und auch nicht für ehrlich. Sagen wir doch ehrlich Ja oder Nein. Manchmal im Leben muss man sich entscheiden und jede und jeder hat dazu heute hier die Möglichkeit, denn wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden nicht für eine Ausschussüberweisung plädieren. Dafür gibt es überhaupt gar keinen Grund, das hat Sabine Berninger bereits ausgeführt und das hat auch das Ergebnis der Rede von Frau Kanis hier deutlich gemacht, wenngleich auch ich mich der Einschätzung anschließe, dass man die Wege der Argumentation von Frau Kanis nicht unbedingt nachvollziehen können muss und sogar in Zweifel stellen kann. Aber lassen Sie mich noch einmal zu unserem Antrag einiges mehr ausführen, der ja sehr deutlich und sehr knapp zwei Punkte benennt.
Zum einen, wie gesagt, geht es uns darum, die Leistungen für Asylsuchende, Geduldete und Bleibeberechtigte in die existierenden Sozialleistungssysteme des SGB II und des SGB XII zu integrieren. Wie man da wie Herr Barth davon reden kann, wir wollten Asylbewerber auf das SGB reduzieren, ist mir wirklich schleierhaft.
Denn sämtliche Leistungsbezieherinnen, die nun mal das Glück oder wie auch immer haben, in Deutschland geboren zu sein und hier auf Sozialleistungen angewiesen sind, sind selbstverständlich im SGB II und auch im SGB XII und meines Wissens gilt auch bei uns uneingeschränkt, die Würde
des Menschen ist unantastbar. Wir alle sind Menschen und insofern sehe ich nicht, was hier eine Reduzierung aufs SGB sein soll. Dann auch noch zu argumentieren, Herr Barth - auch wenn Sie jetzt nicht da sind, Sie werden mich ja sicher irgendwo hören -, die Bundesregierung würde da irgendetwas vorbereiten, also ein neues Sondergesetz für Asylbewerberinnen und Asylbewerber, lässt nichts Gutes erwarten. Ich sage Ihnen, da will ich weder darauf warten, noch einem solchen Gesetz auch nur zustimmen müssen, denn wir wollen, dass alle Menschen gleich behandelt werden, auch Asylbewerberinnen und Asylbewerber und Geduldete beispielsweise und Bleibeberechtigte. Und ja, Frau Holbe, da müssen wir über die Frage sprechen, wollen wir alle Menschen gleichbehandeln oder nicht? Und da gilt es, sich in der Tat zu entscheiden und zu bekennen. Da kann man nur Ja oder Nein sagen. Wenn Sie dann ausführen, liebe Frau Holbe, leider sind ja auch Sie nicht mehr anwesend, ich hätte einen Frühstart hingelegt, dann müssen Sie mir das schon mal erklären. Frühstart vielleicht insofern, dass wir in Thüringen das erste Bundesland wären, das eine solche Bundesratsinitiative auf den Weg bringt. Etwas Schlechtes kann ich daran überhaupt nicht erkennen,
sondern es würde uns auszeichnen und mal für positive Schlagzeilen sorgen, anders als in anderen Situationen. Wenn Sie dann aber auch anfügen, die CDU habe vor steigender Einwanderung nach Deutschland gewarnt und wir hätten es schließlich teilweise mit Wirtschaftsflüchtlingen zu tun und wir dürften hier keinen Vorgriff vornehmen, weil dies gesellschaftliche Akzeptanzprobleme schaffen könnte und ich dann auch immer noch den Satz von Frau Kanis im Ohr habe, der Zweck des Gesetzs, die Zuwanderung zu begrenzen, ist nicht erfüllt worden, dann glaube ich, wir müssen uns hier tatsächlich - heute ist es schon mehrfach gesagt worden - ehrlich machen.
Wir müssen uns ehrlich machen dahin gehend, wie wir mit Menschen umgehen wollen, die hier bei uns Aufnahme und Schutz suchen.
