Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Innenministerium hat den Abgeordneten eine Übersicht gegeben, wie diese Reform Geld sparen wird. Schaut man sich die beiden Summen unten an, kommt man einmal auf 2,7 Mio. € und einmal auf 6,8 Mio. €; auf der einen Spalte, wo mit 2,7 Mio. € nämlich die Kosten stehen und die Einsparungen sollen die 6,8 Mio. € sein. Ganz oben, wo noch einmal 8,439 Mio. € stehen, das ist schraffiert und mit einem kleinen Sternchen versehen, die solle man bitte nicht dazurechnen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die müssen wir mit dazurechnen, denn das sind Kosten, die entstehen werden. Ich sage Ihnen auch ganz klar, wer uns einfach nur Liegenschaften vorrechnet, nachdem wir die ganze Zeit über Personal und Struktur diskutiert haben, der macht diese Reform nicht transparenter. Eine Reform, die auf enger werdende Ressourcen antworten soll, mit nur 12 Zahlen finanziell zu begründen, meine sehr verehrten Damen und Herren, das finden wir unredlich.
Genauso bei demographischem Wandel, auch das ist einer der Hauptpunkte im Regelungsbedürfnis, warum diese Organisationsänderung durchgeführt wird. Sie finden keine Diskussion in Ihren Papieren, wie wir auf den demographischen Wandel differenziert diskutieren. Dass man sagt, im Norden oder im Süden Thüringens werden wir Zunahme, Abnahme dieser oder jener Kriminalitätsform haben, und deshalb können wir dort die Polizeidirektion mit ihren Inspektionen reduzieren, und hier müssen wir verstärken. All das beantworten Sie nicht. Sie haben eine Exeltabelle, in der Sie im Durchschnitt Posten verschieben und dann sagen, das sind die frei werdenden Stellen, die alle dann weiter Streife gehen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses POG ist keine seriöse Antwort auf die anstehenden Fragen. Deshalb wollen wir GRÜNEN eine Bürgerpolizei und darum werden wir dafür werben, eine Einsatzzentrale nicht in Erfurt zentral einzurichten mit einer Spitzenhierarchie, sondern in der Region mit den Einsatzzentralen zu verbleiben. Wir wollen eine Bürgerpolizei und deshalb werden wir einem Punkt aus dem Änderungsantrag der LINKEN zustimmen, wo es um die unabhängige Polizeibeschwerdestelle geht. Wir wollen mitreden, wenn die Aufgaben für das Landeskriminalamt neu geordnet werden hier im Parlament. Wir wollen aber nicht über jeden einzelnen Polizeistützpunkt, über jede einzelne Polizeiinspektion hier im Landtag mitdiskutieren. Wir sagen Ja - und das ist ein Punkt aus dem Änderungsantrag von CDU und SPD - zu einem politischen Beamten an der Spitze dieser Landespolizeidirektion. Die Begründung ist, der politische Beamte kann in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden und das kann möglicherweise nach der zu beobachtenden doch politischen Verfahrens
weise bei der Besetzung solcher Stellen sinnvoll sein, wenn es irgendwann in diesem Land auch eine andere Regierung gibt, eine Regierung in der nicht mehr die CDU den Innenminister stellt. