Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 16 – die Tagesordnungspunkte 14 und 15 sind von der Tagesordnung abgesetzt –
Deutsche Qualitätsstandards zum Maß nehmen – Für den Erhalt der Freien Berufe Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/4341
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Parlamentspräsidentin, sehr geehrte Zuhörer, Deutschland besitzt eine besondere wirtschaftliche Stellung in der Europäischen Union. Mit 3.100 Milliarden Euro erwirtschaften die Deutschen ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone. Deutschland besitzt darüber hinaus eine besondere Stellung in der Weltwirtschaft. Nicht umsonst trägt Deutschland seit Jahren den Titel „Exportweltmeister“, auch wenn es in dieser Kategorie nur den 3. Platz belegt. Doch China, das mehr als zehnmal so viele Einwohner hat und dreißigmal größer ist, hat gerade mal einen Vorsprung von 4 Prozentpunkten auf die deutschen Exporte. „Made in Germany“ ist ein Qualitätsmerkmal und Markenzeichen. Diese Qualität und diese überragende Wirtschaftsleistung beruhen auf der spezifischen Art und Weise, wie die Leistungserbringung hier in Deutschland erfolgt. Dazu gehört nicht nur das System der dualen Ausbildung, in dem Praxis und
Theorie eine feste Einheit bilden. Dazu gehört nicht allein das System der Meister mit den höchsten Qualitätsstandards in der Fertigung der Güter, bei dem die Weitergabe der Qualifikation an die nächste Generation gesichert wird. Dazu gehören außerdem die freien Berufe, mit denen Dienstleistungen und Beratungen von der Bauplanung über den juristischen Sachverstand bis hin zur ärztlichen Leistungserbringung erbracht werden. Mit den freien Berufen und der damit verbundenen Selbstverantwortung der Verwaltung tragen jene die Verantwortung für ihre Berufsbelange, die die Leistungen auch erbringen. Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten und Ingenieure legen das notwendige Niveau fest, damit Dienstleistungen in den hochkomplexen, komplizierten und juristisch diffizilen Bereichen erbracht werden können. Sie tragen die Verantwortung für die Ausbildung der nächsten Generation, sie bestimmen das Qualifikationsniveau. Die Selbstverwaltung setzt die Standards und sie wacht darüber, dass diese Standards eingehalten werden. Mit den freien Berufen ist sichergestellt, dass die Sicherheit, die Qualität und das Niveau der Leistungserbringenden dauerhaft gewährleistet sind, denn Mandanten können erwarten, dass sie den bestmöglichen Rechtsbeistand erhalten. Kranke müssen darauf vertrauen, dass sie ihr Leben in die Hände eines Sachkundigen legen.
Die AfD-Fraktion steht voll und ganz hinter diesem System und wir werden nicht zusehen, wie sich daran etwas ändert. Dieses System stellt die Qualität, den Schutz der Verbraucher und das Patientenwohl ganz bewusst vor den Markt und vor den wilden, ungesteuerten Wettbewerb.
Das System der freien Berufe ist eine dezidierte Entscheidung zugunsten der besonderen Qualität der Leistungserbringung. Es ist damit eine bewusste Entscheidung gegen den freien Warenverkehr. Damit ist es zugleich Absage an einen unkontrollierten Wettbewerb, bei dem der Einzelne seinen Profit auf Kosten all jener macht, die auf einen besonderen Schutz vertrauen dürfen. Die EU sieht das alles nicht. Die Kommission sieht einzig: Wirtschaftswachstum, mehr Profit und einen abstrakten Binnenmarkt, der unter allen Umständen wachsen muss. Deswegen hat sie mit dem Dienstleistungspaket ein Maßnahmenbündel vorbereitet, welches das bewährte deutsche System der freien Berufe unterminieren soll. Wenn all die Maßnahmen umgesetzt werden, müssen wir damit rechnen, dass die freien Berufe der Vergangenheit angehören. Jene Strukturen, die dann eventuell noch übrig bleiben würden, hätten den Begriff „Selbstverwaltung“ hingegen nicht mehr verdient. Die freien Berufe würden an die Kandare der Brüsseler Bürokratie genommen und würden jede Selbstständigkeit verlieren.
