Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Berninger. Gestatten Sie noch eine Nachfrage des Abgeordneten Augsten?
Frau Kollegin Berninger, Sie haben die Situation bzw. die Tatsache, dass es wesentlich mehr Beißvorfälle gibt bei anderen Rassen als bei den vier besagten Rassen so beurteilt, dass Sie sagen, Sie glauben nicht, dass es an den gesetzlichen Grundlagen liegt. Mir geht es ähnlich, ich kann auch nur glauben. Ich glaube zwar etwas anderes als Sie, aber ich kann es nicht beweisen. Aber meine Frage ist eine andere, und zwar: Können Sie mal Ihre Logik erklären, abgesehen davon, dass es wesentlich mehr Individuen gibt in diesen Rassen, dass die Tatsache, dass es wesentlich mehr Vorfälle gibt bei den anderen Hunden, dass Sie ableiten, dass man die vier Rassen wieder freigeben kann anstatt zu argumentieren, dass man sich Gedanken machen müsste, wie man die anderen Vorfälle reduzieren kann?
Das könnte im Prinzip darauf hinauslaufen, zugespitzt formuliert, dass man jetzt noch viel, viel mehr Hunderassen auf die Rasseliste setzt. Dieser Auffassung bin ich tatsächlich nicht.
Das ist ja der Vorschlag, den die Fraktion DIE LINKE gemacht hat - Wesenstest, Sachkundenachweis für alle Hunde und Hundehalterinnen. Der Meinung sind wir nach wie vor, aber wir sind auch nicht hinter einer rosaroten Wolke versteckt. Wir wissen, dass wir für solche Vorschläge hier keine Mehrheit finden, deswegen haben wir versucht, einen Kompromiss vorzuschlagen.
Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Berninger. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kellner für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man Frau Berninger so hört, möchte man meinen, den Vorfall hat es nie gegeben in Thüringen, im Kyffhäuserkreis, wo der tragische Unfall stattgefunden hat und welche Hunderasse da eine Rolle gespielt hat. Man will hier verkaufen, dass das alles doch ganz liebe nette Tiere sind, mit denen man kuscheln kann und von denen keine Gefahr groß ausgeht, jedenfalls keine größere Gefahr als - Entschuldigung, Herr Kuschel
bei den anderen Hunden. Also das ist schon eine sehr abenteuerliche Argumentation, die ich heute hier gehört habe, das muss ich wirklich sagen. Hier geht es auch in erster Linie nicht darum, über die Quantität von Beißvorfällen zu reden, sondern es geht bei den Hunderassen explizit darum, dass die Beißqualität eben eine völlig andere ist
und deswegen in diese Kritik bzw. es zu dieser Regelung gekommen ist. Es ist auch keine Thüringer Erfindung, Frau Berninger, ich weiß nicht, wie oft man das hier noch vorbeten muss, das ist im Prinzip in fast allen Bundesländern bis auf eines so. Aber nicht nur das. Ich habe es in der letzten Rede auch gesagt, alle europäischen Staaten haben genau diese Hunderassen verboten. Das ist Frankreich seit 2000, also vor unserem Gesetzentwurf, die haben nicht von Thüringen abgeguckt, das ist England seit 1991, das ist Schweden seit 1995, das ist Holland, das ist die Schweiz seit 2008. Über Volksabstimmung wurde das dort in den Kantonen durchgeführt und die haben sich gegen diese Rassen ausgesprochen, wie auch die europäischen Staaten. Ich könnte das noch fortsetzen.
Kleinen Moment. Es ist also keine Thüringer Erfindung, sondern hier gibt es doch Gründe dafür, wenn das alle Bundesländer und europäischen Länder auch in ihre Liste aufgenommen haben.
Vielen Dank, Herr Kellner. Sie suggerieren, dass, wenn etwas viele machen, es automatisch richtig sein muss. Würden Sie dann auch in der Frage beispielsweise des Mindestlohnes dieser Logik folgen,
wo viele uns umgebende europäische Länder Mindestlohnregelungen auf gesetzlicher Ebene eingeführt haben, dann müsste das ja für Deutschland auch richtig sein?
