mit untrennbar verbunden ist natürlich die Frage nach der Kostenübernahme durch das Land gegenüber den Landkreisen und kreisfreien Städten. Am Ende steht aber nicht die Frage der rechtlichen Ausgestaltung oder der Kosten der Leistungsgewährung im Fokus, sondern, meine Damen und Herren, im Fokus müssen die Menschen stehen, die die konkreten gesundheitlichen Folgen der diskriminierenden Rechtslage und der darauf aufbauenden nochmals restriktiveren Anwendungspraxis hier in Thüringen, manifestiert in Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Erlassen etc., erfahren müssen.
Meine Damen und Herren der CDU und auch aus Teilen der SPD, ich möchte an dieser Stelle noch mal mein Unverständnis darüber äußern, wie ausgelassen Sie am Ende der letzten Plenarsitzung im Januar reagiert und sich jubelartig gefreut haben, dass - ich glaube, es war Herr Reinholz - er den vorletzten Tagesordnungspunkt noch so lange zerren konnte und so lange reden konnte, dass die medizinische Behandlung von Flüchtlingen nicht mehr behandelt wurde.
(Zwischenruf Reinholz, Minister für Landwirt- schaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz: Das war Staatssekretär Staschewski.)
Herr Staschewski war es, entschuldigen Sie, Herr Reinholz. Aber der Vorwurf geht ja nicht an den, der so lange geredet hat, sondern an dieses Gehabe, ich will es schon fast Kindergarten nennen, wie Sie sich da gefreut haben, dass Sie über die Flüchtlinge an dem Freitag nicht mehr reden mussten, meine Damen und Herren.
Es ist menschenunwürdig und beschämend, dass Menschen, die aufgrund unterschiedlichster Gründe ihr Herkunftsland verlassen mussten, hier in Thüringen keine Hilfe in dem notwendigen und in dem auch ohne Weiteres möglichen Maß erfahren können. Grundlage - wenn auch nicht unmittelbarer Gegenstand des Antrags - ist das Asylbewerberleistungsgesetz. Frau Holbe, es heißt nicht Asylleistungsbewerbergesetz, wie Sie jetzt drei- oder viermal gesagt haben, es ist das Asylbewerberleistungsgesetz, dessen ersatzlose Abschaffung viele nichtstaatliche Organisationen fordern.
Diese Forderung, meine Damen und Herren, wird durch die Fraktion DIE LINKE auch durch diesen Antrag in keiner Weise zurückgenommen oder abgeschwächt. Dieses Gesetz, Herr Minister, ist verfassungswidrig. Es diskriminiert Menschen aufgrund ihrer Flüchtlingseigenschaften.
Das ermöglicht konservativen Landesregierungen wie unserer Thüringer, Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die die bundesgesetzlichen Restriktionen sogar noch verschärfen. Das eigentlich Skandalöse ist, dass mindestens seit zwei Jahren feststeht, dass das Asylbewerberleistungsgesetz nicht mit den Grundsätzen des Grundgesetzes in Übereinstimmung steht - das musste die Bundesregierung bereits im Herbst 2010 offiziell im Rahmen einer Bundestagsdrucksache zugeben -, aber dass es dessen ungeachtet unverändert Anwendung findet und dass in Thüringen Vorschriften aufrechterhalten werden, Herr Geibert, die die Verfassungswidrigkeit weiter manifestieren. Wenn Frau Holbe vorhin gesagt hat, man muss Problemen, die man erkennt, nachgehen, dann kann ich nur sagen, wir tun das hier. Wir wollen diese noch weiter verschärfende Verwaltungsvorschrift ändern und wenn Frau Holbe dem Problem nachgehen will, dann kann sie gern mit uns gemeinsam dem Antrag zustimmen.
Allein, dass die mit dem Antrag kritisierte Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes eine längst nicht mehr existierende gesetzliche Regelung in Bezug auf die behauptete Rangfolge zwischen Bargeld und Wertgutscheinen fortleben lässt, die der Bundesgesetzgeber bereits vor 15 Jahren aufgehoben hat, veranschaulicht nicht nur den Geist der Autorinnen und Autoren dieser Verwaltungsvorschrift und derer, die diese aufrechterhalten wollen, es spricht andererseits umso mehr für die dringende Notwendigkeit zur Überarbeitung.
