Protocol of the Session on June 22, 2012

Im Hinblick auf den am 23. Mai 2012 veröffentlichten Regierungsentwurf der Bundesregierung zum Mietrechtsänderungsgesetz 2012 sollte die Landes

regierung unter Beachtung der Entwicklung in Thüringen im Bundesrat auf eine gerechte Verteilung der Lasten der energetischen Sanierung hinwirken und die Worte des Ministers dazu hörten wir ja bereits. Die derzeitigen Ideen für die Belastung der Miete durch die Duldung der Sanierung und die mit der Sanierung einhergehenden finanziellen Belastungen zeigen auf, dass diese unsozial sind und gerade diejenigen belasten, die es sich selbst nicht leisten können und sich selbst Wohneigentum schaffen können. Die Verbesserung des Klimaschutzes als nationale Aufgabe darf somit nicht allein auf die betroffenen Mieter abgewälzt werden.

Meine Damen und Herren, in Thüringen gilt es, mit Weitsicht soziales Wohnen als kommunale Daseinsvorsorge zu sichern. Mit strategischer Weitsicht muss soziales Wohnen gesichert werden. Die Kürzung der Städtebauförderung, die Streichung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger, Pauschalisierung der Kosten für Unterkunft und Heizung und ihre Übertragung auf die Kommunen, diese Form der Kommunalisierung einer gescheiterten Sozialpolitik zulasten der Menschen lehnen wir ab. Richtig wurde der Weg eingeschlagen, mit den Rückflüssen ins Land ein Wohnungsbauvermögen zu schaffen. Damit haben wir die Chance, für eine soziale Wohnraumförderung eine gesicherte Basis zu schaffen. Zudem eröffnet dies einen Handlungsspielraum zur sozialverträglichen und ökologischen Gestaltung des sozialdemographischen und wirtschaftlichen Wandels im Land. Der Fonds könnte darüber hinaus zur Förderung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften eingesetzt werden. Die Attraktivität des Wohnens im Flächenland Thüringen mit dem ländlichen Raum ist langfristig zu sichern. Politische Konzepte müssen auf dezentralen Lösungen aufbauen. Die Vorteile ländlichen Wohnens mit preisgünstigen Mieten, nachbarschaftlichem Zusammenleben und einem naturnahen Umfeld gleichen die Nachteile wie längere Wege, längerer Zeitaufwand, höhere Mobilitätskosten für den Zugang zu sozialer, wirtschaftlicher, kultureller und gesellschaftlicher Teilhabe nicht aus. Dies führt zunehmend zum Ungleichgewicht der Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Ein forcierter Wegzug aus ländlichen Räumen verschärft den Werteverfall von Immobilien im ländlichen Raum und die Probleme durch vermehrten Zuzug in Ballungsräume weiter.

Zwei Strategien sind unserer Meinung nach notwendig. Einerseits ist dem Leerstand durch Rückbau mittel- und langfristig nicht mehr benötigter Wohnungen einschließlich technischer, verkehrlicher und sonstiger Infrastruktureinrichtungen und -anlagen zu begegnen. Dies bedarf zwingend einer Altschuldenentlastung ostdeutscher Wohnungsunternehmen unter Weiterführung von Stadt- und Dorferneuerungsprogrammen weit über 2016 hinaus.

Natürlich ist Wohnraum auch in ländlichen Räumen dem Bedarf aufgrund sich ändernder Bedürfnisse, z.B. Barrierefreiheit und Haushaltsstrukturen, mehr Singlehaushalte sowie der Erfordernisse des Klimaschutzes anzupassen. Deshalb ist Aufschwung, Aufwertung und Wohnraumförderung auch in ländlichen Räumen erforderlich. Um den Vorteil geringerer Wohnkosten im Vergleich zu gleichwertigem Wohnraum in urbanen Regionen zu erhalten, sollte Förderung in Form von Zuschüssen erfolgen.

Meine Damen und Herren, Mieten und Wohnungspolitik ist eine Kernfrage der sozialen Gerechtigkeit geworden. Steigende Mieten - besonders in Ballungsräumen wie z.B. in Jena - bei Neuvermietungen sind auf der Tagesordnung. Mieterinnen und Mieter geben oft schon 50 Prozent ihres Haushaltseinkommens für Wohnen aus. Die Wohnqualität ist abhängig von den Einkommensverhältnissen.

