Protocol of the Session on December 17, 2009

Herr Recknagel hat die Wirtschaftlichkeit angesprochen und auch das Thema Subventionen. Wenn wir die Preise für Atomenergie tatsächlich wirtschaftlich darstellen würden, dann würden die von vornherein

bei allen Ausschreibungen rausfliegen.

(Beifall DIE LINKE)

Vielleicht nur eine Zahl, ohne dabei in die Tiefe zu gehen. Wir waren ja gerade in einer Stimmung, dass wir gesagt haben: Wir können alle mitgehen bei dem Antrag. Seit 1950 sind über 150 Mrd. € in die Atomenergie geflossen. Dagegen nimmt sich das, was in erneuerbare Energien geflossen ist, als Peanuts aus.

Ich unterstütze die Überweisung, die hier schon vorgeschlagen wurde, und würde das noch ergänzen. Wir sind in Jena, dazu habe ich am Anfang schon ausgeführt, in einem Rutsch auf 100 Prozent erneuerbare Energien gekommen, was natürlich auch heißt Verzicht auf Atomenergie. Deswegen wäre es vielleicht gut, man würde den Antrag auch im Innenausschuss beraten und einfach mal schauen, wie kann man als Land den Kommunen auch noch mehr Anreize geben, genau in die gleiche Richtung zu gehen. Außerdem sollte der Antrag im Wirtschaftsausschuss beraten werden. Wir haben von Vorbildwirkung gesprochen und es kann ja durchaus sein, dass in vielen Unternehmen diese Ziele, erneuerbare Energien zu beziehen, noch nicht in Gänze entdeckt wurde, insofern auch noch die Verweisung an den Innenausschuss und den Wirtschaftsausschuss. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Der Abgeordnete Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedaure, dass der Innenminister jetzt nicht da ist. Zu Beginn der Debatte war er noch auf seinem Platz. Ich wollte auf einen Aspekt verweisen, der im Beschluss jetzt nicht explizit benannt ist, aber bei dem ich überzeugt bin, er sollte in der Ausschussberatung eine wesentliche Rolle spielen, und zwar ist es das Agieren der Kommunen in dieser Frage. Eine Vielzahl von Kommunen ist gegenwärtig dabei, ihre Energieversorgungsverträge für die kreiseigenen Immobilien, insbesondere für Schulen, öffentlich auszuschreiben, und zwar europaweit. Das geschieht auf Druck der Rechtsaufsichtsbehörden, europaweit und angeblich eben barrierefrei, also im freien Wettbewerb. Offenbar hat sich da die FDP mit ihrem Marktradikalismus völlig durchgesetzt. Zum Schluss werden die Thüringer Schulen mit Atomstrom aus Frankreich versorgt, denn nichts anderes bringt eine europaweite Ausschreibung. Gegen die Großkonzerne haben die örtlichen Stadtwerke

beispielsweise kaum eine Chance und das will die FDP.

(Unruhe FDP)

Das will die FDP und da wird sich dann der Mittelstand bei der FDP bedanken. Wir haben jetzt schon das Beispiel, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dass die Technische Universität in Ilmenau nicht mehr von den Stadtwerken Ilmenau mit Strom versorgt wird. Nur, die haben ein Biomasse-Heizwerk, die haben damit einen hohen Anteil an regenerativer Energie. Unsere Schulen im Ilm-Kreis werden gegenwärtig von den beiden Stadtwerken Ilmenau und Arnstadt und E.ON, wo immerhin die Thüringer Kommunen mit 47 Prozent beteiligt sind, versorgt. Wenn wir jetzt europaweit ausschreiben müssen - es geht um einen Liefervertrag von über 600.000 € im Jahr -, ist zu befürchten, dass andere Anbieter zum Zuge kommen. Es ist untersagt auf Druck der Rechtsaufsichtsbehörden, irgendwelche Bedingungen in die Stromlieferverträge, also in die Ausschreibungen, zu formulieren, zum Beispiel dass man Atomstrom ausschließt. Deshalb freut mich, dass Jena den Mut hatte, sich da wahrscheinlich auch gegen das Landesverwaltungsamt durchzusetzen. Das wollte ich eigentlich dem Innenminister mitgeben, dass er sich mal darum kümmert. Wir verlangen als LINKE, dass auch die Kommunen in die Lage versetzt sein müssen, solche Energielieferverträge, solche Ausschreibungen vom Ausschreibungstext so zu fassen, dass im Regelfall die regionalen Energieversorger zum Zuge kommen und dass natürlich auch ein deutliches Signal für regenerative Energien gesetzt werden kann. Dem steht also gegenwärtig die kommunale Praxis entgegen. Vielleicht ist auch der Ilm-Kreis dort nur ein Einzelfall, weil der dortige Landrat auch als stellvertretender Vorsitzender der Landes-CDU besonders radikal den Markt favorisiert und dabei auch billigend in Kauf nimmt, dass die regionale Wirtschaft, in dem Fall die regionale Energiewirtschaft, also die Stadtwerke, geschädigt werden. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen aus dem Plenum? Das ist nicht der Fall. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch?