Also, Frau Berninger, diesen Vergleich trete ich nicht an, weil er absurd ist und der Sache überhaupt nicht dienlich ist.
Sie haben doch die ganze Zeit vorgepredigt, dass das, was viele machen, dass eigentlich das, was wir machen, dieses Wenige verkehrt ist. Wir sind nämlich bei Qualität und Quantität. Nach Ihrer Logik, was Sie gebracht haben, muss ich mal sagen, wäre das gleichgelagert. Ich will jetzt nicht auf „die Berninger“ kommen, auf dieses Fahrzeug, was Kollege Hey beschrieben hat, das will ich nicht. Aber die Logik wäre, dass man alle Waffenarten generell zulassen und erst nach dem Attackieren mit einer bestimmen Waffe, zum Beispiel mit einem vollautomatischen Schnellfeuergewehr mit großem Kaliber, ich sage jetzt nicht „die Berninger“, sondern die Kalaschnikow zum Beispiel, dass dieses großkalibrige Gewehr mehr Schaden und Verletzungen verursacht als ein Kleinkaliberrevolver. Das wäre die Logik. Oder dass ich die Machete zulasse und erst einmal freigebe und warte, was passiert und stelle dann fest, das Schweizer Taschenmesser ist nicht so schlimm wie die Machete. Diese Vergleiche, die Sie hier immer bringen, das eine ist nicht so schlimm, wir können erst mal alles zulassen und
warten mal ab, was passiert, das ist meiner Ansicht nach genau der verkehrte Weg. Deswegen muss ich sagen, irren auch die anderen Bundesländer an der Stelle nicht.
Was das Gesetz generell anbelangt, haben wir gesagt, dass wir das noch einmal überarbeiten bzw. evaluieren wollen. Dazu brauchen wir aber erst Daten. Wir brauchen die Daten und das Innenministerium ist permanent mit den Spitzenverbänden im Gespräch, um herauszubekommen, welche Wirkungen das Gesetz auch in den Kommunen hervorruft, auch kostenmäßig. Da warten wir einfach ganz gelassen ab, was dann auf den Tisch gelegt wird. Da sind auch die Tierheime dabei, weil immer gesagt wird, die Tierheime würden darunter leiden. Auch das müssen wir untersuchen, wir werden sehen, wie die Wirklichkeit an der Stelle ist.
Was die Statistik anbelangt, die sie auch anführen, die Beißstatistik, dass die Schäferhunde, die Huskys und weiß der Geier wer noch alles viel schlimmer ist, als die drei oder vier Hunderassen.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Aber Geier sind auch gefährlich. Die kom- men auch auf die Liste.)
Wenn wir über diese Statistik reden, die Frau Berninger jetzt hoch und runter gebetet und darzustellen versucht hat,
Nicht Ihre, ich weiß nicht, welche Sie haben. Aber Sie wissen, welche ich meine. Wenn man jetzt mal die Beißstatistik 2009, nicht die absoluten Zahlen nimmt, die Sie immer ganz gerne nehmen, sondern wenn man die prozentual betrachtet, dann waren das 40 Vorfälle mit Schäferhunden 2009. Das sind 1 bis 2,5 Prozent. Mit den Staffordshire-TerrierMischlingen waren es drei, die als gefährlich eingestuft wurden, da waren es 50 Prozent. Allein schon diese Statistik, wenn man die prozentual betrachtet, gibt doch einen deutlichen Hinweis, wie gefährlich die Tiere sind, wenn man die ins Verhältnis setzt 2009 Beißstatistik. Also auch hier der Beweis, dass diese Rassen nicht zu Unrecht in Verdacht stehen, gefährlich zu sein und gleich per se auch als gefährlich einzustufen sind, weil die Erfahrung letztendlich zeigt, dass in den zurückliegenden Jahren aber wie gesagt, ich habe schon auf Europa verwiesen - selbst europaweit genau diese Rassen sehr auffällig geworden sind.
