Protocol of the Session on December 17, 2009

Mit der vorgesehenen Regelung werden die Länder und Kommunen zusätzlich belastet und der Bund schafft sich finanzielle Freiräume. Hier hätte ich mir für das Land Thüringen, aber auch für die Bundesländer insgesamt eine andere Regelung gewünscht. Die Bundesländer haben das im Bundesrat deutlich zum Ausdruck gebracht und auch an die Bundesregierung herangetragen, bisher aber ohne Erfolg.

Der Prozentsatz der Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung ist nach der Festlegung der alten Bundesregierung an die Zahl der Bedarfsgemeinschaften gekoppelt. Freilich meinte man damals, den Stein der Weisen für diesen finanziellen Ausgleich gefunden zu haben. Es hat sich aber herausgestellt, dass entgegen den ursprünglichen Annahmen die Ausgaben für Unterkunft und Heizung nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Zahl der Bedarfsgemeinschaften stehen. Deshalb war es auch das erklärte Ziel der damaligen Regierung, bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer dauerhaften kommunalen Entlastung in Höhe von 2,5 Mrd. € zu kommen.

Nun sieht das Ganze ganz anders aus. Im Bundesrat - da habe ich hingewiesen auf die Sitzung vom 06.11. - gab es folgende Stellungnahme des Bundesrats, das zitiere ich hier mal: „Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, in dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Änderung der Anpassungsformel für die Höhe der Beteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung in § 46 Abs. 7 Sozialgesetzbuch II vorzunehmen, indem die Bundesbeteiligung entsprechend der Entwicklung der Ausgaben für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II und nicht entsprechend der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften berechnet wird.“ Das wäre der richtige Weg gewesen, aber die Mehrheit im Bundestag ist nicht bereit, das so mitzutragen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rufe ich Frau Abgeordnete Siegesmund auf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Hätten wir beim letzten Plenum schlicht und ergreifend nicht 18.00 Uhr geschlossen und waren der Ansicht gewesen, wir hätten nach Hause gehen müssen, hätten wir den Antrag fristgemäß be

