Protocol of the Session on May 30, 2012

Für unsere Kommunen fordert die CDU im Doppelhaushalt 2013/2014 und in dem neuen Kommunalen Finanzausgleich dann auch eine feste Finanzzusage, damit auch die Kommunen vor Ort in den nächsten Jahren planen können. Wir gehen davon aus, dass es zu schaffen ist gerade in Zeiten dieser Steuermehreinnahmen oder der guten Steuereinnahmen, Schulden als Land abzubauen, ohne die Kommunen damit zu belasten oder heranzuziehen. In den Haushaltsjahren 2007/2008 zum Beispiel hatten wir ähnlich hohe Steuereinnahmen und es ist uns gelungen, damals auch Rücklagen zu bilden. Deswegen lehnen wir neue Schulden ganz konsequent ab, ob das jetzt hier auf europäische Staaten ausgerichtet ist oder auf Thüringen. Wir

(Abg. Huster)

sind der Auffassung, dass die Schulden abgebaut werden müssen, damit wir mit den frei werdenden Zinsmitteln daraus wieder andere Dinge im Haushalt gestalten und finanzieren können. Das ist der richtige Weg, den wir verfolgen.

(Beifall CDU)

Herr Kollege Huster sprach eben von Sorgen. In meinem Manuskript habe ich das „Befürchtungen schüren“ genannt, was DIE LINKE möchte. Soweit mir das bekannt ist, wollen Sie auch Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen zum Thema Fiskalpakt. Wir halten das für falsch. Wir werden unseren Weg weiter beschreiten und ich kann nur alle Politiker aller Parteien bitten, sich auf Bundesebene diesem Weg anzuschließen und auch im Bundesrat für eine Mehrheit zum Beschluss des ESM und des Fiskalpakts zu sorgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU spricht sich konsequent gegen Eurobonds aus, denn wir sagen, jedes Land ist für seine Schulden selber verantwortlich. So muss es auch bleiben. Hilfe wurde gegeben europaweit, aber jetzt fordern wir, dass jeder den Fiskalpakt auch selber umsetzen muss. Eurobonds dürfen diesen Weg nicht aufweichen. Wir brauchen uns auch vor Europa nicht zu fürchten. Ich denke, auch die Kommunen müssen sich vor Europa nicht fürchten. Wir werben also noch mal ausdrücklich - auch heute hier für uns in unserem Landtag - für die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung noch in dieser Legislatur und natürlich für die Einhaltung der Regelungen der Landeshaushaltsordnung und für einen Doppelhaushalt 2013/2014 ohne neue Schulden. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Barth das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die europäische Schuldenkrise ist immer noch nicht überwunden, aber immerhin wird inzwischen an ihrer Lösung ernsthaft gearbeitet.

Für die FDP-Fraktion will ich ganz deutlich sagen, dass wir den Ansatz ausdrücklich begrüßen, mit dem europäischen Fiskalpakt endlich verbindliche und auch durchsetzbare Verschuldungsbegrenzungen auf europäischer Ebene zu schaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Das ist umso notwendiger, als der alte Stabilitätsund Wachstumspakt von der damaligen Bundesregierung aus SPD und GRÜNEN ausgehöhlt wurde.

Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Erkenntnis gilt für uns und diese Erkenntnis halten wir für richtig: Man kann eine Schuldenkrise nicht mit neuen Schulden bekämpfen.

(Beifall FDP)

Man kann Verantwortungslosigkeit nicht durch erneute Verantwortungslosigkeit heilen.

(Beifall FDP)

Niemand - auch kein Staat - kann auf Dauer mehr Geld ausgeben, als er einnimmt. Lieber Kollege Huster, es überrascht mich schon ein bisschen. Wir haben ja sehr unterschiedliche Ansätze. Sie sagen, wir sollen die Steuern erhöhen, vielleicht 90 Prozent für Spitzenverdiener, völlig egal. Wir sagen, der Staat hat genügend Geld, wir wollen lieber sparen. Das sind unterschiedliche Ansätze, wie wir das mit dem Geld, was der Staat hat, organisieren können. Aber neue Schulden zu machen, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann ganz bestimmt keine Lösung des Problems sein. Wenn Sie hier dem Kenianismus das Wort geben, dann sollten Sie es zumindest vollständig tun, denn zur Wahrheit gehört auch, dass man dann in guten Zeiten wenigstens wirklich Rücklagen schafft und Geld, was man mehr einnimmt - vielleicht sogar ungeplant mehr einnimmt -, dann entsprechend als Rücklage bildet.