Dringend zu überarbeiten sind aber auch die Vorschriften zur Übernahme der Kosten für notwendige medizinische Behandlungen. Die Gespräche mit Flüchtlingsorganisationen über deren Erfahrungen, die Gespräche mit Sozialbehörden, Gespräche mit selbst betroffenen Flüchtlingen machen es offenkundig: Die Verwaltungsvorschrift bindet die Sozialund Gesundheitsämter. Die Sozial- und Gesundheitsämter sind nicht bereit, in der Bewilligungspraxis von dieser Verwaltungsvorschrift abzuweichen, obwohl der gesetzliche Rahmen, nämlich der des Asylbewerberleistungsgesetzes, dies ermöglichen würde. Die Gründe dafür liegen nicht zwingend in einer bewussten Entscheidung dieser Behörden für eine restriktive Anwendungspraxis, sondern in der Befürchtung, bei der Abweichung von den Vorgaben der Landesregierung und den Anweisungen des Landesverwaltungsamts Mittelkürzungen zu erfahren. Allein diese Tatsache, meine Damen und Herren, dass die Thüringer Landkreise und kreisfreien Städte Mittelkürzungen befürchten müssen, wenn sie Gesetze im Interesse von Flüchtlingen und innerhalb des gesetzlich zulässigen Rahmens anwenden, spricht Bände.
Entsprechend der Flüchtlingskostenerstattungsverordnung erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte je Flüchtling pro Jahr 3.264 € für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Für auszuzahlende Grundleistungen sind darin enthalten bereits 2.640 € aufzubringen. Diese 2.640 € abgezogen, verbleiben monatlich noch 52 € für medizinische Behandlungen und sonstige Leistungen, das sind die nach § 4 und § 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes je Flüchtling. Erst wenn die Behandlungskosten für einen Flüchtling jährlich über 2.556 € steigen - das wären 213 € im Monat -, erstattet die Landesregierung Geld an die Landkreise und kreisfreien Städte zurück, aber nicht das komplette Geld, sondern nur den überschreitenden Betrag, also nur eine Differenz. Wer vor diesem Hintergrund behauptet, bei der Bewilligung des Umfangs spielten die Kosten keine Rolle, der verschließt die Augen vor der Realität, meine Damen und Herren, und vor dem Konflikt, in dem die Landkreise und kreisfreien Städte sich befinden.
Wohin diese restriktive Anwendungspraxis führt, hat der SPD-Abgeordnete Hartung sehr plastisch und sehr öffentlich deutlich gemacht.
das war keine Absicht, meine Damen und Herren -, Asylsuchenden wurde regelmäßig statt einer Kariesbehandlung ein erkrankter Zahn gezogen, weil dies kostengünstiger sei. Das tut mir leid, Herr Carius.
Wenn ein erkrankter Zahn aber behandelt werden kann, dann ist die Zahnextraktion, also das Zähneziehen, ein überflüssiger, ein medizinisch falscher Eingriff. Das hat den Abgeordneten Hartung dann ja auch zu einer Strafanzeige wegen Körperverletzung bewogen. Dieser Schritt ist einerseits für mich absolut nachvollziehbar, Ausdruck von Empörung, aber andererseits rückt eine strafrechtliche Aufarbeitung eben ein individuelles Fehlverhalten, das eines Arztes, in den Mittelpunkt. Hauptgegenstand der Kritik für uns ist aber in jedem Fall die zugrunde liegende Verwaltungsvorschrift. Darauf sollte zumindest ein Abgeordneter der Koalitionsfraktionen auch anders Einfluss ausüben können, was ich eigentlich auch vom Abgeordneten Hartung erwartet hatte
jetzt hat es endlich auch Herr Barth begriffen, warum es den Antrag gibt, das finde ich gut -, denn die Verwaltungsvorschrift legt das Asylbewerberleistungsgesetz, das habe ich schon erwähnt, nochmals verfassungswidrig aus.