Nicht wenige Menschen leiden unter verschiedensten Formen von Wohnungsnot, darunter vor allem Alleinerziehende, junge Familien mit mehreren Kindern, Studenten, Geringverdienende, Kurzzeitarbeiter, Arbeitslose und auf Unterstützung aus den verschiedenen Sozialsystemen Angewiesene. Die Höhe der kommunalen Steuern, Gebühren, Abgaben ist so zu gestalten, dass das Wohnen in den eigenen vier Wänden und zur Miete bezahlbar bleibt. Die kommunalen Wohnungsgesellschaften sind finanziell zu sichern. Erträge sind in Wohnungsunternehmen zu belassen, damit sie langfristig für soziale Wohnungsversorgung zur Verfügung stehen.

(Beifall DIE LINKE)

Partner der Städte und Gemeinden sind insbesondere die kommunale Wohnungswirtschaft und gemeinnützige Genossenschaften, die Wohneigentümer und private Vermieter. Die Diskussion muss also unbedingt hier weitergeführt werden. DIE LINKE strebt die Wiederbelebung der sozialen Wohnraumförderung und deren Verknüpfung mit der Städtebauförderung an. Die Kompensationsmittel des Bundes für sozialen Wohnungsbau sind über 2013 hinaus bereitzustellen und deutlich zu erhöhen. Deren Zweckbindung ist auf kommunale Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften zu konzentrieren. Förderprogramme, die faktisch zur Subventionierung privater Anleger dienen, lehnt DIE LINKE ab. Wir werden uns weiter gegen die Privatisierung von öffentlichem Wohnraum und gegen eine ausschließliche einnahmeorientierte Verwertung öffentlicher Liegenschaften wenden.

Finanzminister Schäuble will gerade jetzt 11.500 Wohnungen der bundeseigenen TLG WOHNEN meistbietend verkaufen, um auf den Immobilienboom aufzuspringen.

Eine neu gegründete Wohngenossenschaft - TLG FAIRWOHNEN - will sich mit Hunderten von neuen Genossenschaftern am Bieterverfahren beteiligen,

damit diese Wohnungen nicht Gegenstand des spekulativen Erwerbens

(Beifall DIE LINKE)

und der renditemaximierenden Bewirtschaftung durch Investoren werden. Genossenschafter werden aktiv,

(Beifall DIE LINKE)

damit den Bewohnerinnen die Möglichkeit zur selbstbestimmten, demokratischen, eigenwirtschaftlichen Bewirtschaftung eröffnet werden kann. Wir streiten dafür, dass Kommunen im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge wieder als Bauherrinnen auftreten und sich an den Interessen der Mieterinnen und Mieter orientieren. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Doht für die SPD-Fraktion.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Thüringer Wohnungsmarkt war in den letzten Jahren großen Veränderungen unterworfen. Hatten wir nach der Wende in den 90er-Jahren noch einen gravierenden Wohnungsmangel - ich kann mich erinnern, als ich 1994 das erste Mal in den Landtag kam, das Thema übernahm, haben wir von 70.000 fehlenden Wohnungen gesprochen, aber bereits zehn Jahre später hatte sich aufgrund der demographischen Entwicklung die Situation umgekehrt. Wir hatten Wohnungsleerstand bedingt durch den Bevölkerungsrückgang, bedingt durch die Abwanderung und der Freistaat Thüringen war einer der ersten, der mit einem Wohnungsmarktstabilisierungsprogramm gegen diesen Leerstand angegangen ist. Danach hat der Bund mit dem Programm Stadtumbau Ost auf diese Leerstände reagiert. Es wurde abgerissen, es wurde aufgewertet und damit wurden die Leerstände auf ein verträgliches Maß gesenkt. Seit 2009 jedoch haben wir die Situation im Freistaat, dass die Leerstände wieder wachsen. Während wir nach der Wende vor allen Dingen einen Trend hatten „weg aus der Stadt aufs flache Land“, hat sich dieser Trend wieder umgekehrt. Während wir 1990 in den Städten ungeklärte Eigentumsverhältnisse hatten, auf dem Land billiges Bauland und auch die Förderpolitik des Freistaats Thüringen hat dazu beigetragen, dass viele vor die Stadt gezogen sind, dort gebaut haben. Schaut man heute, dann sind es nicht nur ältere Leute, auch Familien mit Kindern, die auch angesichts steigender Spritpreise merken, es ist doch billiger, in der Stadt zu wohnen. Wir haben jetzt wieder eine

(Abg. Sedlacik)

umgekehrte Situation, dass die Leute von den ländlichen Räumen in die Städte ziehen.

