Protocol of the Session on January 25, 2012

Die Sonne scheint in Thüringen nun mal nicht am meisten, auch wenn wir das gern haben und es zurzeit der Fall ist. Wir müssen einfach die Realitäten, die Naturgesetze hier akzeptieren, der Apfel fällt vom Stamm auf den Boden und nicht nach oben.

Wir hatten in Deutschland einen Weltmarktanteil von 50 Prozent, als die Produktionsziele noch in weitaus geringerem Maß erfüllt worden sind. Jetzt, wo sie übererfüllt worden sind, haben wir die Produktion im asiatischen Raum so gefördert und mit Subventionen unterstützt, dass jetzt unsere Industrie in die Knie geht. Das ist die Wahrheit, so herum muss man das Pferd aufzäumen und nicht anders.

(Beifall FDP)

Die Förderung nach EEG ist der Alptraum, ist der Grund für den Niedergang der Solarbranchen und nicht umgekehrt.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gut, dass Sie uns das er- klären.)

Der Realität müssen Sie sich stellen und endlich realisieren, ansonsten bewegen wir uns mit der Förderung der Fotovoltaik dahin, die Steinkohleprobleme des 21. Jahrhunderts nachzuvollziehen.

(Beifall FDP)

Wenn wir hier hergehen und selbst herstellen und sagen, jetzt wollen wir mal dem Chinesen vorschreiben, wie er es zu machen hat; Sie kennen ja

(Abg. Hellmann)

das Sprichwort, der berühmte Sack Reis, der in China umfällt, der kümmert uns wenig. Glauben Sie mir, den Chinesen interessiert auch relativ wenig, wenn eine Bratwurst hier vom Rost fällt. Aber der Weltmarkt funktioniert so und wir müssen uns darauf einstellen und wir werden es nicht zulassen, es weiter zulasten der Verbraucher zu machen, die im Maße belastet sind. Viele Mittelständler haben die letzten Tage mit mir gesprochen, sie haben weniger verbraucht im abgelaufenen Jahr insbesondere durch den milderen Winter November/Dezember, haben aber trotzdem 10, 15, 20 Prozent mehr auf ihren Energierechnungen gehabt. Wo soll der Irrsinn denn noch enden?

(Beifall FDP)

Für den deutschen Solarproduzenten heißt das nichts anderes und damit auch für uns als politische Aufgabe, wir müssen diesen notwendigen Konsolidierungsprozess auf der Welt betrachten, begleiten und damit unterstützen, was politisch möglich ist. Wir müssen uns darauf konzentrieren, dass wir Forschung und Intensivierung der Nutzung unterstützen können, damit Solarstrom in unseren Breitengraden mehr Sinn macht, wenn man hier daraus erneuerbare Energien produziert.

Es hat aber keinen Zweck, sterbende Industriezweige hier fortzufinanzieren, denn der Subventionsirrsinn muss ein Ende haben. Wir wollen auf konsolidierte Haushalte hin, wir wollen solide Haushalte aufstellen und da hat es keinen Zweck, dass wir Sie wissen, in Deutschland zahlen wir 164 Mrd. € an Subventionen -, wenn wir dahin kommen, zukunftsfähig für unsere Kinder etwas zu machen und Haushalte auf andere Füße zu stellen, dann müssen wir aus dem Subventionsirrsinn herauskommen.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist das, was in die Atom- industrie geflossen ist.)

Damit sollten wir heute anfangen. Wir können kein Geld zurückholen, was wir schon ausgegeben haben, aber wir können verhindern, dass in Zukunft dieser Irrsinn perpetuiert wird.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das, was Sie ausgegeben ha- ben.)

