Protocol of the Session on December 13, 2017

Wenn man sich mal anschaut, wo Deutschland bei dem Thema „E-Government“ steht, da gibt es verschiedene Studien: Eine, die ich zuletzt gelesen habe, sagt, dass wir in der EU von 27 Ländern auf Platz 25 stehen, also ganz weit hinten. Da reiht sich Thüringen natürlich genauso ein, weil man ja den gesamten staatlichen Aufbau, das System betrachten muss – von der Gemeindeebene über die Kreisebene über die Landesebene hin zur Bundesebene. Das müssen wir dringend ändern. Da ist in die ganze Problematik jetzt auch viel Schwung reingekommen, aber für den Bürger an sich hat sich noch nicht viel getan. Woran liegt das? Erst mal natürlich daran, dass Online-Angebote kaum bekannt sind. Zweitens daran, dass man, um diese nutzen zu können – also um auch ein Rückkanalsystem zu entwickeln, wo ein Antrag online gestellt und dieser dann von der Verwaltung digital bearbeitet werden kann und dann wieder ein Bescheid zurückkommt –, dazu in den meisten Fällen Dinge wie zum Beispiel ein Lesegerät für den Personalausweis braucht, weil das das zentrale eID-System ist. Das anzuschaffen, werden die meisten Bürger scheuen, weil sie sagen: Da gebe ich noch Geld dafür aus – alles viel zu kompliziert –, weil ich irgendwann einmal auf eine Verwaltung gehen muss. Das heißt, wenn wir genügend Angebote für den Bürger schaffen können, dann wird er auch irgendwann den Schritt gehen, diese Dinge für sich selbst zu erledigen, ein Konto anzulegen – dazu komme ich dann gleich noch – und dann auch diese Angebote online zu nutzen. Das heißt, wir müssen erst einmal Angebote schaffen, um auch die Nutzungszahlen dort wesentlich zu erhöhen.

Dann ist auch die Durchgängigkeit des Verwaltungsablaufs oftmals mangelhaft. Außerdem ist die Frage der Datensicherheit zu nennen, wobei es erstaunlich ist, dass der Bürger oftmals privaten Anbietern, die Ihnen allen bekannt sind, mehr Vertrauen schenkt, was seine Datenhinterlegung anbetrifft – beispielsweise was Kreditkarten- oder Bankdaten angeht –, als dem Staat, weil eine gewisse Angst besteht, dass der Staat am Ende zu viel über einen

weiß. Das sind Dinge, die überwunden werden müssen. Da muss auch Vertrauen geschaffen werden – was wir zum Beispiel auch mit dem Transparenzgesetz machen, dass man auch einsehen kann, was der Staat alles mit den Daten macht. Das sind Beispiele dafür, was getan werden muss, um die Akzeptanz beim Thema „E-Government“ bei den Bürgern zu steigern.

Wie gesagt, wir wollen mit dem E-Government-Gesetz die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, die dann natürlich technisch umgesetzt werden müssen. Was brauchen wir dazu? Wir brauchen einen einfachen Zugang zu den elektronischen Verwaltungsdienstleistungen. Wir brauchen eine sichere Datenverbindung. Wir brauchen eine sichere Authentifizierung und Signaturverfahren, eine Bezahlfunktion und ein durchgängig elektronisches Verwaltungsverfahren.

Ich gehe mal die Punkte der Reihe nach durch, wie wir das umsetzen wollen. Zuallererst übersichtlicher und einfacher Zugang: Dazu brauchen wir ein zentrales E-Government-Portal für Land und Kommunen, denn der Bürger wird nicht suchen wollen, ist jetzt gerade dafür der Landkreis oder die Gemeinde oder das Land zuständig, sondern er will ein Problem gelöst haben und das 24 Stunden sieben Tage lang. Dafür brauchen wir ein zentrales Portal, das auch für die kommunale Ebene mit anzuwenden ist.

Jede Behörde soll elektronisch erreichbar sein. Deswegen soll ab 01.01.2019 überall die Voraussetzung für die elektronische Verwaltungsarbeit in den Verwaltungen bestehen. Es klingt zwar trivial, ist es aber bei Weitem nicht, wenn wir uns mal den Stand in der Landesverwaltung anschauen. Dazu komme ich gleich noch mal. Für uns ist das zentrale Werkzeug für die Angebote an den Bürger das Programm oder das System ThAVEL, das wir demnächst aber umbenennen wollen, weil ThAVEL nicht wie ein E-Government-Angebot klingt, sondern eher nach etwas anderem, und deswegen soll es in Zukunft „meine Verwaltung“ heißen, „meineverwaltung.de“.

