Ich habe das natürlich unterstützt, Herr Ministerpräsident, und heute nehme ich Sie beim Wort. Heute wünsche ich mir von Ihnen, dass Sie diesen Antrag der CDU schon aus reinem strategischen Denken mit übernehmen.
Denn wenn es wirklich darum geht, das Handwerk zu stärken, gehört natürlich der Meisterbonus dazu. Sie werden natürlich nicht den Stellenwert von Otto von Bismarck in der Geschichte einnehmen, schon gar nicht mit dem Bildungsfreistellungsgesetz.
Aber ich halte Ihnen eine Nische in der Geschichte bereit. Diese Nische können Sie besetzen, wenn Sie heute dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen, nämlich für die Einführung des Meisterbonus.
Darüber hinaus, um wieder zum Ernst der Sache zurückzukommen, wünsche ich mir von allen Fraktionen heute ein Überdenken, ob es nicht nötig ist, ein Zeichen zu setzen, Parteigrenzen und ideologische Grenzen zu überspringen, um der Sache zu dienen, um Gesetze auf den Weg zu bringen, die speziell in diesem Bereich Handwerk Auswirkungen haben. Überlegen Sie Ihre Entscheidung. Dass sich die deutsche Sozialdemokratie immer beim Thema Arbeit von vornherein verwehrt, das beunruhigt mich schon in Ihrem eigenen Interesse, denn wenn das draußen als Signal ankommt, dann können Sie sich vorstellen, was das bei der nächsten Wahl mit Ihrer Partei, die sich immer der Arbeiterschaft und des kleinen Mittelstands angenommen hat, für Auswirkungen hat. Überlegen Sie sich bitte diesen Schritt.
Herr Adams, Sie wissen, mein Sonderthema ist „goldener Boden des Handwerks“. Auch Sie haben eben zur Podiumsdiskussion zugestimmt. Auch Sie bitte ich, das zu überdenken und über Ihre Parteigrenzen hinaus heute die Zustimmung zu erteilen, damit auch noch in den nächsten Jahren folgender Handwerksspruch Gültigkeit behält: Bei uns läuft die Arbeit nicht vom Band, wir arbeiten noch mit Herz und Hand und dienen somit nach altem Brauch dem Kunden und dem Handwerk auch. In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wirkner. Jetzt sind wir gespannt, ob Herr Tiefensee die historische Nische für Herrn Ramelow öffnet oder schließt.
Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, meine Damen und Herren, liebe junge Leute auf der Tribüne, „Handwerk stärken – Meisterbonus einführen“, vor einigen Wochen lag dieser Antrag der CDU auf meinem Tisch und, Herr Wirkner, Herr Mohring, ich habe mich damals gefragt, warum jetzt, und habe überlegt und bin nicht darauf gekommen. Aber jüngst habe ich doch die Lösung gefunden. Es stand ein parlamentarischer Abend des Handwerks bevor
und auf dem machte es sich ganz besonders gut, in sehr kräftigen Worten, Herr Mohring, zu fordern, dass wir endlich doch nun schnell – möglichst in dieser Landtagssitzung – den Meisterbonus einführen. Herr Wirkner – strategisch gedacht. Aber ich finde, wir sollten diesen Antrag sehr kritisch prüfen. Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, ich möchte in meiner Rede deutlich machen, dass ich Ihnen nicht recht raten kann, diesem Antrag zuzustimmen.
Zunächst einmal, meine Damen und Herren, auf diesem parlamentarischen Abend ist einmal mehr beschworen worden, wie alle hinter dem Handwerk stehen. Auch im Antrag im ersten Kapitel steht sehr viel darüber zu lesen, wie das Handwerk in unserem Land wirkt und wie es zu stärken ist. Ich möchte einmal mehr für die Landesregierung über das, was im Koalitionsvertrag steht, hinaus deutlich machen: Wir begreifen das Handwerk als eins, als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wir zollen den Handwerksmeistern, den Gesellen, den Auszubildenden, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern höchsten Respekt. Wir wollen alles tun, damit die Arbeit der Handwerksbetriebe erleichtert wird, von der wir wissen, dass es nicht ganz einfach ist.
Ich habe mich über Jahre in verschiedenen Funktionen mit dem Handwerk beschäftigt und ich weiß, welche hohen Hürden dieser Beruf oftmals zu überspringen hat. Die Stichworte sind genannt: Wie gebildet kommen eigentlich die Lehrlinge in die Ausbildungsbetriebe? Wie ist es um die Unternehmensnachfolge bestellt? Die Zahlungsmoral spielt eine Rolle, Bürokratie, Eigenkapital. Wie ist es mit dem Auftragsvolumen? Wie verhalten sich Generalübernehmer? usw. Eine Fülle von Problemen bis hin zur Finanzierung, Mikrokredite sind angesprochen wor
den, die wir übrigens auf den Weg gebracht haben. Alles das liegt als Aufgabe vor den Handwerksbetrieben. Ich will einmal mehr unterstreichen: Die Landesregierung wird mit den sie tragenden Fraktionen alles tun, um das Handwerk zu stärken.