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank Herr Abgeordneter Adams. Das Wort hat als Nächster Herr Abgeordneter Gentzel für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, als wir das POG abschließend im Innenausschuss beraten haben, haben die Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE der SPD eine gewisse Euphorie, was dieses Gesetzt betrifft, unterstellt. Ich habe das damals zurückgewiesen und will das hier am Beginn meiner Ausführungen deutlich sagen: Euphorie verbindet unsere Fraktion nicht mit diesem Gesetzentwurf, wohl eher ist die Begrifflichkeit „Einsicht in die Notwendigkeit“ an dieser Stelle angebracht. Ich will auch an der Stelle klar sagen, bei dieser Einsicht in die Notwendigkeit, da gibt es bei uns das lachende und - wenn Sie das so wollen - durchaus auch das weinende Auge. Das will ich Ihnen gern erklären. Als wir vor - Herr Adams hat das schon erwähnt - über zehn Jahren das erste Mal eine neue Polizeistruktur hier im Haus besprochen haben, waren die Voraussetzungen ganz anders und denkbar schlecht. Mehr oder weniger waren die Vorlagen eigentlich nur dazu gedacht, Parlamentsrechte auszuhebeln. Es gab zu keinem Zeitpunkt ein Personalkonzept. Eine Beteiligung des Parlaments an Strukturänderungen wurde von einem Minister verneint, da gab es damals sogar eine Verfassungsklage. Das Gesundheitsmanagement bei der Thüringer Polizei war ein einziges Mysterium. Es gab keine Schwerpunktsetzungen im Abbaupfad und damit bestand natürlich die Gefahr, dass es überproportional die Vollzugsstellen trifft. Ich habe es vorhin schon erwähnt, meine Damen und Herren, die Situation heute ist eine ganz andere, sie ist viel konkreter, viel transparenter. Wir haben neben dem POG, um das es natürlich heute im Kern geht, ein Personalkonzept, das bis 2020 gilt. In ihm ist der Stellenabbau beschrieben, aber auch der Stellenzuwachs an der Polizeibasis, insbesondere im Vollzug, ich rede da vom Streifendienst. Der zukünftige Ausbildungspfad ist beschrieben und nicht zuletzt wird ein Ausbildungs- und Fortbildungskonzept beschrieben. All das ist für meine Fraktion nachvollziehbar. Die, die länger hier im Haus sitzen, wird das nicht wundern, das sind eins zu eins die Forderungen, die wir vor zehn Jahren hier in diesem Haus aufgemacht haben. Wir sind zufrieden damit, dass diese Forderungen jetzt end
lich umgesetzt worden sind. Das weinende Auge ist auch schnell erklärt. Der Stellenabbau insgesamt mit seinen Auswirkungen auf den Ausbildungspfad hier in Thüringen bei der Polizei tut weh. Jede einzelne Stelle, ob beim LKA oder der Kriminalpolizei, noch in der Planung, ob bei den Bildungseinrichtungen der Bereitschaftspolizei, bei der Landespolizei außerhalb der PIs, der Stellenabbau von insgesamt 926 Stellen ist und bleibt ein hartes Brot. Und, Herr Adams, ich muss Sie an einer Stelle, das wird noch öfter kommen in meiner Rede, revidieren, alle 926 Stellen sind kw gestellt im Haushalt.
Meine Damen und Herren, der Stellenabbau stellt unfraglich alle Betroffenen vor eine schwere, aber, ich sage das genauso deutlich, auch vor eine händelbare Situation. Sie wissen alle, die Koalitionsfraktionen haben sich darauf verständigt, zukünftig ohne Schulden auszukommen. Wir haben heute im ersten Tagesordnungspunkt über den ThüringenMonitor gesprochen. Ich freue mich natürlich, dass es erstens eine große Zustimmung zum Sparkurs bei der Bevölkerung gibt, ich habe aber auch den Wunsch gelesen, die Thüringer Polizei davon auszunehmen. Ich sage es ganz offen, den Wunsch habe ich auch, nur beides zusammen ist nicht möglich. Wer in diesem Umfang, wie wir es planen in der Koalition, den Haushalt konsolidiert, der kommt an den Personalkosten nicht vorbei. Damit sind wir unweigerlich dabei, dass auch die Thüringer Polizei ihren Anteil leisten muss.
Wahr ist im Übrigen auch, wir beginnen heute bei der Polizei - das ist nicht ganz richtig, denn wir haben in den letzten Jahren auch schon Stellen abgebaut -, andere werden folgen müssen.
Trotzdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, sage ich, wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Alle wissen, die Begehrlichkeiten des Finanzministers waren ursprünglich ganz andere. Dass der zusätzliche Stellenabbau über den Innenminister, das sind ungefähr 800 Stellen, nicht zulasten der Thüringer Polizei geht, ist ein Erfolg der Koalitionsfraktionen und des Innenministers. Ein Erfolg ist es auch, dass eine vollkommen neue Schwerpunktsetzung bei der Personalbeschreibung erfolgt. Früher, wir haben schon gesprochen von den Vorgängen beginnend vor zehn Jahren, müssen Sie sich das so vorstellen: Es gab bei der Polizei einen Personalpool und da wurden die Stellen zunächst erstmal auf die Führung aufgeteilt. Was dann übrig war - ich sage das mal so lax -, ging dann hinunter an die Polizeidienststellen. Wir haben mit dem neuen Personalkonzept dieses Verfahren vom Kopf auf die Füße gestellt.
Zuerst legen wir belastungsabhängig - auch hier, Herr Adams - die Anzahl der Basisdienststellen fest. Dann - ich will es mal so despektierlich sagen, ich meine es natürlich nicht so - folgen alle ande
ren. Nur so, gemeinsam mit der Neustrukturierung der Thüringer Polizei, war es möglich, die belastungsabhängigen Planstellen in den PIs zu erhöhen. Das ist und bleibt der richtige Weg. Das ist das viel versprochene mehr Grün bzw. Blau auf der Straße.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen, Kernstück der Polizeistrukturreform ist die Errichtung der Landespolizeidirektion in Erfurt, ist die Umwandlung der PDs in LPIs. Da, wo möglich, verschmelzen diese dann mit den PIs vor Ort. Ich werde das jetzt nicht bis ins Detail schildern, denn ich schätze, das ist heute der Aufgabenbereich des Innenministers. Dieser Strukturvorschlag ist seit Mitte 2010 öffentlich. Ist dieser Strukturvorschlag alternativlos? Wir in der Koalition haben dies miteinander besprochen, haben auch über andere Modelle gesprochen, haben abgewägt und haben uns für dieses Modell entschieden. Fest steht, es gibt seit einem Jahr keinen ernsthaften Vorschlag, die Thüringer Polizei anders zu strukturieren, weder von den Betroffenen noch durch irgendwelche Initiativen aus diesem Haus. Dieses spricht eindeutig für die von der Landesregierung vorgelegte Struktur; sie ist sozusagen alternativlos wegen fehlender Alternative.
In diesem Zusammenhang möchte ich zunächst erstmal etwas zum Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen. Vorab, Herr Adams, wenn Sie bemängeln, dass wir hier nicht darüber sprechen, was die Polizisten auf der Straße tun sollen, muss ich Ihnen eine gewisse Orientierungslosigkeit vorwerfen. Wir reden heute über das POG. Was Sie wünschen, gehört in das Polizeiaufgabengesetz, das ist das PAG, das steht heute gar nicht zur Debatte. Es steht Ihnen übrigens jederzeit frei, dazu Änderungsvorschlage an dieses Haus zu richten. Aber ich will zu Ihrem Entschließungsantrag kommen, der da lautet „Keine Landeseinsatzzentrale auf Ebene der Landespolizeidirektion“. Sie wollen die 7 Einsatzzentralen bei den LPIs zukünftig - jetzt noch PDs - erhalten.
