Protocol of the Session on March 23, 2012

Ich will nur noch ein Wort sagen, wo es vielleicht einen Dissens gibt zwischen unserer Fraktion und anderen Fraktionen und Parteien in diesem Lande. Ich denke nicht, dass es der richtige Weg ist, dass wir eine Mitfinanzierung des Bundes in verschiedenen Projekten, die den Bildungsbereich betreffen, haben sollten, weil ich nämlich glaube, dass der Bund dann versuchen wird, in die Inhalte hineinzudirigieren. Ich habe nicht für umsonst dieses Zitat zur Subsidiarität an den Anfang meiner Rede gestellt. Ich denke, die Aufgabe von schulischer Bildung, Bildung auch von Kindern im frühkindlichen Bereich, die ist richtig angesiedelt auf der Länderebene, auf der kommunalen Ebene. Ich plädiere für bessere Finanzausstattung dieser Ebenen und halte nichts davon zum Beispiel in der Frage der Definierung von Bildungsstandards, was die Bundesländer ja übrigens seit vielen Jahren schon tun und wo es Vereinbarungen gibt in der KMK, die gelten, wo wir vielleicht noch nicht am Ziel angelangt sind, aber wo man dran arbeitet. Nun sehe ich nicht, warum wir den Bund dort mit der Finanzierung

brauchen. Oder auch die Frage der Erarbeitung von Bildungsstandards, der Erstellung von Leistungstests, so wie Parteikollege Peter Harry Carstensen das fordert, sehe ich nicht, dass man den Bund in der Finanzierung solcher Projektvorhaben braucht. Also, meine Damen und Herren, ich denke, wir brauchen eine solidere Finanzausstattung der Länder und der Kommunen für den Bildungsbereich.

(Beifall CDU)

Es ist richtig, dass wir schauen, wenn ein Kooperationsverbot im Bereich der Finanzierung von Hochschulen, von Entwicklung, von Wissenschaft im Wege steht, dann muss es eben geändert werden. Da sind wir völlig d’accord. Aber die beiden Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP im Landtag halte ich auf diesem Wege nicht für tauglich und deswegen lehnen wir das ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Hitzing das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Emde, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich muss Ihnen sagen, ich hatte jetzt den Eindruck, dass Sie sich ganz schön winden mussten,

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

um das zu verkaufen, was Sie jetzt gesagt haben. Sie sprechen auf der einen Seite davon, dass die Finanzierung des Bundes nicht ausreicht, reden auf der anderen Seite davon, dass die Bundesratsinitiative schon verhandelt wird in Berlin, und beides ist einmal in dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN drin und das andere ist in dem Alternativantrag drin und beides lehnen Sie folglich, weil Sie das Vorhergehende befürwortet haben, ab. Das ist spannend.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist Dialektik à la CDU.)

Gut, verstehe ich nicht, aber vielleicht erklären Sie es mir mal irgendwann. Auf alle Fälle ist es so, wir haben über dieses Thema schon mehrfach gesprochen. Wir haben im Mai 2011 im Rahmen einer Aktuellen Stunde über das Thema „Kooperationsverbot“ gesprochen. Damals war das auf Antrag der FDP und Anlass war die Aussage der Bundesbildungsministerin Frau Schavan, die über das Thema „Aufhebung des Kooperationsverbots“ gesprochen hat und sich auch ausdrücklich dafür aussprach. In meiner Wahrnehmung ist es auch tatsächlich so,

(Abg. Emde)

Frau Kollegin Hennig hat das schon einmal angesprochen, dass Herr Minister Matschie dem auch zugesprochen hat und die Frau Ministerpräsidentin das ablehnte, und zwar mit den Worten: Diese Äußerungen sind - ich zitiere - „anzüglich und extrem entbehrlich“. So war es zu lesen in der TLZ am 16.05.2011. Deshalb bin ich jetzt natürlich umso mehr gespannt, wie sich die Meinungen verändern oder wie der Standpunkt sich verändert, aber, Herr Emde, Sie haben ja eben zumindest schon einmal angedeutet, wie das passieren wird. Ich sage, nach meinem Dafürhalten sind die Mehrheiten hier im Hause klar. Das Kooperationsverbot ist erstens überfällig, es ist veraltet und es muss weg.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und weil die Mehrheiten so klar sind, ist die eine Fraktion, die dafür auch ist, nicht da. Das finde ich spannend. Ich glaube nur, die CDU verhindert und

(Beifall FDP)

sträubt sich. Wir sprechen uns auch ausdrücklich gegen das Kooperationsverbot aus, denn Thüringen - Herr Minister, Sie haben es auch noch einmal ausgeführt - braucht dringend das Geld vom Bund, um ganz einfach bestimmte Aufgaben erfüllen zu können und aus der bildungspolitischen Sackgasse herauszukommen.

