Vielen Dank. Ich sehe eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Ramelow, wir haben noch fünf Minuten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Walsmann, irgendwie verstehe ich dieses Parlament jedenfalls so, dass es eine Regierung gibt, die von zwei Fraktionen getragen wird.
Diese beiden Fraktionen haben auch Parteivorsitzende und einen Koalitionsausschuss. Dort kann man all die Dinge, die man politisch vielleicht unterschiedlich wertet, einbringen. Das ist jetzt schon der zweite Stepp, vorhin sagte Frau Marx, also sie verhandelt mit dem Kollegen Scherer, nicht wir als Parlament verhandeln, nein, Frau Marx und Herr Scherer verhandeln. Jetzt kommen Sie für die Landesregierung vor und sagen, wir als Landesregierung haben es eingebracht, ihr habt es im Parlament und wir sitzen als Parlamentarier hier und haben das Gesetz nicht. Also es ist im Ausschuss. Im Gegensatz zu Ihrer Aussage ist es dort nicht behandelt worden. Es ist ein Durchlauf gemacht worden, eine Anhörung veranlasst worden. Die Behandlung hat noch nicht einmal stattgefunden. Wir hatten gehofft, dass es in dieser Sitzung auf die Plenartagesordnung kommt, so dass es endlich behandelt werden kann. Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass hier „Schlapp hat den Hut verloren“ gespielt wird.
Nur, das Parlament wird dabei massiv missachtet. Man hat das Gefühl, als wenn das hier eine Kasperbude wäre, als ob so eine Geschichte nicht eine Angelegenheit des Parlaments wäre, also von uns.
Selbstverständlich, ich würde nie behaupten, dass wir eine Kasperbude sind. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass wir zur Kasperbude gemacht werden.
Das, was hier gerade stattfindet, ist ein Prozess der Entwertung der parlamentarischen Beteiligungsrechte, meine Damen und Herren. Das ist der Grund, warum ich das nicht akzeptieren kann. Ich hatte schon bei der Landespressekonferenz das
seltsame Gefühl der Erkenntnis der dritten Art. Man geht in die Landespressekonferenz und erfährt, was Herr Mohring und Herr Höhn der Presse zu erklären haben über dieses Thema. Dort erfahren wir als Parlamentarier, dass etwas nicht auf die Tagesordnung kommt und warum es nicht auf die Tagesordnung kommt. Dann sagt der eine über den anderen, dass es diese und diese und diese finsteren Gründe gibt, statt dass die ganzen Geschichten hier im Parlament endlich behandelt werden. Legen Sie das Gesetz hier vor! Bringen Sie es ein! Nicht Sie, Frau Walsmann, aber die von Ihnen getragenen Fraktionen, denn es geht um Ihr Ansehen, um Ihre Einkünfte als Minister. Da können Sie als Ministerin nicht sagen, also das geht mich gar nichts an, in dem Boot sitze ich gar nicht.
Deswegen, meine Damen und Herren, mahne ich beide Fraktionen, sorgen Sie dafür, dass dieses Gesetz jetzt hier auf den Tisch kommt, dass wir es behandeln können. Wenn es richtig ist, was Herr Scherer gesagt hat, dass es mit Beginn dieser Legislatur gelten soll, und wenn es dazu verfassungsrechtlich keine Bedenken gibt durch den Justizminister, dann wären die Bedenken, die ich danach geäußert habe - aber eben nur in Kenntnis der Äußerung der Fraktionsvorsitzenden, andere kenne ich nicht, ich kann sie parlamentarisch nicht qualifizieren, ich hörte nur was in der Landespressekonferenz gesagt wurde -, dass das Gesetz zum Beginn des Stichtags dieser Legislatur gelten soll, wenn das so verfassungsrechtlich in Ordnung ist, dann kann es doch eingebracht werden. Wenn es aber so ist, Kollege Höhn, was ich verstanden habe, was Ihr Kollege Mohring gesagt hat, dass es um die SPD-Minister geht - der Eindruck ist zumindest sehr entstanden, weil deren zweijährige Zeit jetzt abläuft und damit sozusagen der Bestandsschutz entsteht -, wenn das der Fall ist und das der Streit ist, wäre das nicht in Ordnung. Deswegen, meine Damen und Herren, lassen Sie uns mit vereinter Kraft dafür sorgen, dass hier Klärung reinkommt. Das Gesetz gehört auf den Tisch, es gehört abgestimmt. Dann können wir uns auch vor die Öffentlichkeit stellen und sagen, wir wissen alle, was wir getan haben. Aber in Hinterzimmern und in Koalitionsnebenräumen darüber zu verhandeln, halte ich für eine Missachtung des Parlaments.
