Protocol of the Session on October 13, 2011

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Deswegen ist meine Immunität aufgehoben worden, weil Sie mich raushaben wollen.)

Sie können auch mit Immunität nach Kuba fliegen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie haben vielleicht ein Demokratieverständnis.)

Eine andere Frage ist die entscheidende und da stellt sich das Demokratieverständnis bei Ihrer Fraktion. Ich will darauf zu sprechen kommen. Die Gutachter haben gefragt: Können Sie sich vorstellen oder haben Sie es schon getan, Bahngleise zu blockieren, zu schottern, um es mit dem Kampfbegriff auszudrücken.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist etwas gänzlich an- deres, Herr Mohring.)

Ich komme gleich auf Sie zu sprechen. Von den 1.064 Befragten hatten null Thüringer gesagt, ich habe so etwas noch nie gemacht. Wenn man hier im Thüringer Landtag gefragt hätte, hätten mindestens zwei oder drei gesagt, ich habe das schon gemacht. Sie sollten nachdenken, ob Sie auf richtigem Fuße stehen.

(Beifall CDU, FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

Die Thüringer lehnen das ab, Gleise blockieren, zu schottern, Gewalt anzuwenden, Molotowcocktails zu werfen,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das lehnen wir übrigens auch ab, aber …)

sich mit Extremisten einzulassen. Die Demokratie in Thüringen steht auf festem Fundament. Alle, die im Landtag sind, sollten sich so etwas zu Herzen nehmen und Vorbild sein in diesem Land.

(Beifall CDU, FDP)

(Zwischenruf Ramelow, DIE LINKE: Sie sind ein geistiger Brandstifter.)

Deshalb ist eine andere Frage, wenn es um die politische Partizipation geht, wenn es darum geht, wie bringe ich mich ein, und nicht, wie übe ich Gewalt, dann ist die andere Frage nicht uninteressant, die tatsächlich auch aufgeworfen wurde: Wie halten es die Thüringer mit den Institutionen in Thüringen? Natürlich müssen wir uns Sorgen machen, wenn nur noch 4 Prozent völlig oder überwiegend 26 Prozent sagen, sie sind mit der Arbeit der Regierung einverstanden. In diesem Jahr wurde - warum auch immer - die Frage nach dem Thüringer Landtag nicht gestellt. Die Gutachter schlussfolgern aus früheren Werten einen ähnlichen Wert für den Landtag. Was folgt daraus? Müssen nicht manchmal al

le, die an Politik teilhaben in Thüringen, nicht nur die Politiker, auch die, die Politik berichten und darüber Nachricht senden, manchmal auch den Wert des parlamentarischen Demokratieprinzips, der Meinungsfreiheit auch manchmal nicht vielleicht höher schätzen, dass es zur Kultur der Demokratie schlechthin gehört, dass Streit und Diskurs und Debatte Grundlagen sind für die beste Entscheidung in einem Parlament und nicht die Botschaft sind, da streiten sich 88 Abgeordnete und eigentlich haben sie den ganzen Tag nur gestritten und sich gar nicht ums Land gekümmert. Ich meine, der Streit im Parlament, der Streit um die beste Lösung, auch manchmal in einer Fraktion oder innerhalb einer Regierungsmannschaft, gehört dazu, weil er das Wichtigste ist, um den besten Lösungsweg für das Land zu finden. Das zeichnet unsere Demokratie aus, die wollten wir 1989/90 haben. Wir müssen diesen Wert hochschätzen und nicht kleinreden.

(Beifall CDU)

Ich glaube, wenn alle sich das zu Herzen nehmen, einen anderen Wert zu sehen zwischen dieser Debattenkultur und zwischen der Auseinandersetzung, die hier und vielleicht auch manchmal in den Sitzungsräumen dieses Hauses stattfindet, dann trägt das auch dazu bei, dass das Vertrauen in die Institutionen Landesregierung und Landtag wachsen kann. Aber es gehört beides dazu, Verständnis zu haben für den politisch notwendigen Diskurs. Ich will jedenfalls keine alte unfreie Volkskammerdebatte hier haben, die keine Debatte war, wo einer vom ZK verkündet hat und alle alten Männer haben geklatscht und sind nach Hause gegangnen nach stundenlanger Rede. Lieber laute Debatte hier, lieber Auseinandersetzungen zwischen Ramelow und Mohring, lieber so um den besten Wert streiten als darüber nur zur Kenntnis zu nehmen, was alte Leute sich ausgedacht haben. Dieser Weg ist besser.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Frau Walsmann saß auch in der Volkskammer der DDR.)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war eine Beleidigung für Frau Walsmann. Sie hat auch in der Volkskammer Beifall ge- klatscht.)

Ich weiß doch gar nicht, warum Sie sich aufregen. Wir haben doch das überwunden, was wir hier kritisieren. Wir haben es doch überwunden. Sie müssen doch gar nicht mehr daran festhalten. Sie haben doch heute an verschiedenen Punkten gezeigt, dass wir gar nicht so weit auseinanderliegen. Sie haben den Bergemann gelobt,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Und Sie haben gesagt, dass ich gehen soll.)