Der zweite Punkt, um den es uns mit unserer Bundesratsinitiative geht, ist, die medizinische Versorgung der Betroffenen in die gesetzliche Krankenversicherung zu integrieren, denn genau das ist ja im Moment nicht gewährleistet. Wir hatten im Plenum eine umfängliche Debatte zur medizinischen Versorgung, die im Moment auf akute Schmerzzustände beschränkt ist und eben nicht greift, wenn jemand beispielsweise Prävention betreiben möchte, wenn es um Vorsorge geht, wenn es aber auch um ganz allgemeine Krankheitsbilder geht oder
Wir wollen, dass mit unserer Bundesratsinitiative der medizinischen Versorgung tatsächlich endlich grundsätzlich menschenrechtliche Erwägungen zugrunde gelegt werden. Es kann nicht sein, zum einen dass weiterhin das Existenzminimum unterschritten wird, das hat dankenswerterweise das Bundesverfassungsgericht zwar erst nach 19 Jahren, aber immerhin festgestellt. Es muss jetzt an uns liegen, sehr schnell, meinen wir, die Rahmenbedingungen zu schaffen, alle Menschen tatsächlich gleich zu behandeln.
Das Bundesverfassungsgericht hat, wie gesagt, mit seiner Entscheidung bekräftigt, dass alle Menschen in der Bundesrepublik ein Recht auf ein menschenwürdiges Dasein haben, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthalt. Die Würde des Menschen gilt nun mal für alle Menschen.
Die Länder Brandenburg, Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Berlin haben mittlerweile Erlasse zur Umsetzung der Verfassungsgerichtsentscheidung herausgegeben. Allerdings muss man wissen, dass es in Bayern beschämenderweise explizit eine Einschränkung gibt, indem nämlich um die Position der Gesundheitsvorsorge gekürzt wurde. In Thüringen, ich sagte es vorhin schon, betrifft es 3.000 Menschen, die nun endlich die ihnen zustehenden Regelsätze erhalten; von 225 € wurden diese auf 374 € für Erwachsene angehoben.
Nun aber noch einmal zur Einschränkung der medizinischen Versorgung. Ich sagte es eben schon: Es gibt derzeit für die Betroffenen keine Prävention, keine Untersuchungen etc. Insbesondere die restriktiven Regelungen und Handhabungen des § 4 im Asylbewerberleistungsgesetz führen dazu, dass immer wieder Berichte bekannt werden, nach denen in Deutschland lebende Asylbewerberinnen, Flüchtlinge und Geduldete permanent mit einer strukturellen Unterversorgung im medizinischen Bereich konfrontiert sind. Viele erinnern sich sicherlich auch an die Debatte über Zahnbehandlungen von Asylsuchenden hier in Thüringen, wo oftmals Zähne gezogen wurden, anstatt sie vernünftig zu behandeln. Der Gesetzgeber hat mit den Asylgesetzen vor allem den Zweck der Abschreckung verfolgt, das haben ja Frau Kanis und Frau Holbe hier auch sehr deutlich sichtbar noch einmal wiederholt und demonstriert. Wir meinen, dass durch eine Eingliederung der Mehrheit der Leistungsberechtigten nach dem bisherigen Asylbewerberleistungsgesetz in das System des SGB II sich nunmehr viel bessere Möglichkeiten der Integration eröffnen, übrigens auch in den Arbeitsmarkt, wohingegen das Asylbe
werberleistungsgesetz, anders als das SGB II, nämlich keinerlei Leistungen zur Integration in den Arbeitsmarkt vorsieht. Außerdem wissen wir auch, dass das Asylbewerberleistungsgesetz zu einem aufwendigen bürokratischen und finanziell sinnlosen Verwaltungsverfahren führt. Deswegen kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, wie die FDP auch nur auf den Gedanken kommen kann, hier eine neue Form des Asylbewerberleistungsgesetzes auf den Weg zu bringen, statt Klarheit zu schaffen, auch Vereinfachungen zu schaffen, indem alle Menschen tatsächlich gleich und nach denselben Gesetzen behandelt werden. Im Übrigen, Frau Holbe und Frau Kanis, weil Sie ja so eine Sorge um so einen starken Zustrom von Asylsuchenden hatten: Im Vergleich zu 1993 ist die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland um mehr als 90 Prozent gesunken. Wir wissen alle um das Elend an den Grenzen, um die Hunderte von Menschen, die immer wieder ertrinken vor den Küsten, weil sie versuchen, nach Europa überhaupt zu kommen. Auch das ist eine sehr drastische Folge dieser Asylgesetzgebung gewesen. Auch deshalb haben wir uns schon 1993 gegen dieses Gesetz stark gemacht.