Vielleicht kann man das so erklären: Es gibt eine ganze Menge elektronischer Verfahren in den Verwaltungen, wo die Mitarbeiter natürlich die Verfahren abarbeiten. Der Bürger reicht das mit Papier ein, dann wird das alles eingegeben und dann wird das elektronisch bearbeitet. Jetzt könnte man hergehen und sagen: Jetzt müssen wir in jedem Fachverfahren noch die Online-Funktion dazu programmieren, dass er dann zu jedem einzelnen Fachverfahren diese Anträge stellen kann, die elektronisch bearbeitet werden. Wir haben aber ein anderes System und das ist jetzt auch vom IT-Planungsrat so beschlossen worden: Es gibt ein Antragssystem. Dieses Antragssystem beinhaltet gleichermaßen eine Bezahlfunktion, beinhaltet die eID-Funktion und

ein Servicekonto oder Nutzerkonto, wo bestimmte Stammdaten des Antragstellers hinterlegt sind – so ähnlich wie Sie das von den kommerziellen Anbietern kennen. Dann meldet er sich einfach dort an und dann werden noch die zusätzlichen Daten eingegeben, die gebraucht werden, um das konkrete Anliegen abarbeiten zu können. Dann wird das über eine XFaull-Schnittstelle an das Fachverfahren übertragen.

Man kann das zum Beispiel bei der Steuer ganz gut sehen, da sind wir schon einen Schritt weiter. Ab diesem Jahr, dem Veranlagungsjahr 2017, gibt es keine Belegvorlegepflicht mehr, sondern eine -vorhaltepflicht. Eine ganze Reihe von Steuerverfahren wird von gar keinem Bearbeiter überhaupt mehr angesehen. Der Antrag wird elektronisch eingereicht, wird vom Computer abgearbeitet und der Bescheid wird zurückgeführt. Nur wenn das Programm erkennt, hier ist etwas unstimmig, wird sich ein Bearbeiter dransetzen. So wird auch die Zukunft der Verwaltung aussehen. Viele einfache Routineverfahren müssen überhaupt nicht mehr von einem Bearbeiter bearbeitet werden, sondern das machen letztendlich die Maschinen.

Das Zweite, was ich angesprochen hatte, ist die sichere Datenverbindung. Wir haben das Landesdatennetz, das wir jetzt auch wieder neu ausgeschrieben haben und damit auch wesentlich größere Bandbreiten erreicht haben. Täglich laufen bei uns 130.000 E-Mails und 112.000 Telefonate ein. Dieses Netz ist BSI-sicherheitszertifiziert. Wir haben auch schon die zweite Zertifizierung durchlaufen, das muss nämlich alle zwei Jahre wieder neu gemacht werden, weil sich an den Standards immer wieder etwas ändert. Das heißt: Wir haben eine hochsichere Verbindung zwischen den Behörden, sodass bezüglich des Abgreifens von Daten – ich will nicht sagen, unmöglich – zumindest ein extrem hoher Sicherheitsstandard gewährleistet werden kann.

(Beifall SPD)

Das nächste Thema ist „Servicekonto als sichere Authentifizierung“. Beim Servicekonto wird – wie ich schon vorhin kurz ausgeführt habe – für jeden Bürger, der das gern möchte, ein gewisser Stammdatensatz hinterlegt, sodass er dann diese Daten nicht noch mal eingeben muss und sich eigentlich gegenüber der Behörde authentifiziert hat, sodass er sich dann nur noch mit dem Personalausweis zu erkennen geben muss. Dann kann auch der Bescheid, der letztendlich von der Behörde erstellt worden ist, in sein Servicekonto überführt werden und steht dann sozusagen zum Herunterladen zur Verfügung. Er muss also weder zur Behörde gehen, um seinen Antrag zu stellen, er kriegt das auch nicht mehr per Post zugestellt, sondern er kann das dann – wenn er es überhaupt noch ausdrucken muss – auf seinem PC abspeichern, so

dass das dann jeden Tag gemacht werden kann, 24 Stunden lang, und der Gang zur Behörde letztendlich entfällt.

