Protocol of the Session on October 13, 2011

Sechstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung (Gemeindeneugliede- rungsbeschleunigungsgesetz) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/3237 ZWEITE BERATUNG

Ich eröffne hiermit die Aussprache. Zu Wort gemeldet hat sich hier der Abgeordnete Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele Grüße von den Demonstranten vor dem Landtag. Da hatte ich jetzt Glück, dass ich rechtzeitig in den Plenarsaal zurückgekommen bin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben dem Thüringer Landtag einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die freiwillige Gemeindeneugliederung beschleunigen soll, weil wir in der kommunalen Praxis Probleme gesehen haben, insbesondere dann, wenn sich diese Gemeindeneugliederungsmaßnahmen über Landkreisgrenzen hinweg gestalten sollen. Bedauerlicherweise haben CDU und SPD sich vor einer Diskussion im Ausschuss gescheut. Das hat sicherlich - wie so oft - damit zu tun, dass Argumente gefehlt haben, um sich mit unseren Vorschlägen auseinanderzusetzen. Aber es ist ja auch nur konsequent. Wenn ich die Meinungs

äußerung von Herrn Fiedler von gestern richtig bewerte, hat die CDU für sich beschlossen, in diesem Jahr nichts mehr zu machen, was auch nur im Entferntesten mit Gemeindeneugliederung zu tun hat, und bis 2014 an der jetzigen Position festzuhalten, also zu blockieren, Stillstand zu verursachen. Insofern hat sie auch ihren politischen Führungsanspruch in diesem Land damit aufgegeben, weil eine Partei, die an diesen alten, überholten Strukturen festhält und selbst auf Stimmungslagen bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr reagiert und darauf reflektiert, die hat tatsächlich für sich entschieden, keine politische Führung mehr in diesem Land wahrnehmen zu können.

Bei der SPD, die muss sich nun entscheiden, was sie will. Sie muss es entscheiden, ob sie sich bis 2014 in dieser Umklammerung der Blockade weiter gefangen hält und damit auch das Image der Führungslosigkeit mit übergestülpt bekommt oder ob Sie tatsächlich Ihren Worten Taten folgen lassen und sagen: Jawohl, nicht nur im Bereich einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform haben wir in Thüringen hohe Herausforderungen zu realisieren, sondern auch in anderen Bereichen. Das geht eben mit dem gegenwärtigen Koalitionspartner CDU offenbar nicht.

Aber das ist eine Entscheidung, die können wir Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen der SPD, nicht abnehmen. Das können Sie nur selbst entscheiden. Sie müssen das auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und den Wählerinnen und Wählern austragen. Ich bedaure es nur, weil jeder Monat, jedes Jahr, das wir weiter verlieren, bringt uns letztlich in die Situation, dass wir in eine Struktur auch sehr viel Geld hineingeben, ohne dass die Effekte, die wir damit wollen, erzielt werden. Aus Sicht der Bürger ist die jetzige Struktur der Gemeinden bei Weitem nicht mehr zeitgemäß. Ich möchte das an einem ganz aktuellen Beispiel verdeutlichen. Seit 18. August wurden die Unterstützungsunterschriften für das Volksbegehren für sozial gerechte Kommunalabgaben durch die kommunalen Meldebehörden geprüft. Was ich da erlebt habe, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie die Meldebehörden, insbesondere in den Verwaltungsgemeinschaften in den kleineren Gemeinden, agieren, also das hat mit dem 21. Jahrhundert und den Herausforderungen nicht einmal ansatzweise etwas zu tun. Da brauchen die Meldebehörden fast zehn Wochen, um 25.000 Unterschriften zu prüfen. Das liegt daran, dass in der Mehrzahl der Meldebehörden nicht einmal mehr eine Vollbeschäftigteneinheit sitzt, sondern das sind Teilzeitbeschäftigte, die darüber hinaus noch das Ordnungsamt machen, also den ruhenden Verkehr überprüfen müssen, künftig auch die gefährlichen Hunde überwachen, dürfen sie machen. Sie sollen die Öffnungszeiten abdecken und nebenbei noch diese Unterschriften so prüfen, das kann alles nicht mehr funk

tionieren. An einem so kleinen Beispiel wird deutlich, dass wir eine Veränderung bei den Verwaltungsstrukturen brauchen.