Zum Letzten lassen Sie mich noch einen Punkt sagen: Ich möchte wirklich dafür plädieren, heute und hier darüber abzustimmen, ob es eine Bundesratsinitiative gibt. 1993 hat der stellvertretende Ministerpräsident Christoph Matschie im Bundestag gegen das Asylbewerberleistungsgesetz gestimmt, darüber waren wir sehr froh. Wir hoffen, dass die SPD auch heute bei dem bleibt, was Frau Kanis vorhin angekündigt hat und sich unserer Bundesratsinitiative anschließt. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, und insbesondere liebe Fraktion der SPD - ach, die Frau Kanis ist ja da, da kann ich es ihr ja selber sagen. Frau Kanis, auch wenn ich mich freue, dass Sie den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen, heute hier möchte ich Ihnen wenigstens mitteilen, wie ich Ihre Rede einordne, und zwar aufgrund Ihrer Wortwahl von „Flüchtlingsströmen“ und von „zu lange bleibenden Asylbewerbern“ zu sprechen und Ähnlichem mehr, bleibt für mich nur eine Logik übrig: Sie gehören zu den 56 Prozent der Thüringer mit fremdenfeindlichen Einstellungen
Vonseiten der Abgeordneten liegen mir keine Wortmeldungen vor. Ich gehe mal davon aus, dass für die Landesregierung der Innenminister um das Wort gebeten hat. Bitte.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Menschen aus der ganzen Welt kommen aus ganz unterschiedlichen Gründen nach Deutschland, sei es aufgrund von Krieg und Verfolgung oder sei es auch aus wirtschaftlichen Erwägungen. Vereint sind sie aber alle in dem Glauben und in der Hoffnung, dass es ihnen in Deutschland besser geht als in ihrer Heimat. Dies führte Anfang der 90er-Jahre zu massiv steigenden Asylbewerberzahlen. Daher wurde 1993 das Asylbewerberleistungsgesetz als Teil eines Asylkompromisses geschaffen. Ziel des Gesetzes war es, einen Mindestunterhalt während des Asylverfahrens gesetzlich eigenständig zu regeln. In Thüringen erhielten Ende des Jahres 2011 3.210 Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht am 18. Juli 2012 für diesen Personenkreis entschieden, dass die Regelungen zu den Grundleistungen in Form der Geldleistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz unvereinbar sind.
Der Bundesgesetzgeber ist verpflichtet, für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten hat das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung getroffen, wonach ab dem 1. Januar 2011 die Höhe der Geldleistung in diesem Bereich entsprechend den Grundlagen der Regelungen des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu berechnen ist. Dies gilt rückwirkend für nicht bestandskräftig festgesetzte Leistungen ab 2011 und im Übrigen für die Zukunft, bis der Bundesgesetzgeber seiner Pflicht zur Neuregelung nachgekommen ist.