Um den zweiten Absatz Ihres Antrags aufzugreifen: Ein klares Bekenntnis zur dualen Ausbildung. Da möchte ich nicht nur den Koalitionsvertrag zitieren, sondern ich möchte auf die Aktivitäten verweisen, die ich persönlich in letzter Zeit in dieser Sache unternommen habe. Es ist bereits angesprochen worden: Kurz bevor ich hier im November 2014 in die Landesregierung eingetreten bin, haben wir im Bundestag einen Antrag auf den Weg gebracht, der noch mal ein deutliches Bekenntnis zur dualen Ausbildung aufweist. In der ersten Wirtschaftsministerkonferenz, also unmittelbar nach meiner Ernennung, haben wir uns wiederum intensiv damit beschäftigt.
Ich habe keinen Weg gescheut, keine Möglichkeit ausgelassen, um in Brüssel für die duale Ausbildung zu kämpfen, die ein wesentlicher Pfeiler der guten wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands ist. Also auch hier eindeutiges Bekenntnis zur Ausbildung wie auch zum Handwerk insgesamt.
Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum Antrag und meiner Empfehlung an den Herrn Ministerpräsidenten oder Herrn Adams, die von Herrn Wirkner persönlich angesprochen worden sind. Ich kann Ihnen nicht empfehlen, diesem Antrag zuzustimmen, der das fortentwickelt, was im Mai 2014 hier im Landtag diskutiert und beschlossen worden ist, der Antrag zur Stabilität, zur Unterstützung des thüringischen Handwerks.
Fünf Gründe, warum ich abrate. Erstens: Jede Woche eine andere Meinung, haben Sie vorhin gerufen, Herr Mohring. Damals haben Sie in der Debatte, insbesondere im Wirtschaftsausschuss im Mai 2014, einem Antrag zugestimmt
ich kann lesen – als CDU, der vorsah, dass man nicht pauschal 1.000 Euro ausgibt, sondern dass man das nur tut, wenn man eine Ausbildung, den Meisterbrief, mit einer Note 2 oder besser abschließt. Sie widersprechen sich mit Ihrem Ansinnen innerhalb noch nicht einmal einer Jahresfrist. Deshalb sollte zunächst erst mal eine Klärung darüber stattfinden, welche Art von Unterstützung wir wollen.
Das Zweite – und wieder ein Widerspruch zu dem, was die CDU 2014 vorgelegt hat –: Es ist eindeutig ein Evaluierungsauftrag. Dieser Evaluierungsauftrag gegenüber dem Meisterbonus in Bayern ist auch zwingend nötig, denn der Bonus ist dort am 1. September 2013 eingeführt worden. Man kann heute also noch gar nicht wissen, ob tatsächlich für 2014, 2015 der Meisterbonus eine Anreizwirkung gehabt hat. Das ist der zweite Grund, warum ich Ihnen nicht empfehle, zuzustimmen.
Der dritte Grund ist: Selbst bei zurückgehenden zulassungspflichtigen Handwerksberufen – es ist mehrfach angesprochen worden – kann man relativ seriös hochrechnen, was ein Meisterbonus kosten würde, wenn man Bayern eins zu eins übernimmt. Da liegen wir bei 500.000 Euro pro anno. Wenn wir hier über Maßnahmen reden, muss immer im Blick auf einen soliden Landeshaushalt auch die Frage stehen: Wie wollen wir das eigentlich finanzieren? Bei allem guten Willen muss immer die Frage stehen: Ist genügend Geld dafür da? Dritter Grund.
Der vierte und der fünfte Grund sind aber eigentlich die entscheidenden Gründe. Es ist angesprochen worden, dass es ein Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gibt. Darin ist das Meister-BAföG verankert. Das Meister-BAföG erlaubt es, wie Sie wissen, dass, wenn man seine Ausbildung abgeschlossen hat, die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren zu 25 Prozent rückerstattet werden. Es ist von einem Kollegen angesprochen worden, dass man in Vorleistung gehen muss – ja, aber man bekommt sie rückerstattet. Wenn man sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze aufbaut, dann bekommt man von der verbleibenden Restsumme noch einmal 66 Prozent erstattet. Das ist eine nachhaltige und gute Unterstützung, die der Bund hier vorsieht, und die ist wiederum ein Grund, insbesondere über den Meisterbonus sehr intensiv nachzudenken.
