Protocol of the Session on September 15, 2011

dass wir starke Sparanstrengungen leisten müssen. Dieser Aufgabe stellen wir uns auch. Was wir allerdings nicht im vollen Umfang wussten, was uns die Vorgängerregierungen im Marschgepäck mit auf den Weg gegeben haben.

Wir haben 2007/2008/2009 schon einmal Haushalte ohne Nettokreditaufnahme gehabt. Wenn wir aber einen Blick hinter die Kulissen werfen, sieht man, dass diese sich insbesondere durch die exorbitant hohen Steuereinnahmen einfach in diesem Jahr ergeben und von tatsächlichen Lasten abgelenkt haben. Insofern haben wir feststellen müssen, dass in den Jahren vor dieser Koalitionsregierung in unverantwortlicher Weise Lasten erzeugt wurden, bewusst kleingerechnet oder in die Zukunft verschoben worden sind. Das Ganze wurde ver

schärft, weil notwendige Entscheidungen nicht getroffen worden sind.

Ich erinnere an die Althaus’schen Reformen, die hier gepriesen worden sind und dann genau zum Gegenteil führten, was versprochen worden war, nämlich es entstanden Mehrkosten wie bei der Kommunalisierung der Umwelt- und Sozialverwaltung. Der frühere Innenminister Prof. Huber dachte sogar ernsthaft daran, diese Strukturreform wieder rückgängig zu machen. Warum wohl? Ich erinnere an die Stiftung FamilienSinn, von der der Landesrechnungshof jetzt sagt, es ist ein Rohrkrepierer gewesen, aber mit fatalen finanziellen Folgen. Ich erinnere an die Pensionsverpflichtung. Die Verbeamtung der Lehrer wurde als Einsparinstrument entdeckt, ohne entsprechende Haushaltsvorsorge. Ich erinnere an das Sondervermögen „Ökologische Altlasten“, das einfach unterschätzt oder vielleicht zu blauäugig angegangen worden ist. Es kann sein, dass wir auf mehr als 1 Mrd. Kosten einfach sitzenbleiben. Ich weiß noch nicht, wie das weggesteckt werden soll.

Es war auch nicht die SPD, die die Kosten für den zweiten Bauabschnitt des Universitätsklinikums in Jena kleingerechnet hat, um eine Finanzierung aufzuzeigen. Jetzt müssen wir natürlich schauen, wie wir das Ganze mit unserem Koalitionspartner reparieren. Ich erinnere an das Sondervermögen Fernwasser. Hier haben wir zurückgehende Abnahmemengen beim Wasser. Dies führt zu höheren Rohwasserkosten und es wird zu einem weiteren Zurückgehen der Abnahmemengen führen. Wir kommen in einen Teufelskreis und das Ganze ist ein Fass ohne Boden.

Der Hammer sind aber die Lasten, die im Teil Sondervermögen, Beitragserstattung Wasserversorgung und Abwasserentsorgung aufgelaufen sind und noch auflaufen. Dort geht es um die gigantische Summe von 2,5 Mrd. €. Und auch in den Jahren 2007 bis 2009 sind dort ständig neue Schulden aufgehäuft worden, obwohl die CDU damals hier gesagt hat, sie haben eine schwarze Null im Haushalt. Es ist eben doch alles relativ.

Meine Damen und Herren, im Hinblick auf die notwendige Anpassung der Strukturen an die vorgezeichnete demographische und finanzielle Entwicklung des Landes waren die Jahre 1999 bis 2009 weitgehend verlorene Jahre. Alle anderen neuen Bundesländer haben sich auf den Weg gemacht, sie haben die Strukturen der Verwaltung neu definiert und sie haben diese anschließend umgestaltet oder sind die Probleme zumindest angegangen. Die CDU in Thüringen kneift die Augen zu vor der Tatsache, dass kleingliedrige Strukturen auch teure Strukturen sind und dass wir nicht das Geld haben, um die liebgewordenen kleingliedrigen Strukturen dauerhaft weiterfinanzieren zu können. Tun wir es, wird das Geld für noch wichtigere Bereiche fehlen,

für die Infrastruktur und Wirtschaftsförderung, für die Bildung beispielsweise, für Soziales oder für Kultur. All das sind doch Bereiche, die für die Entwicklung unseres Landes, für die Menschen im Land bedeutsamer sind als kuschelige und heimelige Verwaltungs- und Gebietsstrukturen. Deshalb sage ich unserem Koalitionspartner noch einmal, mit den von uns gelösten Strukturreformen löst man sicher nicht alle finanziellen Probleme Thüringens.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Gar keine!)