(Beifall SPD)

Wir haben auch die entsprechenden Voraussetzungen mit dem Bund geschaffen und vom Bundesverwaltungsamt die Genehmigung erhalten, den Personalausweis als unser Identifizierungssystem für alle unsere Verwaltungsdienstleistungen zu nutzen. Das, denke ich, ist zurzeit auch die beste Möglichkeit, weil jeder einen Personalausweis hat. Die neuen Personalausweise, die beantragt und ausgereicht werden, sind bereits mit der entsprechenden PIN versehen, also muss nichts mehr freigeschaltet werden, sodass das auch die beste Möglichkeit ist, sich damit sicher zu authentifizieren. Bezahlfunktionen haben wir ebenfalls eingerichtet, sodass wir die Voraussetzungen technischer Art schon geschaffen haben.

In dem Gesetz sind verschiedene Termine genannt, bis wann welche konkreten Dinge umzusetzen sind. Das sind teilweise recht anspruchsvolle Zeiträume, wenn man sieht, wie lange man doch am Ende braucht, um das einheitlich hinzubekommen.

Ein wichtiger Fakt in der ganzen Angelegenheit ist die Zusammenarbeit mit den Kommunen. Jetzt ist der Tagesordnungspunkt etwas vorgezogen worden – ich war eigentlich gerade beim Landkreistag gewesen –, weshalb ich die Rede von Frau Schweinsburg leider nicht hören konnte.

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Nichts verpasst!)

Ich habe sie aber, man hat sie mir mitgegeben. Darin wird die Zusammenarbeit mit dem Land besonders erwähnt. Die Landkreise haben auch erkannt, dass sie nicht in der Lage sein werden, die Herausforderungen der Digitalisierung und des E-Governments allein zu meistern, sondern dass das nur gemeinsam mit dem Land geht. Hier haben wir den Landkreisen eigentlich schon ein gutes Angebot unterbreitet, zum Beispiel die kostenlose Nutzung des Landesdatennetzes, die kostenlose Nutzung von ThAVEL, weil wir das alles zur Verfügung stellen. Ein Ziel muss ganz oben stehen – was ich am Anfang schon erwähnt habe: Die Angebote für die Bürger müssen aus einer Hand kommen. Es kann nicht sein, dass ich erst suchen muss, wer gerade zuständig ist. Deswegen kann das alles am Ende nur gemeinsam gehen. Da sind wir auf dem richtigen Weg.

Was jetzt die Landesverwaltung selbst angeht, da muss ich sagen: Leider ist da in der Vergangenheit vieles schiefgelaufen, was die Digitalisierung der Verwaltungsabläufe angeht. Über mindestens zehn Jahre hat jedes Ressort vor sich hin gewurschtelt und hat angefangen, irgendetwas mit der elektronischen Akte anzufangen. Das binden wir jetzt alles

(Staatssekretär Dr. Schubert)

zusammen. Das ist nicht ganz einfach, weil überall dezentrale Server stehen, weil überall andere Programme bestehen – zum Glück wenigstens das gleiche Grundprogramm von VIS. Deshalb haben wir jetzt ein zentrales Projekt aufgesetzt, das vor etwa vier Wochen seinen Startschuss gehabt hat, sodass wir das alles zusammenbinden werden, dass wir zukünftig überall gleichmäßig eine elektronische Akte haben, dass wir über die Ressorts hinweg Akten austauschen können, Dokumente austauschen können, dass wir ein elektronisches Kabinett installieren können. All diese Voraussetzungen haben wir jetzt geschaffen. Die wollen wir bis Jahresende so weit umgesetzt haben, dass erst einmal die Grundvoraussetzungen da sind und spätestens dann bis Ende 2022 die gesamte Landesverwaltung mit der elektronischen Akte arbeitet, nicht nur die Ministerien, sondern dass letztendlich – so sagen wir immer – bis zum letzten Forsthaus jeder elektronisch arbeiten kann und der ganze Schriftverkehr wegfällt. Zum Beispiel müssen beim Kabinett alle Kabinettvorlagen 45-mal ausgedruckt werden – das kann in Zukunft alles wegfallen, das brauchen wir alles nicht. Das ist nicht nur Papierverschwendung, sondern die ganzen Abläufe sind dadurch viel zu langsam. Diese Abläufe müssen in Zukunft alle digitalisiert werden und auf diesen Weg haben wir uns gemacht.