Jetzt haben wir ein Element herausgegriffen und haben gesagt, es gibt Bedürfnisse bei Gemeinden, die sind sich einig, wir wollen in eine leistungsfähigere Struktur. Da muss ich noch mal auf die Debatte von heute Vormittag eingehen. Da wurde immer wieder gesagt, sowohl von der Ministerpräsidentin als auch von Herrn Mohring, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, eine Gebietsreform spart kein Geld. Darum geht es überhaupt nicht. Das hat auch nie jemand behauptet. Es geht um Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene. Das spart letztlich auch für den Landeshaushalt Geld. Denn wenn wir leistungsfähige Gemeinden haben, leistungsfähige Landkreise, Regionalkreise, dann wird sich das über kurz oder lang in den Zuweisungen des Landes auswirken können. Aber wer von vornherein nur unter der fiskalischen Prämisse, dass sofort Kosteneinsparungen sich darstellen müssen - das wird nichts. Es geht um Leistungsfähigkeit der kommunalen Verwaltungsstruktur und das immer aus Sicht des Bürgers. Kleinstverwaltungen mit sieben bis zwölf Beschäftigten, die können das Fachpersonal, das wir benötigen, nicht einmal ansatzweise vorhalten. Da habe ich als höchste Entgeltstufe oder Besoldungsgruppe die E 10 oder E 11. Dafür bekomme ich keine leistungsfähigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich brauche also dort leistungsfähigere Verwaltungen. Die Experten sagen, ab 20 Vollbeschäftigteneinheiten ist das möglich. Wir haben jetzt Gemeinden, die wollen sich zusammentun, aktuell im Bereich Schmalkalden-Meiningen und im Wartburgkreis, nämlich die Gemeinden in der Verwaltungsgemeinschaft Kaltennordheim und Hohe Rhön. Hohe Rhön ist Schmalkalden-Meiningen, zentraler Ort dort ist Kaltensundheim. Die wollen fusionieren und eine Landgemeinde bilden. Die beiden Landkreise mit den beiden Landräten, die können sich nicht einigen, der Wartburgkreis nicht und der Landkreis Schmalkalden-Meiningen nicht. Die wollen, dass die neue Gemeinde jeweils dem Landkreis zugeordnet wird. Damit ist eine Blockade. Da frage ich mich, warum lassen wir das zu, dass Landkreise den gemeindlichen Willen so missachten können. Wieso ist es nicht möglich, dass man sagt, wenn sich die Gemeinden einig sind, dann muss der Wille der Landkreise zurücktreten. Denn die Landkreise, sage ich noch mal, sind verfassungsrechtlich eigentlich nur ein Gemeindeverband, sind nicht so verfassungsrechtlich geschützt wie die gemeindliche Ebene. Kommunale Selbstverwaltung spielt sich im Wesentlichen auf der gemeindlichen Ebene ab. Die Landkreise sind nur darübergelegt. Insofern ist es auch verfassungsrechtlich möglich, gegen den Willen der Landkreise bestimmte Strukturentscheidungen zu treffen. Das schlagen wir Ihnen hier vor. Das werden immer Einzelfälle bleiben, aber es hätte eine Si

