Protocol of the Session on December 15, 2011

(Beifall FDP)

Jetzt möchte ich noch kurz einen anderen Gedanken aufgreifen. Herr Kollege Kuschel, Sie haben vorhin das Thema der steuerlichen Einnahmen benannt. Ich weiß nicht, ob Ihnen die AKEL ein Begriff ist. Die AKEL ist eine linke Partei auf Zypern, die sich ausdrücklich als kommunistische Partei gegründet hat. Ich hatte im September Gelegenheit, mit Herrn Omiru, dem Parlamentspräsidenten auf Zypern, zu sprechen. Das ist ein Mitglied der AKEL. Die AKEL als Regierungspartei in Zypern freut sich darüber, dass sie nach wie vor einen Steuersatz von 10 Prozent halten. Sie freuen sich über die vielen anderen Unternehmen aus anderen Ländern in Europa, nämlich auch aus Deutschland, insbesondere was große deutsche Reedereien anbelangt. Sie freuen sich über das soziale Engagement deutscher Reedereien auf Zypern, die nämlich, weil sie Steuern übrig behalten, bereit sind, etwas für das Gemeinwesen zu tun. Das sind Gedanken, Herr Kollege Kuschel, die sollten Sie sich einfach mal bei Ihren Genossen in Zypern erklären lassen. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Die Komin- tern hat auch schon mal besser funktioniert.)

Danke, Herr Abgeordneter Bergner. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir führen jetzt eine Diskussion fort, die schon in der Grundsatz- oder Generalaussprache begonnen hat, insofern will ich, anders als Herr Kollege Bergner, nicht noch einmal das wiederholen, was da schon gesagt wurde, sondern aus Effizienzgründen - wir haben noch ein großes Programm nur auf einige ausgewählte Dinge eingehen. Sie wissen, unsere Fraktion lehnt grundsätzlich den Kommunalen Finanzausgleich in seiner jetzigen Form ab. Das haben wir schon des Öfteren begründet. Ich möchte noch ein paar ergänzende Argumente vortragen, mit denen sich dann sicherlich auch der Finanzminister in seiner Erwiderung auseinandersetzen kann. Das macht so eine Debatte spannend auch für die Gäste und Zuschauer hier im Saal oder im Netz. Ich möchte den Ausgangspunkt wählen, und zwar die Steuerschwäche der Thüringer Kommunen. In der gesamten Diskussion hat das bisher immer nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

Unsere Kommunen haben etwa Einnahmen von 4,6 Mrd. €, auch Ausgaben in dieser Größenordnung, haben aber tatsächlich eigene Steuereinnahmen von nur rund 20 Prozent, 1,1 bis 1,2 Mrd. €. Das heißt, die kommunale Steuerquote beträgt ganze 20 Prozent. In den alten Bundesländern liegt die im Regelfall bei 30, 35 Prozent. Das hat etwas mit der Steuerstruktur zu tun, weil die kommunalen Steuern eben einkommens- und wirtschaftsdominiert sind und wir nach wie vor beim Einkommen und auch bei der Wirtschaftskraft im Vergleich zu den alten Bundesländern hinterherhängen. Demgegenüber, neben dieser Steuerschwäche, haben wir eine hohe Dominanz der Landeszuweisungen. 60 Prozent der kommunalen Einnahmen resultieren aus Landeszuweisungen. Das macht die hohe Abhängigkeit deutlich. Deshalb entsteht auch diese sehr intensive Auseinandersetzung, weil jede Streichung bei den Landeszuweisungen sich besonders spürbar auf der kommunalen Ebene auswirkt, weil die kommunale Steuerkraft so gering ist und eigene Gestaltungsspielräume da nur sehr begrenzt bestehen.

