Protocol of the Session on October 18, 2012

(Abg. Siegesmund)

Was mich aber nicht eint, ist, diesem Gesetzentwurf hier zuzustimmen. Ich muss schon sagen, dass ich ein wenig erstaunt bin über die Art und Weise, wie hier die Debatte zu dieser Frage noch mal geführt wird. Damit will ich auch ausdrücklich sagen, dass unsere Ministerpräsidentin und Thüringer CDU-Vorsitzende ihrem Generalsekretär intellektuell und politisch so weit voraus ist, das hätte ich allerdings so auch nicht vermutet,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie das heute sehr deutlich erkennbar war. Aber das ist schön und lässt natürlich hoffen für die Zukunft. Da darf man jegliche Hoffnung nicht aufgeben. Die Lernprozesse sollen sich auch bei Abgeordneten noch entwickeln können. Insofern will ich die Frage von Frau Siegesmund beantworten, wann kommt der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn? Der kommt im Jahr 2013, möglicherweise zu Beginn, wenn sich unsere Mindestlohninitiative im Bundesrat durchsetzt, spätestens nach dem Regierungswechsel 2013,

(Beifall SPD)

wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung von der SPD-geführten Regierung abgelöst wird.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das steht jetzt im Proto- koll.)

Das steht im Protokoll, das ist meine Position, und insofern werden wir im November oder im Dezember des Jahres 2013 möglicherweise darüber reden, da bin ich zitierfähig. Ob ich recht behalte, werden wir dann feststellen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bis dahin können wir doch unsere Regelung übernehmen.)

Aber zunächst einmal zurück zum Sachverhalt. Ich bin auch ein Anhänger von leidenschaftlichen Debatten, allerdings geht es mir da ähnlich wie der Kollegin Siegesmund, ich glaube, man muss offensichtlich doch noch mal die Fakten aneinanderreihen.

Erstens: Worüber reden wir hier? Wir reden über einen Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Thüringer Mindestlohngesetz. Da sage ich ganz deutlich, ich finde, man muss sich entscheiden, was man will. Wir müssen uns entscheiden, was wir wollen. Wir debattieren in den letzten Monaten des Öfteren sehr leidenschaftlich über die Frage, dass wir gemeinsam einen einheitlichen, bundesweit geltenden, gesetzlich geregelten Mindestlohn für erforderlich halten. Dafür steht meine Fraktion immer noch. Meine Fraktion will genau dieses und ich glaube auch nach wie vor, dass der Großteil der Fraktionen des Thüringer Landtags genau dieses will. Wenn man aber dieses will, dann

muss man sich für einen Weg entscheiden. Wir haben uns gemeinsam mit der CDU-Fraktion in diesem Hause und gemeinsam mit der Landesregierung entschieden, eine Bundesratsinitiative zu starten, um genau dieses Ziel zu erreichen. Zu dieser komme ich auch gleich noch einmal zurück, weil es offensichtlich immer noch Unklarheiten über die Inhalte dieser Bundesratsinitiative gibt. Wenn das nicht der Fall wäre, könnte ich den einen oder anderen Redebeitrag auch nicht mehr nachvollziehen. Wenn man aber diesen Weg geht, dann sagt man gleichzeitig - und bislang hatte ich es auch immer so verstanden, dass es da Übereinstimmung bei den LINKEN, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auch dem Großteil der CDU gibt -, dass man eben keinen Flickenteppich machen will. Flickenteppich heißt an dieser Stelle, weder das Konzept reiner branchenspezifisch geregelter Mindestlöhne, also ausdrücklich anders als von Kollegen Dr. Mario Voigt eben dargestellt, dass man dieses Konzept nicht für sinnvoll und nicht für tragfähig und nicht für zukunftsfähig hält. Das ist meine Position und das ist unsere Position als SPD-Fraktion.