Sicher ist aber, dass man die finanziellen Probleme unseres Landes ohne die Strukturreformen garantiert nicht lösen kann.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist hier schon ausgeführt worden,

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Mit Abstand die schlimmste Rede!)

dass unsere Haushalte ganz entscheidend abhängig sind von den Einnahmen, also von der Großwetterlage, die wir gar nicht so sehr beeinflussen können. Deutschland wurde 2003, 2004 nach der Bankenkrise damals doch als „kranker Mann Europas“ bezeichnet und stand in den Wachstumsfaktoren hinten an. Die Große Koalition auf Bundesebene hat damals entsprechende finanz- und wirtschaftspolitische Maßnahmen ergriffen, Konjunkturpakete geschnürt und heute steht Deutschland im Europakonzert als Wachstumslokomotive da und wir profitieren von den positiv steigenden Steuereinnahmen. Wenn ich jetzt nach Berlin schaue und sehe, wie die Bundesregierung in der Eurokrise herumeiert, wie dort planlos und wenig ambitioniert, und ich schaue mal ganz besonders in Richtung FDP, agiert wird, dann wird mir natürlich wieder bange. Auf der Jahrestagung des Vereins für Sozialpolitik trafen sich in der vorigen Woche 800 Ökonomen in Frankfurt am Main und berieten. Und dabei offenbarte sich eine tiefe Unzufriedenheit mit den bisher beschlossenen Reformen der Bundesregierung zur Bankenrettung.

Herr Abgeordneter Dr. Pidde, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Barth?

Das machen wir am Ende der Rede, Herr Barth, ja?

(Zuruf Abg. Barth, FDP: Wenn ich das noch erlebe, ja!)

(Heiterkeit CDU)

Aber diese Äußerung zeigt natürlich auch, wessen Kind Sie sind, Herr Barth.

Auf dieser Tagung, von der ich gerade gesprochen habe, hat Friedrich Merz, ein Wirtschaftsfachmann der CDU, davor gewarnt, dass sich der nächste globale Abschwung anbahnt. Das sind keine guten Nachrichten und deshalb ist es auch richtig, was unser Finanzminister sagte, wir können nicht dauerhaft mit guten Steuereinnahmen rechnen und müssen die Haushaltskonsolidierung ernst nehmen.

Meine Damen und Herren, auch ich teile die Einschätzung, dass Deutschland derzeit unterfinanziert ist und von der Substanz zehrt. Jahrzehntelange Steuersenkungswettbewerbe haben dazu geführt, dass viele Haushalte der öffentlichen Hand

(Unruhe CDU, FDP)

ruiniert sind. Am Ende haben alle Steuersenkungswettbewerbe, egal welche Fraktionen dort Anteile hatten, dazu geführt, dass die Reichen reicher wurden und die öffentlichen Kassen leer.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es meines Erachtens tatsächlich an der Zeit, die Reichen wieder mehr an der Finanzierung des Staates zu beteiligen. Die SPD hat dafür auf Bundesebene ihr Konzept vorgelegt wohl wissend, dass dafür auch politische Mehrheiten notwendig sind.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Rede doch mal zu Thüringen!)

Wir werden zur Steuerpolitik vielleicht morgen zum Tagesordnungspunkt 19 reden, falls er noch drankommen sollte. Aber hinweisen möchte ich auf jeden Fall noch auf Tagesordnungspunkt 3 - Besoldungsanpassung -, weil Kollege Ramelow die Steuerpolitik ins Spiel gebracht hat. Bei der Besoldungsanpassung hat die Fraktion DIE LINKE wieder einen Änderungsantrag vorgelegt, der auch schon im Haushalts- und Finanzausschuss kam, der Ihnen allen vorliegt, mit Mehrausgaben von über 25 Mio. €. Es steht nirgendwo dabei, es kann keinem gesagt werden, wo das Geld herkommen soll. So kann man Haushaltspolitik nicht machen.

