Protocol of the Session on September 15, 2011

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Baumann, SPD: Da hat er recht.)

Würden Sie mir und auch den geneigten Zuhörern kurz erklären, wie denn das planvolle Vorgehen der

SPD in dem Fall aussehen würde und wenn Sie das nicht können, darf ich davon ausgehen, dass das Interview, welches Herr Steinbrück diese Woche dem Spiegel gegeben hat, in dem der SPDPlan kurz in die Worte gefasst ist „natürlich müssen die Deutschen das bezahlen“, der Plan der SPD ist?

(Beifall FDP)

Herr Barth, wir sollten die Bundesdebatte nicht hierher holen in den Landtag.

(Unruhe FDP)

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das haben Sie doch gemacht.)

Es gehört dazu, dass wir über die Großwetterlage sprechen, weil sie für unsere Einnahmen im Landeshaushalt entscheidend ist. Zu Ihrer Frage ganz konkret. Ich glaube, dass die Linie der SPD-Fraktion klar und ersichtlich ist

(Unruhe FDP)

und dass wir uns für eine Einheit und Erhaltung des Euroraums einsetzen sollten. Ich halte es für falsch, wie von der FDP-Fraktion in Berlin oder von ihrem FDP-Vorsitzenden in Berlin, dass dort ohne großes Überlegen mal diese und mal diese Meinung vertreten wird. Mal sehen, welche morgen dort zu hören ist.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das war das, was Sie gerade gemacht haben.)

(Beifall SPD)

Ich rufe jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Siegesmund auf. Es wird die letzte Rednerin vor der Mittagspause sein. Wir unterbrechen danach, wir hatten das auch besprochen und in den Fraktionen bekannt gegeben, die Haushaltsdebatte, was nicht immer gemacht wurde, aber manchmal schon. Danach gehen wir in das Foyer. Dann wird es die Eröffnung dieser drei Ausstellungstafeln geben. Hier draußen, das sehe ich auch schon, ist die andere Ausstellung aufgebaut. Frau Siegesmund hat also das letzte Wort vor der Mittagspause.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das letzte Wort ist ja auch etwas Schönes.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Dr. Pidde)

Es liegt uns der Haushaltsplan für das Jahr 2012 vor. Es soll ein Haushalt der Sparsamkeit sein und er soll neue Impulse setzen. So hat der Finanzminister es heute Morgen formuliert. Da sage ich Ihnen, Herr Minister, ja, Sie zeigen den eisernen Sparwillen, ja, es gelingt Ihnen dieses Mal die Neuverschuldung auf Null zu senken und ja, wir GRÜNEN finden das richtig im Sinne der Generationengerechtigkeit. Aber nein, Sie setzen keine Impulse, keine politischen Impulse.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Impuls ist ja eine physikalische Größe, Impuls heißt Kraftstoß. Das, was Sie heute Morgen hier vorgetragen haben, hat keine Kraft gehabt. Aber ich sage Ihnen eines und ich versichere Ihnen das gleich zu Beginn meiner Ausführungen, in Ihren Bemühungen, sparsam zu wirtschaften, stellen wir uns ganz dicht hinter Sie, und zwar so dicht, dass Sie nie wieder umkehren können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir geben alles daran, dass Sie auf diesem Pfad bleiben. Wir stehen so dicht hinter Ihnen,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nicht, dass er sich verfolgt fühlt.)

dass wir auch für die nötigen Impulse sorgen, die Ihnen heute offenbar noch gefehlt haben, die politischen Impulse, in welche Richtung das Ganze gehen kann. Ich sage Ihnen auch, warum das nötig ist, dass die GRÜNEN und auch die Opposition sich da so hinter Sie stellen, weil sich die CDU verhoben hat. Sie hat sich verhoben in den vergangenen Jahren. Als ich heute Herrn Mohring zuhörte, habe ich den Eindruck gehabt, er erinnert sich nicht mehr, was die CDU in den vergangenen 20 Jahren in Thüringen angerichtet hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er sagt, die CDU muss vorangehen. Ja, Sie sind vorangegangen, die CDU, mit wehenden Fahnen in die Schuldenfalle und da sitzen wir drin. Das haben Sie hinbekommen. Ich sage Ihnen auch, warum Sie das hinbekommen haben, weil Sie jahrelang dem Pawlowschen Reflex gefolgt sind, wenn wir Geld ausgeben, gibt es Kreuze auf dem Stimmzettel, damit muss Schluss sein ein für alle Mal. Das hat uns die 16 Mrd. € Schulden eingebrockt und ich sage Ihnen auch, wo Sie sich verhoben haben, nämlich bei den zentralen Baustellen, die wir alle zu besprechen haben heute hier. Da geht es um Personal und die Frage, wie Personal ausgestattet sein soll und welches Personal wir uns leisten können. Da geht es um die Frage von Infrastruktur in den Kommunen insgesamt bei der kommunalen Daseinvorsorge, aber auch bei vielen anderen Themen. Da geht es um wichtige Landesaufgaben wie Bildung und so weiter und so fort.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Wir haben zu viel gemacht in den Kommunen.)

