Protocol of the Session on October 13, 2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Thüringen-Monitor zeigt die zentralen Baustellen. Jetzt geht es eigentlich darum, die Ärmel hochzukrempeln und loszulegen, stattdessen gab es aber in dieser Woche einfach nur wieder lächerlichen Zoff. Sie beschäftigen sich so unglaublich viel mit sich selbst, dass Sie gar nicht mitkriegen, was die Menschen von Ihnen wollen, wie es um sie bestellt ist, wie es ihnen geht. Sie rennen Ihnen im doppelten Sinne davon.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrte Damen und Herren, letztlich ist es den Menschen in Thüringen doch völlig egal, ob es jetzt das Jahr der CDU ist, wie es am Anfang des Jahres ausgerufen wurde, oder die Woche der SPD, die hier gerade überall plakatiert wird;

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

interessanterweise hat Ihre Woche 12 Tage.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir sind der Zeit voraus.)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die brauchen etwas länger.)

Es geht doch nicht darum, dass Sie sich Mut zureden. Reden Sie sich doch nicht immer selbst Mut zu, sondern hören Sie auf die mutigen Bürgerinnen und Bürger in Thüringen, die genau wissen, was für das Land richtig ist. Das ist der richtige Weg.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich fasse die fünf Handlungsempfehlungen aus unserer Sicht noch einmal zusammen. Wir stehen jederzeit bereit als GRÜNE für eine gute Politik in Thüringen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das will die SPD nicht verstehen, scheint mir.)

Das war zu verstehen.

Erstens, die Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgeht, muss ernst genommen werden. Wir müssen mehr tun, um unsere Demokratie zu stärken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweiter Punkt: Dafür ist es nötig, auch eine Willkommenskultur zu entwickeln. Ich habe Ihnen ein paar Punkte genannt, wie das aussehen kann und soll. Lassen Sie uns darüber debattieren, wie diese Willkommenskultur aussieht.

Dritter Punkt: Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung in der Politik, das ist der richtige Weg, weil unsere Bürgerinnen und Bürger klug sind, mutig sind und wissen, wo sie hinwollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vierter und fünfter Punkt gemeinsam: Eine Verwaltungsstruktur- und Gebietsreform plus die Einführung einer Schuldenbremse, das ist der richtige Weg für Thüringen. Das sind unsere fünf Handlungsempfehlungen, unser Angebot für eine gute, für eine zukunftsfähige Politik in diesem Land. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Höhn das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerpräsidentin, zunächst einmal persönlich herzlichen Dank für Ihre Regierungserklärung zum neuesten Thüringen-Monitor.

(Beifall CDU)

(Abg. Siegesmund)

Es wird Sie vielleicht verwundern, dass ich mit einem Zitat beginne, mit einem Menschen, der Ihnen zumindest parteilich bestens bekannt sein dürfte. Konrad Adenauer hat einmal gesagt: „Es gibt politische Notwendigkeiten, die so zwingend sind, dass sie sich auf lange Sicht durchsetzen müssen.“ Ich finde, bei der Lektüre des Thüringen-Monitors ist das genau die richtige Überschrift und vor allem, wenn ich mir das Kapitel „Sparen durch eine Gebietsreform?“ betrachte. Genau an dieser Stelle kommt mir der Satz in ganz besondere Erinnerung.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

63 Prozent der Befragten können sich demnach eine Fusion sogar mit dem benachbarten Bundesland vorstellen, da schauen wir mal, sage ich jetzt, 78 Prozent die Fusion des eigenen Kreises mit einem Nachbarkreis, schon erstaunlich, und 80 Prozent würden sogar einer Auflösung ihrer Heimatgemeinde oder ihres Landkreises zustimmen. Nun können manche sagen, ein wirklich überraschendes Ergebnis. Ich sage Ihnen, auch aus meiner ganz persönlichen Erfahrung - und Sie wissen ja sicher, ich bin ein glühender Vertreter des ländlichen Raumes -, es ist für mich nicht überraschend, wenn ich mich in meiner Region, im Land umhöre, was dieses Thema betrifft, glaube ich - und da komme ich nicht umhin, einen Satz, der heute schon mehrfach gefallen ist, zu wiederholen -, die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats, das hat dieser Thüringer-Monitor an dieser Stelle ganz deutlich gezeigt, sind klüger, sind weitsichtiger als so manche Politiker in diesem Hohen Haus.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich von einem Vorhaben zutiefst überzeugt bin, meine Damen und Herren, dann von dem, dass sich Thüringens Strukturen den veränderten Gegebenheiten anpassen müssen; sprich, immer weniger Einwohner, immer weniger Mittel von Bund und EU, Sie kennen das alles, dulden keine weiteren Verzögerungen auf diesem Weg. Die Bürger haben das erkannt und ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, auch mit Blick auf jüngste gestrige Verlautbarungen, die ich zur Kenntnis nehmen durfte, wer bei den Strukturreformen in Thüringen nicht aktiv und zügig reformiert, wird am Ende selbst reformiert. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, unter dem Titel „Staatsaufgaben und Staatsausgaben“ zeigt der diesjährige Monitor ein sehr differenziertes Bild unseres Landes. Es gibt Vorhersehbares, es gibt Überraschendes, manchmal auch völlig Unerwartetes. Auf jeden Fall bietet er viel Stoff und viel Gelegenheit, über wichtige gesellschaftliche Entwicklungen und vor allen Dingen die Art und Weise, wie die sich repräsentativ in den Auffassungen unserer Bürgerinnen und Bürger widerspiegeln, zu diskutieren. Am