Ich will Ihnen einmal sagen, was das bedeutet. Wenn es dann diese Landeszentrale bei der neuen Landesdirektion nicht gibt, müssen wir natürlich die Direktion noch einmal neu diskutieren, weil das ist eine der Kernaufgaben, die sie hat. Das hieße, keine neue Behörde, keine Landespolizeidirektion. Wenn dann die Einsatzzentralen bei den LPIs bleiben, dann sind das weiter die PDs, die wir bisher haben. Also sie wollen nur das Schild ändern, meine Damen und Herren. Das heißt doch dann, weil wir bei den PIs sowieso keine Änderungen vornehmen, in Ihrem Antrag steht nichts anderes in der konkreten Umsetzung als, es bleibt alles, wie es ist, das heißt keine Strukturreform, das heißt keine Straffung in der Führung, das heißt keine Einsparung über eine Struktur im Personal, das heißt keinen Spielraum für mehr Personal an den Basis
dienststellen. Ich bezweifele, ob Sie überhaupt überlegt haben, was Sie mit Ihrem Antrag tun. Sicherlich wollten Sie ein Stückchen den Mangel beheben, dass es von Ihnen bisher überhaupt nichts zur Polizeistruktur gegeben hat. Aber ich hätte mir schon gewünscht, dass das dann vom Inhalt her besser nachzuvollziehen wäre.
Meine Damen und Herren, die neue Struktur strafft vor allem die Führungsebene, ordnet die Aufgaben neu und, ich sage, auch besser. Aber auch hier hat Herr Adams leider vieles vergessen und auch darüber muss geredet werden. Der Sparbeitrag, den die Thüringer Polizei bringt, ist erheblich. Allein wenn die Struktur vollkommen neu ist, wenn das Gesetz umgesetzt ist, allein bei den Personalkosten wird das Land circa 116 Mio. € sparen. 116 Mio. €, was zumindest BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht ein Wort wert war in der Betrachtung. Weitere 6,8 Mio. € werden eingespart, weil Liegenschaften einfach wegfallen und zukünftig nicht saniert werden. Das gilt wohl im Wesentlichen für die Liegenschaften der Verkehrspolizei.
Ein Satz zur neu einzurichtenden Landeseinsatzzentrale. Diese kostet ca. 4 Mio. €. Da die Einsatzzentralen bei den jetzt PDs und zukünftig LPIs aufgegeben werden, werden diese Kosten langfristig wieder hereingeholt, wenn 7 Leitstellen weg sind, müssen die nicht renoviert werden, müssen die nicht erneuert werden und müssen nicht ständig auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Kosten holen wir mittel- bis langfristig wieder rein. Kosten entstehen sehr wohl, zum Beispiel durch Trennungskosten, durch Bewirtschaftungskosten oder Ähnlichem, die belaufen sich auf ca. 2,7 Mio. €. Auch das soll hier so formuliert werden.
Werte Kolleginnen und Kollegen, beschließen wir heute diese Reform, ist das gut, aber nur die halbe Miete, weil erstens, wie seit Monaten diskutiert, was dann folgt ist die Betrachtung der Landeskriminalpolizei, der Kripo und der Fort- und der Ausbildung. Auch da wird auf bewährtem Weg Aufgabenkritik, Änderungen und Ähnliches im Prinzip an der Reform weitergearbeitet und zweitens - auch das habe ich immer deutlich formuliert - ist uns vollkommen klar, dass die Umsetzung der Reform nicht einfach wird. Wir arbeiten hier mit Menschen, wir können nicht alle Entwicklungen im Personalentwicklungskonzept bis 2020 Mannscharf oder Frauscharf absehen und natürlich gilt wie für jede andere Reform auch, Theorie ist Theorie, den Praxistest muss sie noch bestehen.
Die SPD-Landtagsfraktion sagt Ihnen, Herr Innenminister, ihre Unterstützung bei der Umsetzung der Reform zu, aber klar bleibt, Sie und der neue Polizeipräsident sind verantwortlich dafür, dass die Reform gelingt, und zwar mit den Ergebnissen, die Sie projiziert haben im Personalkonzept. Klar ist in dem Zusammenhang dann auch, die Zustimmung und
Unterstützung von der SPD-Fraktion gibt es nur für diese Reform mit diesem Personalkonzept und nichts anderes. Das geht übrigens auch deutlich in Richtung Finanzminister. Das Personalkonzept steht, weitere Kürzungen im Polizeibereich wird es mit der SPD-Landtagsfraktion nicht geben. Wir stehen hier im Wort.