Ein zweiter Fakt, der in der Diskussion immer nur eine untergeordnete Rolle spielt: Bereits im Jahre 2011 waren 40 Prozent der Kommunen, also rund

(Abg. Bergner)

400 Prozent der Gemeinden, nicht in der Lage, ihren Verwaltungshaushalt nach den Vorgaben des Haushaltsrechts auszugleichen. Das heißt, in den Verwaltungshaushalten konnte die Mindestzuführung zu dem Vermögenshaushalt in Höhe der ordentlichen Tilgung nicht vollständig erwirtschaftet werden. Der Haushalt war zwar insgesamt ausgeglichen, aber diese Kennziffer für Leistungskraft, nämlich dass im Verwaltungshaushalt mindestens die Tilgung erwirtschaftet wird, konnten schon 400 Gemeinden nicht erfüllen. Insofern ist das ein Beleg dafür, dass wir doch in einer komplizierten Situation sind. Unbestritten gibt es manchmal auch differenzierte Betrachtungen und die Steuerkraft ist unterschiedlich und manche Gemeinden jammern auf hohem Niveau. Aber das müssen wir bitte zur Kenntnis nehmen. Da hat ja Herr Höhn heute Morgen gefragt, warum zum Beispiel Kommunen diese Resolution unterschrieben haben, die gar keine Schlüsselzuweisungen erhalten. Das muss nun Herr Höhn entweder hören oder im Protokoll nachlesen oder Herr Hey sagt es ihm,

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ich sage es ihm.)

in der Resolution ging es auch um andere Elemente des Finanzausgleichs, zum Beispiel das Problem der „Reichensteuer“ - dazu komme ich dann noch einmal -, also dieser Finanzausgleichsumlage. Deswegen haben natürlich auch Gemeinden, die keine Schlüsselzuweisungen erhalten, sich an dieser Resolution beteiligt, weil sie dort bestimmte Gefährdungspotenziale sehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Lehmann hat heute morgen darauf verwiesen, die Landkreise bekommen jetzt 15 Mio. € weniger Kürzungen - da bitte ich übrigens Sie, Herr Hey, Sie sind sonst ein sehr korrekter Kollege - und auch Sie haben formuliert, weitere 60 Mio. € bekommen die Kommunen. Das stimmt nicht. Wir kürzen jetzt nur noch 133 Mio. €. Wir haben ja erst 193 Mio. € weggenommen, jetzt wieder 60 Mio. € daraufgelegt. Ihre Frau wäre beim Haushaltsgeld sehr unzufrieden, wenn Sie eine vergleichbare Rechnung anstellen würden, wenn Sie ihr erst etwas wegnehmen.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Er ist alleinstehend.)

Wahrscheinlich weil Sie so rechnen, sind Sie noch allein, weil dann keine Frau mit Ihnen die Haushaltskasse teilen will.

Also 133 Mio. € kürzen wir. Das sind die Fakten. Von Ihnen erwarte ich das. Ich meine, wenn Herr Fiedler und Frau Lehmann hier so unkorrekt sind, dann ist das schon traditionell, aber Sie waren bisher immer ein korrekter Kollege.

Frau Lehmann, auch wenn Sie sagen, Sie legen bei den Landkreisen wieder 15 Mio. € drauf, das heißt, Sie kürzen bei denen nur noch 50 Mio. €, nicht

mehr 65 Mio. € und Sie erwarten, dass sich das nicht auf die Kreisumlage durchschlägt, also dass die Landkreise die Kreisumlage nicht antasten oder weniger antasten, dann hätten Sie doch aber unseren Vorschlag im Ausschuss aufgreifen können. Wir haben ein sogenanntes Kreisumlagenmoratorium vorgeschlagen, in dem wir gesagt haben, liebe Leute, die kreisangehörigen Gemeinden werden doppelt belastet. Wir kürzen bei ihnen die Schlüsselzuweisungen und es besteht die Gefahr, dass die Landkreise sich jetzt zumindest einen Teil der noch 50 Mio. €, die denen fehlen, über die Kreisumlage wieder holen. Wir haben auch Vorschläge unterbreitet, wie man das für die Landkreise so abfedern kann, dass sie eben nicht in die Schieflage kommen.