Das Gesetz schafft uns auch noch die Grundlage, das mit den Kommunen gemeinsam zu machen. Deshalb ist das ein wichtiger Schritt hin zur Digitalisierung der Verwaltung, für die Verwaltung an sich, aber auch für den Bürger nach außen. Ich bin gespannt auf die Beratung, die wir jetzt zu dem Gesetzentwurf hier haben werden, und freue mich auf die Ausschussbehandlung zum Thema. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Krumpe, fraktionslos)

Ich eröffne die Beratung. Als erste Rednerin hat Abgeordnete Floßmann, CDU-Fraktion, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne und am Livestream, werte Kolleginnen und Kollegen, „[d]ie Digitalisierung der Gesellschaft schreitet seit einigen Jahren immer schneller voran. Dieser Entwicklung kann sich auch die öffentliche Verwaltung nicht entziehen.“ Mit diesen Sätzen fängt der Gesetzentwurf der Landesregierung an und offenbart damit ein Problem, und zwar ein gravierendes. Wenn ich mir den Zeitpunkt der Einbringung anschaue, habe ich den Eindruck, dass die Landesregierung über lange Zeit – sprich: nunmehr über drei Jahre – versucht hat, sich dem zu entziehen. Natürlich ist der vorgebrachte Entwurf umfassend – haben wir gerade gehört – und greift

auch unterschiedliche Vorgänge auf; aber eben drei Jahre. Seit der Einführung des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung – E-Government-Gesetz des Bundes, verkündet am 31.07.2013 – sind nun schon vier Jahre vergangen, davon drei Jahre Regierungszeit von Rot-Rot-Grün.

(Zwischenruf Taubert, Finanzministerin: Ihr habt nichts gemacht! Ihr habt geschlafen!)

Doch nicht allein die späte Einbringung verwundert, auch verwundert der Ablauf in Gänze. Damit meine ich den dazugehörigen Zeitplan. Die Behörden haben spätestens bis zum 1. Januar 2019 den Zugang zum zentralen E-Government-Portal zu errichten. Die Behörden haben den Bürgern und juristischen Personen spätestens ab dem 1. Januar 2019 Servicekonten anzubieten. Die Begleichung von Gebühren und Forderungen im elektronisch durchgeführten Verwaltungsverfahren soll ab dem 1. Januar 2019 über ein elektronisches Zahlungsabwicklungsverfahren möglich sein. Wenn ich mir im Gegenzug dazu noch mal die drei Jahre anschaue, die bis zu dem Entwurf bisher ins Land gezogen sind, steht das in keiner Relation. Davon sind auch unsere Kommunen betroffen, die ihrerseits Anfang 2019 die Zugänge bereitstellen müssen. Hier zeigt sich wieder einmal die unnötige Hast der Landesregierung, die damit den Druck auf alle Seiten unnötig erhöht. Wir befinden uns in erster Lesung des Gesetzes. Wenn die parlamentarischen Abläufe schnell vorangehen, kann mit einer Verabschiedung im Frühjahr nächsten Jahres gerechnet werden. Dann bleibt den Kommunen vielleicht etwas mehr als ein halbes Jahr, um die notwendigen Prozesse einzuleiten. Das halte ich nicht nur für sportlich, sondern für unfair. Die Leidtragenden sind die Kommunen, die zusehen müssen, wie sie mit Ihren Anforderungen umgehen. Das halte ich für keinen fairen Umgang mit der kommunalen Familie.

Auch bei den anfallenden Kosten sehe ich Probleme. Geplant ist, dass nach der Umsetzung des Gesetzentwurfs ab dem Jahr 2028 erstmals Einsparungen die Ausgaben übertreffen. Hier sind aber sehr viele Fragezeichen zu setzen. So heißt es mehrfach, dass dies nur bei der zeitlichen Einhaltung der Prozessoptimierung möglich ist. Das scheint mir in einem Zeitplan bis 2030 doch etwas spekulativ zu sein. Und wenn vorgerechnet wird, dass an Archivstandorten Papier und Technik gespart werden kann, so ist davon auszugehen, dass diese Einsparungen geringer ausfallen werden, denn auch die Technik braucht Räumlichkeiten, ebenso ist sie nicht kostenfrei zu haben und die Möglichkeit der Papierakte ist ja auch weiterhin gegeben. Damit will ich nicht negieren, dass dieser Prozess notwendig ist, aber ich halte die Bilanzrechnung für wenig aussagekräftig.

Was mir an dieser Stelle insbesondere fehlt, sind die geplanten Gesamtkosten für die Kommunen.

