Protocol of the Session on December 13, 2017

Weg-Zeit-Messung beweissicher auf allen drei Fahrstreifen erhoben werden.

Bei der Anlage handelt es sich um das stationäre Verkehrskontrollsystem 3.01, Softwareversion 3.2 3D, Tunnel Jagdberg. Im Rahmen dieser vorbeugenden Verkehrsüberwachung sollen das aktuelle Unfallaufkommen und die Schwere der Folgen von Verkehrsunfällen gesenkt sowie die Tunnelsicherheit durch die Minimierung von Sperrzeiten im Stau- und Störfallmanagement nachhaltig gestärkt werden. Vorrangiges Ziel ist dabei die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Der Wirkbetrieb wurde nach einer umfangreichen Test- und Einführungsphase am 6. Oktober 2016 offiziell aufgenommen, zur Inbetriebnahme wurde in den Medien ausführlich berichtet. Im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der Anlage möchte ich darauf hinweisen, dass diese bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage 6/1277 des Abgeordneten Walk im vergangenen Jahr war. Die Kleine Anfrage bezog sich seinerzeit auf den Zeitraum der datenschutzrechtlichen Prüfung vor Beginn des offiziellen Wirkbetriebs und des genauen Zeitpunkts der offiziellen Inbetriebnahme nach der Testphase. Zudem erfolgte nach der datenschutzrechtlichen Freigabe und der Inbetriebnahme der Anlage im November 2016 eine Kontrolle durch den Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Die Polizei hat gemäß § 53 Ordnungswidrigkeitengesetz pflichtgemäß Ordnungswidrigkeiten zu erforschen und gemäß § 163 Abs. 1 Strafprozessordnung Straftaten zu verfolgen. Hierunter fällt unter anderem die Erforschung und Ahndung festgestellter Verkehrsverstöße. Die polizeiliche Verkehrsüberwachung erfolgt hier auf der Rechtsgrundlage des § 100 g Abs. 1 Ziffer 1 der Strafprozessordnung.

Zu Ihren Fragen 2 und 3: Es erfolgt keine dauerhafte Aufzeichnung. Das Betreiben der Anlage findet zeitlich begrenzt und durch speziell ausgebildete und zertifizierte Messbeamte der Autobahnpolizeiinspektion statt. Während des Messzeitraums werden Übersichtsaufnahmen der Fahrstreifen der betreffenden Fahrtrichtung per Video aufgezeichnet. Bei diesen ist kein Heranzoomen möglich, sodass weder die Kennzeichen von Kraftfahrzeugen noch die Identität der Fahrzeuginsassen erkennbar sind. Erst das Programm Modul VKS Select berechnet durch einen Videoanalyseprozess das Geschwindigkeits- und Abstandsverhalten von Kraftfahrzeugen in einem dauerhaft markierten Messstellenbereich auf der Fahrbahn und generiert daraus Verdachtsfälle. Als Verdacht gilt für das Programm ein Über- bzw. Unterschreiten eines vorgegebenen Grenz- bzw. Schwellenwerts. Soweit dies bekannt wird, erfolgt die automatisierte Feststellung eines Geschwindigkeits- und Abstandsverstoßes und die Aufnahme von Einzelbildern auf einer sogenannten Fahreridentkamera. Dabei werden das vorselektier

te Kraftfahrzeug mit Kennzeichen und Fahrzeugführer erkennbar erfasst, in der Datenbank gespeichert und zur weiteren Auswertung und Bearbeitung der Zentralen Bußgeldstelle zugeleitet. Die Auswertung der Daten in der Zentralen Bußgeldstelle erfolgt durch zertifizierte Mitarbeiter. Die vorgenannten Übersichtsaufnahmen, welche die Anlage während des gesamten Messzeitraums fertigt, stellen die Grundlage für die Vermessung und Verstoßsequenz dar. Sie sind Beweismittel, um darzustellen, wie sich der Verkehrsvorgang insgesamt zugetragen hat, um eine eindeutige Zuordnung der selektierten Einzelbilder – der sogenannten Fahreridentkamera – zu dem betreffenden Fahrzeug bzw. beweissicher zu gewährleisten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gibt es Nachfragen dazu? Das sehe ich nicht. Dann kommt die Frage 10 nicht zum Aufruf, denn sie wurde zurückgezogen. Die letzte Frage für heute ist die Frage mit der Nummer 11 vom Kollegen Schaft, Fraktion Die Linke, in der Drucksache 6/ 4832. Herr Kollege Schaft, bitte.

