Protocol of the Session on October 18, 2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei den Hunden, die inmitten unserer Gesellschaft leben, wird Fehlverhalten dann meistens sehr schnell deutlich. Wir können uns als verantwortliche Politikerinnen und Politiker der Frage nicht erwehren, Angebote zu machen, wie wir dieses Risiko eindämmen können. Deshalb werden wir uns auch der Anforderung der LINKEN nicht anschließen, die sagt, jedes Tier, jeder Hund hat hier erst einmal einen Biss frei.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kann nicht der Grundsatz einer verantwortungsvollen Politik sein. Dem müssen wir etwas entgegensetzen. Dass es eigentlich eine ganz vernünftige Denkweise ist, so etwas einzudämmen, haben die vielen mehr oder weniger passenden Beispiele hier aufgezeigt. Ich will ein Beispiel, das das Kammergericht Berlin genannt und damit seine Entscheidung illustriert hat zum Thema der Gefahren durch Hunde, hier kurz zitieren. Das Kammergericht hat ausgeführt, ein Lkw ist gefährlicher als ein Pkw im Straßenverkehr. Deshalb haben wir andere Regeln dafür, andere Regeln an das Führen dieses Lkw und auch andere Regeln bei der Versicherung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ähnlich verhält es sich auch bei den Hunden. Es gibt Unterschiede zwischen Hunden, die sich im

(Abg. Kellner)

Wesentlichen durch Größe festmachen lassen, durch Gewicht, durch Anatomie. Das alles ist hier schon genannt worden.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Bei man- chem grünen Politiker brauchen wir einen Maulkorb.)

Sie wollten eine Zwischenfrage stellen, ich warte die ganze Zeit darauf. Die Präsidentin würde es Ihnen bestimmt erlauben, aber Sie müssen sich ordentlich melden, denn so geht es nicht. Für Sie gehe ich gern aus meinem Konzept heraus, aber ich finde auch wieder hinein. Tiere sind unterschiedlich, Hunde im Besonderen auch. Sie unterscheiden sich durch Größe, Gewicht, Beißkraft. Sie wissen, dass wir dem ersten Entwurf, der von Herrn Professor Huber hier eingebracht war, der neben den gefährlichen Hunderassen, die durch das Bundesverfassungsgericht auch anerkannt wurden als abstrakt gefährlichere Tiere oder Tiere mit einer abstrakt höheren Gefährdung, noch Tiere hinzufügten, die durch ihre Größe und Anatomie ähnliche Gefahren ausüben können. Das würde dann dazu führen, dass diese Besitzer einen Nachweis brauchen, dass sie mit dem Tier umgehen können und dass sie nachweisen, dass ihr Tier nicht gefährlich ist. Das war unser Ziel. Wir geben Ihnen auch recht, dass die bisherige Rechtsfolge aus dem gefährlichen Tier zu scharf ist. Wir sind auch keine Freunde dieser Kastrationshärte in diesem Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb hatten wir den Vorschlag gemacht, sich der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts anzuschließen und eine Ausnahme zu ermöglichen, nämlich dass ein Tier, das nach dieser Regel als abstrakt gefährlich anzusehen ist, durch einen Wesenstest konkret belegen kann, dass es nicht gefährlich ist. Die FDP hat das jetzt freundlicherweise in einen Änderungsantrag aufgenommen. Ich weiß gar nicht, ob Sie damals unserem Änderungsantrag zugestimmt haben, aber das sei umsonst. Das ist der richtige Antrag, schon allein deswegen, weil wir ihn schon einmal eingebracht haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bleibt dabei, in der Abwägung zwischen dem Tierschutz und dem Schutz von Menschen und insbesondere Kindern, entscheiden wir uns für den Schutz von Menschen und Kindern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Tierschutz hat bei uns ein hohes Gebot. Tierschutz ist anders viel wirkungsvoller zu erreichen als durch die Gesetzesänderung, die hier DIE LINKE vorgeschlagen hat. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dirk Bergner für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE wurde schon viel gesagt. Leider hat er es nicht mal in die Ausschüsse geschafft. Hier hätten wir noch mal grundsätzlich diskutieren können und meiner Meinung nach auch müssen. Auch wenn der Innenminister schon angekündigt hat, dass derzeit eine Evaluation des Gesetzes stattfindet, sind wir der Meinung, es müssen Änderungen an dem Gesetz vorgenommen werden, und das nicht erst in einem Jahr, sondern so schnell wie möglich. Deswegen haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, Frau Kollegin Berninger, der natürlich nicht dem Kern unserer Seele entspricht, aber einen Kompromissvorschlag darstellt, in der Hoffnung, hier etwas weiterzukommen.