Das Gesetzgebungsverfahren läuft. Als darüber zuletzt hier im Landtag gesprochen wurde, wurden die Vorlagen von der Parlamentsmehrheit mit Subsidiaritätsbedenken versehen. Das heißt, dass die eben angesprochenen Probleme nicht nur von uns gesehen werden. Lassen Sie uns heute dazu ins Gespräch kommen, ein Gespräch, das zum Ergebnis haben sollte, die freien Berufe ohne Wenn und Aber zu erhalten. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, ich bitte, bevor ich die Beratung eröffne, die Parlamentarischen Geschäftsführer zu mir.
Ich eröffne die Beratung und als erster Redner hat sich Abgeordneter Wirkner, Fraktion der CDU, zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Antrag der AfD-Fraktion – zunächst einmal zur allgemeinen Erläuterung, zum Hintergrund dieser gesamten Angelegenheit, um es auch für alle die verständlich zu machen, die heute hier zu Gast sind: Hintergrund ist, dass die EU-Kommission die freien Berufe liberalisieren will. Das neueste Projekt der Kommission, um die EU-Mitgliedstaaten auf Linie zu bringen, ist das sogenannte Dienstleistungspaket. Mit einem Bündel von Melde- und Überwachungsmaßnahmen will die EU-Kommission unnötiges Berufsrecht verhindern. Das in Deutschland von Bundesregierung, Bundesrat, dem Thüringer Landtag und vielen Berufsverbänden kritisierte Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission zur Liberalisierung der freien Berufe hat nun im Mai, und zwar konkret am 29. Mai 2017, einen scharfen Schliff erhalten. Der Thüringer Landtag hat im Rahmen des Frühwarnsystems Subsidiaritätsbedenken gegen das Dienstleistungspaket geltend gemacht.
Zum Inhalt: Die Bundesregierung hat am 29.05.2017 eine breite Einigung im Europäischen Rat beim Dienstleistungspaket erzielt. Das gilt vor allem für die Selbstverwaltung der Wirtschaft, die duale Berufsausbildung oder die Meisterpflicht. Unser Einsatz für den Erhalt des Meisters hat sich gelohnt. Die Kompetenz der Mitgliedstaaten für die Berufsregulierung bleibt auch in Zukunft gewahrt und wird nicht ausgehöhlt.
Zu Punkt III. Nummer 1 Ihres Antrags – ich lese ihn zum allgemeinen Verständnis noch mal vor –: „Der
Landtag fordert die Landesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass bei der rechtlichen Umsetzung der Vorgaben der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Einschätzungsspielraum und die Eigenverantwortlichkeit der Kammern und Verbände der Selbstverwaltung bei der Gestaltung der ihnen obliegenden Berufsbelange voll umfänglich erhalten bleiben“. In Bezug auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung hat die Bundesregierung ebenfalls im Rat eine Einigung, und zwar eine sogenannte allgemeine Ausrichtung, erzielt. Danach werden neue oder geänderte Berufsregulierungen der Mitgliedstaaten vor ihrem Erlass anhand festgelegter Kriterien auf EU-Ebene überprüft. In intensiven Verhandlungen konnte die Bundesregierung zusammen mit anderen Mitgliedstaaten erreichen, dass die Zuständigkeit für die Berufsregulierung und der entsprechende Beurteilungsspielraum, der aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt, bei den Mitgliedstaaten verbleibt und dies ausdrücklich anerkannt wird. Damit ist klar, dass sich die Mitgliedstaaten weiterhin für ein hohes Niveau, zum Beispiel im Gesundheits- und Verbraucherschutz, bei der Berufsregulierung entscheiden können.