Danke, Frau Präsidentin.

Abschiebung trotz Ausbildungsduldung

Am 19. Oktober 2017 wurde durch Veranlassung der Erfurter Ausländerbehörde die Abschiebung der vierköpfigen Familie R. in den Kosovo vollzogen. Herr R., der Familienvater, war in Besitz einer Ausbildungsduldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 4 Aufenthaltsgesetz. Nach Informationen, die dem Fragesteller vorliegen, wurde sein Ausbildungsverhältnis kurz vor der Abschiebung beendet und er soll auf der Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz gewesen sein und auch bereits ein entsprechendes Vorstellungsgespräch geführt haben. Sowohl das Aufenthaltsgesetz nach § 60 a Abs. 2 Satz 10 als auch der entsprechende Thüringer Erlass sehen in diesen Fällen vor, dass der Betroffene sechs Monate Zeit hat, um einen neuen Ausbildungsplatz zu finden. In diesem Zeitraum ist die betreffende Person vor einer Abschiebung geschützt. Entgegen dieser gesetzlichen Grundlagen schob die Ausländerbehörde Erfurt den Herrn R. und seine Familie ohne den Hinweis auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise ab.

Ich frage die Landesregierung:

1. Kann die Landesregierung die vom Fragesteller beschriebene Rechtslage im Aufenthaltsgesetz und dem Thüringer Erlass zur Organisation und Durchführung von Abschiebungen bestätigen, wonach der Betroffene nach Beendigung der Ausbildung sechs Monate unter Duldung die Möglichkeit hat, sich einen neuen Ausbildungsplatz zu suchen und

(Minister Maier)

für diesen Zeitraum vor der Abschiebung geschützt ist?

2. In welchen Fällen kann die zuständige Ausländerbehörde nach Beendigung einer Ausbildung durch Abbruch eine Ausnahme von der Regelung im Aufenthaltsgesetz und dem Thüringer Erlass zur Organisation und Durchführung von Abschiebungen machen?

3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Rechtmäßigkeit dieser Abschiebung vor dem Hintergrund der rechtlichen Grundlage nach Frage 1 und 2?

4. Liegt aus Sicht der Landesregierung ein Verstoß gegen den Thüringer Erlass zur Organisation und Durchführung von Abschiebungen vor, da die Personen vor der Abschiebung nicht auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise hingewiesen und die Abschiebung der Familie zudem am Tag der Abschiebung vor 5.30 Uhr vollzogen wurde?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Herr Minister Lauinger, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schaft beantworte ich für die Landesregierung wie folgt.

Gestatten Sie mir ein paar Sätze zur Vorbemerkung und zum Sachverhalt. Nach Auskunft der zuständigen Ausländerbehörde stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar: Die Familie R. reiste am 28. Januar 2015 in das Bundesgebiet ein und betrieb erfolglos ein Asylverfahren, das seit dem 10. Mai 2016 rechtskräftig abgeschlossen ist. Seitdem waren die Betroffenen vollziehbar ausreisepflichtig. Ein Härtefallverfahren wurde im Dezember 2016 zuungunsten des Betroffenen abgeschlossen. Herr R. hatte im Mai 2017 laut Ausländerbehörde die Aufnahme einer Ausbildung als Tischler angekündigt, welche von ihm jedoch nie angetreten wurde. Am 11. Juli 2017 legte er einen Ausbildungsvertrag als Friseur bei einem Friseurbetrieb in Erfurt vor. Herrn R. wurde am 11. August 2017 eine Ausbildungsduldung erteilt, gültig bis zum 30. Juli 2020. Als Nebenbestimmung wurde ausdrücklich vermerkt, dass die Duldung sofort mit Abbruch der Ausbildung als Friseur bei dem Friseurbetrieb wieder erlischt. Am 19. September 2017 wurde das Ausbildungsverhältnis durch den Friseurbetrieb fristlos gekündigt. Hierüber informierte Herr R. die Ausländerbehörde jedoch nicht. Am 10. Oktober 2017 teilte der Friseurbetrieb der Ausländerbehörde telefonisch und mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 schriftlich die