Sie haben mich gelobt. Und wenn Sie Ihre eigenen Wähler anschauen würden, würden Sie feststellen, wir sind an manchen Punkten sogar noch näher. Die Gutachter haben gefragt, wie halten wir es mit der Eigenverantwortung vor Fürsorge. Da haben die linken Wähler zu 79 Prozent gesagt, ja, Eigenverantwortung vor Fürsorge. Bei der Frage der Gutachter: Wie halten Sie es mit Markt vor Staat, da sagen 62 Prozent der Wähler bei den LINKEN, ja, Markt vor Staat. Wenn ich bei unserem Koalitionspartner die Wähler anschaue, dort steht bei den Gutachtern geschrieben, bei den SPD-Wählern sagen 49 Prozent Markt vor Staat. Mindestens bei dieser Umfrage sind eure Wähler und unsere Wähler offensichtlich laut dem Thüringen-Monitor gar nicht so weit auseinander.

Einen großen Unterschied gibt es natürlich in einer ganz wichtigen Frage, bei der Frage Freiheit vor Gleichheit. Da haben die Wissenschaftler einen ganz interessanten Zusammenhang gemacht; sie haben nämlich die Parlamentarier befragt und aus dem Jahr vorher auch ins Verhältnis gesetzt zur Befragung der eigenen Wähler. Einen Satz vorweg, ungefragt: Ich bin meinen Kollegen, allen 30, Ausdruck dieser Umfrage, sehr dankbar: Bei der Frage Freiheit vor Gleichheit haben alle meine Kollegen gesagt zu 100 Prozent, Freiheit vor Gleichheit; ein gutes und richtiges Fundament, auf dem wir Arbeit machen.

(Beifall CDU)

Aber selbst bei den linken Abgeordneten sagt zu Recht die Mehrheit, 54 Prozent, Freiheit vor Gleichheit.

(Beifall Abg. König, DIE LINKE)

Ja, sehr gut, Frau König, es ist schön, dass Sie das auch so sehen.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Das heißt doch nicht, dass wir keine Gleichheit mehr brauchen.)

Nein, aber bei der Bewertung der Frage, welche Prioritätensetzungen mache ich, ist das nicht unwichtig. Was die Gutachter feststellen, ist das, was die politisch Verantwortlichen für sich sagen, ein Unterschied zu dem ist, was die eigenen Wähler sehen. Tatsächlich gibt es - daraus mache ich gar keinen Hehl, das kann man ja nachlesen, der Thüringen-Monitor ist ja öffentlich - die größten Unterschiede zwischen der Wahrnehmung der Abgeordneten bei der Frage Freiheit vor Gleichheit bei den Wählern zu den Abgeordneten bei der CDU und bei der Linkspartei; auch da offensichtlich signifikante Zusammenhänge im Abstand. Aber es bleibt dabei, um das wieder zu beruhigen, bei uns sagt die Mehrheit der Wähler Freiheit vor Gleichheit und bei den LINKEN sind es 25 Prozent. Es gibt also noch solide Unterschiede.

(Beifall CDU)

Aber was will ich zusammenfassend zum Thüringen-Monitor sagen?

1. Die Demokratie in Thüringen steht auf einem starken Fundament.

2. In Thüringen hat Gewalt keinen Platz.

3. Die Thüringer wollen konsolidierte Staatsfinanzen und sie wollen eine Schuldenbremse in der Landesverfassung.

4. Die Thüringer sind gern Thüringer und sie sind stolz auf ihr Land.

Wenn ich das zusammenfasse und sehe, was in den letzten zwei Jahrzehnten erarbeitet wurde, dann bleibt für mich natürlich als Christdemokrat eine Feststellung: Offensichtlich wollen die Thüringer auch gern und trauen der CDU am meisten zu, dass die Zukunft dieses Landes auch in guten Händen bleibt. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Herr Barth wollte Ihnen noch eine Frage stellen. Sie haben gesagt, am Ende. Herr Barth will jetzt die Frage nicht mehr stellen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wir klären das bei einem Kaffee.)

Sie klären das bei einem Kaffee oder beim Verreisen. Ich suche jetzt mal die nächste Rednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Siegesmund.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Als Präsi- dent macht man solche Zwischenrufe nicht.)

Ach, Herr Fiedler, ein bisschen Fröhlichkeit muss auch sein.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, warum ist die Debatte zum Thüringen-Monitor wichtig und gut? Sie ist wichtig, weil es endlich mal nicht um Tagespolitik, Koalitionskrach oder sinnentleerte Wortmeldungen geht, sondern weil es um Perspektiven geht. Deswegen ist es auch gut und richtig, dass die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin die Möglichkeit gibt, Perspektiven aufzumachen, sich zu unterhalten. Warum ist es gut, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder diese Erhebung gab; weil wir Vergleichswerte haben, weil wir wissen, dass wir uns auf unsere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verlassen können - mir waren heute zu oft nur Thüringer

hier im Gespräch - ich hoffe, wir reden über Frauen und Männer, die in diesem Freistaat auch leben -,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil wir wissen, wie es um sie bestellt ist, um die politische Kultur für uns alle bestellt ist und weil die Menschen erkannt haben, weil sie gesagt haben, diejenigen, die befragt wurden, wir wollen Veränderungen, wir wollen mutig vorausgehen. Das ist meine kurze Zusammenfassung, die ich an den Anfang stelle. Sie werden sich jetzt nicht wundern darüber, dass ich zu fünf ganz anderen Botschaften und Handlungsempfehlungen komme, als sie Herr Mohring eben skizziert hat. Es geht um den Blick in das Innerste der Demokratie.

Frau Lieberknecht, damit möchte ich auch beginnen. Sie sagen, die Demokratie in Thüringen steht auf festem Grund. Ja, aber 19, fast 20 Prozent befinden sich auf den Flächen, wo sich der Treibsand befindet, nämlich die, die gefährliche Trittflächen sind und die die Demokratie eben nicht als beste Staatsform anerkennen.