Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Gäste, ich bin dankbar für das Thema, denn wie Sie auch aus vorangegangenen Diskussionen wissen, bin ich als Kommunalpolitiker natürlich ein gebranntes Kind und suche auch deswegen diese Debatte.
Ich denke an die Veranstaltung im Messegelände des Gemeinde- und Städtebundes. Da hatte ich am Eingang gedacht, als ich DIE LINKE dort stehen sah, wie sie mit Ihren Tüten „Rettungsschirm für Kommunen“ warb, à la bonne heure, das ist ein schöner Ansatz.
Ja, aber nur bis dahin war es gut. Denn als ich dann in die Tüte hineingeschaut habe, meine Damen und Herren, habe ich gesehen: Das Einzige, was Ihnen zu dem Thema eingefallen war, war das Thema „Gebietsreform“. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, das ist das Letzte, wirklich das Allerletzte, was den Gemeinden jetzt in dieser Situation helfen würde.
Wenn wir uns ansehen, dass der Freistaat von heute 9,3 Mrd. € im Jahr auf ungefähr 7 Mrd. € Haushaltsvolumen im Jahr 2020 schrumpfen muss, dann
wissen wir natürlich, dass der Freistaat sparen muss. Die Frage, die sich aber nach dieser Feststellung unmittelbar aufdrängt, lautet: Warum tut er es dann nicht? Oder genauer gefragt: Warum tut er es nicht vor allem bei sich selbst, meine Damen und Herren?
Wie auch immer die ganzen Zahlenspielereien zu bewerten sind, eines ist klar: Der Landeshaushalt soll von derzeit rund 9,5 Mrd. € auf 9 Mrd. € sinken. Das ist ein Minus von 500 Mio. €. Dazu tragen die Gemeinden nach der Planung der Regierung etwa 250 Mio. € bei. Die Gemeinden haben einen Anteil von rund 27 Prozent am Gesamthaushalt, sollen aber 50 Prozent zu den geplanten Einsparungen beisteuern.
Meine Damen und Herren, man muss weder böswillig noch ungerecht sein, wenn man dieses Verhältnis nun wirklich als unausgewogen bezeichnet.
Der Umgang mit den Kommunen, wie ihn das Land pflegt, hat ja schon öfter Anlass zur Kritik geboten. Man könnte daraus inzwischen fast einen Fortsetzungsroman machen. Wenn innerhalb von wenigen Jahren zum dritten Mal eine Verfassungsklage gegen den Kommunalen Finanzausgleich droht, dann ist das alles andere als ein Ruhmesblatt für die Landesregierung und natürlich auch alles andere als ein Ruhmesblatt für dieses Haus als Gesetzgeber, meine Damen und Herren.
Deswegen appelliere ich vor allem an die Kollegen der schwarz-roten Koalition, einen solchen Kommunalen Finanzausgleich nicht mitzutragen.
Aber auch einzelne Regelungen, meine Damen und Herren, tragen zu dem traurigen Bild bei, das das Verhältnis zwischen Landesregierung und Kommunen derzeit prägt. Die FDP-Fraktion hat in ihrer Verfassungsklage gegen den Kommunalen Finanzausgleich 2010 einige dieser Regelungen aufgegriffen und egal wie das im Einzelnen ausgeht - das kann man vor Gericht bekanntlich nie wissen -, mit einem ist die Landesregierung schon gescheitert, nämlich mit dem Versuch, die Klage zu verhindern, indem man einer Landtagsfraktion das Klagerecht absprechen wollte. Das hat nicht funktioniert, meine Damen und Herren, und wir werden erfahren, ob das Verfassungsgericht die Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung des angemessenen Finanzausgleichs aus den Artikeln 91 und 93 der Thüringer Verfassung als erfüllt ansieht.
Neben der Frage der Höhe des KFA scheint uns nämlich die Frage einer transparenten, das heißt nachvollziehbaren, verlässlichen und kalkulierbaren Berechnung von wesentlicher Bedeutung zu sein. Ein wesentliches weiteres Problem, was wir sehen,
ist die Frage des Investitionsstaus, die im Kommunalen Finanzausgleich überhaupt nicht berücksichtigt ist.
Aber natürlich spielen nicht nur die Fragen der Transparenz eine Rolle, sondern auch die Frage des angemessenen Finanzausgleichs; auch deswegen werden wir in den nächsten Wochen noch erhebliche Diskussionen miteinander haben.
Ein letztes Beispiel: Wir klagen in unserer Verfassungsklage auch gegen die Korridorbildung und es scheint der Regierung selbst nicht sehr wohl damit zu sein. Deshalb soll ein Benchmarking 2012 alles gut machen. Aus den erst drei, nun angeblich 10 wirtschaftlichsten Gemeinden eines Verwaltungstyps sollen dann die pauschalen Durchschnittskosten angesetzt werden.
Meine Damen und Herren, ich glaube jetzt schon, Ihnen garantieren zu können, dass auch das nicht funktionieren wird. Bei dieser Diskussion sollten wir aber auch nicht vergessen, darauf aufmerksam zu machen, wie Haushaltspolitik dieser Koalition bis jetzt aussah. Es ist nämlich der Haushalt nach oben aufgewachsen um 550 Mio. €. Auch das gehört zur Wahrheit, dass das Geld ist, was jetzt bei den Kommunen gespart werden soll. Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. Wir werben für einen fairen Umgang mit den Kommunen hier in Thüringen. Ich sage Ihnen, ich selbst habe die Resolution des Gemeinde- und Städtebunds als Bürgermeister selbstverständlich unterschrieben. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, mache ich noch einmal auf die Geschäftsordnung aufmerksam. Nonverbale Zeichen sind hier im Hause nicht zugelassen und ich denke, die Fraktion DIE LINKE kennt die Geschäftsordnung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie haben soeben unsere Fraktion darauf hingewiesen, dass nonverbale Meinungsäußerungen hier nicht zulässig sind. Wir brauchen sie aber, weil ja offenbar Herr Zeh von den Realitäten in den Kommunen nicht mal ansatzweise Ahnung oder Informationen hat.
