Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, das ist jetzt schon das zweite Gesetz an diesem Tag, welches sich mit der Verbesserung der Bildungssituation in Thüringen beschäftigt. Das zeigt, welchen Wert die Koalition in diesem Bereich gesetzt hat. Wir haben uns vorgenommen, die Bildung weiter zu verbessern und Thüringen zum Bildungsland Nummer eins zu machen in der Bundesrepublik Deutschland.
Ich möchte mich an dieser Stelle zunächst einmal bei allen bedanken, die in der letzten Zeit, in den letzten Jahren die Debatte um die Verbesserung des Bildungssystems in Thüringen geführt haben. Denn das, was wir gemeinsam in der Koalition vereinbart haben, fußt auf dieser Debatte, die viele Engagierte hier im Land in den letzten Jahren vorangetrieben haben: Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, viele, die sich Gedanken gemacht
Wir haben das aufgegriffen, in den Koalitionsverhandlungen uns vereinbart, dass wir die wesentlichen Ziele des Volksbegehrens „Für eine bessere Familienpolitik“ aufgreifen und hier im Landtag in einem Gesetzgebungsverfahren Wirklichkeit werden lassen. Ich weiß, das waren keine einfachen Diskussionen, die wir da miteinander zu führen hatten, weder die Fraktionen miteinander noch die Diskussionen, die wir auch mit Vertretern des Volksbegehrens und anderen kommunalen Vertretern, mit den Sozialverbänden geführt haben. Wir können aber heute das Ergebnis eines Einigungsprozesses hier auf den Tisch des Hauses legen und setzen damit ein entscheidendes Signal für die Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung. Wir tun das - und das sage ich auch ganz bewusst - trotz einer äußerst angespannten Haushaltslage und die hat uns in den letzten Tagen sehr intensiv beschäftigt.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch mal ausdrücklich bedanken bei den Fraktionen von CDU und SPD für die konstruktive Arbeit, die darauf ausgerichtet war, wirklich zu einem guten Ergebnis zu kommen. Dass das vorgelegte Gesetz gut ist, das zeigt auch die Debatte hier im Haus. Ich habe auch von den Vertretern der Opposition hier keine Grundsatzkritik gehört, sondern sehr viel Zustimmung zu den Verbesserungen, die wir in der frühkindlichen Bildung vornehmen wollen.
Es gibt den Wunsch, der ist hier deutlich vorgetragen worden, möglichst rasch zu einer Entscheidung zu kommen. Ich kann den Wunsch verstehen, sage aber trotzdem: Wir sollten bei diesem Gesetz, was sehr viele Facetten hat, uns die Zeit nehmen für eine ausführliche Beratung auch mit denen, die dieses Gesetz umsetzen müssen, mit den Kommunen, mit den freien Trägern, die bisher so stark noch nicht zu Wort kommen konnten in diesem Verfahren. Mir ist es wichtig, dass diejenigen, die am Ende auch die konkrete Verantwortung für die Umsetzung haben, in diesen Prozess so eingebunden sind, dass wir am Ende gemeinsam uns hinstellen und sagen, hier haben wir ein gutes Stück Arbeit auf den Weg gebracht.
Ich bin überzeugt, wir setzen uns mit diesem Gesetzentwurf an die Spitze in der Kindergartenentwicklung in Deutschland. Wir können auf einem Fundament aufbauen, auf einer guten Betreuungssituation, aber wir haben auch die Schwachstellen, die noch da sind, ins Auge genommen und die Situation jetzt
deutlich verbessert. Der erste wichtige Punkt - und das war auch ein zentraler Punkt, den die Eltern immer wieder vorgetragen haben und auch die Erzieherinnen und Erzieher - ist die Verbesserung des Personalschlüssels. Die Verbesserung des Personalschlüssels wird dazu führen, dass wir gegenüber dem gültigen Stand des jetzigen Kindertagesstättengesetzes einen Zuwachs von mindestens 2.000 Erzieherinnenstellen haben werden. Ich denke, das ist ein großer und ein wichtiger Schritt für die Kindergartenentwicklung in Thüringen.
Die Gruppengrößen können damit deutlich verbessert werden, das ist gut für die individuelle Betreuung und Förderung der Kinder und das stärkt unser Bildungssystem insgesamt.