gnalwirkung. Von daher beantrage ich noch mal für unsere Fraktion, dass wir diesen Gesetzentwurf an den Innenausschuss überweisen. Dort haben Sie Gelegenheit, sich mit unseren Argumenten auseinanderzusetzen. Ich habe es heute schon in einem anderen Zusammenhang gesagt: Wir sind keine Dogmatiker. Wir gehen auf Argumente ein, aber Sie müssen uns mit den Argumenten konfrontieren. Einfach zu schweigen, das wird Ihnen nicht helfen und Sie werden bei den Bürgerinnen und Bürgern keine Resonanz mehr finden. Unser Vorschlag ist, wenn sich die Gemeinden einig sind, tritt der Wille der Landkreise zurück. Da müssen wir als Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren entscheiden, welchem Landkreis dann die neue Gemeinde zugeschlagen wird. Da kann man eine Abwägung vornehmen, da werden auch die Interessen der beteiligten Landkreise tatsächlich in Pro und Kontra noch einmal gegenübergestellt. Das heißt, die Landkreise sind nicht völlig außen vor, aber sie können diesen gemeindlichen Willen nicht mehr wie bisher blockieren. Wir würden damit auch mit Blick auf Künftiges einige Probleme lösen, denn da sind wir durchaus mit anderen Fraktionen der gleichen Auffassung: Wenn sich Gemeinden freiwillig zusammenschließen und das in die Gesamtstruktur und das Gesamtleitbild hineinpasst, dann ist das allemal besser, als wenn wir irgendwann mal als Gesetzgeber per Gesetz auch gegen den Willen der Gemeinden entscheiden müssen. Insofern ist das eine zukunftsweisende Entscheidung. Ich bitte, unserem Antrag auf Überweisung an den Innenausschuss zuzustimmen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Kuschel. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kellner für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Kreativste ist wirklich immer die Wortschöpfung oder der Name: Gemeindeneugliederungsbeschleunigungsgesetz. Es fasziniert mich immer wieder, was alles hier an Worten gezaubert wird, um das Thema

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir sind kreativ.)

wieder auf die Tagesordnung zu heben. Das ist aber auch schon das einzig Kreative an dem ganzen Gesetz.

(Beifall FDP)

Ich will einmal aus der ersten Lesung ein paar Sachen zitieren, wenn ich darf, Frau Präsidentin, und zwar: Das Gesetz - ich zitiere - „ist lückenhaft“, sagt Herr Adams. Das ist noch das Harmloseste. Es

(Abg. Kuschel)

geht weiter: „überzeugt nicht“, sagt mein Kollege Gumprecht;

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das hat nichts zu bedeuten.)

„widerspricht der Systematik des § 92 Thüringer Kommunalordnung“, sagt Herr Bergner; „kein Regelungsbedarf“, sagt Herr Hey, und „bedarf es überhaupt nicht“, sagt unser Innenminister. Das war die erste Beratung. Ich denke, sie spricht auch Bände und dem ist eigentlich auch nichts hinzuzufügen oder anders gesagt, daran hat sich auch nichts geändert.

Was Sie hier vorbringen, dass die Gemeinden, wenn sie sich einig sind, sich landkreisübergreifend zusammenschließen sollen oder können oder dürfen, das ist ja nun wirklich nichts Neues. Das ist ja möglich, auch heute schon. Sie haben selber den Fall zitiert, Herr Kuschel, dass sich zwei Gemeinden einig sind, aber die Landkreise nicht einig werden. Ich denke, das ist auch richtig so. Wenn man nämlich einen Landkreis, Sie sprechen immer von den Rändern, können sie sich zusammenschließen oder sollten sich zusammenschließen können an den Rändern, da muss man mal sehen, wo dann der Rand ist, wenn man anfängt damit. Es würde dann passieren, dass ein ganzer Landkreis so weit zusammenschrumpft, dass er nicht mehr handlungs- und lebensfähig ist und damit letztendlich das öffentliche Interesse auf dem Spiel steht. Damit, meine Damen und Herren, ist es sehr wohl richtig, dass die Landkreise und die Parlamente in den Landkreisen, die Kreistage ein entscheidendes Wort mitzureden haben und mitreden müssen. Wenn ich einmal einen Fall konstruieren darf, Herr Kuschel. Was würde denn das Kreistagsmitglied Herr Kuschel sagen, wenn die Gemeinde Ichtershausen und Nesse-Apfelstädt zusammengehen wollten? Neudietendorf ehemals die Verwaltungsgemeinschaft, heute Landgemeinde Nesse-Apfelstädt. Wirtschaftlich eine große Einheit, würde sicherlich auch Sinn machen. Wir würden nichts dagegen haben als Kreistag Gotha, dass Ichtershausen zu uns kommt. Wenn Sie mir sagen, Sie haben auch nichts dagegen, dass Ichtershausen nach Gotha kommt, dann wären wir schon ein ganzes Stück weiter. Ich denke, Sie sehen, das ist viel schwieriger, als Sie das hier glauben machen wollen, dass, wenn man sich einig ist, alles geht und die anderen müssen damit zurechtkommen, was übrig bleibt. So, meine Damen und Herren, ist keine Gebietsstruktur zu verändern und keine verlässliche Politik zu machen, weil zu viele Unsicherheiten letztendlich bleiben.