Wenn man diesen Flickenteppich aber nicht will, dann macht es aus meiner Sicht auch keinen Sinn, länderspezifische Regelungen zu verabschieden. Ich weiß natürlich auch, dass es einzelne Länder gibt, die das gemacht haben, dass die Kolleginnen und Kollegen und Genossinnen und Genossen in Bremen das so gemacht haben, aber bevor es in Hessen einen Mindestlohn gibt, da gibt es den dreimal auch im Bundesgebiet,

(Beifall SPD)

bevor der Bouffier in Hessen einen Mindestlohn macht, dann gibt es dreimal einen in der Bundesrepublik. Also auch einen Flickenteppich an länderspezifischen Regelungen halte ich für nicht zielführend, um das Problem zu lösen. Wenn wir das Problem lösen wollen, dann müssen wir nach wie vor einerseits anschauen, was passiert am unteren Rand, also bei den Niedriglohnbeschäftigten. Um noch einmal den Fakt zu nennen, weil es ja offensichtlich immer noch nicht von allen verstanden worden ist, von 1995 zu 2010 ist der Niedriglohn Ost um 300.000 Menschen angewachsen, das entspricht einer Quote von 31,4 Prozent. Im gleichen Zeitraum 1995 zu 2010 ist der Niedriglohn West um 60 Prozent angewachsen oder in Zahlen ausgedrückt um 2 Mio. Menschen, insgesamt fast 7 Mio. Menschen, die Niedriglohn in der Bundesrepublik Deutschland heute beziehen. Der Anteil ist aber natürlich im Osten, weil die Beschäftigungsquote geringer ist, deutlich höher mit 22,8 Prozent als im Westen. So weit zu den Fakten.

Wenn man also keinen Flickenteppich will, dann muss man eine bundeseinheitliche Initiative starten, genau dies haben wir getan. Ich will noch einmal daran erinnern, dass wir seit April dieses Jahres in

fünf Verhandlungsrunden, der Finanzminister war dabei, Frau Walsmann war dabei, teilweise war die Ministerpräsidentin dabei, der Wirtschaftsminister war dabei und der Bauminister war dabei, zwei Abgeordnete der CDU-Fraktion waren von Anfang bis zum Ende beteiligt und zwei Abgeordnete der SPDFraktion waren von Anfang bis zum Ende in diesem Diskussionsprozess beteiligt. Was haben wir denn in fünf Sitzungen über mehrere Monate in dieser Arbeitsgruppe gemacht? Wir haben genau diese Prozesse analysiert bezogen auf Thüringen, bezogen auf Ost, bezogen auf die wirtschaftlichen Auswirkungen, bezogen auf die beschäftigungspolitischen Effekte, bezogen auf die Frage: Was muss man eigentlich für einen Weg gehen? Braucht man länderbezogene Regelungen oder bundeseinheitliche Regelungen? All das haben wir hoch und runter diskutiert mit vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit arbeitgebernahen Instituten genauso wie mit arbeitnehmernahen Instituten. All das haben wir in vielen Stunden in dieser Arbeitsgruppe diskutiert. Ergebnis dieser Arbeitsgruppe war genau die Thüringer Mindestlohninitiative, auf die ich gleich noch einmal inhaltlich zurückkommen will. Das heißt, die Frage der Bewertung, die Frage, wie wirkt sich das aus, die Frage des ökonomischen Vortrags der Kollegen Voigt, das haben wir alles in dieser Arbeitsgruppe hinreichend diskutiert, bewertet, ausgewertet und Schlussfolgerungen gezogen. Der Kollege Heym war beteiligt, der Kollege Bergemann war beteiligt, insofern war auch die CDU-Fraktion beteiligt.

Im Ergebnis heißt das, wir haben uns für den Weg entschieden, keinen Flickenteppich zu machen, keinen Flickenteppich zu wollen. Ich habe nach wie vor Hochachtung gegenüber den Kollegen und Kolleginnen der CDU, die auf der Grundlage ihres Parteitagsbeschlusses einen Schritt weiter gehen und sagen, wir müssen einen bundeseinheitlichen, flächendeckenden Mindestlohn realisieren. Nun ist ja die Frage, wie sieht der aus, wie hoch ist der und wie wird der gestaltet und wer entscheidet wann was? Jetzt will ich noch einmal auf die Initiative im Detail kommen, weil offensichtlich das nicht allen klar ist.

