Protocol of the Session on June 20, 2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführerin hat die Frau Abgeordnete Holzapfel neben mir Platz genommen. Die Rednerliste führt der Herr Abgeordnete Koppe.

Es haben sich entschuldigt: Frau Abgeordnete Berninger, Frau Abgeordnete Hennig, Frau Abgeordnete König, Frau Abgeordnete Jung, Frau Abgeordnete Wolf, Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Krauße, Herr Abgeordneter von der Krone, Herr Abgeordneter Recknagel, Herr Abgeordneter Dr. Voigt und Herr Minister Matschie.

Gestatten Sie mir folgende allgemeine Hinweise: Der Landessportbund Thüringen hat heute nach unserer Sitzung zu einem parlamentarischen Abend eingeladen, der nach der Sitzung beginnen wird.

Für die heutige Sitzung wird der Fotograf Jens Meyer im Auftrag des Landesverwaltungsamts die Publikation des Landtags dokumentieren.

Folgende Hinweise zur Tagesordnung: Die Fraktionen sind im Ältestenrat übereingekommen, die Regierungserklärung am Donnerstag als ersten Punkt und die Wahlen in Tagesordnungspunkt 27 am Donnerstag nach der Fragestunde aufzurufen. Weiterhin haben die Fraktionen im Ältestenrat vereinbart, am Freitag mit dem Bericht des Petitionsausschusses in Tagesordnungspunkt 25 zu beginnen und danach den Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission in Tagesordnungspunkt 26 aufzurufen. Darüber hinaus sind die Fraktionen im Ältestenrat mehrheitlich übereingekommen zu Tagesordnungspunkt 4 b, Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 5/4537, im Anschluss an die erste Beratung, sofern keine Ausschussüberweisung beschlossen wird, gleich die zweite Beratung durchzuführen. Wird dem widersprochen? Ich sehe keinen Widerspruch.

Herr Bergner, zu einem anderen Punkt? Gut.

Ein weiterer Hinweis: Zu der Regierungserklärung in TOP 1 wurde eine Unterrichtung der Landesregierung in der Drucksache 5/4588 verteilt.

Die Beschlussempfehlungen zu den Tagesordnungspunkten 3 a und b haben die Drucksachennummern 5/4582 und 5/4583.

Die Beschlussempfehlungen zu den Tagesordnungspunkten 7 a und b haben die Drucksachennummern 5/4572 und 5/4573.

Zu dem Alternativantrag in der Drucksache 5/4508 wurde eine Neufassung aller Fraktionen verteilt.

Die Beschlussempfehlung zu TOP 8 hat die Drucksachennummer 5/4581.

Zu Tagesordnungspunkt 28 - der Fragestunde kommen die Mündlichen Anfragen in den Drucksachen 5/4539/4548/4549/4551/4557/4558/4564/4565/457 0/4571/4577/4584 und 5/4585 hinzu.

Die Landesregierung hat mitgeteilt, neben dem bereits in der letzten Plenarsitzung angekündigten Sofortbericht zu Tagesordnungspunkt 12 auch zu den Tagesordnungspunkten 14 und 21 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 unserer Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung? Bitte schön, Herr Bergner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Namens meiner Fraktion beantrage ich eine Änderung der Tagesordnung gemäß § 22 Geschäftsordnung insoweit, dass der Antrag „Derzeitiges ACTA-Abkommen ablehnen - für die Vereinbarkeit eines fairen Urheberrechtsschutzes mit den Grund- und Freiheitsrechten im Internet“ Drucksache 5/4355, dazu die Beschlussempfehlung des Justiz- und Verfassungsausschusses in der Drucksache 5/4556 auf die Tagesordnung genommen und noch in diesem Plenum beraten werden.

Vielen Dank. Weitere Anmerkungen? Bitte schön, Herr Abgeordneter Emde.

Frau Präsidentin, ich möchte beantragen, dass wir den Tagesordnungspunkt 23, Stichwort Trainerfinanzierung, in jedem Fall heute aufrufen.