In den uns aus der Praxis bekannten Fällen sind die Einschränkungen des Behandlungsanspruchs unseres Erachtens fast immer gesetz- und meist auch verfassungswidrig. Unzutreffend ist dabei insbesondere die weit verbreitete, aber irrige Annahme, dass Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur bei akuten Krankheiten und Schmerzzuständen, nicht aber bei chronischen Erkrankungen beispielsweise behandelt werden dürften. Dem ist nicht so. Diese Auslegung des Asylbewerberleistungsgesetzes ist schon deshalb falsch, weil in vielen Fällen eine medizinisch sinnvolle Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Krankheit gar nicht möglich ist oder weil bei Nichtbehandlung einer chronischen Erkrankung ein akuter Krankheitszustand droht. Kein Arzt, meine Damen und Herren, darf einem über Krankheit oder Schmerzen klagenden Patienten oder einer Patientin Diagnose und Behandlung verweigern einschließlich der Versorgung mit notwendigen Heilund Hilfsmitteln auch bei Schmerz verursachenden chronischen Erkrankungen.
Anders auch als die Thüringer Verwaltungsvorschrift angibt, sind Unaufschiebbarkeit, Unabweisbarkeit oder Unerlässlichkeit oder sonst wie gesteigerte Formen der Notwendigkeit einer Krankenbehandlung nicht erforderlich, solange die Krankheit entweder Schmerzen verursacht oder aber ein akuter Krankheitszustand bzw. ein akuter Behandlungsbedarf vorliegt. Für jeden Patienten und jede Patientin hat die Behandlung nach dem heutigen und anerkannten Stand der medizinischen Kunst und Technik zu erfolgen. Einschränkungen, beispielsweise bei der angesprochenen Behandlung erkrankter Zähne, sind nach dem Asylbewerberleistungsgesetz immer dann unzulässig, wenn bei der notwendigen Behandlung kein Zahnersatz geleistet werden muss. Es reicht aus, dass die Zahnerkrankung akut behandlungsbedürftig oder schmerzhaft ist. Kariesbehandlungen, Wurzelbehandlungen etc. sind daher auch bei Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ohne Einschränkung zu leisten.
Die Verweigerung einer Kariesbehandlung und stattdessen das Ziehen eines Zahnes sind selbst mit dem restriktiven Asylbewerberleistungsgesetz, wenn man es denn, und das muss man ja, verfassungskonform auslegt, nicht zu begründen, sondern ganz eindeutig rechtswidrig.
Die Frage der Körperverletzung, die der Abgeordnete Hartung aufgeworfen hat, ist daher eine Folge der nochmals die Restriktionen des Asylbewerber
Meine Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde bei den GRÜNEN, wir betrachten Ihren Antrag nicht als Alternative, weil er die gleichwertige medizinische Behandlung von Flüchtlingen nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz außer Acht lässt. Ich würde Ihren Antrag deswegen eher als eine Art Änderungs- oder Ergänzungsantrag begreifen. Weil Ihr Antrag aber Punkte aufgreift, die in der Debatte um die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen eben auch von Bedeutung sind, nämlich die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge in spezialisierten psychosozialen Zentren. Die medizinische Versorgung sogenannter statusloser Menschen und eben auch wegen der Berichtspflichten, die Sie für die Landesregierung einfordern, halten wir den Antrag für eine wirklich sinnvolle Ergänzung. Wir würden es für sinnvoll und notwendig erachten, wenn der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ebenso wie unserer gemeinsam im Sozialausschuss behandelt würden.