Ich will auch noch mal an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Auch wenn das ein wirklicher Kraftakt ist, die Kosten für die Verbesserungen in der Kinderbetreuung trägt das Land. Es gibt keinen Grund für die Kommunen, Elternbeiträge zu erhöhen.
Zum Zweiten: Es hat in der Tat bei der Aufstellung des KFA eine unterschiedliche Interpretation von Zahlen gegeben, die vom Kultusministerium, vom Innenministerium, vom Finanzministerium unterschiedlich interpretiert worden sind. Wir haben diese Zahlen jetzt auch noch mal aktuell im Zusammenhang mit der Haushaltsaufstellung intensiv diskutiert und die unterschiedliche Interpretation ist dabei abgeklärt worden. Es hat eine rechnerische Korrektur in der KFA-Aufstellung stattgefunden. Es ist so, dass Zahlen unterschiedlich bei der Aufstellung des KFA interpretiert worden sind von den Ministerien. So
etwas ist nicht schön, aber wir haben den Fehler ja während der Beratungen entdeckt. Wir haben im Zusammenhang mit der Haushaltsaufstellung die Zahlen miteinander diskutiert und angeglichen. Ich kann Ihnen aber versichern, im Gesamtergebnis wird es so sein, dass die Kommunen nicht weniger Geld erhalten, sondern deutlich mehr Geld erhalten für die frühkindliche Betreuung.
Die rechnerischen Gesamtkosten, die in Anschlag zu bringen sind, betrugen 2009 406 Mio. € und für 2010 wird mit 449,5 Mio. € gerechnet. Das wird in Ansatz gebracht für die Kommunen. Deshalb ist klar, es gibt hier deutlich mehr Geld für die frühkindliche Betreuung. Das Land steht hier in der finanziellen Verantwortung. Wir wollen, dass die Verbesserungen des Kita-Gesetzes vom Land auch bezahlt werden.
Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Siegesmund von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu?
Vielen Dank, Herr Minister. Ist Ihnen bekannt, dass gerade heute zu hören war, dass die Stadt Chemnitz in Sachsen ihre Elternbeiträge um satte 19 Prozent erhöhen wird und können Sie ausschließen, definitiv für die nächsten Jahre, dass in Thüringen den Kommunen ähnliches blüht?
Frau Siegesmund, lassen Sie mich Folgendes dazu sagen: Wir geben mit dem, was wir im Kita-Gesetz beschließen, keinen Grund für eine Erhöhung der Elternbeiträge, weil wir die Verbesserungen der Standards, die Verbesserungen der Betreuungszeiten, die Verbesserungen des Rechtsanspruchs aus Landesmitteln vollständig finanzieren. Wir haben hierzu eine intensive Debatte gehabt und beide Fraktionen haben sich auf diesen Grundsatz verständigt.
Jetzt zum zweiten Teil Ihrer Frage: Kann ich das ausschließen, Frau Siegesmund? Das kann ich rein rechtlich auch nicht ausschließen,
denn die Kommunen haben das Recht zur Festsetzung von Beiträgen und Gebühren. Das ist im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung möglich. In dieses Recht kann das Land nicht eingreifen. Deshalb kann ich natürlich Gebührenerhöhungen hier nicht definitiv ausschließen. Aber was ich ausschließen kann, ist, dass die Kommunen durch das neue Gesetz zu Gebührenerhöhungen gezwungen werden. Das werden sie nicht. Alles, was im neuen Gesetz zusätzlich zu leisten ist, trägt das Land.
Ich will zusätzlich auch noch einmal deutlich machen: Auch die Infrastrukturpauschale, die die Gemeinden erhalten - nämlich 1.000 € pro neugeborenem Kind - für die Schaffung der Infrastruktur wird beibehalten. Auch dazu haben wir eine intensive Debatte gehabt und uns am Ende darauf verständigt, dass die Kommunen auch im Infrastrukturbereich weiter Unterstützung haben sollen.
Der zweite wichtige Punkt neben der Verbesserung des Betreuungsschlüssels ist der Rechtsanspruch ab einem Jahr. Dieser Anspruch soll so schnell wie möglich in die Wirklichkeit umgesetzt werden und er ist gekoppelt mit dem Anspruch auf eine Betreuungszeit von 10 Stunden, bei Bedarf sogar darüber hinaus bis zu 12 Stunden. Das ist ein bisher bundesweit einmaliger Standard, den wir damit setzen und Thüringen kann mit Recht stolz sein auf diese Entwicklung.