Deshalb im Übrigen auch, Herr Adams, der Antrag der Koalitionsfraktionen. Das war schon ein bisschen hanebüchen, was Sie hier formuliert haben. Vielleicht wollten Sie ein Stückchen verdecken, dass der Antrag eigentlich Ihr Job gewesen wäre. Der Antrag hat nichts mit Misstrauen zu tun, der Antrag hat etwas mit Kontrolle zu tun. Denn wenn ich sage, wir sind jetzt in der Umsetzung der Reform, haben wir zumindest in CDU und SPD den großen Ehrgeiz, da weiter - lassen Sie es mich lax formulieren - dem Innenministerium auf den Füßen zu stehen. Deshalb brauchen wir zunächst die jährlichen Berichte, wie von uns gefordert. Deshalb wollen wir, dass Vollzugsbeamte nicht über Gebühr als Verwaltungsbeamte eingesetzt werden. Deshalb machen wir uns in diesem Antrag noch einmal für den Polizeivollzug stark.
Und ganz deutlich in Richtung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn Sie wie Herr Adams mitreden wollen, wenn es um LKA und Kripo geht, dann müssen Sie diesem Antrag zustimmen, denn der ist die Grundlage, dass der Ausschuss ein Mitspracherecht bei den weiteren Strukturen bekommt.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gentzel. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Martina Renner für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir werden es heute noch öfter hören und ich will es hier ganz klar für meine Fraktion zurückweisen: Diese Reform ist kein guter Kompromiss, sondern lediglich Konfliktvermeidung.
Man könnte auch sagen, hier ist ein wichtiges Reformvorhaben - und wir haben immer deutlich gemacht, dass wir eine Strukturreform im Bereich der Polizei brauchen - zwischen den Koalitionspartnern, zwischen Innen- und Finanzpolitikern, zwischen den Flügeln im Thüringer Innenministerium und zwischen Führungsebene und Basisdienst bei der Polizei zerrieben worden.
Das Ziel war klar und es muss auch das Ziel sein, eine bürgernahe Polizei sitzt nicht in der Schreibstube, sondern ist auf der Straße sichtbar und ansprechbar für den Bürger, schnell dort, wo sie benötigt wird, und auch einmal zurückhaltend dort, wo Prävention und Kommunikation vor Strafverfolgung geht. Die Zufriedenheit, die Aufstiegschancen und die Arbeitsbedingungen in der Polizei waren zu verbessern. Verwaltungsaufgaben, technischer Support, Personalmanagement und vieles mehr sollten optimiert und neu organisiert werden, damit der Vollzugsdienst tatsächlich entlastet und gestärkt wird. Die Finanzressourcen sollten sinnvoll eingesetzt werden und ein Personalentwicklungskonzept auf Grundlage einer schonungslosen Aufgabenund Funktionalkritik erstellt werden.
Entscheidend aus Sicht der LINKEN ist letztlich nicht die Struktur, nicht die Namensgebung für die neuen Behörden, sondern die Qualität der Aufgabenerfüllung durch die Thüringer Polizei. Dazu gehören für uns die Kriterien Bürgernähe, Ermöglichung von Mitbestimmung und Transparenz im Polizeiapparat sowie eine effektive Aufgabenerfüllung im Alltag und nicht nur bei landesweiten Einsatzlagen. Dazu hätte es einer unvoreingenommenen Bestandsaufnahme und einer offenen und transparenten Diskussion über zukünftige Strukturen bedurft und die Gewerkschaften, Personalräte, Fachleute, aber auch das Parlament hätten in diesen Prozess von Anfang an einbezogen werden müssen.