(Beifall SPD)

Wenn Kollege Ramelow vorhin für die Fraktion DIE LINKE sagte, er würde Haushaltskonsolidierung ganz anders machen, die Reichen mehr besteuern und damit die Lücken, die sich ergeben, schließen, da muss man doch sagen, Konsolidierung, sparen müssen wir jetzt. Wenn man Steuergesetze ändern will, selbst wenn die Mehrheiten vorhanden wären, sind das Maßnahmen, die vielleicht in drei, fünf oder noch mehr Jahren überhaupt erst zu entsprechenden Einnahmen führen. Deshalb ist das Ganze, was Kollege Ramelow vorgetragen hat, unredlich, er weiß es, aber aus Parteipolitik spricht er wider besseres Wissen hier an diesem Ort.

(Beifall CDU, SPD)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das würde ich nie tun.)

Meine Damen und Herren, ich bin nun schon so viele Jahre hier im Landtag und auch im Haushaltsund Finanzausschuss. Wir haben noch nie so früh im Jahr über einen Haushalt gesprochen, die erste Lesung war sonst immer im Oktober. Dieses frühzeitige Einbringen des Haushalts durch die Landesregierung unterstreicht natürlich die Handlungsfähigkeit der Koalition. Ein Sparhaushalt ist ja mit harter Arbeit verbunden und deshalb sage ich, Hut ab! Ich möchte dafür im Namen meiner Fraktion der gesamten Landesregierung und insbesondere unserem Finanzminister Herrn Dr. Voß und seinem Team ganz herzlich danken.

(Beifall SPD)

Ich schließe aber ganz besonders in diesen Dank den scheidenden Staatssekretär Herrn Dr. Spaeth ein.

(Beifall CDU, SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt noch zu einigen Schwerpunkten des Haushaltsentwurfs sprechen. Angesichts der knappen Kassen kann es nicht darum gehen, überall Aufwüchse zu verteilen bei den Ausgabetiteln, sondern es ist schon ein großer Erfolg, wenn wir bestimmte Bereiche auch in Zukunft finanziell auf dem gleichen Niveau absichern. Dazu gehören eindeutig die Zuschüsse im Bereich Soziales, im Bereich Bildung, im Bereich Kultur und Kunst. Die gesellschaftliche Hebelwirkung der sozialen Beratungsstellen und der strukturellen Förderung, zum Beispiel bei den Jugendpflegern oder den Projektmanagern im Bereich Kultur und Soziokultur, ist viel, viel größer, als es der reine Zuschussbetrag aussagt. Die Regierungskoalition hat seit 2009 den Anteil der Bildungsausgaben am Gesamthaushalt kontinuierlich erhöht. Das liegt einerseits am Umsteuern in Sachen frühkindlicher Bildung, das ist aber auch darin begründet, dass die Zeiten des Abbaus von Lehrerstellen wegen der zurückgehenden Kinderzahlen erst einmal vorbei sind. Die nun ausscheidenden Lehrer müssen - oder positiv ausgedrückt können durch junge Lehrer ersetzt werden. Hier bietet sich endlich die Chance, der Überalterung in den Lehrerzimmern entgegenzutreten. Wichtig sind auch die Hochschulfinanzierung und die Finanzierung der Theater und Orchester. Hier sind die bisherigen Ausgabenzahlen nicht nur stabil gehalten worden, sondern es wurde noch eine Schippe draufgelegt. Das ist wichtig für die Zukunft in unserem Land.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat auch die Wirtschaftspolitik neu justiert, neue Ideen und neues Denken sind eingezogen. Das schmeckt nicht jedem in Thüringen, aber die Analysen sind richtig; die nun Schritt für Schritt folgenden Schlussfolgerungen ebenso. So ist es richtig, die Vergabe

von öffentlichen Aufträgen an eine ordentliche Bezahlung der Beschäftigten zu binden. Es ist richtig, die Wirtschaftsförderung stärker darauf auszurichten, ob auch tragfähige Beschäftigungsverhältnisse entstehen, von denen die Menschen leben können. Wenn die auszureichenden Fördermittel knapp werden, ist es auch richtig, die innovativsten Ideen und Anträge zu fördern und das Geld nicht einfach breit zu streuen. Erschwerend in diesem ganzen Bereich kommen natürlich Kürzungen dazu, die die Bundesregierung einfach nach unten durchreicht und wir wegstecken müssen, wie die Kürzung der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur.

Die Tourismusförderung wird an verschiedenen Stellen umgebaut und gestärkt. In der Titelgruppe stehen 460.000 € zusätzlich zur Verfügung. Das ist gut so, weil es beim Tourismus ja auch immer um eine Förderung des ländlichen Raums geht.