In dem Entwurf eines Gesetzes über die Festlegung des Mindestlohns wird im Grundsatz Folgendes beschrieben. Erstens: Als unterste Grenze des Arbeitsentgeltes soll ein Mindestlohn gelten, der ein Existenz sicherndes Einkommen gewährleistet und der eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen und soziokulturellem Leben ermöglicht. Da steht noch nichts über die Frage der Höhe. Aber es ist eine Definition als Grundsatz eines verbindlich gesetzlich geregelten Mindestlohnes beschrieben.

Zweitens: Wie soll der Mindestlohn wirken? Jeder Arbeitgeber, so steht es in unserem Vorschlag, ist verpflichtet, den gesetzlich festgelegten Mindestlohn zu zahlen. Ein Anspruch auf den Mindestlohn

verjährt nach unserem Vorschlag erst nach einem Zeitraum von 10 Jahren.

Jetzt kommen wir mal zu dem Frisör zurück, der im Tariflohn deutlich unterhalb liegt. Da haben wir Folgendes angedacht: Wenn wir eine solche Situation haben, muss es eine Übergangszeit von einem Jahr geben, um die entsprechenden Tarifregeln anzupassen. Nach diesem Jahr wird aber erwartet und so steht es im Gesetz, dass dann der gesetzliche Mindestlohn gilt.

Drittens: Die Frage der Mindestlohnkommission. Die Mindestlohnkommission soll aus 14 Personen bestehen. Diese Mindestlohnkommission wird vom Bundesarbeitsminister oder von der Bundesarbeitsministerin berufen und setzt sich aus den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Gewerkschaften zusammen. Damit wird auch die Beteiligung der Tarifparteien sichergestellt. Am Ende des Tages muss aber ein in dieser Kommission festgelegter Mindestlohn dann gesetzlich umgesetzt werden, und zwar mit dem Mittel der Rechtsverordnung. Damit wird er zu einem gesetzlich verbindlichen Mindestlohn, der per Rechtsverordnung entsprechend umgesetzt wird. Dann ist geregelt, dass jeweils zum 31. August des Jahres entsprechende Anpassungen zum Mindestlohn erfolgen sollen, können und müssen. Das heißt, diese Mindestlohninitiative ist ein in sich geschlossenes, inhaltlich stimmiges Konzept.

Nun will ich noch einmal zu dem Kollegen Hausold sagen - der sagt, wenn das stimmt, dass das Ding in den Ausschüssen des Bundesrates liegt -, das stimmt, das liegt in den Ausschüssen des Bundesrates.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Vertagt.)

Ist vertagt. Vertagt heißt aber nicht, Kollege Ramelow, abgelehnt, sondern er ist vertagt im Bundesrat und es gibt - das kann man doch ganz offen diskutieren - unterschiedliche Auffassungen auch innerhalb meiner Partei, ob in diesem Gesetz tatsächlich 8,50 € stehen muss oder nicht. Bei uns steht es nicht drin, weil wir gesagt haben, das überlassen wir der Mindestlohnkommission. Da gibt es Diskussionen, dieses muss man klären.

Allen, die jetzt irgendwie vorschnelle Hoffnungen hegen, dass das irgendwie an dieser Stelle scheitern könnte, denen will ich auch den Wind aus den Segeln nehmen. Es gibt Bewegungen in RheinlandPfalz, es gibt die Zustimmung in Sachsen-Anhalt, es gibt Zustimmung in Brandenburg, es gibt Zustimmung im Saarland und ihr dürft ruhig glauben, Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, dürfen ruhig glauben, dass wir da weiter unterwegs sind, um für unseren Gesetzentwurf zu werben. Am Ende des Tages bin ich sehr optimistisch, dass dieser Gesetzentwurf am Ende auch die Zustimmung

zumindest im Bundesrat findet. Insofern ist das, glaube ich, der richtige Weg, eine einheitliche Lösung für die Bundesrepublik Deutschland und kein Flickenteppich. Deshalb muss ich an der Stelle abschließend sagen, meine Fraktion empfiehlt, der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses zuzustimmen und damit diesen Antrag abzulehnen. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Lemb. Es hat sich jetzt Herr Recknagel zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Siegesmund, Sie haben eben die ganz berechtigte und sicher rhetorisch gemeinte Frage aufgeworfen: Wann kommt der Mindestlohn?