Gestatten Sie mir noch den Schlusssatz: Mir ist es viel lieber, diese vier Hunderassen weiter zu verbieten, als dass wir wieder so einen tragischen Vorfall zu beklagen haben. Dann können Sie ja hingehen, Frau Berninger, und erklären, dass das mit Schäferhunden wahrscheinlich genauso schlimm gewesen wäre oder mit einem Husky das gleiche Ergebnis eingetreten wäre - ich wollte es nicht. Das Risiko wäre mir zu groß und wir haben viel darüber gesprochen über die Rasselisten, wir haben viel diskutiert und ich hoffe ja, dass vielleicht das eine oder andere auch bei Ihnen jetzt eintritt, nämlich das Umdenken, dass wir nicht ganz falsch liegen. Und wenn Sie meinen, wir liegen immer noch falsch, genau wie die europäischen Staaten rundherum alle falsch liegen, dann sollten Sie einmal eine Tour machen und vielleicht die anderen auch bekehren. Also bei mir haben Sie es bisher nicht erreicht und das wird auch nicht stattfinden. Wir lehnen als CDU-Fraktion den Gesetzentwurf, aber auch den Änderungsantrag dazu ab.
Vielen herzlichen Dank. Als Nächster hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Dirk Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, diese Debatte scheint mir insbesondere gekennzeichnet zu sein von obskuren Beispielen. Wir wollen als GRÜNE hier nicht zurückstehen und ich möchte
zum Beleg, dass unsere Thesen richtig sind, hier schon einmal das folgende Beispiel sagen - Sie kennen es alle -: „Nachts ist es kälter als draußen.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frau Berninger, Sie müssen sich in Ihrer Argumentation einer Frage stellen. Sie haben darauf abgestellt, dass die Beißvorfälle der letzten Monate und Wochen durch dieses Gesetz nicht verhindert werden konnten. Ja, das ist so und das zeigt, dass dieses Gesetz nicht viel taugt - da geben wir Ihnen recht -, aber Ihr Gesetz hätte daran auch nichts geändert, zumindest nicht,
wenn alle diese Beißvorfälle zum zweiten Mal geschehen wären. Dem müssen Sie sich stellen. Dann komme ich zu einem Punkt, dass mir auffällt, dass kaum eine Debatte im Thüringer Landtag so emotional geführt wird - abgesehen mal von den Kommunalabgaben - wie diese Debatte um die gefährlichen Hunde. Es drängt sich mir doch eine Fra
ge auf: Wo waren denn die vielen Briefe, die vielen Protestanrufe, als wir z.B. um die Novellierung oder andere Wege in der Flüchtlingspolitik gesprochen haben? Das ist mir nicht bewusst. Das wirft - und darauf will ich heute in der Debatte einmal hinweisen - ein bezeichnendes Bild darauf, welchen Stellenwert Haustiere in unserer Gesellschaft haben. Sie sind zu häufig, viel zu häufig Partnerersatz und werden vermenschlicht. Das führt zu ganz großen Fehlstellungen in der Gesellschaft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann gar nicht außer Frage stehen, dass wir GRÜNE Tiere lieben, auch wenn wir sie selten zum Fressen gern haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau deshalb wollen wir eigentlich grundsätzlicher an die Sache herangehen. Wir wollen eher den Zugang zum Markt, den Marktzugang zum Tier reglementieren. Im Augenblick kann jeder geschäftsfähige Mensch in eine Zoohandlung oder zu einem Züchter gehen und sich ein Tier kaufen. Den Mitmenschen ringsherum ist es meistens relativ egal, wie dieses Tier dann später gehalten wird. Das scheint uns ein wesentlicher Skandal zu sein, der hier in die Debatte mit eingeführt werden muss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei den Hunden, die inmitten unserer Gesellschaft leben, wird Fehlverhalten dann meistens sehr schnell deutlich. Wir können uns als verantwortliche Politikerinnen und Politiker der Frage nicht erwehren, Angebote zu machen, wie wir dieses Risiko eindämmen können. Deshalb werden wir uns auch der Anforderung der LINKEN nicht anschließen, die sagt, jedes Tier, jeder Hund hat hier erst einmal einen Biss frei.