Wie gesagt, es ist nichts Neues und frei nach dem Motto „Alter Wein in neuen Schläuchen“ wird das Thema Gebietsreform von Ihnen immer wieder aufgerufen. Es ist schon interessant, was Sie da alles nutzen wollen. Aus unserer Sicht gibt es nach wie

vor hier keinen Handlungsbedarf, keinen Gesprächsbedarf, weil die Möglichkeit besteht, wenn sich alle Akteure, die dafür zuständig und verantwortlich sind, einig sind, ist alles möglich, aber einseitig zulasten Dritter kann es so nicht funktionieren. In diesem Sinne noch einmal: Wir lehnen diesen Antrag ab und stimmen auch einer Überweisung an den Ausschuss nicht zu.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Kellner. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich habe in dem Zwischengespräch schon die Variante aufgemacht, dass die beiden Gemeinden Apfelstädt und Ichtershausen sich dann zu Erfurt einkreisen lassen würden. Komischerweise fand ich überhaupt keine Gegenliebe mehr bei irgendjemandem außer bei Erfurt natürlich. Das wundert niemanden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch hierzu werde ich jetzt nicht so lange, aber doch etwas mehr reden als nur einen Satz, weil wir es natürlich hier mit einem Problem zu tun haben, das von beiden Seiten mit Herzblut - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck - als Propaganda missbraucht wird. DIE LINKE hat die einmalige Chance, und das würde ich an ihrer Stelle ganz genauso machen, weiter so, darauf hinzuwirken, festzustellen, dass, wenn hier nicht eine Blockadehaltung seit zehn Jahren bestehen würde, was das Thema Gebietsneuordnung angehen würde und die Feigheit davor, keine Rahmenbedingungen zu schaffen, die genau diesen Antrag gar nicht mehr stellen könnten heute.

(Beifall DIE LINKE)

Aber das ist eben das Problem der Propaganda der CDU, dass sie das nicht tun kann und dementsprechend damit leben muss, dass immer solche Anträge kommen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das wun- dert mich aber nicht.)

Ich sage ganz bewusst „Propaganda“, Herr Kuschel, weil natürlich Sie sich hier vorne hinstellen und sagen: „Ich will, dass die Gemeinden alles machen dürfen.“ Ich finde es immer schade, wenn ich mich als GRÜNER hier vorn hinstellen und sagen muss, nein, das ist eben keine Basisdemokratie, denn

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

es gibt schon die Gemeindezusammenschlüsse, die nennen sich bei uns Landkreise und aus die