Meine Damen und Herren, wenngleich Kostenargumente nur ein geringes Gewicht haben dürfen, wenn es um die Achtung der Menschenwürde und um andere verfassungsrechtlich geschützte Grundrechte geht, möchte ich trotzdem auch hierzu noch eine Bemerkung machen. Die Stellungnahmen der mit der Thematik beschäftigten Organisationen weisen immer wieder auf einen besonderen Umstand hin, nämlich den, dass die Verweigerung von Behandlungen und die damit einhergehende Verschleppung von Krankheiten zu erheblichen Kostenbelastungen führen kann und oft auch führt, zum Beispiel durch die Inanspruchnahme von medizinischen Notdiensten oder bei der Behandlung infolge von Nichtbehandlung auftretender akuter Krankheits- und Schmerzzustände. Auf den Punkt gebracht könnte man sagen, die menschenunwürdige Behandlungspraxis lässt sich der Freistaat Thüringen auch noch einiges kosten.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag wollen wir die Landesregierung auffordern, durch Überarbeitung der Verwaltungsvorschriften einen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungsrahmen für die Gewährung der medizinischen Leistungen für Flüchtlinge herzustellen und in der Folge eine menschenwürdige medizinische Behandlung von Flüchtlingen, von Menschen ausnahmslos, zu sichern. Beispiele für eine entsprechende Regelung in anderen Bundesländern gibt es und an denen können Sie sich, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, in der Debatte im Ausschuss hoffentlich und sollte sich auch die Lan
desregierung orientieren. So erhalten beispielsweise in Bremen alle nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigten Flüchtlinge eine Chipkarte der AOK, die die Leistungen aufgrund eines Vertrages mit der Bremer Sozialbehörde erbringt. Diese Chipkarte enthält keinerlei Einschränkungen, sie stigmatisiert in der Folge auch nicht Flüchtlinge bei der Arztwahl oder durch die Ärztinnen selbst, etwa durch ein bestehendes Risiko wie das in Thüringen ist - der Kostenübernahme bei ausgeschlossenen Leistungen. Dieser Vertrag, meine Damen und Herren, wurde im Übrigen bereits 2005 geschlossen unter einem aus den Parteien CDU und SPD bestehenden Senat. Das war 2005 in Bremen eine nachgewiesenermaßen kostensparende, aber eben auch zutiefst humane Entscheidung. Eine solche würden wir uns auch für Thüringen wünschen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir, mit einem Zitat zu beginnen, und zwar von Elie Wiesel: „Ihr sollt wissen, dass kein Mensch illegal ist. Das ist ein Widerspruch in sich. Menschen können schön sein oder noch schöner, sie können gerecht sein oder ungerecht. Aber kann ein Mensch illegal sein?“ Ich habe dieses Zitat meiner Rede vorangestellt, weil Sie, Herr Geibert, mich dazu nahezu provoziert haben, indem Sie vorhin wörtlich sagten: „Natürlich können nur diejenigen Leistungen erhalten, die nicht in der Illegalität leben.“ Das greift genau die Problematik auf. Sie sagen, es darf nicht das geben, was nicht sein darf und verkennen damit ganz klar die Lebensrealität,
denn in Deutschland leben mehrere Hunderttausend Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus haben, die hier statuslos sind, die sich offiziell hier nicht aufhalten dürfen. Wir können aber nicht so tun, als ob es diese Menschen nicht mitten unter uns gäbe, als ob nicht auch diese Menschen beispielsweise Opfer bei Verkehrsunfällen werden, als ob nicht auch diese Menschen beispielsweise einen Herzinfarkt erleiden oder ähnliche Probleme haben und dann, Frau Holbe, sind die Ärzte tatsächlich in einem Dilemma. Denn die Ärzte haben den hippokratischen Eid geschworen, auf den Sie vorhin re
kurriert haben - leider sind Sie jetzt nicht da, vielleicht hören Sie es trotzdem. Sie wollen diesen Menschen selbstverständlich auch helfen, sie haben auch eine ärztliche Schweigepflicht, aber sie müssen genauso darauf achten, dass die Leistungen, die sie erbringen, auch bezahlt werden. Genau da setzt das Problem ein, denn Menschen, die statuslos und nicht staatenlos sind, haben keinen Anspruch auf medizinische Betreuung. Wenn ich Ihr Zitat von vorhin, Herr Geibert, nehme, dann sagen Sie, diese Menschen darf es hier nicht geben, also haben sie auch keine Ansprüche. Das ist menschenverachtend und das ist diskriminierend und verkennt die Lebensrealitäten in unserem Land.
Genau deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir in unserem Alternativantrag diesen Punkt mit aufgegriffen, weil er ausgesprochen wichtig ist und weil es uns auch viele Bundesländer vormachen, dass es selbstverständlich Möglichkeiten gibt, hier zu handeln. Es ist schon ein Beispiel aus Bremen genannt worden, es gibt Netzwerke in Berlin, in Nordrhein-Westfalen, in vielen anderen Ländern. Es gibt die Möglichkeit, die ich eben schon erwähnte, als ich unseren Alternativantrag kurz vorgestellt habe, entsprechende Scheine auszureichen, damit Menschen, die offiziell hier gar nicht sind, gar nicht sein dürfen, die Chance haben, sich in Notfällen auch behandeln zu lassen. Man muss es nur wollen, man muss dafür nur die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Ich glaube, da sind auch wir in Thüringen in der Pflicht, ganz egal, ob es sich um 5 oder 5.000 Betroffene handelt; jeder Mensch ist es wert, selbstverständlich Anspruch auf Hilfe zu haben und diese auch gewährt zu bekommen.