Damit ist zunächst der Bundesgesetzgeber gefordert, diesen Entwurf zur Neuregelung des menschenwürdigen Existenzminimums für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes vorzulegen. Hierbei hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. Zur Ermittlung des Anspruchsumfangs hat er alle existenznotwendigen Aufwen
dungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsmethoden zu bemessen. Vom Bundessozialministerium wurde zugesagt, bis zum Ende des Jahres einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen. Hier darf es aber auch keinen Verzug geben, das habe ich bereits unmittelbar nach der Bekanntgabe der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung deutlich gemacht. Der Regelungsentwurf des Bundes wird alsdann sorgfältig zu prüfen sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, folgende Aspekte sind bei der Neugestaltung dieses Rechtsbereichs besonders zu berücksichtigen. Asyl bedeutet einen zunächst begrenzten Aufenthalt in Deutschland, bei dem es um eine vorübergehende Versorgung der Betroffenen geht und um deren Schutz vor politischer Verfolgung und unmenschlicher Behandlung in ihrem Herkunftsland, bis über ihren Asylantrag entschieden wird. Demgemäß ist das durch das Asylbewerberleistungsgesetz geregelte Leistungssystem für Ausländer, deren Aufenthalt nur für vorübergehende Dauer angelegt ist, geschaffen worden. Die geforderte Aufhebung des Gesetzes und die Eingliederung des betroffenen Personenkreises in die Sozialsysteme würden einen Systemwechsel darstellen, dessen Auswirkungen und Kosten im Hinblick auf die in den letzten Jahren stark steigenden Asylbewerberzahlen erheblich sind. Insbesondere ein dann erleichterter Arbeitsmarktzugang und die hierzu notwendigen Integrationsmaßnahmen würden die faktische Aufenthaltsverfestigung von Personen mit nur vorübergehendem Aufenthaltsstatus fördern und die Rückführung Ausreisepflichtiger erschweren. Die Aussichten auf einen Arbeitsmarktzugang und höhere Sozialleistungen böten als Pull-Faktor einen beachtlichen Anreiz zur Umgehung des aufenthaltsrechtlichen Verfahrens und würden damit die Steuerung der Arbeitsmigration beeinträchtigen. Mit einer Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes kämen wesentliche Aspekte des Aufenthalts und sozialrechtlichen Gefüges demnach aus der Balance und auch insbesondere gegenüber sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern, deren Aufenthalt grundsätzlich verlängerbar auf Dauer angelegt ist, wäre diese Form von Gleichbehandlung nur schwer zu vermitteln. Zudem dürfte es nicht unproblematisch sein, wenn langjährige Erwerbstätige und Steuerzahler dem gleichen Leistungsniveau unterworfen würden wie Personen, die gerade erst eingereist sind und den Anspruch mit Stellung eines einzigen Asylantrags oder der beharrlichen Verweigerung der Ausreise bewirken. Die Verletzung des Abstandsgebots kann nicht ausgeschlossen werden. Schließlich ist die arbeitsmarktpolitische Zielrichtung des SGB II nicht ohne Weiteres mit dem aufenthaltsrechtlichen Regelungssystem auf einen Nenner zu bringen. Hier geht es in erster Linie um
die eigenverantwortliche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Dort geht es um den zunächst nur vorübergehenden Status bis zur endgültigen Entscheidung über den Asylantrag.
So sehr ich die mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verbundene Neuregelung des Asylbewerberleistungsgesetzes begrüße, so wenig sehe ich derzeit einen Grund zur Abschaffung dieses Gesetzes. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Thüringer Landtag als Parlament sollte sich dadurch auszeichnen, dass hier Debatten geführt werden, die von einer gewissen Qualität, einer gewissen geistigen Qualität, von einer sachlichen und fachlichen Qualität geprägt sein sollten.
Das ist auch in der Regel der Fall. Es gibt aber Ausnahmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eben eine Ausnahme erlebt. Liebe Frau König, verehrte Frau König, was Sie sich hier eben geleistet haben - wer sind Sie denn? Mit welchem Recht maßen Sie sich an, einer Kollegin unserer Fraktion, einem Mitglied dieses Landtags fremdenfeindliche Äußerungen in Ihrer Rede zu unterstellen? Das geht nicht nur zu weit,
das ist eine bodenlose Frechheit. Das weise ich im Namen meiner Fraktion ganz entschieden und mit aller Klarheit zurück. Danke schön.
Danke, Herr Abgeordneter. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, so dass ich die Aussprache schließen kann.
Es ist für diesen Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ausschussüberweisung beantragt, und zwar die Überweisung an den Innenausschuss. Das stelle ich jetzt zur Abstimmung. Wer den Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/4928 an den Ausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist Zustimmung von den Fraktionen FDP, CDU und SPD. Gegenstimmen? Gegenstimmen kommen von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und von der Fraktion DIE LINKE. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist dieser Antrag an den Ausschuss überwiesen und ich kann diesen Tagesordnungspunkt schließen.
Ich rufe als Erstes auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kummer von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4938.