All dies vollzieht sich jedoch nicht gleichmäßig über das ganze Land verteilt, sondern es gibt durchaus regionale Unterschiede. Diese regionalen Unterschiede verlangen auch differenzierte Lösungen. So einfache Formeln wie „Wohnungsmangel gleich Neubau“ oder „Leerstand gleich Abriss“ funktionieren nicht, sondern der Wohnungsmarkt ist differenzierter. Dann ist es gut, dass wir mit dem vorliegenden Wohnungsmarktbericht hier eine sehr differenzierte Studie haben. Das empirica-Institut hat in einer umfassenden Studie die Wohnungsmarktsituation analysiert und Prognosen für die weitere Entwicklung aufgestellt. Ich denke, dieser Wohnungsmarktbericht ist eine gute Grundlage für die weitere Wohnungspolitik in diesem Land, sowohl für die Landesregierung als auch für uns als Parlament.

Schauen wir uns noch mal einige Tendenzen an. Ich hatte es bereits gesagt, bis 2005 hatten wir einen Bevölkerungsrückgang von 14 Prozent. Das entsprach ca. 111.000 Haushalten, die wir weniger hatten. Die absolute Zahl der Haushalte sinkt, prozentual gesehen steigt sie jedoch. Das hat damit zu tun, dass sich die Zahl der kleineren Haushalte vergrößert hat, bedingt dadurch, dass Bewohner älter werden, dass wir immer mehr Single-Haushalte haben, aber auch die Anforderungen an die Wohnungen, an das Wohnumfeld verändern sich aufgrund einer immer älter werdenden Bevölkerung. Wir haben höhere Anforderungen an Barrierefreiheit, die letztendlich nicht nur den Älteren nutzt - das muss ich auch immer wieder sagen -, auch eine junge Frau mit Kinderwagen wird froh sein, wenn der Zugang zum Haus barrierefrei gestaltet ist.

(Beifall CDU)

Die Anforderungen an das Wohnumfeld haben sich in den letzten Jahren verändert. Es gibt auch immer mehr einen Bedarf an Sonderwohnformen. 70 Prozent der Pflegebedürftigen leben in den eigenen Wänden. Das erfordert andere Voraussetzungen, als wir sie in der Vergangenheit noch hatten. In diesem Zusammenhang spielt auch die Nahversorgung eine ganz wichtige Rolle. Die Wanderungsströme werden sich weiter umkehren. Ich hatte das bereits gesagt. Während wir in den 90er-Jahren noch die Situation hatten, dass die Leute aus den Städten raus aufs flache Land zogen, ziehen sie jetzt von den Landkreisen im ländlichen Raum in die zentralen Orte, über die Mittelstädte hin zu den kreisfreien Städten. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken, so dass am Ende die Wohnungsmärkte in den kreisfreien Städten auch davon profitieren werden. Das sehen wir auch an den Pendlerverflechtungen. Die Nachfrage nach hochwertigem Wohnraum wird weiter steigen. Außer in Jena aufgrund der vielen Studenten dort gibt es eigentlich keine Nachfrage nach einem klassi

schen Sozialwohnungsbau mehr. Auch die Nachfrage nach Geschosswohnungen sinkt, dafür steigt die Nachfrage nach Eigentumswohnungen. Die Eigentumsquote wird auf 49 Prozent steigen.

Neben den demographischen Entwicklungen und dem Bevölkerungswandel einer immer älter werdenden Bevölkerung stellt aber auch der Klimawandel den Wohnungsmarkt vor neue Herausforderungen. Das Thema der energetischen Sanierung wurde hier schon angesprochen. Jeder ist daran interessiert, Nebenkosten zu sparen. Deswegen lassen Sie mich mal zu diesem Streit, der auch hier in der Landesregierung momentan ausgetragen wird brauchen wir jetzt eine gesetzliche Verpflichtung zur energetischen Sanierung oder machen wir das freiwillig? - sagen: Meine Auffassung ist die, es muss sich für den Eigentümer, es muss sich für den Mieter rechnen, dann wird er in jedem Fall auch diese energetische Sanierung durchführen. Eine energetische Sanierung, die sich nicht rechnet, gesetzlich zu verordnen, wird letztendlich ins Leere laufen, weil der Eigentümer dann gar nichts machen wird. Deswegen sage ich, bevor wir über gesetzliche Regelungen reden, sollen wir erstmal alle anderen Dinge ausloten, nämlich was ist an Fördermöglichkeiten da, wo können wir hier noch verstärken. Wir brauchen sicherlich dann auch die entsprechende Beratung. Ich denke, die Beratung kann nicht immer von der Installationsfirma geleistet werden, die die Solaranlage aufs Dach setzen will, also da werden schon teilweise Renditen versprochen, die dann in der Wirklichkeit nicht kommen, sondern es muss eine unabhängige Beratung geben. Wenn der letzte Schritt nicht funktioniert, dann sollte man über ein Gesetz nachdenken.