Sie haben sich verhoben, Sie haben zu viel versprochen und tun jetzt so, als wären Sie schon immer auf dem Pfad der Nachhaltigkeit gewesen. Das finde ich unredlich, das sage ich an dieser Stelle ganz bewusst.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich mir dann anhören muss, die CDU wusste schon immer, dass es Schulden ohne Sühne gar nicht gäbe, da muss ich auch fragen: Eigentlich müsste uns auch das Beispiel in Griechenland zeigen, das Gleiche gilt auch für Thüringen, Schulden ohne Sühne gibt es nicht. Es wird auch Zeit, dass Sie dazu stehen, dass Sie übrigens vor der eigenen Haustür kehren, vor Ihrer eigenen Haustür und sich mal die Geschichte Ihrer letzten 21 Jahre Regierungspolitik in Thüringen ganz genau anschauen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land fordern einen Konsolidierungskurs. Jedem vernunftbegabten Menschen muss klar sein, dass wir nicht weiter über unsere Verhältnisse leben können. Der Minister hat heute Morgen eine Umfrage zitiert, ich will eine andere ergänzen, nach der sich - das ist eine Umfrage von Emnid gewesen - 70 Prozent dafür ausgesprochen haben, Schuldenabbau Priorität Nummer 1 und in Richtung der FDP, 27 Prozent der Befragten in dieser Umfrage haben sich für Steuerentlastungen ausgesprochen. Das ist die derzeitige politische Großwetterlage, in der wir uns befinden. Deswegen ist der Pfad, den Sie eingeschlagen haben, auch richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Blick nach Europa ist wichtig, er ist auch heute wichtig. Vor gut einem Jahr habe ich hier, als ich die Einbringungsrede für meine Fraktion zum Haushalt halten durfte, bereits zum Staatsbankrott einiger EU-Länder gesprochen. Heute - das muss man schon auch noch mal betonen - redet die FDP unsinnigerweise über eine Insolvenz Griechenlands und die CSU - das gehört hier auch mal her - will das Land gleich ganz rauswerfen. Ich warne vor billigem Populismus,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ich warne gerade heute, am Tag der Demokratie, vor billigem Populismus. Es muss uns allen klar sein, dass wir als Europäerinnen und Europäer eine besondere Verantwortung auch für Europa tragen, und Populismus führt da in die Sackgasse. Mindestens bei den Wirtschaftsdaten, die wir alle im Hinterkopf haben müssten - wir wissen, dass die Bundesrepublik über 40 Prozent seines Bruttoinlandprodukts generiert über Wirtschaftsaktivitäten in der EU -, das müsste uns allen zu denken geben, wenn

schon die politische Union an der Stelle nicht so weit im Vordergrund steht. Ich bedauere das. Ich bedauere, dass heute auch das Signal der FDP an dieser Stelle nicht eindeutig war, dass diese Baustelle in Griechenland genauso auch unsere Baustelle sein muss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir brauchen nicht weniger, sondern wir brauchen mehr Europa. Gestatten Sie mir noch einen kurzen Ausflug zu Herrn EU-Kommissar Günther Oettinger, vielleicht haben Sie es gelesen, er will die Fahnen der Euro-Staaten, die Hilfsprogramme erhalten, in Brüssel auf Halbmast setzen.

(Beifall CDU)

Ich habe mich gefragt, wenn wir das auf die Bundesrepublik übertragen, ob dann die 13 Bundesländer, die über den Länderfinanzausgleich ausgestattet werden, inzwischen auch nur noch die Hälfte des Fahnenmastes erreichen dürfen, wenn wir dieser Logik folgen. Ich will das jedenfalls nicht und ich finde den Vorschlag ziemlich unwürdig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht darum, Thüringen sturmfest zu machen, da gehören aber Ehrlichkeit und Transparenz auch dazu. Was die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten, ist ja nicht nur die Vorstellung der Zahlen, sondern auch die Frage, welche politischen Ideen auf Machbarkeit hin geprüft auch umsetzbar sind. Das wird von uns erwartet und sie erwarten gleichermaßen, dass wir Prioritäten formulieren. Diese Prioritäten habe ich heute von Ihnen nicht gehört, Herr Voß. Unser Hauptaugenmerk liegt auf guter Bildung, auf besseren Chancen für Kinder und Jugendliche, auf einer guten, nachhaltigen Entwicklung unserer Wirtschaft, auf dem ökologischen Umbau und auf der Konsolidierung der Landesfinanzen. Ihrem Landeshaushaltsentwurf 2012 ist nicht zu entnehmen, dass Sie diese Prioritäten setzen wollen.