Zu Ihrem Punkt III. Nummer 2: Bei der Einführung der elektronischen europäischen Dienstleistungskarte soll darauf eingewirkt werden, „dass nationale Kontrollrechte erhalten bleiben und darüber hinaus das Herkunftslandprinzip keine Anwendung findet“. Dazu gibt es zu sagen: Natürlich gibt es Kritik bei der geplanten Dienstleistungskarte, die als Ausweis für die Dienstleistungsberechtigung in einem anderen EU-Mitgliedstaat gelten soll und so ebenfalls den grenzüberschreitenden Dienstleistungsmarkt vereinfachen und öffnen soll. Der bisherige Text der Kommission sei schlicht missglückt, wie das Bundeswirtschaftsministerium dazu berichtet. Eine inhaltliche Diskussion habe bisher noch gar nicht stattgefunden, man sei immer noch dabei, den von den Mitgliedstaaten formulierten Fragenkatalog zu beantworten. Der bisher vorgelegte Vorschlag ist jedoch unnötig komplex und bürokratisch. So sollen die Mitgliedstaaten zentrale Koordinierungsbehörden zur Erteilung der Dienstleistungskarte einrichten, was dem föderalen Verwaltungsaufbau in Deutschland widerspricht. Zudem besteht die Gefahr, dass bestehende nationale Regelungen, wie die Mitgliedschaft in Selbstverwaltungskörperschaften, oder unternehmensbezogene Anforderungen für freie Berufe unterlaufen werden.
Nun zu Ihrem Punkt III Nummer 3 im Antrag: Es ist sicherzustellen, „dass die Notifizierungsverfahren zu keiner Stillhaltefrist führen, die die Handlungsfähigkeit der Kammern und Selbstverwaltungsorgane einschränkt“. Dazu gibt es zu sagen: Eine gute Lösung ist auch beim sogenannten Notifizierungsverfahren erreicht worden. Eine sogenannte Ex-anteGenehmigungspflicht durch die Europäische Kommission wird es nicht geben. Die ursprünglich im
Kommissionsentwurf vorgesehene Stillhaltefrist, während derer nationale Parlamente keine Gesetze verabschieden dürfen, ist damit vom Tisch.
Zu Ihrem Punkt III Nummer 4: „im Bereich des Gesundheitswesens auf eine Bereichsausnahme hinzuwirken, mit der die der nationalen Hoheit unterliegende Gesundheitspolitik von den Regelungen des Dienstleistungspakets ausgenommen wird“ – so ist die Forderung in Ihrem Antrag. Der Experte im Europaparlament für den Binnenmarkt, Andreas Schwab von der CDU, hat einen Vorschlag gemacht, um das Dienstleistungspaket zu entschärfen. Schwab, Berichterstatter im Binnenmarktausschuss zu einem Bereich des Pakets, wollte, dass die Kommission Abstriche bei ihrem Vorschlag macht. So sollten die Gesundheitsberufe bei der sogenannten Verhältnismäßigkeitsprüfung, die die Kommission bei neuen Reglementierungen für einen Beruf seitens der Mitgliedstaaten plant, grundsätzlich ausgeklammert werden. Doch dafür konnte er im Binnenmarktausschuss keine Mehrheit finden. Deshalb hat er einen mehrheitsfähigen Kompromiss gesucht. Aus seiner Sicht wurde er gefunden. Man habe sich darauf einigen können, die Medizinberufe in der Richtlinie zu belassen, ihnen aber einen besonders großen Beurteilungsspielraum im Hinblick auf das hohe Gut der Gesundheit der Bürger zuzugestehen. Tatsächlich gibt es in seinem Kompromissvorschlag deklaratorische Bezugnahmen auf den unionsrechtlich verankerten Grundsatz, dass bei der Festlegung aller Unionspolitiken und Maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen ist.
Das letzte Wort ist mit dem Beschluss des Ausschusses noch nicht gesprochen. Nun stehen zunächst Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission an. Dann gilt es, sich auf den endgültigen Text der Richtlinie zur Verhältnismäßigkeitsprüfung zu einigen. Auch wenn dieser verabschiedet ist, muss noch eine Umsetzung in nationales Recht erfolgen. Der Antrag der AfD-Fraktion ist daher abzulehnen, da die Bundesregierung bereits sehr stark tätig geworden ist. Die Forderungen der AfD-Fraktion sind im Rahmen der Verhandlungen zwischen EU-Kommission und dem Europäischen Rat weitgehend umgesetzt worden oder sie werden in den Beratungen zum Dienstleistungspaket im EU-Parlament angestrebt, wie das Beispiel des EU-Abgeordneten von der CDU, Andreas Schwab, zeigt.