Beendigung des Ausbildungsverhältnisses mit. Herr R. hat die Ausländerbehörde zu keinem Zeitpunkt darüber informiert, dass er beabsichtige, eine neue Ausbildungsstelle zu suchen. So weit die Vorbemerkung.

Ganz konkret zu Ihren Fragen – Frage 1: Nach § 60a Abs. 2 Satz 9 des Aufenthaltsgesetzes erlischt eine Ausbildungsduldung, wenn die Ausbildung nicht mehr betrieben oder abgebrochen wird. Nach § 60a Abs. 2 Satz 10 des Aufenthaltsgesetzes wird dem Ausländer einmalig eine Duldung für sechs Monate zum Zweck der Suche nach einer weiteren Ausbildungsstelle erteilt, wenn das Ausbildungsverhältnis vorzeitig endet oder abgebrochen wird.

Zu Frage 2: Die Erteilung einer Duldung zur Suche nach einer weiteren Ausbildungsstelle setzt jedoch voraus, dass der Ausländer die im Tatbestand dieser Regelung vorausgesetzte Suche nach einer Ausbildungsstelle aufnimmt oder dies wenigstens beabsichtigt. Zumindest diesen Umstand muss der Betroffene auch von sich aus der zuständigen Ausländerbehörde mitteilen.

Zu Frage 3: Nach dem in der Vorbemerkung dargestellten Sachverhalt handelte die Ausländerbehörde im konkreten Einzelfall auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes.

Zu Frage 4: Nach übereinstimmender Auskunft des Landesverwaltungsamts sowie der Ausländerbehörde Erfurt wurde mit den Abschiebungsmaßnahmen nicht vor 5.30 Uhr begonnen. Nach Auskunft der Ausländerbehörde Erfurt erklärte Herr R. in einem Gespräch mit der Ausländerbehörde ausdrücklich, dass er keinesfalls freiwillig ausreisen werde.

Gibt es Nachfragen? Frau Kollegin Berninger.

Die in § 60a Abs. 2 Satz 10 des Aufenthaltsgesetzes festgeschriebene Duldung zur Ausbildungssuche: Ist der Betroffene denn von der Ausländerbehörde über diesen Rechtsanspruch, der zweifelsohne besteht – die Ausbildungsduldung ist zu erteilen, wenn der Antrag gestellt wird –, informiert worden?

Das muss ich nachprüfen. Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen.

Eine weitere Nachfrage, Kollege Schaft, bitte.

(Abg. Schaft)

Noch mal eine Verständnisfrage zur Antwort auf die Frage 4: Sie haben gesagt, dass die betreffende Person nicht freiwillig ausreisen wollte. Wurde die Person aber vorher noch mal auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise hingewiesen und wenn ja, wann?

Ich kann Ihnen sagen, was uns die Ausländerbehörde mitgeteilt hat, dass Herr R. nach Auskunft der Ausländerbehörde Erfurt in einem Gespräch über dieses Thema erklärt hat, dass er auf keinen Fall freiwillig ausreisen werde.

Eine weitere Nachfrage kommt von Kollegin Berninger. Bitte.

Ich habe noch mal eine Nachfrage zu der konkreten Abschiebung. Sie sagen, am 16.10. habe der Ausbildungsbetrieb die Ausländerbehörde schriftlich informiert. Ab da ist dann erst die Information offiziell bei der Behörde ergangen – am 16.10. Schon am 19.10. erfolgte die Abschiebung. Wie läuft denn das? Wie lange braucht es, damit aufenthaltsbeendende Maßnahmen und eine Abschiebung erfolgen können? Wie lange braucht es, um das einzuleiten?