Gibt es noch weitere Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann schließe ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde.
Maut in Deutschland und mögliche Auswirkungen auf Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/3250
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thema „Einführung einer Pkw-Maut …“ beschäftigt die Bundesebene ganz aktuell. Es zieht sich bereits längere Zeit, über Wochen und Monate durch die Diskussion auf Bundebene wie ein roter Faden und insbesondere die CSU und der Bundesverkehrsminister Ramsauer forcieren dieses Thema. Aber inzwischen scheinen sich auch andere mit diesem Thema anzufreunden. Es gab ein Gespräch mit der Bundeskanzlerin zum Thema „Pkw-Maut“ und gestern und vorgestern hat der Deutsche Landkreistag in Eisenach auf der Wartburg getagt. Der Bundesverkehrsminister hat dort noch einmal die Forderung nach einer Pkw-Maut erhoben und hat auch dort Unterstützung erhalten. Auch der Thüringer Verkehrsminister Herr Carius plädiert für die Pkw-Maut. Erst unlängst, als wir im Moorgrund die Ortsumgehung der B19 eingeweiht haben, war das Thema andere Finanzierung von Verkehrsprojekten wieder genannt worden.
Wir sagen es hier sehr deutlich: Als SPD lehnen wir die Pkw-Maut ab, und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum einen - und das haben wir in der Presse in der Vergangenheit auch immer wieder deutlich gemacht - wird es insbesondere die Pendler - und davon hat Thüringern nach wie vor sehr viele -, die zur Arbeit in die alten Bundesländer oder auch innerhalb Thüringens pendeln müssen, besonders hart treffen. Das wollen wir nicht.
Die Bezieher geringer Einkommen würden - relativ gesehen - mehr belastet durch eine Pkw-Maut als die Bezieher hoher Einkommen. Auch das halten wir für sozial unausgewogen.
Die Pkw-Maut würde zu einer Verteuerung des Straßenverkehrs führen und da sagen wir, das ist auch wirtschaftlich nicht zu vertreten. Es würde gerade die Automobilindustrie besonders treffen und Thüringen ist Automobilstandort. Deswegen kann es nicht im Sinne der Thüringer Automobilindustrie sein, sich hier für eine Pkw-Maut stark zu machen.
Wenn man sich mal die Ausführungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft anschaut, so ist bereits jetzt der Wegestreckenaufwand durch die KfzSteuer und durch die Mineralölsteuer zu 218 Prozent gedeckt. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum man hier den Autofahrer weiter zur Kasse bitten will. Außerdem würde die Pkw-Maut auf Au
tobahnen letztendlich zur Verlagerung der Verkehrsströme auf das nachgelagerte Straßennetz führen. Wir kennen diese Effekte von der Lkw-Maut und dort haben wir Verlagerungseffekte eben nicht nur von der Autobahn auf die Bundesstraßen, sondern bis hinab auf die Landesstraßen. Das heißt, letztendlich steigt für uns auch wieder der Sanierungsaufwand bei den Landesstraßen. Wir haben damit nichts gutgemacht. Es wird ja immer wieder gesagt, wir führen die Pkw-Maut ein und wir entlasten dann letztendlich die Autofahrer bei der KfzSteuer. Wenn man das einmal durchrechnet, das ist ein Nullsummenspiel. Am Ende kommen vielleicht ungefähr 300 Mio. € mehr heraus für alle Bundesländer, nicht für Thüringen, weil letztendlich nur die ausländischen Autofahrer übrig bleiben. Selbst diese Einnahmen würden nicht im vollen Umfang in den Verkehrshaushalt fließen, weil der Aufbau eines solchen Mautsystems auch Kosten verursacht, so dass es zu keinen deutlichen Verbesserungen kommt. Außerdem halte ich die Vorstellung, dass dann dieses Geld wirklich dem Verkehrshaushalt zugutekommt nach all den anderen Erfahrungen für abwegig. Wir könnten uns jetzt schon dafür stark machen, dass die Kfz-Steuer letztendlich im vollen Umfang in den Verkehrshaushalt fließt, dass die Mineralölsteuer in den Verkehrshaushalt fließt, das ist nicht der Fall. Diese Steuern werden auf Bundesebene dazu verwendet, um Haushaltslöcher zu stopfen. Haushaltslöcher, die auf der anderen Seite aufgerissen werden, indem man den Forderungen der FDP auf Bundesebene nach Steuersenkungen nachgeht. Ich sage ganz deutlich, es ist hier nicht die Zeit für Steuersenkungen.