Meine Damen und Herren, was wir jetzt auf dem Tisch haben, erreicht dieses gesetzte Ziel nicht. Diese Reform bleibt letztlich bloßes Stückwerk, weil wichtige Behördenteile, wie das LKA oder das Bildungszentrum einfach mal außen vor gelassen wurden. Ein Stückwerk an Reform auch, weil das Thema Liegenschaften und Bewirtschaftung einfach weggelassen wurde. Hier wurden die Entscheidungen vertagt. Man kann auch sagen, man hat sich vor notwendigen Entscheidungen gedrückt. Eine mutlose Reform, da sie dem vorgegebenen Weg des Stellenabbaupfads folgte, anstatt neue Wege der Personalentwicklung überhaupt in den Blick zu nehmen. Eine parlamentsferne Reform, die
zwischen SPD und CDU ausgehandelt wurde, als ginge es um die Privatinteressen der dortigen Innenpolitiker. Eine kurzatmige Reform, die sich nicht einbindet in eine landesweite Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform und mit der nun Strukturen für die Polizei geschaffen werden, die möglicherweise in den nächsten zehn Jahren schon wieder geändert werden müssen. Eine Reform, die das Polizeipräsidium unter dem Namen Landespolizeidirektion wieder auferstehen lässt und nicht den Mut aufbringt, konsequent auch über die Polizeidirektionen nachzudenken. Diese werden nämlich möglicherweise mit Rücksicht auf die einflussreichen PD-Leiter und die Führungsebenen einfach zur Landespolizeiinspektion umbenannt. Wenigstens bei der Einsatzbewältigung leistet sich das Land jetzt eine Doppelstruktur. Natürlich werden die Notrufe in der Landeseinsatzzentrale, in der neu geschaffenen Landespolizeidirektion auflaufen, aber die Regel wird doch sein, dass die konkrete Einsatzbewältigung auch und mit Unterstützung der Technik dann von der Landespolizeiinspektion geleistet werden muss. Das meine ich damit, wenn ich sage, hier entsteht eine Doppelstruktur. Sie wissen selbst, dies konnte nur so kommen, weil man lieber halbherzig und unehrlich eine Rumpfreform auf den Weg bringt als dass erneut ein Innenminister scheitert oder ein Innenpolitiker der CDU oder wechselweise der SPD sich in der Auseinandersetzung in Fraktion, Koalition und Parlament nicht durchsetzt und klein beigeben müsste. Ja, so einfach ist das.
Aber das Besorgniserregendste ist doch, dass die Polizeibeschäftigten auch mit dieser Reform immer noch nicht genau wissen, was auf sie zukommt. Sie sind auch nicht in ausreichendem Maße einbezogen worden, so dass sie jetzt bereit sind, den Weg gemeinsam zu gehen. Wenn uns jetzt 330 mehr Streifenbeamte versprochen werden, so mache ich daran mal ein doppeltes Fragezeichen. Ein Fragezeichen dafür, dass angesichts des hohen Anteils an eingeschränkt einsatztauglichen Kollegen offen ist, wer denn faktisch auf die Straße geschickt werden soll, wenn diejenigen Kollegen, die jetzt in den Polizeiinspektionen den Innendienst verrichten, genau an diese Stelle geschickt wurden, weil sie für den Streifendienst aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen nicht mehr voll einsetzbar sind. Ein zweites Fragezeichen dafür, dass man das Ziel - mehr Blau auf die Straße - möglicherweise nur ein, zwei Jahre durchhalten wird. Dann greift der Stellenabbaupfad rigoros ein und gleichzeitig werden die Ausbildungszahlen abgesenkt. Was ist dann? Vermutlich wird man dann doch über die Schließung von Polizeistationen, den Verkauf von Liegenschaften oder die Reduzierung der Bestreifung auf die Tageszeit nachdenken müssen. Das will man aber heute dem Bürger und den Betroffenen nicht sagen, wäre aber ehrlicher vor allem gegenüber den Beamten und Beamtinnen. Ich will meine Skepsis mit Zahlen untermauern.
