Meine Damen und Herren, solche Entlohnungen sind sittenwidrig und es ist eigentlich sozialpolitisch widerlich, die eigenen Menschen zu Aufstockern zu machen und damit das System zu delegitimieren.
Letzte Bemerkung: 9,47 € Stundenlohn müsste man verdienen 45 Jahre lang, um überhaupt über die gesetzliche Alterssicherung hinwegzukommen 9,47 € 45 Rentenjahre entlang. Jetzt überlegen Sie mal, wie lange die Beschäftigten bei Masson arbeiten müssten, um überhaupt auf eine eigenständige Rente zu kommen, ohne anschließend in die Altersarmut zu fallen. Deswegen ist der Weg mit einem vernünftigen flächendeckenden Mindestlohn alternativlos.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Lieber Kollege Ramelow, es ist ja immer an Dramatik nicht zu überbieten, wenn Sie hier das Wort ergreifen. Bedauerlicherweise ist es meistens auch dramatisch gelogen.
Wenn Sie nicht richtig zuhören können, dann sollten Sie vielleicht entweder mal zum Frisör oder zum Ohrenarzt gehen. Es war nicht Kollege Koppe, der hier gestanden und gesagt hat, Trinkgeld statt Mindestlohn, sondern diese verkürzte, verfälschende und natürlich auch verleumdende Formulierung hat Kollegin Siegesmund hier dem Kollegen Koppe unterstellt.
Von ihr stammt diese Formulierung wörtlich, das hat Kollege Koppe nicht gesagt. Im Übrigen bleibt es an Ihnen, Herr Kollege Ramelow, den Widerspruch aufzuklären, dass Sie sich hier hinstellen und einerseits sagen, Sie wollen nicht, dass der
Gesetzgeber einen Lohn festlegt, weil das die Gewerkschaften machen sollen, und gleichzeitig für einen gesetzlichen Mindestlohn sind. Das bleibt interessant. Vielen Dank.
(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: „Englisches Modell“ habe ich gesagt, aber dazu reicht Ihr Intellekt nicht.)
Der Unterschied, Herr Barth, ist vielleicht, dass Kollege Ramelow das Thema mit Leidenschaft vorträgt und Sie eher stoisch, das zeigt schon, wie Sie dem Thema zugewidmet sind. Es bleibt doch schlicht die Wahrheit, das kann jeder nachlesen, es kann jeder nachvollziehen, es kann doch jeder am eigenen Leibe - also sozusagen oberhalb der Augenbraue nachvollziehen, zu welchen Bedingungen Herr Kemmerich in seinem Unternehmen die Beschäftigten, ich sage ausdrücklich nicht beschäftigt, sondern ausbeutet,
weil dieser Lohn von 3,82 € ist nichts anderes als Ausbeutung der Beschäftigten. Es ist noch viel schlimmer, auch das muss an dieser Stelle mal gesagt werden, die Beschäftigten in Ihrem Unternehmen werden auch noch dazu verdonnert, ihr Arbeitsmaterial selber zu bezahlen, es wird nicht vom Unternehmen gestellt. Das war sozusagen die Debatte hier, dafür sollten Sie sich schämen. Ob Sie das tun oder nicht, ist Ihre Entscheidung.
Wie Sie alle wissen, bin ich auch Gewerkschafter, und wie Sie sich vorstellen können, ist die Tarifautonomie aus meiner Sicht ein hohes Gut, das es zu schützen gilt in der Bundesrepublik Deutschland. Aber trotzdem ist es möglich, die Tarifautonomie und den Schutz der Tarifautonomie zu verknüpfen mit einer Regelung zu einem gesetzlichen Mindestlohn. Wenn die Arbeitsgruppe und wenn am Ende der Thüringer Landtag unserem Modell folgen würden, dann würde sich beides miteinander verbinden und sich beides miteinander vereinen lassen, weil zum einem die Tarifautonomie in der Bundesrepublik mit unserem Gesetzentwurf geachtet wird und zum anderen die Tarifpartner - nämlich die Spitzenverbände der jeweiligen Tarifparteien - im Rahmen einer Lohnfindungskommission beteiligt werden sol
len und müssen, um eine gesetzliche Lohnuntergrenze, einen gesetzlich verbindlichen Mindestlohn zu definieren. Das schließt sich nicht gegeneinander aus, sondern wir müssen hier neue Wege gehen, die wir in den letzten Jahrzehnten in der Bundesrepublik so nicht gewohnt waren. Aber die objektiven Bedingungen zwingen uns dazu. Deshalb wird an dieser Frage kein Weg vorbeigehen. Herzlichen Dank.