Ich möchte mich jetzt nicht an allen - die Vokabel obskur fiel - obskuren Vergleichen beteiligen und gleich gar nicht einen schnittigen Wagen namens Berninger mit einer Maschinenpistole vergleichen. Auf das Glatteis, meine Damen und Herren, begebe ich mich nicht.

(Beifall FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

Auf das Glatteis begebe ich mich nicht, habe ich gesagt, aber, Herr Kollege Hey, nicht alles, was hinkt, ist auch ein Vergleich. Aber wenn man dem Vergleich folgen will, dann gilt natürlich auch das, was Frau Kollegin Berninger bereits angerissen hat, ein jeder Wagen, der keine ordentlichen Bremsen hat, würde auch vom TÜV nicht auf die Straße gelassen werden.

(Beifall FDP)

Das, meine Damen und Herren, kann man dann doch wieder vergleichen, denn durch diesen vorgeschalteten Wesenstest für Hunde aus der Rasseliste - der nicht unserem Kern und Herzblut entspricht, aber den wir als Kompromisslösung hier lassen würden - kann das sozialverträgliche Verhalten der Hunde festgestellt werden, meine Damen und Herren. Durch einen solchen Wesenstest ist insofern auch das Argument mit dem Recht auf den ersten Biss hinfällig. Wenn nun festgestellt wird, dass der Hund keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, gibt es keinen Grund, den Halter und den Hund ungerechtfertigt zu beeinträchtigen.

(Beifall FDP)

Wir sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Auffassung, dass diese Änderung eine Möglichkeit ist,

(Abg. Adams)

solange das Gesetz jetzt evaluiert wird, eine verhältnismäßige Übergangsregelung zu installieren und werben deswegen für diesen Gedanken.

(Beifall FDP)

Ich will Ihnen auch ehrlich sagen, dass das Gesetz trotz unseres Änderungsantrags nicht unseren grundsätzlichen Vorstellungen entspricht - ich habe es bereits angerissen -, es ist ein Kompromiss, um das Gesetz einigermaßen brauchbar zu gestalten.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Grundsätzlich, meine Damen und Herren, votieren wir für einen Hundeführerschein ähnlich, wie er in Niedersachsen eingeführt wurde.

(Beifall FDP)

Bei dem Hundeführerschein müssen diejenigen, die sich erstmals einen Hund anschaffen, in zwei Jahren nachweisen, dass sie geeignet sind, ein Tier zu halten. Ich kann Ihnen auch ganz klar sagen, wieso wir dieses Vorgehen als richtigen Weg sehen, denn was hat das im September 2011 in Kraft getretene Gesetz bisher an Schutz gebracht? Seit der letzten Sitzung, bei der wir über den Gesetzentwurf der LINKEN diskutiert haben, also gerade mal vor einem Monat, meine Damen und Herren, haben sich mehrere Hundeattacken auf Menschen ereignet. Was haben uns die Änderungen der Verordnung und die Einführung der Rasseliste geholfen, genau dieses zu verhindern? Ich sage es Ihnen, gar nichts.

(Beifall FDP)

Es waren

(Zwischenruf Geibert, Innenminister: Dann könnte man auch das StGB abschaffen.)