Zu Otto Lilienthal: Wenn wir Otto Lilienthal so viel Geld gegeben hätten, wie wir den vermeintlichen heute zukunftsfähigen Industriezweigen weiter hinterherwerfen wollen, dann würden wir uns heute noch in Flugkisten bewegen, die Flugzeuge würden so aussehen, wie wir das aus witzigen Filmen der 50er- und 60er-Jahre kennen.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Stopp dem Subventionsirrsinn auf dem Weg zu soliden und schuldenfreien Haushalten, da müssen auch Industriezweige ihren Beitrag leisten. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Redemeldungen. Die Landesregierung wünscht das Wort. Bitte schön, Herr Staatssekretär Staschewski.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte daran erinnern, es gab und gibt - davon gehe ich aus - einen breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens, der im Sommer 2011 vereinbart wurde, und zwar den Konsens, einen Weg zu einer grundlegenden Energiewende jenseits der Atomenergie zu beschreiten. Ich erlaube mir hier zu sagen: Diese Atomenergie war über Jahrzehnte lang ein Zweig, der massiv subventioniert wurde und meines Erachtens war das Wahnsinn und Irrsinn.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir diesen Weg gehen wollen, einen nachhaltigen, sicheren und bezahlbaren Energiemix für Thüringen und Deutschland aufzubauen und das Tempo für den Umstieg auf erneuerbare Energien zu erhöhen, das bedeutet, wer eine sichere, klimafreundliche und innovative Energieversorgung will, der muss eben auch auf verschiedenen Gebieten endlich handeln. Die Solarwirtschaft leistet einen entscheidenden Beitrag für eine erfolgreiche Energiewende. Die Solarwirtschaft ist eine zentrale Zukunftsindustrie, deren Potenzial im Übrigen bei weitem noch gar nicht ausgeschöpft ist. Was mich schon wundert, was der eine oder andere, glaube ich, hier vergisst, ist, dass Thüringen mit seiner hoch innovativen Solarindustrie eben ein top Standort der Branche in Deutschland ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Unternehmen der Solarbranche in Thüringen übrigens - das haben wir nicht in allen Bereichen -, decken nahezu die gesamte Wertschöpfungskette ab. Die wirtschaftlichen Rahmendaten können sich sehen lassen. Wir haben etwa 80 Unternehmen im Bereich der Herstellung und Zulieferung mit mehr als 5.000 Beschäftigten, die über 1 Mrd. € Umsatz im Jahr erwirtschaften. Wir haben fünf Forschungseinrichtungen an fünf Hochschulen. Dazu kommen

(Abg. Kemmerich)

die Unternehmen im Bereich der PV-Anwendung, wie Planungsbüros und - was auch nicht unwichtig ist - eine Reihe von Handwerksbetrieben der Heizung, Sanitär, Dachdecker und des Elektrohandwerks, die maßgeblich von dieser Solarbranche profitieren.

Allein im Kammerbezirk Erfurt sind etwa 370 Mitgliedsunternehmen im PV-Bereich aktiv. Wir wollen nicht, dass diese Mitglieder in unseren Kammerbezirken darunter leiden, dass sinnlos Kürzungen vollzogen werden zum Schaden der deutschen Wirtschaft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was sind jetzt die Ursachen der Entwicklung? Wir haben zwei Felder. Das erste Feld ist auf dem internationalen Markt zu sehen. Ja, es stimmt, wir haben weltweit Überkapazitäten, insbesondere im asiatischen Raum. Die werden übrigens noch weiter ausgebaut. Ja, es stimmt, wir haben trotz gewaltigen Ertragseinbruchs bei chinesischen Herstellern im II., III. und IV. Quartal 2011 und einer massiv wachsenden Verschuldung chinesischer PV-Produzenten trotzdem noch eine aggressive Preispolitik. Infolge dieser staatlichen Subventionen, insbesondere für chinesische PV-Anbieter, führt dies zu dramatischen Wettbewerbsverzerrungen. Hinzu kommen aber die hausgemachten Probleme in Deutschland, insbesondere die, die unser Bundeswirtschaftsminister uns bereitet; so zum Beispiel die Änderungen am EEG und das unkalkulierbare überproportionale Kürzen der PV-Einspeisevergütung, die seit 2008 mehr als halbiert wurde. Der Degressionssatz stieg von 5 Prozent in 2008 auf fast 25 Prozent in 2010 und soll 2012 fast 30 Prozent betragen. Dazu diese unberechenbare Diskussion über die künftige Förderpolitik in Deutschland.