handeln können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt scheint der Zug abgefahren zu sein, aber erstens ist es gut, dass wir heute darüber reden, und zweitens gibt es auch eine Möglichkeit, um da noch einen Anschluss zu finden. Man kann sagen, der Zug ist abgefahren - ist er nicht. Warum ist er das nicht? Weil es immer noch eine Möglichkeit gibt, und zwar im sogenannten Vermittlungsausschuss darüber nachträglich zu sprechen. Worum es uns geht, ist Folgendes: Wir unterstützen als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag der LINKEN. Es ist klar, dass die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld II bedeutete, dass die Kommunen deutlich mehr Sozialausgaben stemmen müssen, und zwar dauerhaft 2,5 Mrd. € für Unterkunft. Die Bundesbeteiligung an diesen Kosten war festgeschrieben. Diese Formel wurde allerdings im Jahr 2006 geändert, so dass es unverhältnismäßige Zuweisungen gab und die Kommunen jetzt hängengelassen werden. Das heißt, dass die Kommunen an diesen Stellen die Mehrbelastung zu tragen haben, die sich runtergebrochen auf Thüringen auch darin zeigt, dass viele verschiedene Aufgaben nicht wahrgenommen werden können. Wir reden hier konkret in Thüringen über ca. 10 Mio. € an Mehrbelastung. Sie wissen genau, die Wirtschaftskrise bedeutet auch in Thüringen, die wird nächstes Jahr viele Bedarfsgemeinschaften besonders treffen. Es wird auch eine Mehrzahl von Bedarfsgemeinschaften geben, so dass wir von 14 Mrd. € auf einen Bundesanteil von 15,8 Mrd. € im kommenden Jahr kommen, davon 10 Mio. € in Thüringen - das ist kein Pappenstiel, das ist eine ernst zu nehmende Zahl.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen müssen wir über die Verteilung dieses Kostenanstieges auch reden. Das eine ist die Wirtschaftskrise, das andere sind steigende Energiepreise und die Unterkunftskosten gerade in vielen Bedarfsgemeinschaften, wo auch Aufstocker und Aufstockerinnen darauf angewiesen sind, die leben davon, dass wir uns erstens damit beschäftigen und dass wir zweitens im Bundesrat und auf Bundesebene ganz klar die Verantwortung einfordern. Das tun wir als GRÜNE. Rechnen Sie damit, dass wir immer wieder mahnen, alle Parteien waren damals im Vermittlungsausschuss damit beschäftigt, die Arbeitsmarktreform auszugestalten, dass es so gestaltet wird, dass es vor Ort auch umgesetzt werden kann. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion rufe ich Frau Abgeordnete Lehmann auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht bei diesem Tagesordnungspunkt wieder einmal um die Frage, wer die Rechnung bezahlt. Der Bund hat in seinem Gesetzentwurf vom 15.10.2009 angekündigt, seine Beteiligung für die zweckgebundenen Leistungen der kommunalen Träger für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeit Suchende erneut abzusenken. Meine Vorredner sind bereits kurz auf die Gegebenheiten der vergangenen Jahre eingegangen. Ich möchte noch mal in Erinnerung rufen, in den Jahren 2007 und 2008 gab es bundesdurchschnittlich noch 31,8 bzw. 29,2 Prozent und dies wurde 2009 auf 26 Prozent herabgesetzt. Das ist alles bundesdurchschnittlich genannt, für Thüringen ist es jeweils etwas weniger, z.B. waren es 2009 25,4 Prozent der Kosten. Nun ist für das Jahr 2010 eine weitere deutliche Absenkung auf durchschnittlich 23,6 Prozent, für Thüringen 23 Prozent vorgesehen. Der Bund hat dies mit seiner Berechnungsmethode begründet, denn hier wird die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften zugrunde gelegt, die in der Tat um 4 Prozent pro Jahr, bundesweit gesehen, gesunken ist. Die Länder vertreten zu Recht die Ansicht, dass sich der Bund entsprechend aber der tatsächlichen Kostenentwicklung beteiligen sollte. Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am 06.11.2009 - also auch drei Tage vor der Erstellung des heute hier behandelten Antrags der LINKEN - mit der Thematik auseinandergesetzt und eine Stellungnahme dazu erarbeitet. Herr Kollege Pidde ist bereits in seinem Redebeitrag kurz darauf eingegangen. Zu Recht wird darin die Absicht des Bundes kritisiert, dass die geplante Entlastung der Kommunen von den Kosten in Höhe von bundesweit 2,5 Mrd. € mit diesem neuen Berechnungsmodell keineswegs erreicht wird, sondern neue Lasten auf die Kommunen zukommen. Der Bundesrat hat die Bundesregierung deshalb in seiner Stellungnahme auch aufgefordert, die Berechnung der Bundesbeteiligung nach den tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung, die in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind, auszurichten und eine entsprechende Änderung des Bundesgesetzes vorzunehmen. Der Bundestag hat sich am 4. Dezember mit dem Thema beschäftigt und dazu beraten. Meine Rücksprache auch mit den dortigen Kollegen hat ergeben, dass man die Einwände der Länder wohl verstünde, aber nicht gelten ließ, sondern es wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung abgestimmt und beschlossen. In dieser Woche tagt nun - soweit ich weiß, morgen - der Bundesrat zu dieser Thematik erneut. Wie zumindest mir bekannt ist, soll der Vermittlungsaus