Wir müssen aber auch den Leuten die energetische Sanierung erleichtern. Ich denke hier gerade an denkmalgeschützte Gebäude. Hier gilt es sicherlich, auch noch den einen oder den anderen Streit mit dem Denkmalschutz auszutragen. Ich spreche hier die bevorstehende Novelle der Thüringer Bauordnung an, die ja insbesondere den energetischen Wandel vorantreiben soll und den Einsatz erneuerbarer Energien erleichtern soll. Wenn wir uns die Mietspiegel anschauen, dann ist es sicherlich so, dass wir eine ganze Reihe an hochpreisigen Angeboten haben, die auch gefordert werden. Ich hatte es bereits gesagt, der Trend geht zu hochpreisigen Wohnungen hin, aber wir müssen weiterhin auch preiswerte Wohnungen bereithalten für diejenigen, die gezwungen sind, von Hartz IV zu leben oder die sich als Aufstocker eine teure Wohnung nicht leisten können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Land hat hier in der Vergangenheit mit verschiedenen Programmen sowohl die Mieter als auch die Wohnungswirtschaft unterstützt und den Stadtumbau vorangetrieben. Ich hatte bereits das

Wohnungsmarktstabilisierungsprogramm genannt, welches noch vor dem Stadtumbau Ost hier ins Leben gerufen wurde. Wir hatten ein Programm zur Wohnumfeldverbesserung, wo auch Wohnungsunternehmen und private Vermieter den kommunalen Eigenanteil übernehmen konnten. Über so etwas sollte man vielleicht auch wieder angesichts der Finanzknappheit der Kommunen nachdenken. Ich nenne das Programm „GENIAL zentral“, was zu einer Aufwertung der Innenstädte beiträgt. Stadtumbau Ost mit Rückbau und Aufwertung, wir waren hier auch, das muss man sagen, vorbildlich, indem wir nicht nur abgerissen haben, sondern auch die entsprechenden Mittel in die Aufwertung gesteckt haben.

Novelle Bauordnung hatte ich bereits angesprochen. Wir sollten all diese Programme auf Grundlage des Wohnungsmarktberichts sehr genau überprüfen, gegebenenfalls nachjustieren, was hat sich in der Vergangenheit bewährt, was entspricht den heutigen Anforderungen nicht mehr. Wir sind gefordert, ein eigenes Gesetz zur sozialen Wohnraumförderung zu verabschieden. Der Bund hat sich ja mit der Föderalismusreform aus diesem Bereich zurückgezogen. Das ist jetzt Ländersache. Das ist auch gut, weil wir damit viel dezidierter auf die einzelnen regionalen Besonderheiten und Schwerpunkte eingehen können. Die Stadtentwicklungskonzepte müssen fortgeschrieben werden, aber, ich sage mal, nicht mehr nur auf die einzelne Stadt beschränkt, sondern hier müssen die Stadt-UmlandBeziehungen viel stärker in den Fokus genommen werden. Ich nenne nur das Thema „übergreifende Flächennutzungspläne“. Auch die Vorgaben des LED sollten stärker in die Stadtentwicklungskonzepte einfließen. All diese Dinge würden wir gern anhand unseres Antrags im Ausschuss beraten, deswegen beantrage ich die Überweisung an den Bau- und Verkehrsausschuss.

Lassen Sie mich noch zwei Sätze zu dem Antrag der FDP-Fraktion sagen. Wir sind der Meinung, dass das mit unserem Antrag bereits abgedeckt ist. Wir wollen nicht nur über die Städte, über die Zentren reden. Sie haben sich ja sehr auf den ländlichen Raum fokussiert mit Ihrem Antrag, sondern wir müssen über beides reden, wir müssen über die städtischen Räume reden, wir müssen über den ländlichen Raum reden, wir müssen die Wanderungsbeziehungen, die Pendlerverflechtungen ins Auge nehmen, die Stadt-Umland-Beziehungen. Ich denke, all dies können wir in unserem Antrag tun, insofern sehe ich es nicht als Problem an, den FDP-Antrag nicht an den Ausschuss zu überweisen. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Frau Doht. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Schubert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren. Herr Carius, Ihr Haus veranstaltete unlängst einen kommunalwirtschaftlichen Kongress und dort musste sich die Landesregierung abermals von den dort versammelten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ins Stammbuch schreiben lassen, dass Sie immer noch zu sehr gegen den demographischen Wandel ankämpfen, anstatt sich ihm anzupassen. Der demographische Wandel steht ganz oben im Kontext des Wohnungsmarktsberichts. Ich zolle Ihnen einen gewissen Pragmatismus in dieser Frage. Sie äußerten unlängst, dass wir nicht überall gleichwertige Lebensbedingungen aufrechterhalten werden können, weil wir es uns schlicht nicht leisten können. Vielleicht sollte diese Botschaft auch bei den Ressortkollegen noch etwas mehr ankommen. Allein die Koalition zieht eben nicht die richtigen Schlüsse aus dem Gutachten bzw. es bleiben ganz wichtige Aspekte unberücksichtigt. Sie stehen nicht im Antrag und die habe ich auch nicht von den Rednerinnen und Rednern gehört und dazu möchte ich kurz ausführen.