Deshalb, Herr Zeh, ich empfehle Ihnen diese Internetseite. Dort können Sie eine Vielzahl von Beispielen der Realität in Thüringen zur Kenntnis nehmen.
Aber Herr Zeh hat es schon mitbekommen. Ich kann es Ihnen noch einmal zum Schluss sagen. Herr Zeh, Sie beschreiben ein Bild der Realitäten, wie die SED das in der DDR-Endzeit gemacht hat.
Nicht die Opposition schlägt Alarm, sondern die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Kommunen, die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und
die Bürgerinnen und Bürger. Die verspüren nämlich die Konsequenzen, die aus der Finanzkrise resultieren. Wenn Sie hier Beispiele zitieren und damit die Finanzlage der Thüringer Kommunen schönrechnen, dann will ich mich mal mit zwei auseinandersetzen. Ich gehe mal davon aus, Sie waren ja mal Minister und haben gesagt, Sie sind schon lange hier im Thüringer Landtag und haben damit auch die Thüringer Kommunalordnung und die Regelungen zum kommunalen Haushaltsrecht mit beschlossen. Wenn Sie also hier formulieren, dass seit 2000 die Thüringer Kommunen über 700 Mio. € getilgt haben, dann wissen Sie doch, dass wir als Gesetzgeber den Kommunen das zur Pflicht gemacht haben. Die Kommunen haben überhaupt kein Ermessen. Selbst die Kommunen, die keinen Haushalt haben, die keinen ausgeglichenen Haushalt haben, die Fehlbeträge haben, sind verpflichtet zu tilgen. Das hat also mit der Finanzsituation der einzelnen Kommunen überhaupt nichts zu tun, weil wir die Kommunen verpflichtet haben, jährlich die Tilgungsraten zu erwirtschaften unabhängig von ihrer Finanzsituation. Insofern ist weder die Verschuldung ein Kriterium für Leistungsfähigkeit noch können Sie hier die Tilgungsleistungen der Kommunen als Beispiel heranführen, dass es den Thüringer Kommunen gut geht.
Das Zweite: Sie haben auf den Überschuss verwiesen. Der Finanzminister wird als Experte des Kommunalen Finanzausgleichs immer benannt. In seiner Doktorarbeit hat er Positionen, die der LINKEN sehr nahekommen, aber in seiner praktischen Arbeit widerspiegelt sich seine Doktorarbeit überhaupt nicht. Also zumindest die Erkenntnisse, die er damals gesammelt hat, die richtig sind, da muss ich sagen, herzlichen Glückwunsch. Aber Sie müssen es in das Regierungshandeln umsetzen und das muss sich zeigen. Sie haben schon - also aus mei
ner Sicht - fahrlässig, weil Sie es ja besser wissen, in der Öffentlichkeit ein falsches Bild gezeigt und Herr Zeh hat das jetzt noch einmal getan, indem Sie von einem Überschuss sprechen, ohne darauf zu verweisen, dass die Kommunen einen Überschuss im Verwaltungshaushalt erwirtschaften müssen, gesetzlich vorgeschrieben, und zwar mindestens in Höhe der ordentlichen Tilgung. Dieser Überschuss muss in den Vermögenshaushalt überführt werden, um dann zu tilgen. Unabhängig davon, wie die Haushaltslage ist, muss dieser Überschuss immer fiktiv dargestellt werden. Insofern müssen Sie das doch mit einbeziehen. Sie können das doch aber nicht als Kriterium von Leistungsfähigkeit festmachen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie hier die Resolution des Gemeinde- und Städtebundes so kritisieren, Herr Zeh - uns können Sie ja kritisieren, aber 940 Bürgermeister und den Gemeinde- und Städtebund mit seiner Geschäftsstelle hier für unfähig zu halten,
bestimmte Dinge real darzulegen, das beschreibt Ihr Verhältnis zu den Thüringer Kommunen und Bürgermeistern und das ist gestört. Um mal die Bedarfe darzustellen, welche die Thüringer Kommunen haben, die bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt werden müssen: Allein im Bereich der Investitionen hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) - steht nicht der LINKEN nahe, wird von uns nicht dominiert - festgestellt, die Thüringer Kommunen müssten jährlich 1,5 Mrd. € investieren, um die Infrastruktur zu erhalten. Tatsächlich investieren sie 800 Mio. €. Da fehlen schon 700 Mio. €. Die Infrastruktur zerfällt. Ich lade Sie ein, gehen Sie mit mir durch die Schulen des Ilm-Kreises und durch Kindertagesstätten und durch Sportstätten, da werden Sie sehen, welcher Zustand dort herrscht.
Die Sportstätte „Obertunk“ in Arnstadt ist halb fertig und die Stadt Arnstadt hat gar keine Möglichkeit, dort irgendwie zu agieren, und hier stellen Sie sich hin und sagen, alles in Ordnung.
Zur FDP: Die FDP macht diesen Staat arm, die Kommunen, klagt beim Finanzausgleich zurück zum alten System. Sie wollen zum Verbundsystem zurück, weg vom Bedarfssystem. Das ist ein Rückschritt ins Mittelalter, beim Finanzausgleich ins Mittelalter. Erst machen Sie den Staat arm und dann beklagen Sie hier weiteres Sparen. Also zum Schluss wollen Sie tatsächlich ein geordnetes Insolvenzverfahren für die Thüringer Kommunen