schuss zu dieser Thematik angerufen werden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, es kam heute auch schon zur Sprache, viele von uns sind ehrenamtlich auch in Kreistagen, also in den Kommunen aktiv, die das bezahlen müssen. Deswegen habe ich hier auch mal einige Zahlen aus dem Unstrut-Hainich-Kreis dabei, damit wir einmal hören, wie sich das ganz praktisch auswirkt. Die bisherigen Absenkungen haben schon entsprechende finanzielle Auswirkungen gezeigt. Bei uns im Landkreis war es so, dass innerhalb eines Jahres - vom 3. Oktober 2008 zum Vergleich Oktober 2009 - 600.000 € Mehrausgaben entstanden sind. Das ist ein Anstieg um 3,6 Prozent. Auch die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften ist angestiegen in diesem Zeitraum, insbesondere bei den Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften war ein Anstieg um 3,7 Prozent zu verzeichnen. Auch ein Anstieg der Heizkosten spielt dabei eine große Rolle. So sind in den beiden benannten Jahren diese Kosten um 9,7 Prozent angestiegen. Ich denke, das müssen wir auch wissen, wie das örtlich aussieht. Es gibt bereits eine Hochrechnung: Was passiert im Jahr 2010 zum Beispiel im Unstrut-Hainich-Kreis, wenn der Bund die Kostenbeteiligung auf 23 Prozent absenkt? Auf Grundlage der jetzt bekannten Kostenfaktoren und Anzahl der Bedarfsgemeinschaften wird von einer weiteren Erhöhung der Kosten um eine halbe Million Euro ausgegangen, dass dies so eintreten könnte. Das ist nur ein Landkreis von unseren 17 in Thüringen und dazu kommen auch die kreisfreien Städte, die diese Leistungen ebenso zu erbringen haben. Von einer Entlastung, wie es vom Bund hier immer angezeigt wird, kann keine Rede sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Absenkung der Bundesbeteiligung wie in der Vergangenheit wird zukünftig auch zunächst zur Erhöhung der Belastung der kommunalen Haushalte führen. Sie werden sich fragen: Warum sage ich „zunächst“? Aufgrund der neuen Systematik unseres Kommunalen Finanzausgleichs sind Rückgänge bei den Zuweisungen des Bundes wie im Falle der Kosten der Unterkunft letztlich doch von uns, vom Land, zu kompensieren, da dieses - also wir, das Land - die angemessene Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen hat. Damit können wir nicht einverstanden sein. Der Bund kann sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen und die Lasten über den Umweg der Kommunen, die uns am Herzen liegen, am Ende den Ländern aufbürden. Wir sehen zu diesem Antrag deshalb weiteren Beratungsbedarf und sind interessiert natürlich auch am weiteren Verfahren in Berlin im Vermittlungsausschuss dazu. Deshalb beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung und Weiterberatung dieses Punktes federführend im Haushalts- und Finanzausschuss und mitberatend im Innenausschuss. Vielen Dank.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Kuschel?

Nein, er kann sich hier melden.

Nein, Herr Kuschel. Als Nächsten rufe ich für die FDP-Fraktion den Abgeordneten Koppe auf.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Pidde, um das noch mal klarzustellen, das war die alte schwarz-rote Bundesregierung, die in einer ihrer letzten Amtshandlungen am 7. Oktober dieses Jahres den Gesetzentwurf beschlossen hat, der entsprechend den Regelungen der Vorjahre die Höhe der Bundesbeteiligungen an den Kosten für Unterkunft und Heizung für das kommende Jahr regelt. Damit soll die Zusage erfüllt werden, die den Kommunen im Rahmen der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gemacht worden ist. Es geht hierbei um eine Entlastung der Kommunen in einer Größenordnung von 2,5 Mrd. €. Das war von Anfang an das entscheidende Ziel, die Entlastung der Kommunen, das muss man im Kopf behalten.

Die FDP hat bereits in den vergangenen Jahren auf den Konstruktionsfehler hingewiesen, den Bundeszuschuss ausschließlich nach der Zahl der Bedarfsgemeinschaften zu bemessen. Wir haben das Ziel unterstützt, im Interesse der Kommunen eine gewisse Planungssicherheit zu schaffen, doch die Ausrichtung an der Zahl der Bedarfsgemeinschaften hielten wir für falsch

(Beifall FDP)

und wir halten es nach wie vor für falsch, denn es hat sich in den Jahren daran nichts geändert. Die Bedarfsgemeinschaften sind als Bezugsgröße ungeeignet, die tatsächlichen Verhältnisse abzubilden.

(Beifall FDP)

Ein Singlehaushalt verursacht geringere Miet- und Heizkosten als eine Großfamilie.

(Beifall DIE LINKE)

Ich glaube, darüber gibt es keine Diskussion. Arbeitet man hier mit einem Mittelwert über alle Größen, wie es getan wird, dann sind automatisch diejenigen

Kommunen benachteiligt, in denen strukturell mehr kinderreiche Familien leben. Die Ballungsräume mit einer Vielzahl an Singlehaushalten werden dann begünstigt. Die Kommunen im ländlichen Raum mit einer strukturell bedingt höheren Zahl an Bedarfsgemeinschaften mit mehreren Personen haben da das Nachsehen. Das ist nicht im Sinne einer gerechten Entlastung der Kommunen.

(Beifall FDP)

Welche Auswirkungen die Praxis der Lastenverteilung tatsächlich mit sich bringt, wird deutlich, wenn man sich die Kommunen anschaut. Für meine Heimat, den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, wie bekannt eine ländlich geprägte Region, bedeutet die Absenkung des Bundesanteils an der Finanzierung der Kosten der Unterkunft von bisher 26 auf jetzt gültige 23,6 Prozent Mindereinnahmen für den Kreishaushalt in Millionenhöhe. Was verglichen mit dem Bundeshaushalt keine große Summe ist, ist für eine Kommune sehr viel Geld.