Der eine Punkt sind die Prognosen für den Neubaubedarf. Empirica sagt, dass die Angaben für den erwarteten Neubaubedarf bei Wohnungen Obergrenzen sind. Die Frage, ob nun diese Zahl so eintrifft in der Prognose, hängt sehr davon ab, ob man die Wohnungsnachfrage im Bestand befriedigt - weniger Neubau, weniger Leerstand. Das ist wichtig, weil man das als Landesregierung steuern kann und das ist vor allem vor dem Hintergrund wichtig, dass wir - ich habe es am Mittwoch schon ausgeführt - einen immens hohen Flächenverbrauch haben. Da hat auch die Initiative „GENIAL zentral“ offensichtlich nichts dazu beigetragen, dem wirksam entgegenzutreten.

Empirica empfiehlt auch eine Reform der Förderkulisse. Das habe ich bei den Haushaltsberatungen auch schon mal gesagt - wir müssen die Zahl der Förderinstrumente reduzieren. Wenn Sie in den Einzelplan 10 schauen, ich möchte einen von Ihnen erleben, der diese unterschiedliche Vielzahl auseinanderpflücken kann. Das ist eine Zumutung und da wäre es auch sinnvoll, Herr Carius, sich auf Bundesebene an dieser Stelle zu engagieren.

Zweiter Punkt - die Innenstadtstabilisierung: Empirica empfiehlt deutlich eine Umwidmung der Mittel in die Innenstadtstabilisierung.

Zur energetischen Sanierung: Sie haben den möglicherweise bevorstehenden Kompromiss im Vermitt

(Abg. Doht)

lungsausschuss schon angesprochen. Empirica sagt ganz klar, man sollte bei der Programmförderung für energetische Sanierung auf Zuschüsse setzen, damit es leichter ist für Investoren, zu kalkulieren, wenn sie energetisch modernisieren wollen, und es auch attraktiv ist, wenn man niedrigere Steuersätze hat. Insofern, wenn Sie von Blockade reden, die Kompromisshaltung der GRÜNEN ist, dann lasst es uns so machen, dass wir das von der Steuerschuld absetzen und nicht vom Einkommen. Das ist schon ein erster Schritt

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und selbst das wäre dann im Sinne von mehr energetischer Sanierung.

Nichtsdestotrotz brauchen wir ein Landesgesetz. Herr Carius, ich nehme an, Sie bezogen sich gerade auf Baden-Württemberg, da war Ihre Analyse, dass das alles nichts bringt, erstens voreilig, zweitens sehr undifferenziert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sowohl empirica als auch ein Gutachten im Auftrag des Wirtschaftsministeriums kommt zu dem Schluss, dass gerade der Bereich Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser dringenden Bedarf hat, hier voranzukommen mit der Sanierung und der Verringerung des Wärmeverbrauchs. Die Wohnungsgenossenschaften, das ist völlig richtig, sind erst mal davon ausgenommen. Unser Entwurf, den wir eingebracht haben vor einem Jahr, hätte genau das berücksichtigt. Die Wohnungsgenossenschaften hätten mindestens zehn Jahre lang überhaupt nichts machen müssen.

Empirica sagt auch, dass Barrierefreiheit noch ein Feld ist, was wir stärker berücksichtigen müssen. Das heißt doch nichts anderes, als dass wir da ein stärkeres Ordnungsrecht brauchen - oder glauben Sie, dass das freiwillig passieren wird? Das ist generell mein Eindruck: Wir haben an vielen Stellen ein Gesetz, das ein gewisses Anliegen formuliert, und beim Vollzug hinken wir hinterher. Das ist bei der Barrierefreiheit so, das ist bei der Einhaltung der EnEV so und das haben wir auch gerade bei der Diskussion um das Vermessungswesen.

Die wichtigste Schlussfolgerung bei empirica ist, die Schrumpfung in Thüringen soll koordiniert werden und die zentrale Voraussetzung dafür ist eine Gemeinde- bzw. Kreisreform. Das hat hier noch niemand erwähnt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)