. Nur in vier der 93 Universitätsstädte bewegen sich die durchschnittlichen Mietpreise im Rahmen dieser Pauschale. Die Schieflage hat dann eine negative Auswirkung, denn wenn die Miete höher ist als die Mietpauschale, muss an anderer Stelle eingespart werden. Das bedeutet dann in der Regel, dass beim Grundbedarf gespart werden muss und das am Ende zulasten der Grundförderung geht.

Die Autoren in der Studie zur Ermittlung der Lebenshaltungskosten von Studierenden des Forschungsinstituts für Bildung und Sozialökonomie im Auftrag des DSW aus dem letzten Jahr kommen in dem Zusammenhang zu dem Schluss, dass am Ende selbst der Förderhöchstsatz von 735 Euro in den meisten Fällen nicht ausreicht, um die tatsächlichen Lebenshaltungskosten zu finanzieren. Ich zitiere dann auch gerne noch mal – wie ich es auch schon letztes Jahr getan habe – den Generalsekretär des DSW, der damals sagte, man muss hier sogar von verdeckter Armut und dann eben einem dringenden Handlungsbedarf sprechen.

Aus dem Grund fordern wir die Evaluation der Wohnkostenpauschale. Dann können wir künftig genau identifizieren, wo Anpassungen vorgenommen werden müssen, um zum einen den steigenden Mietpreisen, aber zum anderen auch der regionalen Unterschiedlichkeit Rechnung zu tragen, damit die Mietpreise nicht mehr die BAföG-Grundförderung aufzehren.

Nicht zuletzt muss sich die Förderung nach dem BAföG auch der gewachsenen Heterogenität der Studierenden an den Hochschulen anpassen. Also wollen wir auch hier eine höhere Förderquote erreichen, indem wir beispielsweise – das ist dann den Punkten 6 und 7 unseres Antrags zu entnehmen – bei der Frage nach der Förderhöchstdauer und der Anspruchsberechtigung beispielsweise ehrenamtliches Engagement, Studium mit Kind oder Kindern, die Pflege von Angehörigen oder auch Studium mit Behinderung und chronischer Krankheit noch stärker berücksichtigen, als es derzeit der Fall ist. Denn wir betrachten die Vielfalt der Studierenden nicht nur als Herausforderung, sondern als Gewinn für die deutsche Hochschul- und Wissenschaftslandschaft.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das bedeutet am Ende auch zu überprüfen, ob nicht beispielsweise eine Lockerung der Altersgrenze sinnvoll ist. Denn wenn wir von einem durchlässigen Bildungssystem sprechen und uns beispielsweise – ich nenne mal das Stichwort – lebenslangem Lernen verpflichtet fühlen, dann muss ich das BAföG auch hier zukünftig den geänderten Lebensrealitäten anpassen. Deswegen sollte auch hier geprüft werden, ob nicht eine Lockerung der Altersgrenzen sinnvoll ist, denn mit dem Grundsatz des lebenslangen Lernens ist es zumindest meines Erachtens dann nicht immer vereinbar.

Auch mit Blick auf die Zahl der Studierenden, die in Regelstudienzeit abschließen – in Thüringen sind es circa 50 Prozent –, ist aus unserer Sicht noch mal zu überlegen, ob hier nicht Lockerungen sinnvoll sind, um die Förderhöchstdauer an die reale Studienzeit anzupassen und eben nicht an starre Fristen zu knüpfen. Kann beispielsweise der derzeit vorgeschriebene Leistungsnachweis nach dem 4. Semester aufgrund fehlender Prüfungsleistung nicht vorgelegt werden und entfällt so vorübergehend oder möglicherweise auch dauerhaft der Anspruch auf die Förderung, dann ist das aus unserer Sicht alles andere als förderlich dafür, sein Studium letztendlich in der Regelstudienzeit abzuschließen und sich vollends auf das Studium konzentrieren zu können, wenn möglicherweise dann durch Erwerbsarbeit das fehlende Geld eingeholt werden muss. Einen Beitrag können wir auch hier dazu leisten, dass dann mehr Studierende in der Regelstudienzeit ihr Studium abschließen können.

Wie wichtig diese Förderung ist und wie negativ sich eine Förderpause durch diese Regelung beispielsweise auswirken kann, zeigt auch ein Ergebnis der DSW-Sozialerhebung, nach der 80 Prozent der BAföG-Geförderten gesagt haben, ohne die BAföG-Förderung hätten sie das Studium nicht aufnehmen können. Dann könnten sie also in der Folge sicherlich auch ihr Studium nur schwer fortführen, wenn diese Förderung wegfällt. Das BAföG als

staatliche Säule der Bildungsfinanzierung sollte genau das verhindern.

Nicht zuletzt sollte im Sinne der Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe und der Integration auch die bestehende Sonderregelung für Menschen mit einer Aufenthaltsduldung aufgehoben werden. Eine 15-monatige Zwangspause aufgrund des fehlenden Zugangs zur Ausbildungsförderung und damit verbunden das Warten bis zum möglichen Erwerb einer Immatrikulation, um ein Studium zu beginnen oder auch fortsetzen zu können, wirkt wohl kaum motivierend für die eigenen Zukunftsperspektiven.