Liebe Sabine Berninger, es ist eben ausgeführt worden - von Ihnen sicherlich auch zu Recht, da sind wir gern gesprächsbereit -, dass Sie unseren Antrag gar nicht als Alternativantrag, sondern vielmehr als Ergänzungsantrag sehen. Über all das können wir gern diskutieren. Ich würde mich auch freuen, wenn wir im Ausschuss so weit kommen, dass vielleicht auch die Ideen der SPD, die es bestimmt hoffentlich gibt, oder gar die Ideen der CDU, auch wenn ich Frau Holbe eher so verstanden habe, dass sie keinerlei Handlungsbedarf sieht, da mit aufgenommen werden können und wir vielleicht sogar einen guten gemeinsamen Antrag ins nächste Plenum einbringen können. Dazu braucht es natürlich erst einmal eine Überweisung an den Ausschuss, für die ich an dieser Stelle schon einmal ausdrücklich werben möchte.
Ich möchte, weil Frau Holbe vorhin so tat, als wäre die Situation wunderbar und gäbe es gar keine Probleme, ein paar Fälle aus der Praxis benennen, die an uns herangetragen wurden und die meines Erachtens schon aufzeigen, dass es einiges zu tun
gibt und dass wir über Änderungen nachdenken müssen, nicht nur mit Blick auf die Rechtsverordnung - das ist von Frau Berninger ausführlich ausgeführt worden -, sondern auch in die Praxis. Für eine ambulante Behandlung muss nämlich immer ein Krankenschein vom Sozialamt ausgestellt werden. Hier ist ein Spielraum für Willkür und auch für Schikane - ich sage das bewusst an dieser Stelle so deutlich - gegeben. Es liegen uns Berichte vor, dass Mitarbeiterinnen der Sozialämter die angegebenen Schmerzen von Flüchtlingen beispielsweise nicht für glaubhaft gehalten haben und die Ausgabe des Krankenscheines verweigerten. Auch bei der Krankenhausbehandlung wurden oft rechtswidrige Einschränkungen gemacht, weil sich auf nur lebensnotwendige oder unaufschiebbare Behandlungen zurückgezogen wurde. Bei kostenintensiven Behandlungen oder strittigen Fällen muss nämlich vom Sozialamt die Amtsärztin oder der Amtsarzt eingeschaltet werden. Teilweise werden ohne ausführliche Untersuchungen der Patientinnen oder Patienten von Ärztinnen oder Ärzten für notwendig erachtete Behandlungen abgelehnt, weil die Krankheit bei der Einreise bereits vorhanden oder nach der Abschiebung im Heimatland behandelt werden könnte. Sabine Berninger hatte hier auch schon auf die irrige Auslegung verwiesen, dass chronische Erkrankungen nicht auch akute Schmerzen mit sich bringen können und daher natürlich aus unserer Sicht auch behandelt werden müssen. Damit ein Arzt die Flüchtlinge behandelt, müssen Flüchtlinge und deren Angehörige einen Krankenschein vorlegen. Wenn durch die Sozialämter die Ausstellung der Krankenscheine aber abgelehnt wird oder die Flüchtlinge weggeschickt werden, weil ihnen unterstellt wird, die Krankheit sei nicht akut, sondern chronisch, haben sie kaum eine Chance.
Probleme gibt es auch bei der Versorgung mit Heilund Hilfsmitteln. Ich will mal ganz praktische Beispiele benennen wie Brillen, Hörgeräte, Prothesen, Rollstühle, aber auch bei der Versorgung mit Medikamenten und bei Operationen wird es schwierig, denn Brillen und Hörgeräte etc. können nur dann im Rahmen des § 4 Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden, wenn sie zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind. Das dürfte grundsätzlich nicht der Fall sein. Da beißt sich die viel zitierte Katze auch schon wieder in den Schwanz. Ich mache ein ganz praktisches Beispiel. Was passiert beispielsweise, wenn eine Betroffene einen Knoten in der Brust entdeckt? Wird sie dann nicht behandelt, weil der Brustkrebs am Anfang nicht wehtut und eine Behandlung langfristiger Natur erfordert? Ich sage es ganz praktisch, das sind Fälle, die uns begegnen und auf die wir im Moment leider keine zufriedenstellende Antwort geben können.