Wir werden zum Dritten die Elternmitbestimmung gesetzlich verankern. Vor Ort, aber auch auf der Landesebene werden die Eltern jetzt nach festen Regeln eingebunden, können ihre Ideen, Überlegungen, ihre Kritik, ihre Anregungen einbringen. Damit wird auch ein wesentliches Anliegen der Elternvertretungen erfüllt.
Der vierte Punkt „Integration hat Vorrang“ soll künftig in jedem Kindergarten gelten. Zuerst geht es darum, jedem Kind einen Platz in einer Regeleinrichtung zu ermöglichen. Die gemeinsame Förderung von Kindern mit und ohne besonderen Förderbedarf erfolgt somit in allen Einrichtungen, und zwar sowohl in den bisher als integrativ bezeichneten Einrichtungen als auch in den Regeleinrichtungen, wenn die ent
Fünftens: Wir verbessern die fachliche Beratung der Einrichtungen. Wir haben - und das ist unbestritten - einen sehr guten Thüringer Bildungsplan für Kinder bis 10 Jahre. Damit dieser gute Bildungsplan rascher in die Tat umgesetzt werden kann, sollen die Kindergärten in der fachlichen Beratung weiter unterstützt werden. Aber, ich habe es eben schon gesagt, nicht nur die personellen, auch die sächlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen müssen stimmen und sie werden weiter verbessert mit Bundesmitteln, mit Landesmitteln und mit kommunalen Mitteln.
Seit 2008 fördert die Thüringer Landesregierung Kindertageseinrichtungen und Tagespflegeprojekte in Thüringen auch aus dem Bundesinvestitionsprogramm zur Kinderbetreuungsfinanzierung. Hier stehen bis 2013 knapp 52 Mio. € für Thüringen zur Verfügung. Dieses Geld ist zum Teil jetzt schon ausgereicht. 2008 wurden damit 232 Kindertageseinrichtungen gefördert. 2009 waren es 206 Einrichtungen. Für 2010 sind schon über 240 Anträge eingereicht worden und davon sind noch vor Weihnachten 84 Vorhaben bewilligt worden. Insgesamt sind es bisher 25 Mio. €, die durch konkrete Vorhaben gebunden sind. Mithilfe dieser Mittel konnten Kindertageseinrichtungen entweder neu gebaut oder aus- und umgebaut, saniert und modernisiert werden. Es werden sowohl die äußere Ausstattung als auch die innere Ausstattung damit finanziert. Dazu kommt - auch das will ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen - das Konjunkturprogramm II. Auch aus diesem Bereich stehen erhebliche Mittel für den Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung. Hier sind in Thüringen rund 1.000 Einrichtungen mit über 63 Mio. € gefördert worden. Ich denke, diese finanzielle Anstrengung kann sich wirklich sehen lassen. Sie trägt zu einer deutlichen Verbesserung der Infrastruktur bei und mit dem Gesetz, was wir jetzt auf den Weg bringen, wollen wir auch die personelle Situation, die fachliche Beratung und die Betreuungszeiten noch mal deutlich verbessern.
Mit diesem Gesetzentwurf nimmt Thüringen den Spitzenplatz im Bereich der frühkindlichen Bildung in Deutschland ein. Die Koalition bringt damit ein zentrales Versprechen aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg und wir senden einen wichtigen Impuls für die frühkindliche Bildung. Ich möchte mich an dieser Stelle bedanken für die bisherige konstruktive Arbeit. Ich denke, wir sollten jetzt alle Beteiligten noch einmal zu Wort kommen lassen, auch die, die dann in der praktischen Ausführung in der Verantwortung stehen, und dann einen entsprechenden durchdiskutierten Gesetzentwurf hier abschließend beraten. Ich wünsche mir, dass das zügig geht. Ich wünsche mir aber auch, dass alle, die Verantwortung tragen, eingebunden sind. Herzlichen Dank für die Aufmerk
Herzlichen Dank, Herr Minister. Weitere Redemeldungen aus der Mitte des Hauses sehe ich nicht, also kommen wir zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung.
Mir liegt als Antrag die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur, an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, an den Innenausschuss, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten vor.
Gut, dann stimmen wir zunächst über die Ausschussüberweisung ab. Wer dafür ist, dass das entsprechende Gesetz an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur überwiesen wird, den bitte ich um sein Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Enthaltungen? Da stelle ich Einstimmigkeit fest.