(Abg. Kellner)

sem Grund dürfen die Landkreise auch etwas zu dem Thema sagen, und zwar völlig zu Recht, und auch relativ viel dazu sagen. Dass dann aus Feigheit heraus keiner von den beiden, die bisher gesprochen haben, das Wort in den Mund nimmt, dass auch eine Raumplanung und eine Landesplanung - sprich wir - etwas damit zu tun haben, weil sie nämlich gar nicht wissen, was sie wollen bei dem Thema Gebietsreform und der Gemeindegröße, das ist dann wieder die Propaganda des Nichtredens der CDU. Ich verstehe das Problem vonseiten der CDU, ich verstehe auch das Problem vonseiten der LINKEN, weiterhelfen tut es überhaupt niemandem. Denn wenn wir es ernst meinen wollten mit dieser Tatsache, die ist unbestreitbar, dass es Nachbargemeinden gibt, die sinnvollerweise zusammenarbeiten sollten und die auch sinnvollerweise zusammenarbeiten möchten, dann bräuchten die mindestens zwei Sachen: Die erste Sache wäre, sie müssten vonseiten der Landesplanung und dieses Parlaments hier einen Rahmen bekommen, der ihnen nachweist, unter welchen Bedingungen sie zusammengehen dürfen.

(Beifall DIE LINKE)

Das kann beispielsweise heißen, dass sie schlicht und ergreifend den selben Abwasserentsorgungsbereich darstellen, weil zwischen ihnen zur Abwechslung mal kein Hügel ist, sondern sie in derselben Bach- oder Flussaue liegen. Das kann ein starkes Argument sein. Es kann auch ein Argument sein, dass ein Schwacher mit einem Starken zusammengeht, weil der Schwache für den Starken eine besondere Attraktivität darstellt aus anderen Gründen, was die Finanzkraft eben gerade nicht ausweist z.B., oder beispielsweise die absehbare Gebietsneuordnung der Landkreise. Aber genau an alle diese Fragen will die CDU nicht ran und das seit Jahren nicht. Aus diesem Grund müssen wir heute über dieses Thema reden, das hätten wir uns sonst alles ersparen können. Wir finden den Grundgehalt dieses Gesetzes richtig, wir werden auch jetzt wieder zustimmen, weil wir wissen, dass wir Ihnen damit ein bisschen Ärger beschaffen. Nach draußen können Sie einfach nicht mehr so tun, als wenn Ihre Bürgermeister, die das alles wollen, von Ihnen ernst genommen werden, die werden nämlich nicht ernst genommen. Denn wenn Sie es wirklich wollten, würden Sie Gegenanträge bringen und würden sagen, in der Raumordnung haben wir drei klare Tatsachen und wenn Sie denen entsprechen, dann setzen wir uns auch in den Kreistagen samt unserer großen Fraktion dafür ein, dass es was wird. Das tun Sie alles nicht vonseiten der CDU und dann wird auch deutlich, nochmals zum dritten Mal, was das hier ist: Propaganda. Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank, Carsten Meyer. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hey für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kuschel, ich habe noch während ich hier vor ging immer noch überlegt, wozu oder zu welchem Thema Sie originär eigentlich hier vorne gestanden und geredet haben. Ich glaube aber und ich danke Ihnen ausdrücklich und herzlich, Herr Meyer, es war wieder ein brillanter Beitrag. Ich glaube auch, dass es Ihnen schon allein mit dem Einbringen dieses Gesetzentwurfs um eine entscheidende Sache, um ein entscheidendes Thema ging, und das ist die Gemeindegebietsreform hier in Thüringen. Darum geht es und nicht um ein Gemeindeneugliederungsbeschleunigungsgesetz; ich muss immer wieder draufschauen, es ist eine Wortschlange. Darum geht es Ihnen eigentlich nicht, sondern darum, wie Herr Meyer das hier wieder brillant herausgearbeitet hat, eigentlich an diesem Thema noch einmal zu rühren. Ob das nun Propaganda ist, gut, wie auch immer, es ist ein netter Versuch und auch sehr innovativ, zumindest was den Namen betrifft. Das Problem bei der ganzen Geschichte - wobei, Herr Meyer, das verstehe ich dann auch wieder nicht - ist, das ich habe auch mental zumindest bei den GRÜNEN, Sie haben eigentlich sehr klar dargestellt, weshalb dieser Gesetzentwurf - zumindest habe ich es so verstanden - der LINKEN relativ entbehrlich ist. Trotzdem haben Sie gesagt, um zumindest mal die aus Ihrer Sicht heraus blockierende CDU zu ärgern, werden Sie der ganzen Sache zustimmen. Das könnte ich nun auch wieder als Propaganda bezeichnen. Aber okay, Sie merken, Herr Kuschel, niemand nimmt den Gesetzentwurf so richtig ernst, er ist mehr oder minder so ein bisschen ein Spielball, der eine will den anderen ärgern, was auch immer. Ich will es Ihnen - weil Sie vorhin gesagt haben, sie haben immer so gute Argumente, Herr Hey, und vorhin war das nicht der Fall - trotzdem noch mal ganz kurz erklären, das habe ich auch schon beim letzten Mal versucht. Sie sagen an diesem aktuellen Beispiel, das Sie jetzt gebracht haben, vom 18. August, dass es da diese Gemeinden gibt, Kaltensundheim usw., zwei Landkreise, die sich im Moment streiten und gegen diesen Gemeindezusammenschluss sind, weil beide Landkreise versuchen, sich gegenseitig in irgendeiner Form auszustechen oder zu profitieren und der andere soll das nicht. Ich sage mal, wenn Sie sich hier hinstellen und behaupten, dass man doch den Willen einer Gemeinde nicht derart mit Füßen treten kann - so zumindest habe ich es verstanden - und letzten Endes das Wollen und das Wohl der Landkreise über das der Gemeinden stellt, dann haben Sie eine ganz entscheidende Frage bei der ganzen Ge