Im Blick auf den parlamentarischen Abend, gut. Keine weiteren Anmerkungen? Dann stimmen wir erst über den Antrag der FDP-Fraktion ab. Die Beschlussempfehlung liegt entsprechend der Frist vor, so dass wir mit einfacher Mehrheit darüber abstimmen, ob der Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung gesetzt wird. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung bei der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Sie hatten keinen Vorschlag gemacht hinsichtlich der Platzierung? Gut, dann wird er entsprechend der Geschäftsordnung platziert.

Jetzt kommen wir zum Tagesordnungspunkt 23, Antrag der CDU-Fraktion, diesen Tagesordnungspunkt heute in jedem Fall noch zu beraten. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Zustimmung der CDU, der FDP, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall, damit verfahren wir so und haben dann den gleitenden Übergang in den parlamentarischen Abend.

Herr Bergner, hatten Sie gemeint, noch einmal zur Korrektur, Ihren Antrag in jedem Fall in diesem Plenum …

(Zuruf Abg. Bergner, FDP: Ja.)

… hat er beantragt. Das Protokoll hat das gehört, er hat mir das auch noch einmal so signalisiert.

(Unruhe CDU, FDP)

Dann gibt es keine weiteren Anmerkungen zur Tagesordnung.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 29 Aktuelle Stunde. Die Fraktionen der SPD, der FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben jeweils eine Aktuelle Stunde beantragt. Die Zeit für jedes Thema beträgt 30 Minuten, die Redezeit der Landesregierung bleibt unberücksichtigt. Die Redezeit für einen Redebeitrag eines Abgeordneten beträgt maximal 5 Minuten.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29, und zwar den ersten Teil

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Zehn Jahre ‚Rock für Deutschland’ sind genug - für mehr bürgerschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/4532

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich Abgeordneter Lemb von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, sehr geehrte Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne, herzlich willkommen. Ich freue mich, dass gerade zu diesem Thema offensichtlich auch einige Schülerinnen und Schüler hier im Plenum sind und die Aktuelle Stunde verfolgen.

„Zehn Jahre ‚Rock für Deutschland’ sind genug“, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist die Erwartung meiner Fraktion und ich wünsche mir,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass wir mit dieser Aktuellen Stunde, und zwar fraktions- und parteiübergreifend, eine klare Botschaft nach außen senden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die extreme Rechte verfügt in Gera seit Anfang der 90er-Jahre über organisierte Strukturen, die sich sukzessive ausbreiten konnten. Neonazistische Gewaltkultur wird befördert durch mehrere Rechts-Rockbands, Liedermacher und sonstige etablierte Strukturen innerhalb der Stadt Gera. Das ist traurig, muss aber festgestellt werden, weil es eine wichtige Position zur Analyse in dem weiteren Vorgehen darstellt, was die Situation vor Ort in Gera und im Umfeld, aber natürlich auch in Thüringen insgesamt betrifft.

Auf der Basis dieser Umfeldbedingungen hat sich 2003 das sogenannte rechtsextreme Hasskonzert „Rock für Deutschland“ in Gera etabliert. Bundesweit haben sich zum ersten Mal im Jahr 2003 zu dem Nazispektakel unter diesem verharmlosenden Begriff „Rock für Deutschland“ in Gera mehrere Hundert Rechtsextreme zusammengefunden unter den Strukturen der sogenannten Blood-and-Honour-Bewegung, ein rechtsextremes Netzwerk, das sich zur Aufgabe gemacht hat, neonazistische Bands miteinander zu koordinieren und nationalsozialistische Ideologie zu verbreiten.