(Staatssekretär Dr. Schubert)

Die sind natürlich frei in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung, frei in der Umsetzung, doch macht eine Digitalisierung nur dann Sinn, wenn sie auch möglichst umfangreich umgesetzt werden kann. Daher wäre doch im Vorfeld eine Abfrage bei den Kommunen hilfreich gewesen, mit welchen Kosten sie rechnen. Zudem bleibt zu fragen, wie mit der Einführung der Digitalisierung die Kostenaufteilung erfolgen soll. Dazu beinhaltet ja Ihr Gesetzentwurf eine Aussage. Allein ist es nicht getan.

Wir haben von Staatssekretär Dr. Schubert gehört, dass zwar eine kostenlose Nutzung bestimmter Angebote möglich ist, aber dabei bleibt es nicht. Die Angestellten der Kommunen, welche die Aufgabe übernehmen, müssen auch im neuen System geschult werden, damit sie den neuen Anforderungen gerecht werden können. Es ist ein neues Anforderungsprofil an die Mitarbeiter gestellt. Kann eine Kommune die Umsetzung aus Kapazitätsgründen nicht gewährleisten, müssen Neueinstellungen geplant werden; auch das bleibt hier unberücksichtigt. Dennoch sollen die bereits angesprochenen Maßnahmen ab 1. Januar 2019 in den bestehenden Strukturen des Landes und in den Kommunen umgesetzt sein; darauf bin ich schon eingegangen.

Ich möchte an der Stelle noch eine andere Frage in den Raum stellen. Sie legen Anforderungen und teilweise Zeitpläne für die Landesverwaltung und für die kommunale Familie dar. Gleichzeitig beziehen Sie sich in Ihren Ausführungen auf eine geplante Funktional- und Verwaltungsreform. Aber was ist Ihre Verwaltung und wie sieht sie in zwei Jahren aus? Bis heute hat sich Rot-Rot-Grün nicht darauf verständigt, ob es einen zweistufigen oder einen dreistufigen Verwaltungsaufbau geben wird. Der Gesetzentwurf über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltungsreformen liegt meines Wissens noch immer beim Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung. Darin fordern Sie einen zweistufigen statt einen dreistufigen Aufbau der Landesverwaltung. Damit widerspricht das Grundsätzegesetz mit seinem grundsätzlich zweistufigen Verwaltungsaufbau, der mit dem E-Government-Gesetz in den Prozessen nachgebildet werden müsste, dem Status quo.

Es ist völlig unklar, wie die interkommunale Zusammenarbeit der Kreise gestaltet werden soll. Der neueste Vorschlag zur interkommunalen Zusammenarbeit im Rahmen der regionalisierten Aufgabenwahrnehmung der Landkreise auf zusätzlichen Ebenen der Planungsgemeinschaft wird in Ihrem Gesetzentwurf ebenfalls nicht berücksichtigt.

Zur Neustrukturierung der Behördenlandschaft in Thüringen werden immer wieder neue Ideen unter vorgehaltener Hand diskutiert, was nicht gerade für Ruhe und Verlässlichkeit bei Landesbediensteten und Kommunen sorgt. Wie planen Sie, die Behördenstruktur im nachgeordneten Bereich des Land

wirtschafts- und Infrastrukturministeriums zu entwickeln? All dies ist bisher unbekannt und scheint auch im Meinungsbildungsprozess innerhalb der Landesregierung und innerhalb der Koalitionsfraktionen noch nicht abgeschlossen zu sein. Daher frage ich mich, wie ein Gesetz auf eine Verwaltung angewendet werden soll, die in ihrer Struktur noch völlig infrage steht. Die Landesregierung investiert hohe zweistellige Millionenbeträge in den Status quo der Landesverwaltung, ohne eine Vorstellung von der notwendigen Prozessoptimierung zu haben. Dieser Gesetzentwurf droht dann einen Millionenschaden für den Steuerzahler zu riskieren, wenn im Zuge der Verwaltungsreform die eingeführten elektronischen Verfahren wieder geändert werden müssten und der ambitionierte Zeitplan wegen der ungeklärten Verwaltungsstruktur des Landes nicht eingehalten werden kann.

Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass die Umstellung auf eine digitale Verwaltung unabdingbar ist. Für das Gelingen einer Umstellung auf digitale Verwaltung sind aber die angesprochenen und weiteren Fragen zu klären und Änderungen zwingend zu berücksichtigen. Dies werden wir im Ausschuss hinterfragen und bitten daher um eine Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Wirtschaftsausschuss. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Pidde, SPDFraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der digitale Wandel hat sich erst ganz langsam und nun immer schneller und mächtiger in unser aller Leben gedrängt. Die Thematik wird immer wichtiger. Ein kleiner Rückblick macht das besonders deutlich: Ich bin 1994 hier in den Landtag gekommen und in den Haushalts- und Finanzausschuss. Da haben wir uns um IT fast gar nicht bemüht, da ging es bei den Haushaltsberatungen lediglich mal darum, ob ein paar neue Computer angeschafft werden sollten – oftmals als Ersatzbeschaffung. Heute haben wir einen eigenen Haushaltsplan für den Bereich IT, den wir im gerade zu beratenden Doppelhaushalt 2018/2019 finanziell gut ausstatten werden, und wir haben einen CIO – da wusste vor 23 Jahren noch gar keiner, was das ist –, einen Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnik, Herrn Staatssekretär Dr. Schubert, der seinen Auftrag sehr ernst nimmt. So werden wir einen Zugewinn für die Verwaltung im Freistaat und für die Bürger schaffen.

(Beifall SPD)

(Abg. Floßmann)

Meine Damen und Herren, die moderne Verwaltung wird noch mehr an Bedeutung gewinnen. Wir wissen heute, dass es nicht gut war, dass frühere Landesregierungen den Bereich IT in den einzelnen Ministerien zu lange unkoordiniert vor sich hinwachsen oder auch dümpeln lassen haben. Herr Dr. Schubert sagte gerade „vor sich hingewurschtelt“, in richtigem thüringischen Dialekt. Die Folge dieses kollektiven Wegsehens war und ist ein Flickenteppich von Anwendungen, Verfahren sowie nicht aufeinander abgestimmter Technik. Der Rechnungshof stellte bereits im Jahr 2013 fest, dass die flächendeckende Einführung von Dokumentenmanagementsystemen in der Thüringer Landesverwaltung nur schleppend vorangeht. Nach Ansicht des Rechnungshofs helfen solche Systeme, Verwaltungsabläufe effizienter, leistungsfähiger und weniger zeitaufwendig zu gestalten sowie die ständig steigende Informationsdichte zu bewältigen. Derart gestraffte Abläufe führen zu einer höheren Produktivität. Zudem werden monotone Ablagetätigkeiten vermieden und Archivkapazitäten erspart.

Meine Damen und Herren, am schlimmsten ist: Am Ende existieren in den Ministerien unterschiedliche Dokumentenmanagementsysteme, die nicht miteinander kompatibel waren und auch nicht sind. Das ist aber nur ein kleines Beispiel der vielfältigen Probleme, die Thüringen aufgrund von zu wenig Koordination im IT-Bereich hat. Wenn ich auf die kommunale Ebene schaue, sehe ich vergleichbare, vielleicht sogar noch stärker ausgeprägte Missstände. Das alles muss uns bestärken, nun umso konsequenter und energischer umzusteuern.

Meine Damen und Herren, die Landesverwaltung muss sich zügig den neuen Herausforderungen unserer zunehmend digitaler werdenden Gesellschaft stellen. Das E-Government-Gesetz, das die Landesregierung heute vorgelegt hat, ist ein wichtiger Baustein dafür.

Frau Floßmann, dass Ihnen alles nicht schnell genug geht, das ist typisch für die Opposition. Hier geht es aber darum, dass ein ordentlicher Gesetzentwurf vorgelegt worden ist und das ist wichtiger als Schnelligkeit.

(Beifall SPD)

Wir haben heute die erste Lesung. Deshalb will ich gar nicht weiter auf die Inhalte eingehen, sondern nur drei Punkte nennen, die mir wichtig sind: Zum einen die Sicherstellung der Einheitlichkeit des elektronischen Verwaltungsverfahrens in Thüringen mit Blick auf das bestehende E-Government-Gesetz des Bundes, als Zweites die Förderung der Einführung elektronischer Verfahren und der elektronischen Abwicklung von Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung in Thüringen und als Drittes – und das ist mir als Haushälter besonders wichtig, um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen – die Schaffung eines rechtlichen Rahmens

für die verbindliche Vereinbarung von Standards, Strukturen und Verfahrensweisen für die Informationstechnik. Dabei geht es auch um die informationstechnische Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen, das ist hier schon gesagt worden. Wenn Frau Floßmann für die CDU-Fraktion hier einige Fragen aufgeworfen hat, die zu dem Gesetzentwurf entstanden sind: Auch wir haben welche dazu. Dazu sind ja auch die Ausschussberatungen da, dass wir uns dann dort dazu verständigen und auch versuchen, eine entsprechende gute Lösung zu finden.