Wir haben uns von Anfang an dafür eingesetzt, dass die hohen Standards in Deutschland erhalten bleiben und die duale Ausbildung sowie die Meisterpflicht nicht angefasst werden. Dafür bedarf es keines Antrags der AfD, der Forderungen formuliert, die bereits gestellt wurden, und zum großen Teil in den weiteren Prozess zum Dienstleistungspaket einfließen werden oder eingeflossen sind. Die CDU-geführte Bundesregierung hat nicht tatenlos
zugesehen, sondern gehandelt. Wir sind zuversichtlich, dass auch die EU-Parlamentarier in diesem Sinne handeln werden. An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU es nicht nur beim Erhalt der Meisterpflicht belassen will, sie fordert die Wiedereinführung der Meisterpflicht in den Handwerksberufen, um den dramatischen Einbruch bei der Ausbildung in diesen Branchen zu stoppen.
Die Wiedereinführung eines Meisterzwangs für Handwerksberufe wäre europarechtlich zulässig, solange Abschlüsse ausländischer Handwerker von deutschen Behörden anerkannt würden – so die Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Danke sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine werten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Wirkner, es ist alles gesagt in der Ausführlichkeit und Tiefe, sodass ich mir erlaube, einfach noch mal an Praxisbeispielen umzusetzen, warum wir diesen Antrag nicht brauchen.
c) komplett überholt, nämlich seit Monaten überholt. Da darf ich in Richtung der AfD sagen: Aufgewacht und mitgemacht, den Zeitgeist nicht verpasst. Das würde uns in diesem Punkt auch etwas Steuergeld ersparen. Das heißt, wir haben alle unser Veto eingelegt. Alle haben ihr Veto eingelegt.
Ich darf für die Zuhörer auf den Rängen die Zeitschiene noch mal sagen. Die Kommission hat einen Vorschlag gemacht. Ich mache das etwas praktisch: Bei uns gibt es Architekten, der Kollege Kobelt ist auch einer von Beruf und ich ebenfalls, wir sind in sogenannten Kammern organisiert. Das heißt, ich darf hier einen Bauantrag zeichnen, weil ich Kammermitglied und bauvorlageberechtigt bin. Wenn ich dasselbe in Spanien oder in Portugal tun möchte, weil ich oder der Kollege dort auch ein schönes Haus bauen möchte, dann brauchen wir dort eine Bescheinigung, dass wir das tun dürfen, das heißt sogenannte Bauvorlageberechtigung. Das wollte die EU vereinfachen. Wie alles hat es eine helle und eine dunkle Seite. Jetzt ist gerade Baurecht sehr kompliziert, das heißt, wir müssen wissen, welche Standards die Energieeffizienz ei
nes Gebäudes haben muss, bis hin zum Brandschutz, ganz viele Dinge und diese Gesetze sind lokale Gesetze. Das heißt, diese Gesetze werden sogar auf Thüringer Ebene geregelt. Das heißt, wir müssen uns immer den lokalen Gesetzen unterwerfen. Da muss natürlich das Land wissen: Kann die Kollegin Architekt oder der Kollege Architekt das überhaupt? Aus diesem Grund ist diese Richtlinie im Sinne des Verbraucherschutzes nicht möglich und nicht zulässig, weil der Verbraucher – am Schluss der Bauherr – nicht mehr weiß, ob der Architekt überhaupt unsere Standards einhalten kann. Diesbezüglich haben wir in Thüringen am 17.02. gesagt: Freunde, da seid ihr nicht auf dem richtigen Weg in Brüssel, darüber müsst ihr noch mal nachdenken, unsere Standards haben Qualität. Das Gleiche hat der Bundestag am 9. März entschieden.
