Protocol of the Session on June 1, 2012

Ich habe nicht gesagt, es gibt keine Kontrolle des Verfassungsschutzes, ich habe gesagt, die Kontrolle ist ein Witz. Und Sie wissen selbst als PKK-Mitglied, was Sie alles nicht wussten. Weil der Verfassungsschutz in Thüringen versagt hat, haben wir zehn Morde. Jetzt kann man noch mal darüber nachdenken, was eine Versetzung des LKA-Ermittlers gegen zehn Tote ist.

Ich sehe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen. Doch, ich sehe eine weitere Redeanmeldung seitens der Landesregierung. Minister Matschie, bitte.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich will noch einmal auf den Kern der Debatte zurückkommen, wir sind jetzt dabei, eine Debatte über Bundeswehr und Verfassungsschutz zu führen.

(Beifall CDU, SPD)

Der Kern der Debatte ist eigentlich: Sollen wir unseren Schulen von oben mit engen Kriterien vorschreiben, was sie in dieser Frage Kooperation mit außerschulischen Partnern, Ausstellung usw. zu tun haben?

Ich will hier noch einmal deutlich machen, wir haben, was den Sozialkundeunterricht angeht, klare fachliche Vorgaben. Wir haben eine klare Orientierung auch am Beutelsbacher Konsens. Die Grundprinzipien, die dort niedergelegt sind, werden anerkannt im Unterricht. Ich weiß nicht, ob einige von Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, vielleicht mal Gelegenheit hatten, einen solchen Sozialkundeunterricht zum Beispiel auch mit einem Jugendoffizier der Bundeswehr zu erleben. Das ist keine Werbeveranstaltung für die Bundeswehr, sondern das ist auch eine kritische Auseinandersetzung von Schülerinnen und Schülern mit dieser Institution.

(Beifall CDU, SPD)

Im Übrigen ist in der Bundeswehr selbst auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Auf

trag da, mit dem eigenen Verhalten da. All das ermöglichen unsere demokratisch konstituierten Organisationen. Man kann ja der Auffassung sein, ich will die Bundeswehr nicht mehr. Dann müssen Sie das so deutlich sagen. Aber wir haben diese Institution, sie steht auf dem Boden der Verfassung und deshalb haben auch die Schulen die Möglichkeit, sich mit der Bundeswehr auseinanderzusetzen. Das Gleiche gilt für den Verfassungsschutz.

(Beifall CDU)

Natürlich kann ich der Auffassung sein, dass die Mist gebaut haben, dass die Fehler gemacht haben. Aber deshalb kann ich doch nicht den Schulen verbieten, sich damit auseinanderzusetzen und sich zum Beispiel Vertreter einzuladen oder Ausstellungen an die Schule zu holen.

(Beifall CDU, SPD)

Das Recht, darüber zu entscheiden, liegt zum einen Teil, was die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern und Organisationen angeht, bei der Schulkonferenz, wenn es um bestimmte Veranstaltungen geht, muss der Schulleiter es genehmigen. Ich finde, damit sind ausreichend Grundlagen gelegt, auf denen sich die Schulen bewegen können. Mein Ziel ist, dass wir eigenverantwortliche Schule haben, dass wir nicht mit Dirigismus von oben nach unten Schule machen,

(Beifall CDU, SPD)

sondern dass Schule selbst gestaltet in eigener Verantwortung von Eltern, Lehrern und Schülern. Deshalb ist mein Ziel, die Schulkonferenz zu stärken und nicht Vorgaben von oben nach unten zu machen. Ich hoffe, ich werde hier im Hause dabei unterstützt.

(Beifall CDU, SPD)

Es gibt eine weitere Redeanmeldung, für die Fraktion DIE LINKE Abgeordneter Bärwolff.

Ja, Herr Barth, ich war auch mal in der Schule. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, aber es gibt auch einen wesentlichen Unterschied. Die Bundeswehr ist ein Instrument, wo Menschen das Handwerk des Tötens lernen. Das findet doch an der Schule statt.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Auch Leben zu retten.)

Ich habe doch nichts dagegen, dass sich die Schulen kritisch mit gesellschaftlichen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland auseinandersetzen, aber genau die gleiche Art und Weise, wie wir

(Abg. Hennig)

Diskussionen über Kriegseinsätze an der Schule brauchen und genau die gleiche Art und Weise, wie wir Diskussionen über Verfassungsschutz an der Schule brauchen. Uns als Abgeordnete zum Beispiel ist es nicht ohne Weiteres möglich, in Schulen zu kommen. Da stehen dann immer die Demokratie und die Neutralitätspflicht der Schule im Vordergrund. Wir als Abgeordnete sind konstitutives Element unserer Gesellschaft, die Bundeswehr nicht, der Verfassungsschutz auch nicht. Ich denke, dass wir hier noch mal ganz klar auch gewichten müssen: Warum ist es denn für Abgeordnete nicht ohne Weiteres möglich, an Schulen Veranstaltungen zu machen und zu diskutieren? Das ist doch wirklich der immanente Unterschied.