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Nein.)

Gut, es ist erfüllt. Jetzt haben wir die Beantragung zur Überweisung der Fortsetzung der Beratung des Sofortberichts im entsprechenden Fachausschuss. Da dies nur in einem Fachausschuss möglich ist, gehe ich richtig in der Annahme, dass dies der Aus

schuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz sein wird? Ja.

Dann stimmen wir jetzt über die Überweisung an den benannten Ausschuss ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Damit ist dieser Antrag bei 5 Gegenstimmen so überwiesen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu Nummer 2 des Antrags. Hier wurde Ausschussüberweisung an drei Ausschüsse beantragt, nämlich an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und den Haushalts- und Finanzausschuss.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Nein, nur Haushalt.)

Bitte? An den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, das hat Frau Lehmann beantragt. Den hat sie vorhin nicht benannt? Also nicht an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, sondern an den Haushalts- und Finanzausschuss? Dann sind es nur zwei Ausschüsse.

Dann stimmen wir jetzt ab. Wer der Überweisung der Nummer 2 des Antrags an den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? 5 Gegenstimmen. Enthaltungen? 3 Enthaltungen. Damit ist der Antrag an den benannten Ausschuss überwiesen.

Jetzt geht es um die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? 5 Gegenstimmen. Enthaltungen? 1 Enthaltung. Damit ist auch dieser Überweisung so zugestimmt.

Jetzt geht es um die Federführung. Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Federführung für den Ausschuss für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz beantragt ist? Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei 7 Enthaltungen ist damit die Federführung so beschlossen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 9

Babyklappen und anonyme Geburten in Thüringen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/155 -

Ich frage, wünscht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung wird einen Sofortbericht geben. Ich erteile Frau Ministerin Taubert das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung erstatte ich zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Sofortbericht.

Gestatten Sie mir, meinen weiteren Ausführungen eine Vorbemerkung voranzustellen. Die Empfehlungen des Deutschen Ethikrates müssen differenziert betrachtet werden. Sie sind in einigen Punkten durchaus nachvollziehbar und finden meine Zustimmung. Dies gilt zum Beispiel für die Forderungen nach einer breiteren Öffentlichkeitsarbeit zu Hilfen und bestehenden anonymen Beratungsangeboten für Schwangere und Mütter in Not- und Konfliktlagen, zur Verbesserung der Kooperation und Abstimmung der Angebote in den unterschiedlichen Praxisfeldern oder nach Regelungen, welche Mindestmaßnahmen im Falle einer anonymen Kindesabgabe ergriffen werden sollten. Besonders hervorzuheben sind die vorgehaltenen Maßnahmen für in Not und Konflikt geratene schwangere Frauen.