Übrigens eine dritte Verwerfung, Herr Finanzminister, auf der kommunalen Ebene sind die Kreishaushalte. Es darf uns nicht mehr unberührt lassen, dass inzwischen bei den Kreishaushalten nahezu 60 Prozent der Ausgaben im sozialen Bereich anfallen und damit die Gestaltungsspielräume für andere Bereiche, was Kreisstraßen betrifft, was die Schulträgerschaft betrifft, immer enger werden. Die Landkreise haben aber de facto keine Möglichkeit, auf diesen Bereich der Sozialausgaben aktiv selbst Einfluss zu nehmen, weil sie keine geeigneten Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik mehr haben. Es gab mal einen GRÜNEN-Politiker Trittin, der hat aus meiner Sicht zutreffend formuliert, dass die Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen die Endlagerstätten der Arbeitslosigkeit sind. Das ist sicherlich zugespitzt, aber darin ist viel Wahrheit. Mit dieser Verwerfung müssen wir uns auseinandersetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Höhn hat heute früh formuliert, die Mehreinnahmen von 17 Mio. € verbleiben in den Gemeinden. Das ist sicherlich ein erster richtiger Schritt, aber, Herr Finanzminister, wir sind uns dort einig, die Einnahmeseite steht bei uns gar nicht so in der Kritik, sondern in erster Linie geht es um die Ausgaben, die die Kommunen zu leisten haben. Da hat es wenig Sinn, immer nur zu sagen, die 17 Mio. € können die Gemeinden behalten. Wir müssen uns mit den Aufgabenkatalogen auseinandersetzen. Dort setzt unsere Kritik an, dass bei der Ermittlung der Kosten für den Bereich der Ausgaben die gemeindlichen, tatsächlichen Aufwendungen aus unserer Sicht nicht immer ordnungsgemäß abgebildet wurden.

Ich mache das an einem Beispiel fest, das kennen Sie selbst, die Vorlage stammt ja aus Ihrem Hause. Sie unterstellen einfach, dass es auf der kommunalen Ebene keine Investitionsbedarfe mehr in der Größenordnung gibt wie bisher, und ziehen dort im zweistelligen Millionenbereich einfach Gelder ab. Jeder der sich durch unsere Kommunen bewegt, weiß, es ist ein neuer Investitionsstau entstanden. Das Difu hat den Investitionsbedarf mit jährlich

1,5 Mrd. € angegeben. Tatsächlich investieren die Kommunen 800 Mio. €. Da tut sich ein Problem auf, das in fünf bis zehn Jahren dann auch wieder sichtbar wird. Sichtbar, zurzeit bröckeln nur Fassaden, aber in 10 bis 15 Jahren ist dann auch die technische Infrastruktur verschlissen. Wer schon Kommunalpolitik vor 1989 gemacht hat, weiß, wohin das führt, wenn kommunale Infrastruktur nicht erhalten bleibt. Sie zerfällt dann in einem Maße, da ist sie nicht mehr zu retten und die Investitionsaufwendungen sind viel höher.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das wissen auch die, die die Pannen der Kommunalpoli- tik damals ertragen mussten.)

Ja, auch das, natürlich, die Bürger hatten die Folgen zu tragen, der Hinweis ist richtig, Herr Bergner.

Zwei weitere Aspekte zur inneren Struktur des Finanzausgleichs, zum Problem der „Reichensteuer“ oder Finanzausgleichsumlage, wie es fiskalisch korrekt heißt: Wir stehen einem solchen Modell relativ offen gegenüber, sind aber auch davon überzeugt, Ihr Ansatz, dass bereits nach Erreichen der Bedarfsmesszahl 30 Prozent abzuführen sind, führte bei einigen Gemeinden tatsächlich dazu, dass sie wieder in den Bereich der Schuldenzuweisung zurückfallen. Deswegen haben wir einen anderen Vorschlag gemacht, der vernünftig ist, der auch eine gewisse Progression beinhaltet, und sagt, wer eine überproportionale..., also noch mehr hat, soll etwas mehr abführen.

Zu den Kollegen der FDP: Sie müssten zur Kenntnis nehmen, dass ein Teil der 43 Gemeinden aus raumordnerischen und landesplanerischen Erwägungen heraus über diese Steuerkraft verfügt. Der eigene kommunale Anteil hält sich in Grenzen. Ich sage mal, Hohenwarte profitiert davon, dass in den 60er-Jahren dort ein Pumpspeicherwerk errichtet wurde, das jetzt Vattenfall betreibt. Burgk oder z.B. die Gemeinde Goldisthal profitieren auch davon, dass dort Infrastrukturentscheidungen getroffen wurden, die hat nicht die Gemeinde getroffen, sondern die haben andere getroffen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Aber ein Teil dieser Gemeinden hat so viele Schulden, dass sie das Geld zum Schuldenabbau brau- chen.)