In einem gebe ich dem Bundesverkehrsminister Ramsauer recht: Die Situation der Verkehrshaushalte sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ist dramatisch, aber diese dramatische Situation werden wir mit der Pkw-Maut nicht lösen. Hier wird nur der Autofahrer noch mal …
zur Kasse gebeten. Deswegen noch einen Satz. Herr Minister Carius, ich bitte Sie darum, lassen Sie uns gemeinsam auf Bundesebene dafür eintreten, dass zum einen die Steuersenkungspläne der FDP nicht zum Tragen kommen und dass die Gelder, die
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Nächster zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Heinz Untermann von der FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, meine Damen und Herren auf der Zuschauertribüne, es gibt gewaltige Finanzierungsdefizite beim Straßenbau, aber da erzähle ich Ihnen nichts Neues. Ob jedoch die Einführung einer Pkw-Maut das richtige Mittel ist, diese Probleme zu lösen, sei hier infrage gestellt.
Die Autofahrer zahlen jetzt bereits über die KfzSteuer, die Mineralölsteuer und andere Abgaben ca. 53 Mrd. € pro Jahr. Doch diese Milliarden fließen nicht mal zur Hälfte in den Erhalt und den Ausbau des Straßennetzes. Vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung liegt eine aktuelle Wegekostenstudie vor. Hier wird klar das Argument widerlegt, dass die Autofahrer über eine Pkw-Maut an den Straßenbaukosten in der Zukunft beteiligt werden müssen. Denn sie tun es bereits und nicht zu knapp. Die Wegekostenberechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, welche Kosten durch den Bau und den Unterhalt der Verkehrswege entstehen. Für jeden Euro an Infrastrukturkosten, den die Autofahrer verursachen, zahlen sie 4,20 € an Abgaben, also über Mineralölsteuer, KfzSteuer und andere Steuern an den Staat zurück. So deckt der inländische Pkw-Verkehr die Kosten auf alle Straßen zu über 200 Prozent und auf Autobahnen zu über 420 Prozent.
In dem Konzept „Auto finanziert Straße“ unterbreitet der ADAC einen Vorschlag zur Nutzerfinanzierung auf der Basis vorhandener Abgaben. Das Konzept beinhaltet vier Leitgedanken, auf die ich hier nicht im Detail eingehen möchte. Der ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker stellte dieses auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar vor. Er entschärfte gleichzeitig die immer wiederkehrende Forderung, dass ausländische Nutzer sich doch ebenfalls über eine Maut an den Kosten für den Straßenbau betei
ligen müssten, wie für die deutschen Autofahrer abhängig von den Streckenlängen Gebühren in Dänemark, Norwegen, Frankreich, Österreich, Großbritannien oder Italien erhoben werden. Es ist ein billiges Argument, mit einer Maut auch ausländische Pkw-Fahrer abkassieren zu wollen, denn sie werden es längst. Ausländer bezahlen über die anfallende Mineralölsteuer beim Tanken doppelt so viel, wie sie an Kosten bei uns verursachen. Es wird immer über die Entlastung der Autofahrer an anderer Stelle, z.B. bei der Kfz-Steuer, diskutiert. Ich glaube, das ist unrealistisch, das sind zwei Paar Schuhe. Es geht laut EU-Recht nicht, weil wir ja die ausländischen Autofahrer nicht ungleich mehr belasten können als uns als Deutsche selber. Was mir aber absolut wichtig ist, dass keine weiteren Mehrkosten für die Autofahrer entstehen. Die Autofahrer sind schon genug gestraft, wenn ich mir die Preise an der Tankstelle ansehe.