In Thüringen gibt es seit vielen Jahren ein flächendeckendes, qualitativ hochwertiges, ineinandergreifendes System präventiv ausgerichteter Anlaufstellen für schwangere Frauen und Mütter in Not- und Konfliktsituationen. Ich möchte einige beispielhaft benennen. Hierzu gehören in erster Linie 33 Schwangerenkonfliktberatungsstellen verschiedener Träger, in denen Ratsuchende jederzeit qualifizierte Ansprechpartnerinnen in allen Fragen der Schwangerschaft und insbesondere bei Schwangerschaftskonflikten finden. Bei besonderem Hilfebedarf finden Mütter mit ihren Kindern Unterstützung in sogenannten Mutter-Kind-Einrichtungen. Dort finden sie Betreuung und Unterstützung während der Schwangerschaft und nach der Geburt, wenn sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser besonders intensiven Hilfe bedürfen. Auch die Beratung und Hilfe der Jugendämter zielt darauf, die vorhandenen Eigenkräfte der Eltern bzw. Mütter zu aktivieren und zu unterstützen. Manchmal sind die Lebensverhältnisse im Einzelfall jedoch so schwierig und verworren, dass die Betroffenen trotz verschiedener Hilfsangebote von privater und behördlicher Seite keine Möglichkeit sehen, mit ihrem Kind zusammenzuleben und es auf Dauer selbst zu versorgen und zu erziehen. Sie denken dann möglicherweise über eine Trennung vom Kind nach. In solchen Situationen kann sich die Mutter an Beratungsstellen im Jugend

amt oder an eine Adoptionsvermittlungsstelle ihres Vertrauens wenden. Dort erhalten Betroffene Informationen und Auskünfte in allen mit der Adoption zusammenhängenden persönlichen und rechtlichen Fragen, die der Diskretion unterliegen. Durch die örtlichen Adoptionsvermittlungsstellen der Thüringer Jugendämter werden leibliche Eltern fachlich qualifiziert beraten und unterstützt, damit sie die Chancen auf ein Zusammenleben mit dem Kind gegen die Adoptionsfreigabe gut abwägen können. Trotz der vorhandenen Hilfsangebote befinden sich vereinzelt Frauen subjektiv in einer für Außenstehende nur schwer nachvollziehbaren Not- und Konfliktsituation. Sie erleben ihre Lage scheinbar ausweglos und fühlen sich hoffnungslos überfordert. Die Landesregierung vertritt deshalb auch weiterhin die Auffassung, dass die Möglichkeit zur anonymen Geburt für den Fall gegeben sein muss, wenn sich eine Mutter derart in Bedrängnis sieht, dass ihr ansonsten nur die Abtreibung, Aussetzung oder Tötung des Kindes als Ausweg erscheint.

(Beifall FDP)

In diesen Fällen dient die anonyme Geburt dem Schutz ungeborener wie neugeborener Kinder. Die Einrichtung eine Babykorbs und die Möglichkeit der anonymen Geburt in Erfurt im Rahmen des Projekts „Ausweg“ vor nunmehr gut acht Jahren, löste zunächst eine intensive Diskussion innerhalb der Landesregierung, den Abgeordneten, bei den Fachkräften in unterschiedlichen Praxisfeldern und Verbänden aus. Über Fraktionsgrenzen und Fachdiskussionen hinweg bestand Konsens darin, dass in Einzelfällen Frauen durch eine Schwangerschaft oder Geburt in eine psychische Ausnahmesituation geraten können, in eine verzweifelte Ausnahmesituation, in der sie als einzigen Lösungsweg die heimliche Entbindung, Aussetzung oder gar Tötung des Kindes sehen. Diese Problematik wurde nicht zuletzt auch in der Enquetekommission des Thüringer Landtags „Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen“ diskutiert. Die Kommission führte in ihrem Abschlussbericht unter anderem hierzu aus, dass das Angebot zur anonymen Geburt als eine zulässige und wirksame Maßnahme zur Verhinderung von Schwangerschaftsabbruch, Kindesaussetzung, Kindstötung betrachtet werden muss.

Die Landesregierung sieht keinen Grund, um von dieser Auffassung abzuweichen. Sie wird sich deshalb auch weiterhin dafür einsetzen, dass die Möglichkeit der anonymen Geburt und der Babykorb, wie die Babyklappe in Thüringen genannt wird, in Thüringen erhalten bleibt. In Thüringen gibt es an folgenden Kliniken Babykörbe: In Erfurt, Nordhäuser Straße 74, Helios Klinikum; in Eisenach, Mühlhäuser Straße, Sankt Georg Klinikum sowie in der Thüringen Klinik in Saalfeld im Rheinweg 68. Die

Kosten für die Inobhutnahme der im Babykorb abgelegten Kinder und die Kosten im Zusammenhang für mit dem Kind aufgewendeten Leistungen trägt der überörtliche Kostenträger, das ist der Freistaat. Der örtliche Jugendhilfeträger übernimmt zwar zunächst die Ausgaben, macht jedoch umgehend die Rückerstattung gegenüber dem überörtlichen Kostenträger nach §§ 89 und 89 b Abs. 2 SGB VIII geltend.