Ansprechen möchte ich die Maßnahmen zur Förderung der Energienutzung. Hier haben wir Haushaltskapitel, die in der Vergangenheit über mehrere Jahre auf Null gestellt waren. Hier ist es gut, dass die Landesregierung umsteuert. Mit 5,9 Mio. € sollen solche Maßnahmen 2012 gefördert werden. Das ist ein wichtiges und richtiges Signal.

Wie in den Vorjahren werden wichtige investive Maßnahmen aller Ressorts auch aus EFRE-Mitteln gefördert. Angesichts der zurückgehenden finanziellen Spielräume bei den Landesmitteln ist dies ein wichtiger Rettungsanker für so manche Maßnahme. Das Wirtschaftsministerium ist hier die Schaltzentrale zur Mittelweiterleitung. Von diesen Mitteln profitieren auch das Ministerium für Bau und Verkehr und das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium. Gerade in diesen Bereichen wird besonders deutlich, dass der Freistaat auch entsprechend die Ausgaben kürzt. Eine Reihe von Infrastrukturmaßnahmen können nicht oder nicht so zeitnah, wie wir es gern hätten, durchgeführt werden. Deshalb noch einmal mein Appell: Geld, welches in ineffiziente und kleingliedrige Verwaltungen versickert, fehlt dann auch bei der Förderung des ländlichen Raums oder beim Straßenbau.

Meine Damen und Herren, der Bereich, über den im Zusammenhang mit dem Haushalt 2012 bisher am meisten diskutiert worden ist, ist der Kommunale Finanzausgleich. Für die SPD-Fraktion will ich hier keine abschließende Bewertung vornehmen. Ich kann aber zusichern, dass wir das Gesetz sehr gründlich und ergebnisoffen prüfen werden und dass wir erheblichen Klärungsbedarf bei etlichen Punkten im Kommunalen Finanzausgleich sehen, so wie es auch mein Kollege Matthias Hey gestern in der Aktuellen Stunde dargelegt hat.

Es wird hierzu eine schriftliche und auch eine mündliche Anhörung geben, in der die kommunalen Spitzenverbände im Haushalts- und Finanzaus

schuss noch einmal zu Wort kommen werden. Dann werden wir uns abschließend eine Meinung bilden.

Wichtig finde ich die vom Finanzminister angekündigte Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes für das Jahr 2013, das begrüßen wir ausdrücklich. Der jetzige Kommunale Finanzausgleich zeigt mehr und mehr seine Schwächen. Deshalb ist es wichtig, dass hier eine Novellierung erfolgt, in die wir uns konstruktiv mit einbringen wollen.

Abschließend noch ein paar Worte zum Haushaltsbegleitgesetz: Der Finanzminister weist zu Recht darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Ausgaben des Freistaats durch Gesetze bedingt ist, die es zu erfüllen gilt. Die freiwilligen und damit unmittelbar disponiblen Ausgaben des Landes nehmen nur noch einen sehr geringen Umfang an den Gesamtausgaben ein. Umso wichtiger ist es, die gesetzlichen Leistungen nach Einsparmöglichkeiten zu durchforsten. Das wurde bei der Erstellung des Haushaltsbegleitgesetzes getan. Auch für dieses Gesetz wird es im Haushalts- und Finanzausschuss eine Anhörung geben. Danach werden wir uns zu den einzelnen Details und Artikeln unsere Meinung bilden.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat ihre Pflicht und Schuldigkeit getan und uns fristgerecht oder noch früher als in den Jahren zuvor einen Haushalt nebst der entsprechenden Begleitgesetze zugeleitet. Lassen Sie uns nun daran gehen, diese Unterlagen sorgfältig zu prüfen und darauf hinzuarbeiten, dass wir zum Jahresende einen ausgewogenen und vertretbaren Haushalt für 2012 beschließen können. Ich hoffe auf konstruktive Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss und beantrage die Überweisung an diesen.

Herr Barth hatte noch eine Frage, Frau Präsidentin.

Das haben Sie sich gut gemerkt. Herr Barth, Sie dürfen jetzt Ihre Frage stellen.

Danke, Frau Präsidentin. Ich habe sie mir auch gemerkt. Herr Kollege Pidde, Sie nahmen zu Beginn Ihrer Rede Bezug auf die Diskussion um den Euro. Das hat ja alles auf unseren Haushalt durchaus Auswirkungen. Sie sprachen von den, ich weiß es nicht mehr wörtlich, aber etwa, planlosen Dingen, die die FDP dort in Berlin vorschlägt.

(Beifall SPD)