(Beifall FDP)

Da die Kosten ja unabhängig von den Mittelzuflüssen weiterhin auflaufen, fehlt das Geld an anderer Stelle. Das wird dann auch vor Ort deutlich, wenn die Kita-Gebühren erhöht werden müssen oder das Geld für die Sanierung des Spielplatzes nicht mehr zur Verfügung steht. Das darf nicht sein. Allein für 2010 ergibt sich hierdurch voraussichtlich ein Einnahmeverlust von über 10 Mio. € für Thüringen.

Die alte Landesregierung hat diesen Zustand mit herbeigeführt, da sie im Jahr 2008 im Bundesrat der Streichung der Revisionsklausel zur Berechnungsformel trotz Warnung durch den Thüringer Landkreistag zugestimmt hat.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Es muss zukünftig sichergestellt werden, dass die Unterkunftskostenbeteiligung des Bundes mit steigenden Unterkunftskosten größer wird und nicht wie derzeit durch die Kopplung an die Bedarfsgemeinschaften weiterhin abnimmt. Die mit der Reform den Kommunen zugesagte dauerhafte Entlastung von bundesweit 2,5 Mrd. € hat sich ins klare Gegenteil verkehrt. Die FDP hat immer deutlich gemacht und macht es weiterhin, dass hier nur ein Weg richtig sein kann, wir müssen wegkommen von der Bezugsgröße der Bedarfsgemeinschaften. Wir müssen dahin kommen, dass die tatsächlich entstandenen Kosten der Maßstab für die Bundesbeteiligungen sind. Anders werden wir diese Angelegenheit nicht lösen können. Der Bund hat den Kommunen die Aufgabe übertragen, also muss er auch für die Kosten geradestehen und kann die Kommunen nicht alleinlas

sen. Wenn die Bundesländer sich im Bundesrat einig sind, dann werden wir uns freuen, weil das genau unsere Intention trifft. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Sedlacik zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Besucher, ich freue mich auf die sehr sachliche Debatte zu diesem schwierigen Thema und ich komme, um die Brücke zu bauen zu dem vorhergehenden Thema, zu dem Entschluss, Hartz IV ist gescheitert,

(Beifall DIE LINKE)

denn die Verlierer dieser Politik sind die Betroffenen und sind in zunehmendem Maße auch die Kommunen.

(Beifall DIE LINKE)

Eine Lösung ist nicht in Sicht. Jetzt debattieren wir hier im Thüringer Landtag ein bundesweites Thema, warum die Landesregierung nicht bereit ist, die Kommunen bei ihren zunehmenden Lasten entsprechend zu unterstützen. Vieles ist schon gesagt worden. Wir wissen auch, dass sich viele Länder im Bundesrat dafür stark gemacht haben, und wenn die Abstimmung bereits schon war, bevor wir diesen Antrag eingereicht haben, möchte ich unbedingt betonen, dass das hier nicht eine symbolische Debatte sein soll. Diese Debatte hier im Landtag soll zeigen, wo stehen die einzelnen Fraktionen, und es wurde auch gesagt von den Rednern hier, viele arbeiten in kommunalen Parlamenten, in Kreistagen in Städten, wo ich mir wünsche, dass auch dort der Protest lauter wird und wir uns nicht verlassen auf unsere Interessenvertreter, Gemeinde- und Städtebund und Landkreistag, sondern wir müssen uns hier alle positionieren, wenn wir die Kommunen im Blick haben. Die Kommunen im Blick haben heißt für uns auch, dass wir immer lauter fordern müssen, dass die Berechnungsgrundlage endlich hier geändert wird. Wir machen doch die Erfahrungen in den Kreistagen, wenn wir weniger Bedarfsgemeinschaften haben, dass nicht proportional oder automatisch sich die Kosten der Unterkunft senken. Das Gegenteil erleben wir. Wir sind der Meinung, diese Berechnungsgrundlage muss geändert werden, weil wir die Erfahrung machen, dass die Kosten uns davonlaufen. Nachweislich ist bereits jetzt, dass bei den Hartz-IV