Von daher halten wir das für nicht schlecht. Sie zementieren mit dem Finanzausgleich die gegenwärtige Kleingliedrigkeit, indem Sie den Ausgleichssatz von 70 auf 80 Prozent erhöhen, durch die „Reichensteuer“ und auch den Wegfall der Fusionsprämie. Damit entziehen Sie steuerschwachen Gemeinden ein Druckpotenzial, sich um neue Strukturen zu bemühen und zu kümmern. Auch das finden wir nicht in Ordnung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Urteil des Verfassungsgerichts habe ich mich schon

heute Morgen geäußert. Noch eine abschließende Bemerkung, was die Einnahmen und die Ermittlungen betrifft: Wir halten auch dort die Heranziehung fiktiver Hebesätze für zulässig. Wir fordern nur, dass den Gemeinden ausreichend Zeit bleibt, mit den Betroffenen eine Diskussion zu führen, damit die Argumente der FDP eben nicht auf fruchtbaren Boden stoßen, weil dort Ängste geschürt werden, die unberechtigt sind. Sie wissen das, bis zum Hebesatz von 400 Prozent bei der Gewerbesteuer wird der Einzelunternehmer überhaupt nicht zusätzlich belastet. Er kann es vollständig mit der Einkommenssteuer verrechnen. Es ärgert mich immer wieder, dass Sie durch das Land ziehen und Ängste schüren!

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich habe die willkürlichen Ansätze kritisiert und keine Ängste geschürt.)

Wir wissen, dass sich viele Gewerbetreibende auch mit dem Parteibuch der LINKEN - an uns wenden und verunsichert sind. Deswegen sage ich Ihnen, Herr Finanzminister, wir brauchen Zeit, um mit den Betroffenen darüber zu reden. Sie haben uns durchaus auf der Seite, wenn es darum geht, diesen Hebesatz dort festzuschreiben, er ist jetzt festgeschrieben, aber diese Zeit zur Diskussion brauchen die Kommunen. Auch bei dem, was die Grundsteuer betrifft, bitte ich um ein Maß der Versachlichung. Wir wissen, das ist umlagefähig auf die Miete und trifft natürlich auch eine Klientel, für die wir Politik machen. Aber, es gibt bei den Betriebskosten ganz andere Preistreiber, das sind die Heizkosten, das sind die Gebühren für Abfall, Wasser und Abwasser. Die Grundgebühren machen ganze 3,7 Prozent an den Betriebskosten aus. Deswegen sagen wir, auch dort brauchen wir Zeit. Wir sehen noch eine Reserve, das ist die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen. Dort sehen wir tatsächlich auch Möglichkeiten, zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften. Da muss aber die Landesregierung tatsächlich einmal auf Herrn Machnig hören, und wenn ich das sage, ist das durchaus überzeugend, denn ich stimme Herrn Machnig nicht immer zu. Aber in dem Punkt hat er recht, wir müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen zumindest so gestalten, dass die Kommunen auch finanzielle Erträge aus der wirtschaftlichen Betätigung für ihren Haushalt sicher vereinnahmen können. Damit erhöhen wir Leistungskraft, das geht nicht in den jetztigen Strukturen.

Zum Entschließungsantrag von CDU und SPD, was die Gemeindeneugliederung betrifft, werde ich mich morgen Vormittag äußern, denn da haben wir das Thema Gebietsreform. Herr Hey hat das „einen fabelhaften Entschließungsantrag“ genannt. Wenn ich das sinngemäß übersetze, „Fabel“, das wird übersetzt mit „Legende, Sage und Märchen“, aber ich bin überzeugt, in dem Fall waren Sie wieder ehrlich. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter Kuschel. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Pidde für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn wir über Haushaltskonsolidierung sprechen, dann wird von liberalen und konservativen Politikern in der Regel nur die Ausgabenseite gemeint. Zur Haushaltskonsolidierung gehört aber auch, die möglichen eigenen Einnahmen zu beschaffen. Wenn wir in den Einzelplan 17 schauen, dann bilden die Steuereinnahmen dort ein zentrales Element und das sind für das nächste Jahr sehr positive Zahlen. Das ist eine Frage der wirtschaftlichen Entwicklung, es ist aber auch eine Frage der Steuerpolitik. In der Hinsicht freue ich mich, dass sich die Koalitionsfraktionen in ihrem Entschließungsantrag darauf geeinigt haben, sich für die Finanztransaktionssteuer im Bund einzusetzen. Das ist ganz wichtig.