(Beifall FDP)

Denn es gilt, wer neue Schulden aufnimmt, wer überhaupt Schulden aufnimmt, muss die natürlich irgendwann zurückzahlen. Das gilt überall und natürlich auch in Thüringen. An diesen Prämissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ändert sich natürlich de facto durch den Fiskalpakt nichts nicht in Thüringen, nicht für das Land und eben auch nicht für die Thüringer Kommunen. Unser politisches Ziel muss es deshalb sein, auf Schulden zu verzichten und Schuldenberge abzubauen, völlig unabhängig davon, ob es diesen Fiskalpakt gibt oder nicht. Wir reden ja heute nur in einem ersten Tagesordnungspunkt von vielen über Haushaltspolitik in diesem Plenum. Ein erster Schritt wäre es aus unserer Sicht schon einmal, wenn wir die Steuermehreinnahmen, die für 2012 prognostiziert sind für Thüringen - immerhin fast 100 Mio. € -, komplett in die Schuldentilgung stecken würden. Herr Huster, wenn Sie sagen, wir dürfen dann in einigen Jahren nur noch 13 Mio. € Schulden machen, nicht in Thüringen, sondern in der Bundesrepublik - auch für diese Schulden müssen Sie irgendwann Zinsen bezahlen, auch diese Schulden muss man tilgen. Alles, was aufläuft, schränkt die Handlungsfreiheit für die Zukunft ein. Das kann nicht richtig sein.

(Beifall FDP)

Genauso fest steht aber natürlich auch, dass mit oder ohne Fiskalpakt die Thüringer Kommunen

(Abg. Lehmann)

auskömmlich und ausreichend finanziert werden müssen. Und da ist es das Erste, dass Schluss sein muss mit der Praxis, Aufgaben und Ausgaben auf die Kommunen abzuwälzen, ohne ihnen die notwendigen Mittel und Möglichkeiten auch mit zu übertragen. Es muss der alte Grundsatz gelten: „Wer die Musik bestellt, muss sie bezahlen.“

(Beifall FDP)

Nun hat die Bundesregierung, nun hat die schwarzgelbe Bundesregierung in der letzten Zeit ja Schritte eingeleitet, um Kommunen zu entlasten. Beispielsweise wurde Ende letzten Jahres beschlossen, dass sich der Bund stärker an den Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit, bei Erwerbsminderung beteiligt. So werden Kommunen entlastet, allerdings eben nicht in Thüringen. Da steht der undurchsichtige Kommunale Finanzausgleich zwischen Bund und Kommunen. Diese Landesregierung nimmt das Geld vom Bund und reicht es aber an die Kommunen nicht weiter.

(Beifall FDP)

Deswegen ist eine Forderung, die zwingend in diesen Zusammengang gehört, die nach einer Reform des Kommunalen Finanzausgleichs, der vernünftig und vor allem transparent gestaltet werden muss. Zusätzlich zum Bund müssen wir natürlich auch beim Thema Bürokratie aktiv werden. Das Standarderprobungsgesetz war ein Vorschlag, den meine Fraktion unterbreitet hat, leider ist er abgelehnt worden. Und es gehört auch dazu, dass natürlich die Steuereinnahmen der Kommunen, insbesondere die Steuermehreinnahmen, bei den Kommunen verbleiben.

(Beifall FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass es der Bundesregierung gelungen ist, Eurobonds zu verhindern, ich begrüße das ausdrücklich, deren Einführung GRÜNE und SPD immer wieder gefordert haben. Wir stehen zur Ablehnung von Eurobonds und wir stehen für den Fiskalpakt und wir stehen für vernünftige Finanzen bei Land und bei Kommunen in Thüringen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Pidde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der maßgeblich von der Bundesregierung initiierte Fiskalpakt ist nicht die allein seligmachende Lösung. Sicherlich ist es richtig, Staatsverschuldung wirksam zu begrenzen und auf tragfähige Haushalte

ausgerichtete konjunkturgerechte Schuldenregeln anzustreben.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Die Frage ist: Wie?)

Einen dauerhaften Schuldenabbau wird es aber nur mit wirtschaftlicher Dynamik und mit Wachstum in neuen und innovativen Branchen geben.

Meine Damen und Herren, die EU steht vor einer Herkulesaufgabe. Die Finanzkrise des Jahres 2008 hat sich zur europäischen Krise ausgeweitet. Die Europäische Währungsunion droht daran zu zerbrechen. Wenn jetzt viele von Staatsschuldenkrise sprechen, dann verschweigen sie unbewusst oder gezielt, dass die öffentliche Verschuldung in Europa nach 2008 gerade deswegen gestiegen ist, weil Staaten gezwungen waren, Banken zu retten und für faule Kredite im Privatsektor zu haften.