Deshalb im Einzelnen die Artikel des Grundgesetzes, nämlich als Erstes Artikel 91 b. Dieser sollte und muss geändert werden, damit der Bund neben dem Vorhaben auch konkrete Einrichtungen fördern darf. Und er sollte so formuliert werden, dass man gemeinsame Bildungsstandards erarbeiten kann. Herr Emde, Sie haben sich dagegen ausgesprochen. Ich sehe keine Gefahr an der Stelle.

Beim Artikel 104 b Grundgesetz muss geändert werden, dass der Bund konkrete einzelnen Bundesländern zugute kommende Projekte fördern kann. Sie sagen, Sie sehen da die Gefahr in der inhaltlichen Beeinflussung der einzelnen Länder. Ich denke, das ist im Endeffekt dann eine Auslegung des Gesetzes bzw. hat es was mit Handwerk zu tun, wie ich mich vereinbare. Ich kann nicht sehen, dass man von vornherein unterstellt, dass der Bund der Meinung ist, die Inhalte in der Bildung der einzelnen Länder beeinflussen zu wollen. Damit hängt zusammen, dass ja bisher alle Bundesländer einer Förderung zustimmen mussten, und das ist natürlich auch kontraproduktiv.

Insbesondere im Hochschulbereich sehen wir deutliche regionale Probleme, die wir allein in Thüringen sicherlich nicht lösen können. Zum Beispiel ein paar Zahlen: Die Hochschulrahmenvereinbarung III sieht vor, dass alle neun staatlichen Thüringer Hochschulen für das Jahr 2012 einen Betrag von 300 Mio. € insgesamt zur Verfügung gestellt bekommen. Das ist in etwa der Betrag, den die beiden

großen Universitäten in Berlin, nämlich die Humboldt-Universität und die Freie Universität Berlin, erhalten; zum Vergleich dazu zwei Universitäten, neun Universitäten in Thüringen. In Thüringen studieren aber annähernd genauso viele Menschen wie an der Humboldt-Universität und der Freien Universität, und das bei halber Mittelzuweisung. Die Zahlen für die Humboldt-Universität und die Freie Universität sind also sehr, sehr hoch, nämlich 352 Mio. € bzw. 274 Mio. €. Wir brauchen nach meinem Dafürhalten dringend die Unterstützung des Bundes, damit wir bei Programmen wie z.B. der Exzellenzinitiative wieder mitspielen und eine Chance haben. Sie erinnern sich sicherlich noch an die letzte Entwicklung. Thüringen hat also in der letzten Runde mit all seinen Anträgen keinen Erfolg gehabt und die 1,5 Mrd. € an Bundesmitteln sind an Thüringen buchstäblich vorbeigelaufen. Es sollte also ein ureigenes Interesse unseres Landes sein, von diesen Initiativen zu profitieren und auch Hilfen vom Bund in Anspruch nehmen zu können und das eventuell auch noch zu erweitern. Das ist nach meinem Dafürhalten weder anzüglich und auch nicht extrem entbehrlich, wie es die Frau Ministerpräsidentin sagte.

(Beifall FDP)

Ich werbe deshalb ausdrücklich dafür, sich der Initiative Schleswig-Holsteins anzuschließen. Denn diese Initiative, der Antrag mit der Drucksache 43/12 ist ja bereits im Bundesrat und wird dort diskutiert, ist auch in den Ausschüssen. Hier geht es genau um diese Problematik: Kooperationsverbot auf allen Ebenen abschaffen, um weiterzukommen in der Bildungspolitik in den Ländern und um auch effizienter vorwärtszukommen. Deshalb glaube ich, dass es nicht notwendig ist, noch einen Konvent einzuführen und hier noch einmal darüber zu reden, weil im Bundesrat das Ganze schon vorbereitet ist und diskutiert wird.

(Beifall FDP)

Das würde ich also an dieser Stelle als entbehrlich betrachten, sage aber auch: Selbstverständlich ist es wichtig, dass wir uns auch im Ausschuss darüber noch einmal verständigen, um diese Mehrheiten, die ja im Grunde genommen schon klar sind, noch einmal zu manifestieren. Erst wenn in Deutschland Bildungs- und Hochschulpolitik Hand in Hand geht und mit dem Bund und mit den Ländern betrieben wird, sind wir der Meinung, nutzen wir alle Potenziale. Das tun wir durchaus noch nicht.