Die Schere zwischen arm und reich ist in den letzten Jahren stark auseinandergegangen, deshalb würde ich mir wünschen, dass auch die Erbschaftsteuer und die Vermögensteuer wieder angepackt werden. Wir sehen allerdings mit Sorge, dass die Steuerpolitik der Bundesregierung einen anderen Weg geht. Die jetzigen Pläne, die vorgelegt worden sind, werden die Steuerzahler im Durchschnitt um 2 € pro Monat entlasten. Je höher das Jahresgehalt, desto höher ist auch die Einsparung. Insofern wird das nicht dazu beitragen, dass die Schere sich schließt, sondern das Gegenteil wird eintreten. Deshalb halte ich das für einen falschen Weg, insbesondere aber auch, weil der Bund angesichts einer Rekordschuldenaufnahme auf der einen Seite auf der anderen Seite noch einmal 6 Mrd. € mit der Gießkanne ausschütten will. Ich habe große Zweifel, ob es überhaupt positive Effekte erzielt, allerdings wird es zu zusätzlichen Löchern in den öffentlichen Haushalten und auch bei uns in Thüringen führen.

Nun aber zurück zu den positiven Zahlen, die wir jetzt noch im Haushalt 2012 haben. Mit der November-Steuerschätzung wurden noch einmal 55 Mio. € zusätzliche Einnahmen prognostiziert. Mein Kollege Matthias Hey hat schon darauf hingewiesen, dass wir diese Mittel noch verstärkt an die Kommunen geben wollen. Die erhöhten Steuereinnahmen 2011 führen dazu, dass weniger Schulden aufgenommen werden müssen. Die Höhe kann man im Moment noch nicht sagen. Der Finanzminister weist zu Recht auf die Mehrausgaben aus gesetzlichen Leistungen in diesem Jahr hin. Der größte Brocken - ich will es nur einmal sagen - sind 49 Mio. € für

die Sonder- und Zusatzversorgungssysteme, die mehr anfallen als geplant für dieses Jahr. Die Linkspartei nimmt auch gerade diesen Posten als Deckungsquelle für eine ganze Reihe von Anträgen. Wenn wir gesetzliche Leistungen aber unterveranschlagen, dann haben wir damit nichts gekonnt, wir müssen das im Jahr später dann ausbügeln.

Meine Damen und Herren, Haushaltskonsolidierung, habe ich gesagt, heißt insbesondere auch solide Einnahmen. Wir verlangen von den Kommunen, dass sie diese mit fiktiven Hebesätzen erzielen. Bei der Grund- und Gewerbesteuer wird da der Druck aufgebaut, gleicher Maßstab muss natürlich auch für das eigene Handeln gelten. Folgerichtig ist es, dass wir den Prozentsatz der Grunderwerbsteuer geändert haben. In anderen Bereichen gibt es aber durchaus Handlungsbedarf. Als Beispiel will ich die Grundsteuer B nennen. Hier wird das Problem seit 20 Jahren immer wieder vor sich hergetragen. Da die Grundsteuer B auch vom Wert der Bebauung eines Grundstücks abhängig ist, muss bei Veränderungen an der Bebauung ein neuer Wert ermittelt werden. Es mangelt aber an Bausachverständigen bzw. Gutachtern in den Thüringer Finanzämtern, so dass diese seit Mitte der 90erJahre einen Berg unerledigter Fälle vor sich herschieben. Städte und Gemeinden haben theoretisch und auch praktisch die Möglichkeit, den Wert der Bebauung zu schätzen. Die meisten Kommunen machen davon aber keinen Gebrauch. Warum wohl? In den kleinen Verwaltungen steht nicht das geeignete Personal zur Verfügung. Es wäre notwendig, dass dieses über eine entsprechende Qualifikation und auch über eine gewisse Spezialisierung verfügt. Nur ein kleiner Bereich ist das, diese kleingliedrige kommunale Struktur, was sie für Nachteile hat. Das hat natürlich auch seine Folge Einnahmeverluste in Millionenhöhe bei den Thüringer Kommunen. Die Folge daraus, was die angemessene kommunale Finanzausstattung angeht, wir müssen sie durch Mehrausgaben des Landes ausgleichen. Das ist - in Richtung Koalitionspartner gesagt - ein Punkt, bei dem dringend Handlungsbedarf besteht.