(Beifall DIE LINKE)

Mindestens genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer, ist es, dass die Verursacher der Krise bis heute nicht für die Folgen aufkommen. Steuererhöhungen oder die Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer sind bis heute unterblieben. Der kleine Mann muss durch Sparprogramme der Regierungen die Zeche dafür zahlen. Wir sehen ja schon die dramatischen sozialen Folgen. Wenn man nach Portugal oder Spanien, nach Griechenland oder Irland schaut, da ist ein Viertel der Erwerbstätigen ohne Arbeit. Die Jugendarbeitslosigkeit in manchen Ländern geht auf 50 Prozent zu. Dass das zu politischer Instabilität führt, ist doch ganz logisch. Die Wahlergebnisse in Griechenland sind doch nur eine Folge davon. Wenn wir jetzt das Ganze mit all den Maßnahmen, die dort beraten werden, nicht in den Griff bekommen, dann wird es auch für Deutschland und auch für Thüringen, auch für uns hier, unkalkulierbare finanzielle, wirtschaftliche und soziale Folgen geben. Deshalb sagen wir natürlich auch, es ist Vorsicht geboten, wenn jemand jetzt schon beschließen will, wie hoch die einzelnen Ausgabe- oder Einnahmeposten in 2014 sein werden, wenn wir kaum das jetzige Jahr überschauen können.

Meine Damen und Herren, in Europa brauchen wir Wachstum, Beschäftigung und eine neue Ordnung der Finanzmärkte. Die SPD hat ihre Vorstellungen auf den Tisch gelegt. Wir wollen ein europäisches Sofortprogramm gegen die Jugendarbeitslosigkeit schaffen, wir wollen ein europäisches Wachstumsund Beschäftigungsprogramm, wir wollen die wirksame Bekämpfung der Finanzmarkt- und Bankenkrise, die Finanzmarkttransaktionssteuer ist schon genannt worden, aber auch eine europäische Bankenaufsicht gehört dazu und eine europäische Ratingagentur und es muss auch Schluss sein, jede Bank mit aller Gewalt unbedingt retten zu wollen.

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Barth)

Wir wollen die Schaffung eines europäischen Investitions- und Aufbaufonds.

Meine Damen und Herren, beim vorgelegten Fiskalpakt sind noch viele Fragen offen. Welche Auswirkungen haben denn die Regelungen auf die Bundesländer im Hinblick auf die Verschuldung? Wie wirkt sich das aus auf die Schuldenregelungen, die im Grundgesetz verankert sind? Was passiert denn bei Nichteinhaltung durch die Bundesländer? Was wird mit der kommunalen Verschuldung usw.? Es sind noch eine ganze Reihe von offenen Fragen und wir haben hier in der Aktuellen Stunde ja nur 5 Minuten Zeit dafür. Sicher ein brandaktuelles, aber auch ein sehr komplexes Thema; ich bin mir sicher, dass wir hier im Landtag nicht die letzte Debatte dazu führen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich der Abgeordnete Meyer zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will gleich einmal mit einer Replik auf Frau Lehmann beginnen in meinem kurzen Beitrag hier. Sie haben nicht ganz wortwörtlich gesagt, jedes Land muss für seine Schulden selber geradestehen. So etwas sollte man nicht sagen. Das ist unsolidarisch und ahistorisch. Mit der Argumentation in Thüringen zu argumentieren ist noch dazu sehr ahistorisch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dafür sind Sie nicht unbedingt selber verantwortlich, aber dass man intergenerativ nicht Verantwortung weitergeben kann, darüber haben wir in anderen Zusammenhängen schon häufiger mal gesprochen. Wir heute hier haben unsere Probleme zu lösen. Unsere Probleme können auch heißen, dass wir von unseren Vorvätern und Vormüttern Schulden geerbt haben. Warum das so war, ob das eine Militärjunta in Griechenland war oder eine Immobilienblase in Irland oder das falsche Wirtschaftssystem in der DDR, spielt dabei gar keine Rolle. Wenn wir Europa als Solidaritätsraum sehen, ist das schlicht und ergreifend unsolidarisch. Das sollte man nicht tun, davon bin ich fest überzeugt.

Die Aktuelle Stunde heißt „Auswirkungen des … Fiskalpaktes auf Thüringen und seine Kommunen“. Ich finde, insgesamt waren die Worte dazu ausreichend, allerdings ausreichend unkonkret leider auch wieder, unter anderem zu der Frage zum Beispiel: Was wäre eigentlich ohne Fiskalpakt? Auch diese Frage muss man sich ja stellen: Was wäre

denn die Alternative dazu gewesen? Wäre das nicht „sehr viel vernünftiger“ gewesen, ein halbes Dutzend Banken pleitegehen zu lassen, jetzt im Nachhinein? Wäre es vielleicht auch richtig gewesen, gleich bei Irland damit anzufangen, den Staat pleitegehen zu lassen und aus der Europäischen Union austreten zu lassen? Ich traue mir dazu keine Antwort zu. Aber wer hier glaubt, mit einer Aktuellen Stunde die Antwort auf die Frage zu bekommen, was können wir den Kommunen sagen, was der Fiskalpakt für sie bedeutet, das ist zumindest genauso wahnwitzig. Das geht doch überhaupt nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)