(Beifall DIE LINKE)

Die Bundeswehr hat einen ganz klaren Auftrag und ein ganz klares Ziel. Ich glaube, dass wir das nicht außer Acht lassen dürfen,

(Unruhe FDP)

und ich glaube, dass es wichtig ist, sich sehr kritisch damit auseinanderzusetzen.

(Unruhe im Hause)

Denn jedes Mal, das hören wir immer wieder von Schülerinnen und Schülern, wenn in solchen Veranstaltungen kritische Fragen gestellt werden, wird eben nicht darauf eingegangen, sondern dann heißt es, wir unterhalten uns hinterher noch einmal im Stillen darüber. Das ist der Punkt, der durchaus noch mal kritisch angesprochen werden muss. Wenn Sie sich mit Schülern unterhalten, werden Sie diese Erfahrung sicherlich auch machen.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eine Redemeldung des Ministers und von der Frau Abgeordneten Hitzing. Würden Sie jetzt noch Frau Abgeordnete Hitzing vorlassen? Bitte, Frau Abgeordnete Hitzing für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte nur zwei/drei Sätze zu diesem Thema noch mal sagen. Ich bin erstens, das ist den meisten hier im Haus bekannt, Lehrerin, und das auch durch einen veränderten Arbeitsvertrag aktiv. Das heißt, ich habe schon die Möglichkeit, mit vielen Schülerinnen und Schülern zu sprechen, denn die jungen Leute, die ich unterrichte, sind im Alter zwischen 5. und 10. Klasse, also ich bin Regelschullehrerin. Punkt 1. Zweitens bin ich Mutter einer Soldatin. Und an dieser Stelle spreche ich jetzt, und da kommen mir die Tränen, für die Mütter und die Familien von Soldaten und Väter auch. Es gibt auch Kollegen bei Ihnen, die damit

genauso zu tun haben wie ich jetzt. Es ist infam, hier festzustellen, dass junge Leute, die sich für den Dienst bei der Bundeswehr, einer Institution der Bundesrepublik Deutschland und im Dienste der Bundesrepublik Deutschland, hier zu sagen, die haben überhaupt keine anderen Perspektiven, die sind eventuell zu dumm, was anderes zu finden. Hochintelligente junge Leute gehen in die Bundeswehr und entscheiden sich für diesen Beruf.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Zum Schutz der Bundesrepublik.)

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Und dies nehme ich auch für meine Tochter in Anspruch. Ich verbitte mir einfach solche infamen, ganz flachen Behauptungen. Danke.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Herr Minister Matschie, bitte.

Herr Kollege Bärwolff, ich wollte noch mal auf Sie reagieren, weil Sie hier gesagt haben, Abgeordnete dürfen nicht in Schulen eingeladen werden. Das will ich noch mal klarstellen. Was verboten ist an Schulen, ist Parteienwerbung.

(Beifall CDU)

Aber natürlich können auch Abgeordnete an Schulen eingeladen werden, wenn der Schulleiter dem zustimmt. Ich selbst bin als Abgeordneter auch über die Jahre immer wieder mal an Schulen eingeladen gewesen und musste mich im Sozialkundeunterricht der Debatte mit Schülern stellen.

(Beifall CDU)

Das ist selbstverständlich in unseren Schulen möglich, um das noch mal klarzustellen.

(Unruhe FDP)

Aber was nicht möglich ist, und deshalb gilt auch der Beutelsbacher Konsens, dass man die Schüler indoktriniert, dass man Parteienwerbung dort betreibt,

(Beifall CDU)

aber die Auseinandersetzung mit der Demokratie, mit dem Parlament, mit den Aufgaben eines Abgeordneten, das ist selbstverständlich im Sozialkundeunterricht möglich.

Gestatten Sie mir zum Schluss noch eine Bemerkung, da geht es mir ein bisschen wie Frau Hitzing an dieser Stelle. Ich persönlich bin der Überzeugung, die Demokratie muss auch wehrhaft sein.

(Beifall CDU)

(Abg. Bärwolff)

Wir leben heute nicht in einer Welt, wo wir darauf verzichten können. Und wer Demokratie will, der muss sie auch schützen können, und dazu gibt es Institutionen und dazu muss ein Parlament auch stehen.