(Abg. Meyer)

schichte ausgeblendet. Das habe ich versucht auch schon beim letzten Mal hier im Plenum zu erörtern. Es gibt doch - und das hat der Gesetzgeber sehr geschickt gemacht - ein ganz entscheidendes Kriterium, das notwendig zu beachten ist bei Gemeindezusammenschlüssen, die vor allen Dingen in diesem Moment auch freiwillig sind: Das ist das Kriterium des öffentlichen Wohls. Das ist sowohl geregelt in § 9 der ThürKO als auch in § 92. Den wollen Sie jetzt ändern, indem Sie in Ihrem Gesetzentwurf ich habe ihn heute nicht mehr hier vorgebracht, aber das letzte Mal habe ich schon daraus zitiert sagen, wenn von mehreren benachbarten Gemeinden eine eine beantragte Neugliederungsmaßnahme macht, die die Grenzen von Landkreisen mit berühren könnte, dann muss nur dann dieser Neuzusammenschluss versagt werden, wenn Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen und das richtig begründet werden kann. Aber das steht doch schon im 9er drin. Das steht auch im 92er drin. Da steht: Werden durch die Bestandsänderungen der Gemeinden Landkreisgrenzen berührt, geht es um eine Gebietsänderung von Landkreisen, die wiederum auch nur aus Gründen des öffentlichen Wohls erfolgen darf. Das steht da aktuell so drin. Ich begreife bis heute nicht, weshalb Sie sich die Mühe gemacht haben oder - wie ich beim letzten Mal erfahren habe - Ihren Referenten, Ihren Mitarbeiter immer damit beschäftigen, der heute schmunzelnd dort oben sitzt und die ganze Sache verfolgt und wahrscheinlich auch nicht daran geglaubt hat, dass das Ganze im Innenausschuss landen kann, dann begreife ich nicht, weshalb Sie diesen Gesetzentwurf hier noch mal vorgebracht haben. Dann hat Herr Meyer uns den Grund genannt, dem ich auch folge, es geht hier wahrscheinlich so ein bisschen darum, ich sage es mal in Altdeutsch, zu löcken, um so ein bisschen noch mal den Stachel anzusetzen und zu reizen. Das mag ja sein, aber das reicht nicht aus, Herr Kuschel, so leid es mir tut, es reicht nicht aus, um in irgendeiner Form die Mehrheit dieses Plenums davon zu überzeugen, dass so etwas, das eigentlich überflüssig ist, auch noch in einem Ausschuss behandelt werden soll und uns wertvolle Lebenszeit stiehlt. In diesem Sinne werden wir natürlich auch heute wieder nicht für eine Überweisung an den Innenausschuss plädieren.