Ende geht es darum, aus den Ergebnissen entsprechende Schlussfolgerungen für unsere politische Arbeit zu ziehen. Thüringen geht es gut, die Thüringer sind zufrieden, das sagt der Monitor. Das steht etwas im Widerspruch zu einer jüngst bundesweit veröffentlichten Studie, wonach die Thüringer vermeintlich die Unzufriedensten in Deutschland seien. Wenn man sich diese damalige Studie anschaut, dann kommt dieses Ergebnis aber in der Hauptsache wegen der Unzufriedenheit mit der Einkommenssituation der Thüringerinnen und Thüringer zustande und das verwundert mich nun wieder auch nicht. Wir haben die Wirtschaftskrise gemeistert. Der Wirtschaft geht es insgesamt wirklich gut. Die Exporte auch aus unserem Bundesland haben ihren Höchststand erreicht und die Arbeitslosenquote, das wurde heute auch schon mehrfach erwähnt, dennoch sage ich, hat einen historischen Tiefstand von 8,1 Prozent erreicht und über 61 Prozent der Thüringer bewerten ihre finanzielle Situation als gut. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger sind zu Recht stolz auf das Erreichte. Das ist zum einen ihrer eigenen fleißigen Arbeit zu verdanken, aber - und so selbstbewusst darf man an dieser Stelle auch sein - es stellt auch der Politik dieser Regierung und dieser Koalition ein positives Zeugnis aus. Auch das will ich an dieser Stelle nicht unter den Tisch kehren.

(Beifall SPD)

Der Thüringer-Monitor zeigt uns, dass die Bevölkerung von uns erwartet, dass die Staatsfinanzen wieder in Ordnung gebracht werden. Die Bürger erwarten klare Aussagen und klare Antworten auf anstehende Probleme. Unserer Bewertung nach spiegeln die Ergebnisse die Bereitschaft der Bevölkerung wider, dass Reformen notwendig sind und dass man demgegenüber bereit ist, dafür Bewährtes aufzugeben und sich in diesen Prozess einzubringen. Wir sind davon überzeugt, dass der Erfolg der vor uns stehenden, sicher schwierigen Reformen und Anpassungsprozesse in besonderem Maße davon abhängt, wie es gelingt, die Bevölkerung mit einzubinden.

Ich möchte an dieser Stelle auf einige konkrete Ergebnisse des Monitors eingehen, meine Damen und Herren. Wir können einschätzen, die politische Kultur in unserem Freistaat steht nach wie vor auf einem festen, auf einem guten Fundament. Unsere demokratische Grundordnung wird im ThüringenMonitor erneut von den Befragten als die beste Staatsform bestätigt. Viele empfinden aber, dass die Umsetzung der Demokratie in der Praxis unbefriedigend ist. Obwohl ein Anstieg um 10 Prozent seit 2008 auf jetzt 52 Prozent dieser Zufriedenheit zu verzeichnen ist, sind hier weitere deutliche Anstrengungen notwendig. Ich sage es ganz offen, erschreckt, ja entsetzt bin ich geradezu über die 33 Prozent, die als sogenannte Antidemokraten weit überproportional bereit sind, zur Erreichung ih

rer politischen Ziele auch Gewalt einzusetzen. Das sollte uns zu denken geben. Der Monitor verweist zwar auf einen Rückgang rechtsextrem motivierter Straftaten im Vergleich zu früheren Jahren, dem entgegen steht aber das Ergebnis der Studie, dass die rechtsextremen Einstellungen innerhalb der Bevölkerung nach Jahren der Degression dieser Kurve wieder deutlich zugenommen haben. Es wird damit deutlich, dass Aktivitäten im Bereich der Bekämpfung des Extremismus weiter notwendig sind. Die Tatsache, dass noch keine rechtsextremistische Partei hier den Einzug in diesen Thüringer Landtag geschafft hat, darf nicht zu einer Verharmlosung des Problems führen.