Jahrelang haben wir darüber diskutiert, wie es mit der Personalausstattung der Steuerprüfdienste und der Steuerfahndung steht. Das ist ganz entscheidend für die Verbesserung der Einnahmesituation des Freistaats. Inzwischen sind dort Schritte auf dem richtigen Weg gegangen worden. Die Amtsbetriebsprüfung wurde eingeführt und jetzt haben wir jüngst Umstrukturierungen in der Steuerverwaltung, die eine Stärkung der Steuerfahndung und der Hauptbetriebsprüfung vorsieht. Größere Strukturen führen hier zu einer besseren Auslastung, sie führen zu einer besseren Spezialisierung, sie führen zur Nutzung von Synergieeffekten.

(Abg. Kuschel)

Ich will jetzt nicht noch einmal das Wort Gebietsreform beim Koalitionspartner anmelden - was auf der einen Seite gilt, soll auf der anderen Seite nicht gelten. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf geeinigt, die Betriebsprüfung und Steuerfahndung zu verstärken. Das wird im Entschließungsantrag, der Ihnen vorliegt, jetzt noch einmal konkretisiert.

Im Einzelplan 17 haben wir auch die Sondervermögen und das ist nun ein weniger rühmliches Kapitel. Wenn die CDU-Fraktion sich rühmt, es gab Haushalte ohne Neuverschuldung, dann war das einerseits bei den exorbitanten Steuereinnahmen der damaligen Jahre kein Wunder. Andererseits sind natürlich zusätzliche Kredite in Millionenhöhe in den Sondervermögen aufgenommen worden. Ganz besonders der Bereich Beitragserstattung Wasserversorgung und Abwasserentsorgung fällt uns schwer auf die Füße. Die Mittelfristige Finanzplanung offenbart die Dimension der ansteigenden Verpflichtungen des Landes in diesem Bereich. Da geht es um sage und schreibe 2 Mrd. €, die aus einem Wahlversprechen zur Abschaffung der Wasserbeiträge resultieren. Ich weiß nicht, wie das finanziert werden soll. Der Schaden, der damals angerichtet wurde, ist viel größer als heute abzusehen. Wir werden uns mit Sicherheit noch oft damit beschäftigen.

Zur Mittelfristigen Finanzplanung nur noch einen Satz. Zur Personalkostenreduzierung ist aufgeführt: „Ziel ist es, die Anzahl der Landesbediensteten an die demographische Entwicklung anzupassen.“ Recht so, aber auf die Wechselwirkung mit der kommunalen Ebene kommt die Mittelfristige Finanzplanung an keiner Stelle zu sprechen. Ich glaube, das ist ein großes Manko. Denn genau hier liegt enormes Einsparungs- und Konsolidierungspotenzial.

Meine Damen und Herren, das wären meine Anmerkungen zum Einzelplan 17 und zur Mittelfristigen Finanzplanung. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Pidde. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren, einige Kleinigkeiten aus den Einzelplänen 06 und 17: Die Landesfinanzdirektion hat weniger Personal, dort wäre mehr eigentlich gar nicht schlecht. Wir finden es gut, dass es ein Ausbildungsplus für die Betriebsprüfer der Bundesbetriebsprüfung in Thüringen gibt, nicht weil wir etwas davon direkt hätten, die prüfen nicht uns, aber es lastet unsere Ausbildungskapazitäten aus. Solche

Kooperationen sollte es häufiger geben. Wir haben in den Debatten über den Haushalt bei Herrn Voß festgestellt, dass er sich bei den Beteiligungen und ihren Einnahmen sehr vorsichtig verhalten hat, was die Möglichkeiten angeht, sprich, er hat sie zu niedrig angesetzt.