Kosten die Soziallasten in den Kommunen nicht nach unten gehen. Das war das eigentliche Ziel bei der Einführung von Hartz IV, dass die Kommunen entlastet werden sollen. Die Zahl wurde heute schon genannt, 2,5 Mrd. €, das Gegenteil ist eingetreten und ich sehe keine Kehrtwende in dieser Politik. Trotz dieser unabweislichen Fakten und der unmittelbaren Wirkung auf die Kommunen ist der Gesetzentwurf im Bundestag abschließend beraten worden und das empört mich schon. Diese soziale Ignoranz, die im Gesetzentwurf zum Ausdruck kommt, finde ich, ist kaum zu überbieten. Es wird darauf verwiesen, dass durch Kommunen die anfallenden Kosten zu stemmen sind. Die Kommunen sollen die Angemessenheit prüfen, sollen nach kleineren Wohnungen, billigeren Wohnungen suchen, obwohl wir wissen, dass es die zurzeit gar nicht gibt. Das ist eine Politik auf dem Rücken der Betroffenen

(Beifall DIE LINKE)

und sie tritt das Sozialstaatsprinzip mit Füßen. Zudem macht ein Blick in die kommunalen Haushalte den Handlungszwang immer mehr deutlich. Die Haushaltslage vieler Kommunen ist prekär, weitere Einschnitte sind nicht mehr vertretbar. Frau Lehmann nannte Zahlen aus ihrem Heimatkreis. In dem Kreis, aus dem ich komme, wurden schon einmal 1 Mio. € mehr eingeplant, um eventuell diese Bürde, die auf den Kreis zukommen wird, auffangen zu können. Im Ilm-Kreis sind es 520.000 € und der Landkreistag spricht in seiner Resolution, die ihr alle in euern Fächern habt, von 20 Mio. €, die hier einfach den Kommunen aufgebürdet werden. Es ist irrwitzig - die Kommunen bekommen weniger Geld und jeder weiß, dass sie in Zukunft mehr aufzubringen haben. Diese Politik auf Kosten der Städte und Kreise macht mich sehr betroffen. Es darf nicht hingenommen werden, dass die Kommunen für den bröckelnden Sozialstaat und für die verfehlte Sozialpolitik zulasten der Betroffenen verantwortlich gemacht werden. Kürzungen insbesondere im sozialen Bereich sind in Zeiten des fortschreitenden Sozialabbaus, zunehmender Armut sowie wachsender Polarisierungsprozesse nicht nur in Stadtentwicklungs- und sozialpolitischer Richtung der falsche Weg, nein, es ist auch wohnungspolitisch zu kurz gedacht und der falsche Weg. Schon jetzt müssen die Kommunen einen Seiltanz machen zwischen der Begrenzung der Sozialausgaben und der Schaffung guter Wohn-, Arbeits- und Lebensbedingungen, um die Abwanderung unserer Kinder, unserer jungen Leute zu verhindern und den sozialen Frieden im Land zu halten.

Das verfassungsrechtlich verankerte kommunale Selbstverwaltungsrecht wird somit zur Makulatur. Wir alle in den kommunalen Parlamenten schlagen uns dann gegenseitig die Köpfe ein, wenn wir Prioritä

ten setzen müssen, was wir uns wirklich noch leisten können an Kultur, an gesellschaftlicher Teilhabe unserer Bürger.

Also, was bieten wir an? Es ist richtig, dass der Bundestag bereits abschließend beraten hat. Es ist richtig, dass nach dem Grundgesetz die Möglichkeit der Einberufung des Vermittlungsausschusses besteht. Genau diese Bitte möchten wir heute äußern, denn in unserem Antrag sind die Entscheidungen im Bundesrat und in der Bundesregierung nicht ausdrücklich genannt. Dies umfasst auch die Anrufung dieses Vermittlungsausschusses, um unser Ziel doch noch zu erreichen. Widerstand haben bereits die Länder Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen angekündigt und einen Umlaufbeschluss zur Einberufung des Vermittlungsausschusses initiiert. Entsprechend - auf eine Einberufung des Vermittlungsausschusses - lautet die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Der Bundesrat berät morgen, das ist schon mehrfach hier gesagt worden. Wir verstehen unseren Antrag heute hier als einen Handlungsauftrag an die Landesregierung, sich im Bundesrat weiterhin gegen die geplante Absenkung der Beteiligung an den Kosten der Unterkunft einzusetzen. Es reicht nicht, wenn wir diesen Antrag heute im Ausschuss - in welchem auch immer - parken und ihn wirkungslos lassen. Wir möchten heute und hier eine Abstimmung. Es war eigentlich Konsens in allen Diskussionsbeiträgen, weil Handlungsbedarf besteht. Diesen Auftrag möchten wir der Landesregierung mit nach Berlin geben. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)