- schöner Vergleich - zum einen alles Übergriffe von Hunden, die nicht auf der Rasseliste stehen, und es waren Hunde, die bisher nicht vom Ordnungsamt als erkennbar gefährlich eingestuft worden sind. Genau da, meine Damen und Herren, müssen wir hinterfragen, ob das Gesetz wirklich mehr Schutz bietet. Nach den letzten Vorfällen sowie nach der Antwort auf die Kleine Anfrage 2083 müssen CDU und SPD sich doch irgendwann eingestehen, dass durch ihr Gesetz nicht mehr Schutz für die Menschen hergestellt wurde, da auf der Rasseliste nicht die Hunde stehen, die am meisten beißen.

(Beifall FDP)

Auch wenn Sie von CDU und SPD mit dem höheren prozentualen Anteil der Hunde kommen, die in den Beißstatistiken an vorderster Stelle stehen, meine Damen und Herren, das ist doch - entschuldigen Sie bitte, wenn ich das so drastisch sage Quatsch, hier geht es um den Schutz des Menschen.

(Beifall FDP)

Egal welcher Hund zubeißt, jeder Hund kann schwere Verletzungen herbeiführen und jeder Hund kann zum Kampfhund gemacht werden, wenn der Halter den Hund dazu erzieht.

Herr Abgeordneter Bergner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ramelow?

Bitte schön, ja.

Kollege Bergner, ich beginne damit, dass ich dem Beispiel des Hundeführerscheins sehr zusprechen würde. Meine Frage: Welche Schlussfolgerung müsste man eigentlich ziehen, wenn das bestehende Gesetz erfolgreich vollzogen wurde, die vier Rassen komplett in Thüringen ausgestorben sind? Glauben Sie, dass dann die Beißhäufigkeit abnehmen würde in der Wirkung dieses Gesetzes?

Vielen Dank, Herr Kollege. Ich glaube, das ist auch aus dem Vorangegangenen hervorgegangen, genau diese Überzeugung habe ich nicht. Ich glaube, dass sich die Beißhäufigkeit in keiner Weise verringern lässt. Danke schön.

Wir meinen - es ist ja immer dieser Satz, das Problem liegt am anderen Ende der Leine -, dass diese Frage, nämlich dass jeder Hund zum Kampfhund gemacht werden kann, wenn der Halter ihn dazu erzieht, das eigentliche Problem ist. Dort liegt es und nicht bei diesen vier Rassen, das passt also auch noch mal in die Beantwortung Ihrer Frage.

Meine Damen und Herren, ich habe es im letzten Plenum gesagt und ich werde es auch in diesem Plenum sagen: Es hilft nicht, ein paar Hunderassen zu verteufeln und den Ordnungsbehörden Aufgaben aufzubürden, zu deren Erfüllung sie kaum imstande sind.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Es hat auf der einen Seite etwas zu tun mit der personellen Ausstattung, darüber haben wir auch vor vier Wochen bereits gesprochen, es hat zum anderen natürlich auch etwas zu tun mit der finanziellen Ausstattung. Darüber haben wir heute lang und ausgiebig gesprochen. Die finanzielle Ausstattung wird nun weiß Gott in den Kommunen nicht besser.

Meine Damen und Herren, zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ist nicht mehr so sehr viel zu sagen. Er hat ein paar inhaltliche Unausgewogenheiten aus unserer Zeit. Deswegen haben wir au

ßer der Streichung der Kastration alle anderen Punkte geändert. Aber ich bin der Überzeugung, dass wir gut beraten sind, darüber zu diskutieren. Wir werden uns der beantragten Ausschussüberweisung selbstverständlich nicht verweigern. Ich bin aber, wenn es nicht zu der Ausschussüberweisung kommt, dennoch der Meinung, dass wir mit unserem Änderungsantrag einen gangbaren Weg für einen ordentlichen Kompromiss aufgezeigt haben und damit das ursprüngliche Gesetz verhältnismäßiger ausgestaltet werden kann. Deswegen, meine Damen und Herren, bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. Ich danke Ihnen.

Herr Abgeordneter Bergner, gestatten Sie noch eine Frage des Abgeordneten Dr. Augsten?

Jetzt nicht mehr, Frau Präsidentin, ich habe nämlich einen Anschlusstermin. Wir können uns dann gern danach noch unterhalten.

Alles klar, vielen herzlichen Dank.

(Beifall FDP)