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war sehr ernst ge- meint.)

Wenn man mal ganz nüchtern die politische Lage analysiert, dann spricht doch einiges dafür, dass ab dem Jahr 2013 ein Gesetzgebungsverfahren so weit gediehen ist, dass tatsächlich ein gesetzlicher Mindestlohn da sein wird.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Welcher Blick in die Kugel sagt Ihnen das?)

Na ja, wir brauchen jetzt hier keine möglichen Koalitionen zu diskutieren und hin und her zu überlegen, ob die einen oder anderen an der nächsten Bundesregierung beteiligt sind oder nicht, aber die großpolitische Lage - sind wir doch einmal ehrlich sieht so aus, die CDU bewegt sich ganz massiv auf die Ihre Position zu.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hauptsache Sie nicht.)

Diese Bundesratsinitiative spricht eine deutliche Sprache und die Einzigen - auch das ist klar geworden -, die sich noch mit Händen und Füßen dagegen wehren, sind die Liberalen. Da die Liberalen bekanntermaßen keine absolute Mehrheit im Bundestag haben, auch nicht im Bundesrat, scheint es bei realistischer Betrachtung so zu sein, als wenn das wirklich kommt. Unsere Aufgabe ist es also, heute hier und an anderer Stelle immer wieder darauf hinzuweisen, was denn das bedeutet. Sie können alle also ganz beruhigt sein und die ganzen Aufregungen und die plakativen Beispiele - Herr Hausold sprach von den Fünf-Euro-Beschäftigten in der Metallindustrie -, die können Sie alle stecken

lassen. Den Schwung haben Sie schon, die Unterstützung breiter Kreise der Öffentlichkeit haben Sie auch. Das muss ich heute hier einmal sagen, das ist so. Auch wenn Herr Hausold von den Fünf-EuroKräften spricht, ich weiß nicht, in welchem Unternehmen der Metallindustrie er da zu Gast war, ich weiß, ich bin selber in der Metallindustrie tätig, dass man selbst für 8,00 € - die Sie auch noch für zu gering halten - in der Metallindustrie keine Helfer mehr bekommt. Helfer, das sind die, die mit eins, zwei Tagen Anlernen eine Tätigkeit ausüben. Die bekommt man selbst für 8,00 € heute nicht mehr. Also, Sie sind von der Realität bei Weitem überholt worden, Herr Hausold. Sie haben davon gesprochen, dass 25 Prozent der Metallindustrieunternehmen den Tarif bezahlen. Hier muss ich möglicherweise mit einem Irrglauben, mit Fehlinformationen aufräumen. Wissen Sie, wie hoch der Metallindustrietarif in Thüringen im Vergleich zu anderen Bundesländern ist? Wie hoch ist der Metallindustrietarif in Thüringen? Sie haben eben von den 5,00/6,00 € gesprochen, die darunterliegen, Sie sprachen von 10,00 € im Verlauf Ihrer Rede, die doch besser seien. Wie hoch ist er denn? Ich will es Ihnen sagen. Der Metalltarif in Thüringen ist höher als in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall FDP)

Das illustriert dann auch ein Stück weit das, warum diese Geknechteten, die Sie besucht haben, diese Ausgebeuteten, die für 5 € zu schuften scheinen, Ihren Informationen nach, warum die nicht auf die Straße gehen, demonstrieren, warum die nicht einen Streik ausrufen und sagen, wir wollen einfach nur erreichen, dass dieses Unternehmen in den Metalltarif kommt. Möglicherweise sollten Sie sich einmal darüber Gedanken machen, warum die das nicht tun. Die tun das möglicherweise deswegen nicht, weil sie wissen, dass ein Beitritt dieses Metallunternehmens zum Thüringer Metalltarif bedeuten würde, dass eine Vielzahl von den dort Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren müsste. Das ist die Kehrseite Ihres Streitens für höhere Löhne auf Kosten anderer, und mit auf Kosten anderer meine ich nicht die Unternehmer. Die können auch mit ein paar weniger Mitarbeitern klarkommen, sondern auf Kosten anderer bedeutet auf Kosten der betroffenen Arbeitnehmer. Das gehört zu der Wahrheit dazu.