(Beifall FDP)

Es sollte nicht allein von den Haushalten der Länder abhängig sein, wie leistungsfähig ein Bildungssystem ist, sondern wir brauchen die Kooperation mit dem Bund. Ich sehe auch durchaus viel, viel mehr Vorteile als Nachteile und kann auch die Be

denken, sehr geehrter Herr Emde, die Sie hier aufgezählt haben, in keinster Weise teilen. Deshalb appelliere ich bzw. bitte Sie darum, unserem Alternativantrag zuzustimmen im Sinne einer effizienten Bearbeitung des Problems und im Sinne dessen, dass wir allmählich dazu kommen, Lehre, Forschung, Bildung auf ganz gesunde Füße zu stellen, ohne Ängste zu wecken, die überhaupt nicht da sind. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Abgeordneter Dr. Hartung das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, mit den eigenen Gedanken ist das so eine Sache, der eine hat sie, der andere nicht. Daher ist es nicht verwunderlich, dass uns die Opposition immer wieder mit Anträgen konfrontiert, die bereits in anderen Landtagen oder im Bundestag gestellt worden sind. Auch der heute zu behandelnde Antrag der GRÜNEN gehört in diese Kategorie und bei aller Neigung zum Recycling wird er dadurch qualitativ nicht besser. Es ist gerade mal ein Jahr her, dass wir im Plenum...

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es wird aber auch nicht schlechter.)

Wenn die Vorlage schlecht ist, hilft es aber auch nichts.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme jetzt dazu. Es ist gerade mal ein Jahr her, dass wir uns im Plenum und im Bildungsausschuss ausführlich mit dieser Thematik auf Antrag der GRÜNEN

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber es gibt noch immer kein Ergebnis - das ist doch das Problem!)

befasst haben. Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt worden. Auf Initiative der Regierungskoalition wurde allerdings ein Antrag beschlossen, in dessen Titel wir bereits für eine intensive Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik eintreten.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und wo ist das Ergebnis?)

Aus Sicht der SPD-Fraktion ist es selbstverständlich - ich komme noch dazu, warten Sie es ab, ich bin noch ganz am Anfang -, dass so eine Zusammenarbeit nur mit einer generellen Aufhebung des Kooperationsverbots zu bewerkstelligen ist. Halbherzigkeiten helfen uns da nicht weiter.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber?)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das steht doch nicht auf seinem Zettel. Un- terbrecht ihn doch nicht.)

Nein, es ist im Gang. Meinetwegen können wir das gern im Zwiegespräch machen, aber das ist, glaube ich, unüblich.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das waren mindestens drei.)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP)

An der Richtigkeit des damaligen Beschlusses ändert es nichts, auch wenn jetzt ein Jahr vergangen ist und wir noch nicht sonderlich viel erreicht haben nach Ihrer Auffassung - ich sehe es ein bisschen anders. Es ist auf jeden Fall so, dass wir als SPDLandtagsfraktion, als Landes-SPD, uns keinen Nachhilfeunterricht abholen müssen, denn wir haben schon 2006 einen Antrag zur Verbesserung der Kooperation zwischen Bund und Ländern eingebracht. Wir haben dort ganz konkrete Forderungen gestellt, nämlich damals schon die Streichung des geplanten Kooperationsverbots aus dem Grundgesetz, die Beibehaltung der gemeinsamen Bildungsplanung

(Unruhe DIE LINKE)

sowie Zuständigkeit des Bundes bei der Entwicklung und Durchsetzung der nationalen Bildungsstandards, Erhalt der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung, Forschungsförderung und ihrer bisherigen Struktur, die Wahrung eines einheitlichen Rechtsrahmens bei der Besoldung und Versorgung der Beamten, die Fortführung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau, Ermöglichung vom Bund-Länder-Programm zur Förderung der Entwicklung von Hochschule und Streichung der im Grundgesetz geplanten Abweichungsmöglichkeiten der Länder bei Zulassung zu und Abschlüssen an Hochschulen. An diesen Forderungen hat sich für die SPD bis heute auch nichts geändert.

(Unruhe DIE LINKE)

Seinerzeit war der Antrag im Landtag nicht mehrheitsfähig und er war auch damals - das muss man ehrlicherweise zugeben - in der Bundes-SPD nicht mehrheitsfähig. Inzwischen sind aber die meisten Punkte Allgemeingut geworden. Das belegen nicht zuletzt auch die Anträge der GRÜNEN in Hamburg und mit Bundesratsinitiative. Auch bei unserem Koalitionspartner setzt langsam in gewisser Weise ein Umdenken ein. Immerhin hat Bundesministerin Schavan

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Herr Emde hat etwas anderes erzählt.)

(Abg. Hitzing)