Viele, insbesondere Lokalpolitiker, auch Verbände, auch Parteien, auch Gewerkschaften, auch Unternehmen, die Wirtschaft, haben zum damaligen Zeitpunkt die Gefahr dieses rechtsradikalen Aufmarsches in Gera unterschätzt. Bürgerschaftliches Engagement oder gar gemeinsam getragene Bündnisse waren zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar. In den Folgejahren haben wir festgestellt, dass versucht wird, sehr strukturiert insbesondere an Schulen CDs und neonazistische Produkte aus diesem Umfeld an den Schulen zu verteilen. In der Zwischenzeit konnten eine Reihe von Projekten an den Schulen gestartet werden. Unrühmlicher Höhepunkt war im Jahr 2009, als 4.000 Neonazis europaweit sich in Gera versammelten. Dieser traurige Höhepunkt führte allerdings wenigstens dazu, dass sich die Zivilgesellschaft in Gera und im Umfeld von Gera im Rahmen des „Runden Tisches für Toleranz und Menschlichkeit“ zusammengefunden hat und ein Aktionsbündnis „Gera gegen Rechts“ gebildet wurde. Insbesondere in den Jahren 2010 und 2011 - aus meiner Sicht auch eine Folge davon - gab es parallel vermehrt Angriffe auf Wahlkreisbüros der Abgeordneten des Thüringer Landtags, die ihre Wahlkreisbüros in Gera haben. Sie wissen alle, das war auch an anderen Stellen in Thüringen der Fall. Für das diesjährige Hasskonzert, das 10-jährige

(Präsidentin Diezel)

„Rock für Deutschland“, sind unter anderem angekündigt die Rechts-Rockband „Exzess“, die bereits im letzten Jahr in Gera aufmarschiert ist und dort aufgefallen ist mit Aussprüchen wie: „Nichts und niemand wird unsere deutsche Wut bändigen“, oder „Band Words of Anger“, ehemals „Rassenhass“, eine rechtsextremistische Skinhead-Gruppe, die bereits im Verfassungsschutzbericht 2005 aufgetaucht ist. Das Album „In brauner Uniform“, der ebenfalls angekündigten Band für dieses Jahr „Tätervolk“ unterliegt einem absoluten Verbreitungsverbot. Die Musik ist der Köder, die Texte rufen zu Gewalttaten und Morden auf. Ich will in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, dass bereits seit 1998 bekannt ist, dass sowohl Beate Zschäpe als auch Uwe Mundlos, als auch Uwe Böhnhardt zum harten Kern der Blood-and-Honour-Bewegung gerechnet wurden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr plastisch geschildert mit erschreckenswerten und gespenstischen Einblicken in die rechtsextreme Szene und Musikszene wird das alles in dem Film „Blut muss fließen“, der ja in den letzten Tagen auch in mehreren Städten Thüringens gezeigt worden ist. Mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich zitieren: „Blut muss fließen, knüppelhageldick und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik“, ist es in diesen Texten zu hören. An einer anderen Stelle des rechtsextremen Liedgutes: „Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig, lasst sie flutschen in den Judenleib.“ Im Ergebnis heißt das Aufruf zum Mord, Volksverhetzung und Rassenhass. Dem müssen wir aktiv, entschieden, mit allen friedlichen, demokratischen Mitteln entgegentreten.

(Beifall CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir als politisch Verantwortliche und Handelnde dürfen nicht zulassen, dass rechtsextreme Nazikonzerte quasi im rechtsfreien Raum abgehalten werden und dort zu Straftaten aufgerufen wird. Ich will deshalb abschließend die Oberbürgermeisterin der Stadt Gera aufrufen, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und das „Rock für Deutschland“ 2012 zu verbieten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich bin sofort fertig, ich habe gedacht, hier vorne wäre etwas kaputt.

Das ist eine geschickte Ausrede, aber die Redezeit ist trotzdem zu Ende.

Das blinkt immer so komisch rot hier.

Abschließend aber in aller Ernsthaftigkeit möchte ich die Landesregierung, an der Spitze ausdrücklich die Ministerpräsidentin, auffordern, mit uns gemeinsam Gesicht zu zeigen. Ich will ausdrücklich auch den Innenminister auffordern, ich könnte mir schon vorstellen, dass wir uns gemeinsam an der Spitze der Gegendemonstration

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

in Gera bewegen. Das, glaube ich, wäre mal ein gutes Signal. Ich will aber auch aufrufen alle Fraktionen, alle Abgeordnete des Thüringer Landtags und natürlich nicht zuletzt alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt und des Umfelds, hier aktiv ein Zeichen zu setzen und sich mit aktiver Gegenwehr, friedlich diesem „Rock für Deutschland 2012“ entgegenzustellen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Kellner von der CDU-Fraktion.