Erst heute hat Herr Rösler, obwohl er gar nicht zuständig ist, ein Eckpunktepapier vorgelegt und hat seinen Kabinettskollegen Röttgen düpiert damit. Das verunsichert die Branche. So geht man auch nicht miteinander um. Die vom Bundeswirtschaftsminister Rösler geplante Deckelung und Kürzung der Solarförderung kommt einem Abbruchkonzept der deutschen Solarindustrie gleich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Rösler gefährdet damit massiv die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und damit auch Tausende Arbeitsplätze.

(Beifall SPD)

Ein Beispiel dieser Politik von Herrn Rösler ist es, dass am 31. März die SCHOTT Solar Wafer GmbH ihren Standort in Jena schließen muss. Er ist daran schuld. Davon sind 292 Beschäftigte vor Ort betroffen hier in Thüringen. Das ist ein Skandal.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nicht nur der Fall SCHOTT zeigt deutlich, dass die bisherige Entwicklung gestoppt werden muss, um endlich faire Wettbewerbsbedingungen und langfristig kalkulierbare Rahmenbedingungen zu erhalten. Kürzungen allein sind kein Konzept. Notwendig sind fairer Wettbewerb, massive Investitionen in Forschung und Entwicklung und Zugang eben auch zu den asiatischen Märkten. Darum muss sich ein Bundeswirtschaftsminister kümmern.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der PV-Branche in Deutschland zu sichern, muss insbesondere die Innovationskraft gestärkt werden. Dabei müssen wir uns darüber bewusst sein, die Solarbranche ist eine Schlüsselindustrie gerade für die neuen Länder.

Meine Damen und Herren, wir haben den Thüringer Solargipfel im Wirtschaftsministerium gehabt. Am 18. Januar war der Auftakt für einen regelmäßigen Branchendialog mit Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen der Solarbranche in Deutschland. Wir wollen uns von Thüringen aus in die Diskussion zur Umsetzung der Energiewende und zur Sicherung der erneuerbaren Energiebranche auch hier weiter einbringen. Da sind wir uns einig mit den Vertretern der Thüringer Solarbranche. Vielleicht kann ich mal kurz die Punkte sagen, die hier vereinbart wurden, die im Gegenteil zu den Überlegungen des Bundeswirtschaftsministers sehr konkret und sehr in die Zukunft gerichtet sind.

1. Wir fordern die Bundesregierung auf - und „wir“ heißt die Vertreter der Solarbrache sowie andere gesellschaftlich relevante Menschen -, verlässliche und stabile Vergütungsregelungen im EEG zu schaffen sowie eine Ablehnung der Deckelung des PV-Zubaus;

2. Einwirkung der Bundesregierung auf faire Wettbewerbsbedingungen im PV-Herstellermarkt;

3. Erhöhung des Anteils der Investitionen F+E;

4. dem Ausbau der Fotovoltaik muss ein noch stärkeres Gewicht beigemessen werden zur Erreichung der Landesziele, beim Ausbau von EE bis 2020 müssen zur Verfügung stehende Flächen für Solarparks schneller identifiziert und Investoren zugänglich gemacht werden;

5. die Forderung an die Gemeinden, Städte und Landkreise, ihrer Vorbildwirkung beim Ausbau der erneuerbaren Energien stärker gerecht zu werden, da ist übrigens das Tausend-Dächer-Programm ein ganz wichtiger Baustein, damit wir auch Vorbildwirkung für Private haben;

6. die Landesregierung wird hier auch aufgefordert, die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen bei der Umsetzung kommunaler Energiekonzepte durch Aufhebung der Restriktionen in der Kommunalordnung zu verbessern;

(Staatssekretär Staschewski)

7. zum wesentlichen Baustein im Energiesystem der Zukunft muss Fotovoltaik entwickelt werden.

Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich mit der Solarbranche und den betroffenen Bundesländern über ein Konzept zur Sicherung der Zukunft dieser Branche zu sprechen.