Wenn eine vollziehbare Ausreisepflicht besteht, dann kann das auch schnell gehen, wie man im konkreten Fall sieht.

Das Nachfragerecht weiterer Abgeordneter ist erschöpft. Herr Schaft, haben Sie noch eine Frage? Nein. Damit ist diese Frage dann auch abgearbeitet und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen dann zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 9

Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zum weite- ren Ausbau der direkten De- mokratie auf Landesebene) Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/4806 ERSTE BERATUNG

Es wurde signalisiert, dass das Wort zur Begründung, zur Einbringung dieses Gesetzvorschlags gewünscht wird, und zwar durch Kollegin HennigWellsow, Fraktion Die Linke. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste auf der Tribüne! Ich glaube, was direktdemokratische Elemente in diesem Freistaat angeht und ihre Möglichkeit, hier im Landtag Politik zu bestimmen, haben wir mit diesem Gesetzentwurf von Linke, SPD und Grünen eine Zäsur in diesem Freistaat zu erwarten, so dieser Gesetzentwurf beschlossen wird.

Was haben wir gemacht? Wir haben auch als Fraktion Die Linke immer kritisiert, dass es den sogenannten Finanzvorbehalt in der Thüringer Verfassung gibt. Das bedeutet, dass es laut Artikel 82 Thüringer Verfassung nicht gestattet ist, Volksbegehren zu Themen durchzuführen, die den Landeshaushalt betreffen. Das bedeutet – wie Sie alle wissen: ohne Moos nichts los –, dass es eigentlich jedes Volksbegehren trifft und fast jedes Volksbegehren unmöglich macht. Das war auch der Grund, warum die Thüringer Landesregierung das Volksbegehren gegen die Gebietsreform dem Verfassungsgerichtshof vorlegen musste.

Wir geben uns allerdings mit dieser Kritik nicht zufrieden, sondern machen jetzt einen Vorschlag, wie wir uns vorstellen können, das Finanztabu in Thüringen sehr weit zu öffnen. Wir greifen dabei zurück auf das sogenannte Berliner Modell, was bedeutet, dass zukünftig, so dieses Gesetz beschlossen wird, nur der aktuelle Landeshaushalt von Volksbegehren ausgeschlossen ist. Warum der aktuelle Landeshaushalt? Weil dort der Gesetzgeber, das Parlament, schon seine Gesetzgebungsgewalt ausgeübt hat. Das bedeutet aber andersherum, dass alles Weitere – ob Kosten, die in die Zukunft reichen, in andere Landeshaushalte usw. – nicht mehr betroffen wäre und Volksbegehren zu wesentlich mehr Sachthemen als bisher geführt werden könnten. Das ist der erste Punkt. Ich halte das auch in der Vereinbarung zwischen Rot-Rot-Grün für einen sehr großen Fortschritt für Volksbegehren in Thüringen. Das bewirkt etwas, was nicht so häufig in der Politik passiert, dass wir unsere Kritik in eigenes parlamentarisches Handeln kleiden und hier den Vorschlag machen, wie es besser gehen kann.

Das Zweite: Wir wollen die Hürden für Volksbegehren senken. Im Moment steht in der Thüringer Verfassung, dass Volksbegehren mit 10 Prozent der Bevölkerung erfolgreich sein können und dann dem Landtag vorgelegt werden. Wir wollen, dass es nicht 10 Prozent sind, sondern dass es 5 Prozent sind. Das bedeutet, dass es nicht 200.000 Einwohner sind, die für ein Volksbegehren unterzeichnen

müssen, sondern in unserem Fall demnächst 100.000 Menschen in Thüringen, die für ein gemeinsames Thema den Landtag befassen können.