Der fünfte Grund ist wohl der schwierigste, denn das BMBF hat den Meisterbonus in Bayern untersucht und ist sich nicht sicher, ob nicht ein Anrechnungstatbestand besteht. Stellen Sie sich vor, über das Meister-BAföG bekommen Sie Geld zurück und Ihnen wird das gegengerechnet, was der Meisterbonus Ihnen zusätzlich gibt. Dann haben wir ein Nullsummenspiel mit dem Effekt, dass Kosten, die der Bund trägt, auf das Land abgewälzt werden. Auch das ist gründlich zu prüfen. Aus diesem Grund sage ich: Stimmen Sie diesem Antrag besser nicht zu, sondern gehen Sie einen anderen Weg.
Wenn man sich anschaut, was jetzt gerade auf Bundesebene passiert – im Bund-Länder-Ausschuss – oder zum Beispiel mit Blick auf die Verlautbarungen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks aus dem März dieses Jahres, dann
sieht man, dass es eine Art Masterplan Handwerk geben soll, dass eine Plattform geschaffen wird zwischen dem ZDH und dem Bundeswirtschaftsministerium, auf deren Basis man überprüft, was sinnvolle Maßnahmen sind. In diesen Dialog und auch in die Novellierung des AFBG wollen wir uns als Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen intensiv einbringen. Das, was der ZDH vorschlägt, werden wir intensiv prüfen und begleiten und wir werden dann entscheiden, was der richtige Weg ist, um dem Ziel näher zu kommen, tatsächlich den Meisterberuf attraktiver zu machen und zu stärken.
Dann haben Sie in Ihrem Antrag schließlich und endlich ein Auskunftsersuchen, was man vielleicht doch besser in einer Mündlichen Anfrage hätte stellen sollen. Auf die Passage will ich gern eingehen. Herr Wirkner, Sie fragen dort: Wie viele Meister haben angefangen seit 1990, wie viele haben ihre Ausbildung beendet und – drittens – wie viele haben sie abgebrochen? Das wird kurzfristig so nicht zu beantworten sein. Aber wir wissen nicht zuletzt aus der Großen Anfrage von 2013 zum thüringischen Handwerk, dass allein mit der Veränderung der Handwerksrolle und der Schmälerung der zulassungspflichtigen Handwerksberufe die Zahlen – das war im Jahr 2004, wie Sie wissen – ganz schwer vergleichbar sind. Wir werden versuchen, Ihre Fragen zu beantworten, aber es wird sehr schwierig werden. Aber eines ist gewiss: Unabhängig von den Zahlenreihen, die wir versuchen Ihnen aufzubereiten, egal welche Aussagekraft sie für Sie haben, wird die Landesregierung, werden wir in der Regierung alles Erdenkliche tun, um die Hürden niedriger zu machen und zu beseitigen und vor allen Dingen in unserem Land eine Haltung gegenüber Selbstständigkeit und den Handwerksberufen zu erzeugen, die das Fundament bildet, dass Sie, liebe junge Menschen, die Sie hier so zahlreich auf der Tribüne sitzen, ganz ernsthaft in Erwägung ziehen, sich dieser wunderbaren beruflichen Laufbahn zu stellen. An uns soll es nicht liegen, wir arbeiten gemeinsam, wie ich sehe, fraktionsübergreifend, aber ich kann nicht raten, das auf der Basis des vorliegenden Antrags zu tun. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Tiefensee. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten sehe ich jetzt nicht, sodass wir zur Abstimmung kommen. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Ich frage daher: Wer für den vorliegenden Antrag ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Es sind jetzt 40 Jastimmen. Dann bitte ich um die Neinstimmen. Bei 45 Neinstimmen –
Die Jastimmen zählen wir noch mal aus. Ich bitte um die Jastimmen. 45 Neinstimmen, 44 Jastimmen, damit ist der Antrag abgelehnt.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, da es eine der letzten Sekunden der Möglichkeit ist, in die Annalen der Geschichte aufgenommen zu werden, da das heute meine letzte Landtagssitzung als Abgeordneter sein wird,
danke ich Herrn Wirkner für die Chance, in die Geschichte aufgenommen zu werden. Aber mich hat Minister Tiefensee so sehr mit Fakten überzeugt, dass es doch besser ist, den Meistern auf solider Basis zu helfen. Deswegen habe ich mich dafür entschieden, den Meistern und dem Handwerk zu helfen und danke dem Minister für die klaren Ausführungen.
Weitere Erklärungen zum Abstimmungsverhalten sind mir jetzt nicht angekündigt worden, sodass ich den Tagesordnungspunkt schließe.