Frau Lieberknecht sprach bei der Haushaltseinbringung 2010 vom tabulosen Sparen und ich sagte Ihnen auch, wir stehen hinter Ihnen beim Sparen. Um tabuloses Sparen geht es uns aber nicht, es geht uns ums Sparen mit Augenmaß,

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Das habe ich doch aber gesagt.)

denn der Zweck heiligt nicht alle Mittel. Ich nenne ein Beispiel und da müssen auch scheinbar heilige Kühe mal infrage gestellt werden, dazu gehört das Landeserziehungsgeld. Wir haben bei der letzten Haushaltseinbringung übrigens auch darüber geredet. Sie sind dabei, die Haushaltsstrukturkommission abzufragen. Diese Aufgabe, vor der wir in Thüringen stehen, ist so groß, dass man übrigens auch fraktionsübergreifend daran arbeiten könnte. Was die Haushaltsstrukturkommission genau tut - wir

hatten auch unsere Mitarbeit angeboten -, ist uns im Verborgenen geblieben. Herr Voß, vielleicht können Sie heute hier und da noch einmal erläutern, wie weit Sie denn tatsächlich sind bei der Frage, was umzustrukturieren ist und was nicht. Wie gesagt, Sie wollen das allein stemmen, wir hören dann gerne zu, was Ihre Ergebnisse sind. In ganz zarten Ansätzen machen Sie sich hier und da auf den Weg, aber Sie sind uns auch einige Darbietungen einfach schuldig geblieben.

Stichwort - Steuermehreinnahmen: Dass Sie mit Steuermehreinnahmen und einer reduzierten Investitionsquote die Nettokreditaufnahme auf Null drehen können, das haben Sie bewiesen. Aber gelingt es Ihnen auch, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wenn Ihnen nicht wie im Märchen „Der Sterntaler“ die Goldbatzen in den Schoß fallen? Diese Antwort sind Sie uns schuldig. Was ist denn mit konjunkturell schlechten Zeiten? Da wüssten wir auch gerne, ob Sie eine aktualisierte Mittelfristige Finanzplanung haben, die vielleicht mal über das Jahr 15 usw. hinausgeht und die uns mit entsprechenden Eckdaten hilft.

Zweiter Punkt - Investitionen: Da kann man ja auch hier und da kreativ sein. Das Problem bei den Investitionen ist aber, dass sie ab 2012 aus bekannten Gründen, die ich jetzt nicht wieder erläutern und wiederholen muss, weil das meine Vorredner schon gemacht haben, aus den laufenden Einnahmen generiert werden müssen. Denn wenn die Nettokreditaufnahme in 2012 auf Null gefahren wird und bei den konsumtiven Ausgaben nicht gekürzt wird bzw. die geplanten Steuermehreinnahmen nicht für Investitionen verwendet werden, dann sinken die Investitionen auf rund 1 Mrd. €. Die Frage ist, wie Sie da umschichten, damit wir bereits heute wissen, dass wir auch nach wie vor investieren können. Im Übrigen auch die nächste Nachfrage an dieser Stelle: Sowohl Sie als auch Herr Pidde sagten vorhin, wir müssen alles kofinanzieren, was wir bis 2013 noch bekommen können. Ich hoffe, ich habe mich da verhört, weil ich den Eindruck hatte, dass Sie als Finanzminister den Anspruch haben, nicht jeden Euro, den wir irgendwoher bekommen können, kozufinanzieren, sondern nur die sinnvollen Projekte werden auch tatsächlich kofinanziert. Beim Investitionsbegriff wünschte ich mir im Übrigen auch - wir haben dazu eine klare Haltung -, es geht um Nachhaltigkeit, es geht um die Frage Investitionen in Bildung, das auch anzuerkennen als solche und nicht immer die alterhergebrachte Definition von Beton anzuwenden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dritter Punkt - Mindereinnahmen bis 2020: Sie zeigen eisernen Sparwillen, der wird im neuen Etat deutlich, aber wie nachhaltig ist das? Wir wissen, das Haushaltsvolumen sinkt auf 7 Mrd. € in 2020 und spätestens dann gibt es die im Grundgesetz

verankerte Schuldenbremse. Wie ist denn Ihr Pfad dahin? Wohin geht die Reise denn bis 2020? Wir wünschten uns einfach eine Perspektive. Wir wollen Sie übrigens auch ermutigen, darüber nachzudenken, ein Konzept zu entwickeln, was auch in Fragen des Wachstums und der Nachhaltigkeit bei Investitionen einen Pfad aufzeigen kann, eben eine Prioritätenliste, ein Konzept, um zu sehen, das Haus in Thüringen ist sturmfest und das können und wollen Sie auch leisten. Das sind Sie uns bislang schuldig geblieben.