Vielen Dank. Wir haben noch 2 Minuten Redezeit. Frau Abgeordnete Siegesmund hatte sich zu Wort gemeldet.
Die Suppe, die Sie sich gerade hier einbrockt haben, müssen Sie natürlich selber auslöffeln. Dazu muss man aber auch über den Tellerrand schauen. Der Tellerrand schließt in dem Moment ein, dass Sie sich tatsächlich auch einmal gefallen lassen, was es für Argumente aus anderen europäischen Ländern gibt.
Wir reden darüber sehr wohl, wohl wissend, nicht nur, in wie vielen Ländern es den Mindestlohn gibt, das ist wieder das quantitative Argument der FDP. Sie argumentieren immer quantitativ, qualitativ ist Ihnen völlig egal.
Der Punkt ist, dass eine Low Pay Commission nach britischem Vorbild - das ist nämlich auch das Modell der GRÜNEN - sich - übrigens auch aus Unternehmern wie Herrn Kemmerich - im Zweifel mit Wissenschaftlern, mit Betriebsräten, mit Personalräten, mit vielen, die sich im wissenschaftlichen Bereich auch auskennen und am Arbeitsmarkt sich entsprechend etwas verdient haben, an Wissen mitbringen, an einen Tisch hinsetzen und dann miteinander streiten, was die richtige Lohnuntergrenze ist. Das ist die Low Pay Commission, über die wir hier reden. Britisches Modell, wir reden nicht über
80 Cent, über 88 Cent, wir reden darüber, dass man miteinander im Konsens sich dazu findet und überlegt, was das Richtige ist. Deswegen sage ich Ihnen, Sie haben sich verrannt, weil man muss wirklich auch mal überlegen, was zukunftsfähig ist. Ihr Modell ist es auf jeden Fall nicht. Die Selbstregulierung des Marktes - ich bitte Sie -, der Minister hat sich hier hingestellt und 100 Zahlen zitiert, wo wir damit hingelaufen sind. Überlegen Sie mal, ob Sie und Ihre Argumente sich überlebt haben oder nicht.
Im Übrigen, Herr Barth, wenn Sie das Wort „Verleumdung“ in den Mund nehmen, seien Sie bitte vorsichtig, ich erinnere sehr wohl, dass Herr Koppe hier vorn stand und darüber sprach, dass es genug Trinkgelder gibt, über die man sein Gehalt aufbessern kann.
Zugespitzt heißt das in der FDP-Lyrik für mich, Trinkgeld statt Mindestlohn. Stehen Sie dazu, was Sie hier für Gedanken produzieren. Danke.
(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Lesen Sie im Protokoll nach, wenn Sie schon nicht zu- hören können.)
b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Kein früherer Hafturlaub für Schwerverbrecher in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/4352
Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, ich will zu dem Thema zunächst einmal klarstellen, dass es nicht darum geht, die Notwendigkeit der Resozialisierung von Straftätern in Zweifel zu ziehen. Nicht umsonst ist in § 2 Strafvollzugsgesetz bestimmt, ich zitiere das gerade mal: „Der Gefangene soll fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Der Vollzug dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.“ Diesem § 2 stimmt die CDUFraktion in vollem Umfang zu.
Heute geht es darum, auf eine im Musterentwurf für ein einheitliches Strafvollzugsgesetz von zehn Ländern, auch von Thüringen, vorgesehene völlig indiskutable Regelung hinzuweisen, bevor in Thüringen ein entsprechender Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wird. In diesem Musterentwurf sind Regelungen vorgesehen, die wir strikt ablehnen. Das ist zum Beispiel auch die Aufhebung der Arbeitspflicht. Hier hat richtigerweise der Thüringer Justizminister schon geäußert, dass diese Regelung für Thüringen nicht übernommen wird. Aber es gibt noch eine Regelung, die keinesfalls übernommen werden kann, die, die den Hafturlaub für Gefangene betrifft, und zwar, um es genauer zu sagen, den Hafturlaub für Gefangene, die zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt sind.