Sehr geehrte Abgeordnete, bevor über die Einführung einer Pkw-Maut nachgedacht wird, sollte man über andere Lösungen für die Finanzierung des Straßenbaus nachdenken. Ich denke da an solche Lösungen wie die Senkung der Bau- oder Straßenunterhaltungskosten. Nur in wenigen Ländern ist der Straßenbau so teuer wie in Deutschland. Bis zum heutigen Zeitpunkt liegt seitens der Bundesregierung noch kein konkretes Konzept vor, ob überhaupt und in welcher Form eine Pkw-Maut zukünftig eingeführt werden könnte. Solange dieses Konzept nicht vorliegt, läuft die angestrebte Diskussion erst einmal ins Leere. Wir wissen alle, es steht im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung, dass die Pkw-Maut in dieser Legislaturperiode nicht eingeführt wird.
In Ihrer Aktuellen Stunde, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, verweisen Sie auf die Auswirkungen für Thüringen. Die möglichen Auswirkungen für Thüringen dürften uns doch allen klar sein. Falls das Pkw-Maut-Modell nur auf Autobahnen greift, sollte sofort eine Verlagerung des Verkehrs von der Fernstraße auf die Landstraße erfolgen. Es kommt zu Mehrbelastungen durch höhere Verkehrsaufkommen in den Städten und Gemeinden. Es trägt sicherlich nicht dazu bei, den Zustand unserer ca. 9.200 km Landesstraßen zu verbessern. Da sind Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit und eine Steigerung der Unfallzahlen zwangsläufig zu erwarten. Mit Folgen ist aber nicht nur in Thüringen zu rechnen, sondern deutschlandweit. So würde laut ADAC nur jeder fünfte Autofahrer statt Autobahn die Landesstraße nutzen. Prognosen besagen, dass jährlich mit 350 Verkehrstoten und 13.000 Verletzten zu rechnen sei. Hinzu kommen die Mehrkosten der Pendler und Kleinunternehmer. So sollte man sich ebenfalls vor der Einführung der Pkw-Maut darüber Klarheit verschaffen, welche zu erwartenden Betriebskosten welchen Bruttoeinnahmen gegenüberstehen. Erfahrungen
der letzten Jahre zeigten, dass von den möglichen Mauteinnahmen rund ein Fünftel für Betrieb und Unterhalt der Erfassungssysteme aufgewendet würde. Ich will es an dieser Stelle noch einmal nicht versäumen, auf mein Lieblingsthema hinzuweisen, und zwar auf die Fertigstellung der A 71. Wie wichtig die Fertigstellung der A 71 zwischen Oberröblingen, Heldrungen und Sömmerda ist und die Ortsumfahrungen bei Gebesee und Straußfurt für die Region sind, habe ich hier in diesem Hause schon oft geäußert. Der Verkehrsminister Ramsauer betonte am 12. September dieses Jahres zum Neubau von Verkehrswegen, dass nur noch für angefangene Straßen Mittel zur Verfügung stehen. Wer legt denn fest, was angefangen ist und was nicht.
Fängt eine Maßnahme bei der Linienplanung an, beim Planfeststellungsverfahren oder wenn der erste Spatenstich erfolgt, oder gibt es noch andere Begründungen?
Das sehe ich noch nicht so eindeutig, Herr Minister. Ich hoffe für die Region und für die Einwohner, dass die A 71 zeitnah fertiggestellt wird auch ohne Pkw-Maut. Ich danke Ihnen.