Dann sind wir sogar hier in verschiedensten Veranstaltungen – ich darf mich an eine erinnern, mit der Staatssekretärin Frau Dr. Babette Winter – mit den Architektenkammern im regen Austausch, wie wir genau diesen Punkt weiterentwickeln können, damit wir einerseits alle in Europa arbeiten können, andererseits unsere Standards aber umsetzen können. Ich erinnere mich – ich glaube, am 1. Oktober – an eine sehr intensive Diskussion mit den Kammern, leider ohne die AfD – also die Diskussion –, was zu dem Punkt führt, dass ich hier leider noch mal sagen kann: Aufgewacht und mitgemacht, das spart uns viel Zeit. Das heißt, Ihren Antrag braucht keiner, denn wir tun es, Sie reden darüber. Diesbezüglich sind unsere Standards wichtig und richtig, unsere Kammern wichtig und richtig. Ich bin frohgemut, dass wir gemeinsam diese Dinge auch umsetzen können. Unsere Freien Berufe sind weder in Gefahr, noch müssen wir sie schützend unter Ihren Antrag stellen. Aus dem Grund bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Ablehnung des unsinnigen Antrags. Danke.
Sehr geehrte Frau Parlamentspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Zuhörer! Das Dienstleistungspaket ist nichts anderes als der Versuch, die grundlegenden Prinzipien der Freien Berufe in Deutschland abzuschaf
fen. Die Stärken der Freien Berufe liegen gerade darin, dass sie erstens ihre Belange selbst regeln und dass sie zweitens auf einem System der besonderen Qualitätssicherung beruhen. Es gilt jedoch festzustellen, dass beide Grundsätze durch das Dienstleistungspaket in nicht unerheblichem Maße betroffen wären. So sieht das Dienstleistungspaket die Einführung der elektronischen Dienstleistungskarte, mit der die Kontrolle und die Genehmigung der berufsqualifizierenden Leistungen quasi auf die Behörde des Herkunftslands übertragen werden, vor. Es ist vorgesehen, dass die Antragsteller nicht mit den Verbänden und Kammern des Ziellands kommunizieren, sondern mit der neu geschaffenen Behörde.
Noch steckt das alles in den Kinderschuhen, aber es zeichnet sich bereits ab, wohin das führen wird. Einerseits besteht das Risiko, dass die neue Behörde die hohen Ansprüche des Ziellands ignoriert und das Herkunftslandprinzip eingeführt wird. Dann ist es vorbei mit den deutschen Standards, denn die Behörde des Herkunftslands stellt die Dienstleistungskarte aus. Wer soll sie daran hindern, wenn sie verwaschene Standards anlegt? Will man beispielsweise jetzt als ausländischer Jurist oder Arzt tätig werden, dann muss man hier die entsprechenden Prüfungen ablegen. Von solchen Prüfungen wird dann nicht mehr viel übrig bleiben. Die einheitlichen Ansprechpartner sollten diese Aufgabe übrigens nicht übernehmen, was zu einer neuen Behörde führen wird. Diese neue Behörde besitzt dann nationale Kompetenzen, wodurch die föderale Gliederung und damit verbundene Hoheitsrechte der Freien Berufe in Deutschland hinfällig werden.
Die AfD-Fraktion lehnt die Errichtung neuer Behörden mit solchen Superrechten gegenüber den bewährten Strukturen ab. Wir lehnen es außerdem ab, dass mit der Dienstleistungskarte ganz allgemein das Qualitätsniveau des Herkunftslands hier maßgeblich wird. Das ist vor allem zu befürchten, weil die Senkung und Novellierung des nationalen Niveaus auf ein europäisches Mittelmaß längst Tradition hat. Alles bekommt einen Anstrich mit EUFarbe, aber was dann hinter der so getünchten Fassade los ist, geht in den wenigsten Fällen mit dem Regelwerk konform. Es ist also zu erwarten, dass die neuen Behörden die Dienstleistungskarten auch bei minderer Qualifikation ausstellen, Hauptsache, der gelobte Binnenmarkt floriert. Die Kommission wird gegen solche aufgeweichten Standards nichts unternehmen, solange nur alles im Rahmen der EU-Bürokratie abgewickelt wird. Das hatten wir schon bei der Geldpolitik und in vielen anderen Bereichen gesehen.
Nicht minder kritisch ist das Notifizierungsverfahren zu bewerten. Das Notifizierungsverfahren ist eine Art Rechtfertigungsverfahren, bei dem die Mitgliedstaaten angedachte Änderungen von Niederlassungsanforderungen oder von Genehmigungsrege