Es war deshalb richtig und vor allem wichtig, dass das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit als ein wirksames Mittel durch den Thüringer Landtag hier verabschiedet worden ist. Wir haben nun die Aufgabe, ihn mit Leben - ich sage auch an dieser Stelle ganz deutlich -, auch mit einem Stück Geld zu füllen, um diese Ziele, die ich aufgezeigt habe, zu erreichen. Wir sind davon überzeugt, dass mit der Stärkung unserer Demokratie, einer klaren und nachvollziehbaren Politik, die Bürgerinnen und Bürger aktiv einbindet, verlorenes Vertrauen in alle politischen Parteien zurückgewonnen werden kann. Denn das ist auch ein Ergebnis, dieses Vertrauen ist nach wie vor niedrig. Es bleibt also eine wichtige und entscheidende Aufgabe - um es mal, Frau Kollegin Siegesmund, mit Willy Brandt zu sagen -, mehr Demokratie zu wagen und der Politikverdrossenheit in unserem Land entgegenzuwirken.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb setzt sich die Sozialdemokratie in Deutschland auch für die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene ein. Wir halten das neue Medium Internet - also Internetforen für mehr Bürgerbeteiligung - bei wichtigen Gesetzgebungsvorhaben für eine wirksame Methode. Ich sage es auch an dieser Stelle ganz deutlich, zum Thema Wahlalter 16 auf kommunaler Ebene ist die Position der Thüringer SPD eindeutig. Auch das brauchen wir im Interesse einer politischen Mitwirkung, vor allen Dingen unserer Jugend in Thüringen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Investitionen in den Bildungs- und Hochschulsektor sind von erstrangiger Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit Thüringens und vor allem für die Sicherung des Fachkräftebedarfs im Freistaat. Diese Auffassung wird offenbar von der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung geteilt. Laut Thüringen-Monitor lehnen 96 Prozent der Befragten Kürzungen im Schulbereich, 95 Prozent Kürzungen in der Kinderbetreuung und 76 Prozent Kürzungen in der Hochschulförderung ab. In den

genannten drei Bereichen ist zudem die Akzeptanz von Mittelreduzierung am geringsten von allen. Deshalb, meine Damen und Herren, kann ich an dieser Stelle sagen, die Koalition in Thüringen folgt dieser Maxime, Investitionen im Bildungs- und Hochschulsektor Priorität einzuräumen. Das zeigt sich nicht zuletzt auch bei dem Entwurf des aktuellen Haushaltsentwurfs für 2012. Trotz der schwierigen Haushaltssituation bleibt der Bildungsetat auch ein Schwerpunkt dieser Koalition.

(Beifall CDU, SPD)

Damit wird dokumentiert, dass wir im Einklang mit der übergroßen Mehrheit der Thüringer die richtigen Weichen für eine nachhaltige Entwicklung und Sicherung des Fachkräftebedarfs im Freistaat stellen. Die Aussagen und Statistiken zur Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in Thüringen sind wohl durchaus eine der erfreulichsten Feststellungen dieser jüngsten Erhebung. Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit der Wiedervereinigung. Das ist eine gute Entwicklung. Viele Menschen bekommen inzwischen auch in Thüringen wieder eine neue Chance, ihr Geld hier zu verdienen. Ich kann aus meiner eigenen Region sagen, dass wir mittlerweile Pendelbewegungen auch wieder in umgekehrter Richtung haben. Bei uns gibt es Unternehmen, die aus Bayern ihre Arbeitskräfte rekrutieren. Diese Zahlen spiegeln auch das starke Engagement der Landesregierung auf dem sogenannten zweiten Arbeitsmarkt wider. Mit dem Landesarbeitsmarktprogramm konnten 7.000 Menschen in Beschäftigung gebracht werden. Für 13.000 Menschen, meine Damen und Herren, konnte das Programm der Bürgerarbeit zumindest zeitweilig eine Perspektive bieten und die Chancen für den ersten Arbeitsmarkt verbessern. Allerdings nicht aus dem Blick verlieren dürfen wir die Frage nach guter Arbeit, will heißen nach gut bezahlter Arbeit an dieser Stelle.

(Beifall SPD)

Nach wie vor rangieren die Durchschnittslöhne der Beschäftigten in Thüringen am Ende der nationalen Skala. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die Position und die gemeinsame Erklärung der Landesregierung mit einer - ich will es mal salopp formulieren - de facto Festsetzung einer Lohnuntergrenze in Thüringen. Dass die Angleichung von Löhnen zwischen Ost und West hier an dieser Stelle aktiv angegangen wird, soll hier positiv erwähnt werden.

(Beifall Abg. Bergemann, CDU)

Wir sind überzeugt, dass dieser Weg der richtige ist. Danke, Gustav Bergemann, für deinen zwar vereinzelten, aber ehrlich gemeinten Beifall.

(Beifall SPD)

Wir sind davon überzeugt, dass dieser Weg richtig ist, um die Menschen, insbesondere junge Men

schen, hier in Thüringen zu halten und möglicherweise auch wieder zurückzugewinnen.