Mit dem zwischenzeitlich vorgelegten Personalentwicklungskonzept wird deutlich, dass im Bereich der Vollzugsbeamten bis zum Jahr 2021 644 Planstellen von Polizeivollzugsbeamten gestrichen werden. Insbesondere wird dies erreicht, indem altersbedingt frei werdende Stellen nicht vollständig durch Neueinstellung von Polizeianwärtern und -anwärterinnen besetzt und beginnend ab dem Jahr 2013 zusätzlich auch Stellen gemindert werden. Das bedeutet, dass durchschnittlich etwa nur 1,5 Prozent jährlich neue Anwärter und Anwärterinnen an dem gesamten Polizeivollzugsdienst sich erneuern. Dies ist für eine moderne Polizei zu wenig. Heute verrichten laut Aussage des Innenministeriums im Innenausschuss 2.201 Kollegen der Polizei Streifendienst. Insgesamt sind im Zuständigkeitsbereich des TIM 7.708 Beschäftigte im Haushalt vermerkt. 2021 sollen es 2.530 Beamte im Streifendienst sein und bei der Sollstärke dann von 6.782 Beschäftigten ausgegangen werden. Für alle Aufgaben, Verwaltung, Ausbildung, LKA usw., steht ein Viertel weniger Personal zur Verfügung. Es ist ein richtiger Schritt, Vollzugsbeamte von Verwaltungsaufgaben zu befreien und sie somit für den polizeilichen Dienst wieder verfügbar zu machen. Der zusätzliche Abbau von 282 Tarifbeschäftigten wird aber gerade nicht garantieren, dass Polizeibeamte tatsächlich von Verwaltungsarbeiten befreit werden können. Soll unter diesen Bedingungen erfolgreich oder noch erfolgreicher, aber auch zufrieden gearbeitet werden, dann hätte man ein Gesamtkonzept auf den Weg bringen müssen und dann hätte man eine Struktur schaffen müssen, die zukunftsfest ist und nicht bei der nächsten Reform im Land gleich zur Disposition gestellt werden wird.
Den Beamten an der Basis, den Bürgern und Bürgerinnen sind solche Überlegungen fremd. Sie wollen eine moderne Polizei, eine bürgernahe Polizei, keine politiknahe Polizei. Aber der Einfluss der politischen, möglicherweise auch der parteipolitischen Ebene steigt mit der Einführung eines politischen Beamten an der Spitze der Landespolizeidirektion und mit der Ermächtigung des Ministeriums, wichtige Teile der Reform, wie Dienst- und Aufgabenbereiche, durch Rechtsverordnungen zu regeln, und man vergibt sich die Chance, für diese Reformschritte Mehrheiten im Parlament und nicht allein im Innenministerium oder in irgendeiner Fraktion oder Koalition zu suchen.
Die Fraktion DIE LINKE wird diesen Gesetzentwurf ablehnen. Dennoch haben wir Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt, der zunächst einmal sicherstellen soll, dass nach Beschlussfassung des neuen POG die Landesregierung nicht allein die Struktur unterhalb der Polizeidirektion sowie die Aufgabenzuordnung zu diesen Strukturen und zum Landeskriminalamt beliebig neu ausrichten kann. Das ist auch sehr nötig, wenn ich heute höre, dass mit dem LKA die nächste Behördeneinheit in Angriff
Zweitens korrigieren wir die aus unserer Sicht falsche Einordnung des zukünftigen Präsidenten der Landespolizeidirektion als politischer Beamter. Polizeiliches Tätigwerden ist gesetzlich derart reglementiert, dass jeder Anschein vermieden werden sollte, dass der - wenn Sie es so wollen höchstrangige Polizist im Land abhängig von der jeweiligen politischen Ausrichtung oder auch der politischen Laune der Landesregierung ist.
Die beamtenrechtlichen Möglichkeiten sind in jedem Fall ausreichend, um sanktionierend im Fall von Dienstverletzungen reagieren zu können. Mit unserem Änderungsantrag greifen wir aber auch eine parlamentarische Initiative meiner Fraktion aus den letzten Jahren auf - die Schaffung einer Polizeibeschwerdestelle.