Der nächste Punkt: Jeder Einwohner und jede Einwohnerin in Thüringen hat Bedürfnisse, die der Thüringer Landtag möglicherweise nicht erfasst, nicht auf der Tagesordnung hat. Es wird mit diesem Gesetz möglich sein, dass jeder Einwohner und jede Einwohnerin in Thüringen ab 14 Jahre mit dem Beschluss dieses Gesetzes mit weiteren 9.999 Unterschriften – also sprich 10.000 insgesamt – die Möglichkeit hat, den Landtag mit einem Thema zu befassen. Der Landtag muss dieses Thema dann auf die Tagesordnung setzen, sich dazu verhalten. In der bisherigen Verfassungsregelung reden wir von 50.000 Unterschriften. Das ist also auch ein deutlich weiterer Sprung dahin, dass wir auch Ihre Themen, wozu Sie sich jetzt auf der Tribüne nicht äußern können, demnächst möglicherweise mit einem Einwohnerantrag hier im Parlament beraten können.

Der nächste Punkt – Wählen mit 16: Wir wollen, dass junge Menschen – das haben wir beim Einwohnerantrag eben schon dokumentiert – ein Mitspracherecht haben, wie ihr Landesparlament zusammengesetzt ist. Wir wollen, dass sich junge Menschen auch damit gleichzeitig wesentlich mehr für Politik interessieren. Das bedeutet natürlich auch ein Mehr an politischer Bildung, auch dafür stehen wir ein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rundherum kann man bei diesem Gesetzentwurf also tatsächlich von einer wirklichen Zäsur – im Positiven – mit Blick auf mehr direkte Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Politik in diesem Land sprechen. Wir brauchen dafür eine Zwei-DrittelMehrheit. Das bedeutet, dass wir die CDU einladen, unserem Gesetzentwurf zu folgen. Das bedeutet, dass ich daran glaube, dass es die CDU tatsächlich ernst meint mit mehr direkter Demokratie und dass wir gemeinsam diesen Gesetzentwurf in Thüringen auf den Weg bringen und damit wesentlich mehr direkte Demokratie möglich machen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Vielen Dank. Ich eröffne dann die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt. Als erste Rednerin in der Aussprache erhält Abgeordnete Müller von der Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der heute vorliegende Ge

setzentwurf zur Verfassungsänderung ist der zweite Reformbaustein, den wir als Koalitionsfraktionen umsetzen wollen. Die Reform der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene im Jahr 2016 hat Thüringen auf Platz eins im Ranking der Bundesländer in Sachen direkter Demokratie in den Kommunen gebracht. Doch die Regierungskoalition ruht sich darauf nicht aus, sondern als Gründungsmitglieder des Bündnisses Mehr Demokratie in Thüringen machen wir nun den nächsten Schritt. Wie wichtig dieser nächste Schritt ist, haben nicht zuletzt die Ergebnisse der Bundestagswahl und des neusten Thüringen-Monitors offengelegt. Viele Menschen sind enttäuscht von der parlamentarischen Demokratie und haben den Eindruck, kein wirkliches Gehör mehr zu finden. Vor knapp 15 Jahren, im Jahr 2003, wurde der erste Baustein beschlossen, die erste Reform von Volksbegehren und Volksentscheiden; 2009 der nächste Schritt, diesmal auf kommunaler Ebene. Beide Male gab es erheblichen Widerstand aus der CDU. Dennoch konnten mit Druck von Hunderttausenden Unterschriften aus den beiden Volksbegehren diese Bausteine als Oppositionsprojekte umgesetzt werden. Das gelang zwar noch nicht optimal, aber das lag an Ihrem Widerstand, liebe Mitglieder der CDUFraktion. Deshalb hat Rot-Rot-Grün für die kommunale Ebene mit dem Gesetz von 2016 nachgelegt.

Vergleichbar ist die Situation nun für die direkte Demokratie auf Landesebene. Das gilt vor allem für den Punkt der weitestgehenden Abschaffung des Finanzvorbehalts, aber auch die notwendige Anzahl von Unterschriften unter einem Volksbegehren. Wir legen mit der hier zur Beratung stehenden Verfassungsänderung nun auch für die Landesebene in Sachen direkter Demokratie nach. Denn wie leidvolle Erfahrungen von Initiatoren von Volksbegehren zeigen, ist das jetzige Finanztabu in so strikter Ausformung ein echtes Verhinderungsinstrument. Dabei hat praktizierte direkte Demokratie eine so wichtige lebendige Funktion für die gesamte Demokratie, auch für uns als Parlament.