Protocol of the Session on February 24, 2012

Sie haben dieses Land ruiniert und diese Politik versuchen Sie heute auf andere Weise fortzusetzen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Re- den Sie von Herrn Rösler?)

Sie sprechen von der Privilegierung von Mieten und Pachten. Es gibt in Ihren Reihen einige Wenige, die verstehen das Steuerrecht so einigermaßen. Herrn

(Abg. Kowalleck)

Kuschel, der jetzt im Augenblick nicht dabei ist, dem kann man das anerkennen. Aber zu sagen, Mieten und Pachten seien privilegiert im Hinblick auf die Gewerbesteuer, das ist so dreist gelogen, das kann ich nicht hinnehmen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie Armer!)

(Beifall FDP)

Am Ende fällt Ihnen nichts weiter ein, als die Millionärssteuer zu fordern.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Pro Stunde, pro Tag, pro Woche oder pro Mo- nat?)

Herr Huster hat es hier eben gesagt, Reichensteuer fängt bei ihm bei 65.000 € an. Interessant ist der Vergleich mit den Bezügen eines Thüringer Abgeordneten. Da zeigt sich nämlich, dass Sie die Grenze für die Reichensteuer genau da ansetzen, dass es Sie persönlich nicht mehr betrifft; schade.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, ja, es ist jetzt nicht so ganz einfach.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Da- nach ist es nicht mehr einfach.)

Ich hatte auch nicht vor, mich in diese Grundsatzdebatte reinzuhängen und will eigentlich nun eine Bemerkung, Herr Recknagel, machen. Ich glaube, wir haben doch wenigstens noch den Minimalkonsens in dem Duktus, den Sie heute hier verbreiten, dass Sie nicht für die Deutschen hier gesprochen haben, sondern für alle Menschen, die in Deutschland Steuern zahlen, oder?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das versteht er nicht.)

Können Sie das wenigstens mitnehmen? Weil wir ansonsten hier eine Debatte führen müssten über Ihr Verständnis davon, für wen wir hier eigentlich da sind und das wäre nicht so angenehm, jedenfalls nicht für mich.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich lebe nämlich in einer Gesellschaft, in der ich froh darüber bin, dass ich nicht nur mit Deutschen, sondern auch mit 10 Prozent Nichtdeutschen zusammenleben darf.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Meyer, es gibt eine Anfrage durch den Abgeordneten Recknagel.

Immer, ich habe genug Zeit, bitte.

Nehmen Sie zur Kenntnis oder sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es im Wesentlichen die deutschen Thüringer sind, die uns hier im Landtag gewählt haben und deren Vertreter wir sind?

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auweia!

(Unruhe FDP)

Na ja, wollen wir es einmal so ausdrücken, Herr Recknagel, um nicht weiter in dieser Art und Weise dieses Thema zu diskutieren. Ich freue mich jedenfalls darauf, als Kandidat für den Oberbürgermeisterposten in Weimar auch von EU-Ausländern gewählt werden zu können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trifft das sozusagen, wissen Sie dann, welche Haltung ich zu dieser Frage habe, die Sie auf eine sehr polemische Art und Weise gerade diskutiert haben; egal. Kommen wir mal zum Thema: Ich bin jetzt auch seit 30 Jahren mit dem Thema der kalten Progression irgendwie immer befasst und habe das noch nie richtig verstehen wollen, wahrscheinlich liegt es an mir, an meinem Intellekt oder was auch immer. Ich habe immer gedacht, den Menschen ist zentral die Frage, welches Realeinkommen sie haben nach einem Jahr, ob die Realeinkommen gestiegen sind oder nicht. Bei den Realeinkommen haben die erhöhten Steuerlasten, wenn man z.B. nominale Erhöhung hat, etwas damit zu tun und die Inflationsrate. Wenn wir feststellen, dass die Realeinkommen insgesamt gestiegen sind, kann man irgendwie nicht davon ausgehen, dass es eine kalte Progression gab, die den Leuten was weggenommen hat. Komischerweise haben sie immer noch mehr. Selbst die Besserverdienenden haben meines Wissens durch Steuerbelastung immer noch mehr als die Hälfte von ihrem Brutto für alles, was sie sonst noch brauchen. Aber das ist vielleicht auch meine Wahrnehmung der Welt und nicht Ihre.

(Abg. Recknagel)

Es wird mir wahrscheinlich auch nie gelingen, Ihre Weltsicht zu teilen. Was den Antrag der LINKEN angeht, der beabsichtigten Senkung der Lohn- und Einkommensteuer nicht zuzustimmen, dürfte sich eigentlich nach der Debatte, die wir vor der Fragestunde und den Wahlen hatten, schon fast erledigt haben. Denn wenn die Schwarzmalerei der FDP zu dem Thema „Wie gehen wir solidarisch mit dem Rest Europas um“ nur halb stimmen würde, wäre die Frage, ob wir uns eine Steuersenkung leisten können, längst obsolet. Dann brauchten wir diesen Antrag gar nicht zu stellen, es wäre eine Selbstverständlichkeit. Natürlich können wir uns keine Steuersenkungen leisten.

(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Mit Ihrer Steuerpolitik sowieso nicht.)

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Aber mit Ihrer.)

So weit, dass ich Finanzpolitik machen dürfte, bin ich noch nicht, aber das wäre ja mal eine Variante.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Ein grüner Finanzminister, da warten alle drauf, Herr Recknagel. Schlimmer kann es nämlich nicht werden. Das haben wir gerade durch,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

was hier andere Finanzminister produzieren.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Wird schon.)

Wird schon, danke.

Herr Kowalleck hat es richtig gesagt, es ist kein Reformschritt, der gerade bei dem Thema Senkungen oder was auch immer mit Lohn- und Einkommensteuer gemacht wird. Ich finde es auch richtig, die Hälfte will ich auch glauben, Herr Recknagel, dass natürlich die Leistungserwartungen an den Staat auf was Sie gern schauen -, aber auch die Vorstellung von angemessener Belastung, die Ihre Klientel hegt, ist durchaus kritisierungsfähig. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Die Besserverdienenden in Deutschland hatten in den letzten zehn Jahren deutlich höhere Realeinkommenszuwächse als die arbeitende Bevölkerung.

(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Insbe- sondere 2008/2009.)

Insbesondere alle die, die Einkommen bezogen haben aus Nichterwerbstätigkeit, auch Mieten und Pachten zählen dazu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wollen Sie aber auch nicht hören, ist aber trotzdem richtig. Und dass Menschen über 65.000 € in Thüringen „zu den Reichen“ zählen müssen, ergibt sich aus der Statistik. Ich glaube, dass sind noch 7

oder 8 Prozent der Menschen, die in Thüringen noch so ein Einkommen erzielen, ja, wenn man die nicht zu den Reichen zählt, da können Sie auch 60.000 € als Grenze nehmen, das spielt doch keine Rolle. Dass wir hier zu den Wohlhabenden zu rechnen sind, das ist doch keine Frage, die man nicht aussprechen kann, das ist eine Tatsache.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ja, natürlich dann die Unterstellung, dass die jetzt noch 2 Prozent Spitzensteuersatz sparen wollten, weil sie nicht zu den 65.000 gehören bei der LINKEN, das sehe ich auch so. Die sind so, das traue ich denen auch zu, Herr Recknagel.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Das würde ich ohne Weiteres auch glauben. Also das ist doch - entschuldigen Sie bitte. Ich werde jetzt keine Worte verwenden, die mir einen Ordnungsruf bringen. Ich bin der Einzige, der heute vielleicht keinen bekommen hat. Mal schauen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Noch nicht.)