(Beifall FDP)

Wenn wir also festhalten können, dass dieser Mindestlohn kommen wird, so sehr ich auch davor warne, wenn wir das festhalten können, dann müssen wir auch der Tatsache ins Auge schauen, dass wir dann eine ganze Menge Leute haben werden, die wieder auf der Straße stehen, so wie Schröders fünf Millionen. Diese rot-grüne Regierung seinerzeit hat Erkenntnisse gehabt, die war im Erkenntnisprozess viel weiter als Sie das heute sind. Sie sind ge

(Abg. Lemb)

wissermaßen in die Steinzeit des Klassenkampfs zurückgefallen. Die haben gesagt, wir müssen den Arbeitsmarkt flexibilisieren, die haben Reformen auf den Weg gebracht und haben das Kunststück fertiggebracht, gering qualifizierte Leute in Arbeit zu bringen. Das sind nicht die Facharbeiter. Das sind nicht die, die sich die Stelle aussuchen können. Das sind noch nicht einmal diejenigen, die es gewohnt sind, jeden Morgen um 6.00 Uhr zur Arbeit zu gehen. Das sind teilweise Leute, denen hat man gestern an der Tankstelle die Bierflasche aus der Hand genommen und hat ihnen gesagt, versuch es doch einmal mit Arbeit und morgen kannst du dort anfangen.

(Unruhe DIE LINKE)

Dafür gibt es zwar vielleicht nicht viel Geld, aber es ist immer noch besser als von der Stütze zu leben, als jeden Tag vor dem Fernseher oder schlimmer noch, an der Tankstelle zu verbringen und sich dort die nächste Bierflasche zu genehmigen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist uner- hört.)

Diese Leute stoßen Sie wieder in die Situation zurück vor der Regierung Schröder und Fischer.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So viel können sie gar nicht tan- ken.)

Es gibt ja hier klare Fronten. Die einen fordern den Mindestlohn als Beispiel für soziale Gerechtigkeit, für Wohlstand für alle. Sie fordern einen gerechten Lohn, davon ist immer wieder die Rede, man soll davon leben können. Die Gerechtigkeit ist also das Wichtigste, Sie fordern Wohlstand für alle, obwohl der Urheber dieses Begriffs, Ludwig Ehrhard, sich wahrscheinlich im Grabe herumdrehen würde, mit welchen Methoden Sie das hier versuchen. Offensichtlich tun die einen das, weil sie von der Erkenntnis getrieben sind, dass die Arbeitnehmer selber, die davon betroffen sind, gar nicht wissen, ab wann sie glücklich sein sollen. Die wissen nicht, ob ihr Lohn ausreicht oder nicht. Diese Entscheidung wollen Sie denen abnehmen. Also die einen Vorkämpfer für die Gerechtigkeit und die anderen lehnen Lohneingriffe ab. Hier im Parlament scheinen das nur noch die Liberalen zu sein. Das sind die Ausbeuter, die unterstützen prekäre Arbeitsverhältnisse, Niedriglohnsektor, ganz schlimme Finger. Das ist einfach, das ist plakativ, das ist auch wirksam, wie ich eingangs gesagt habe. Aber leider berücksichtigen Sie die Folgen, die das Ganze hat, nicht. Die Welt ist nicht so einfach. Nicht ohne Grund steht in unserer Verfassung als Grundrecht die Koalitionsfreiheit drin, da steht die Vertragsfreiheit drin, die eben jedem seine Chancen ermöglicht auf der Basis dessen, was er für richtig hält. Sie halten diesen Geringqualifizierten schamlos die Möhre vor die Nase und sagen, mit uns bekommst du 8 €,