(Beifall CDU)

Es tut mir herzlich leid, aber so ist das nun mal. Ich danke Ihnen.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hey. Jetzt hat das Wort Abgeordneter Dirk Bergner für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, gelegentlich hat es auch einen Vorteil, wenn man so ziemlich am Ende einer solchen Debatte sprechen darf. Das enthebt einem der Notwendigkeit, den gesamten Vortrag noch einmal zu halten. Ich will, auch wenn ich nicht der Versuchung unterliege, noch einmal sämtliche Positionen zum Thema Gemeindeneugliederung usw. neu aufzurufen, doch eins kurz aufgreifen, Herr Kollege Kuschel. Sie haben vorhin so sinngemäß gesagt mit Blick auf die Meldebehörden, dass es doch sinnvoll sei, wenn es nicht mehr so viele kleine Meldebehörden gäbe. Ich kann Ihnen an der Stelle eins sagen, ich habe schon in Großstädten gelebt, ich habe in mittleren Kommunen gelebt und ich bin jetzt zu Hause in einer sehr kleinen Stadt mit einer sehr kleinen Verwaltung. Ich sage Ihnen eines, ich habe noch nie so wenig Zeit warten müssen in einer Meldebehörde, wie in unserer kleinen Verwaltungsgemeinschaft. Das Argument zieht mit Sicherheit nicht.

(Beifall FDP)

Wenn ich den ersten Satz Ihres Gesetzentwurfs lese, muss ich feststellen, dass der Entwurf vorsieht, dass auch für eine Gebietsänderung grundsätzlich ein Gesetz nötig sein soll. Das ist, meine Damen und Herren, das will ich ganz klar noch einmal wiederholen, beim jetzigen Gesetz nicht vorgesehen. Das heißt, hier reicht für eine Gebietsänderung eine Rechtsverordnung, wenn eine Gebietsänderung mit dem Willen der Landkreise erfolgt. Ich glaube, das ist ein ganz vernünftiger Weg, der das Ganze sogar einfacher und schneller gestalten kann. Ihr Gesetzentwurf - Herr Kollege Kellner hat mich vollkommen korrekt zitiert - entspricht eben nicht der Systematik von § 92 der Thüringer Kommunalordnung.

Wenn wir die Debatte gehört haben mit dem Vollzug einer solchen Sache gegen den Willen der Landkreise, dann sage ich aus der Praxis, auch aus der Kreistagspraxis, das es in meinen Augen einen sehr guten Grund hat, wenn wir eine relativ hohe Hemmschwelle drin haben für den Wechsel von Kommunen über die Landkreisgrenze hinweg, ganz einfach aus folgendem Grund: Natürlich würde ein Landkreis, wenn er jederzeit damit rechnen muss, dass Fliehkräfte einsetzen und Kommunen weggehen, sich genau überlegen, wo er investiert etwa im Kreisstraßennetz, wo er investiert etwa als Schulträger und dergleichen mehr. Es ist schon richtig, wenn wie bis jetzt gang und gäbe dort auf Augenhöhe und sinnvoll verhandelt wird. Es ist auch nicht so, dass es Dauerzustand oder ein Dauerproblem wäre, meine Damen und Herren. Wir sind der Auffassung, dieser Gesetzentwurf ist überflüssig wie ein Kropf und wir werden bei dem bleiben, was wir beim letzten Mal auch gesagt haben, nämlich ablehnen. Ich danke Ihnen.