Aus Erfassungsgründen liegen dem Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit keine genauen Angaben über die Anzahl der in Babykörben in Thüringen abgegebenen Kinder vor. Von daher habe ich auch keine Kenntnis darüber, wie hoch die jährlich entstehenden Kosten sind. Aufgrund der bisher erfolgten Abrechnungen der anonymen Entbindungen bei der Thüringer Stiftung „Hand in Hand - Hilfe für Kinder, Schwangere und Familien in Not“ sind im Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit in den letzten fünf Jahren jedoch nachfolgende anonyme Geburten bekannt geworden: 2005 - neun Geburten, 2006 - vier, 2007 und 2008 - jeweils fünf, per 08.12.2009 - drei Geburten.

Die anonyme Geburt in einer Klinik wird von der Thüringer Landesregierung favorisiert. Anders als beim ebenfalls vorgehaltenen Babykorb werden in einer Klinik die Gesundheit der Mutter und die des Kindes besser gewährleistet als bei einer heimlichen Entbindung. Auf diese Weise können zudem die bereits genannten Angebote und Hinweise auf bestehende Hilfsangebote oder psychosoziale Beratung an die werdende Mutter herangetragen werden, um ihr Perspektiven für ein Leben mit Kind zu eröffnen.

Eine anonyme Geburt ist nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland nicht zulässig. Gegner der anonymen Geburt berufen sich insbesondere auf das verfassungsrechtlich garantierte Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Es hat deshalb stets eine Güterabwägung stattzufinden. Nur in einer extremen Konfliktsituation kann es die anonyme Geburt als Ausnahme geben. Praktisch ist eine ärztlich kontrollierte, aber dennoch anonyme Geburt von der Rechtsordnung kaum zu verhindern. Aus Sicht des Kindes geht es nicht nur um sein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, sondern um sein Recht auf Leben. Die Frage muss deshalb auch lauten, welches Recht des Kindes höherwertiger ist, das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner biologischen Herkunft oder sein Recht auf Leben. Da kann es nach meiner Auffassung nur eine Antwort geben: Das Recht auf Leben des Kindes muss vorrangig sein.

(Beifall im Hause)

Dies setzt die Prämisse voraus, dass durch die Möglichkeit einer anonymen Geburt Frauen aus einer aus

ihrer persönlichen Sicht ausweglosen, verzweifelten Situation davon abgehalten werden, ihr Kind abzutreiben, es unter lebensbedrohenden Umständen auszusetzen oder gar zu töten.

Diese Annahme vorausgesetzt, wird durch die anonyme Geburt das Leben des Kindes tatsächlich geschützt. Wenn man zu dem Schluss kommt, dass die anonyme Geburt das Leben gefährdeter Kinder retten kann, so ist die legale Einführung der anonymen Geburt zu befürworten. Verbunden mit einer qualifizierten Schwangerschaftsberatung wäre die legalisierte anonyme Geburt eine Maßnahme, die auf den Schutz des ungeborenen Lebens hinwirkt.

Die Enquetekommission des Thüringer Landtags „Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen“ hat diese rechtliche Position ausdrücklich unterstützt.

Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich noch eins betonen: Das Angebot der anonymen Geburt wird - wie schon erwähnt - nur im äußersten Notfall auf einen Bestandteil flankierender Maßnahmen zur Verhinderung von Kindesaussetzung und Kindestötung angesehen.

Auch auf Bundesebene wurde sich mit der Thematik auseinandergesetzt. Bisher führte dies leider ohne Erfolg von Initiativen der Länder noch nicht zu einer Legalisierung. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der anonyme Entbindungen grundsätzlich für zulässig erklärte, wollen wir bundesweit diese Thematik mit dem Ziel der Legalisierung erneut aufgreifen.

(Beifall im Hause)

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat vor Kurzem beim Deutschen Jugendinstitut eine Studie in Auftrag gegeben. Frühestens Ende 2010 wird mit den ersten Ergebnissen zu rechnen sein. In Thüringen bestand bereits 2001 der landespolitische Wille, ein in ganz Thüringen geltendes Konzept zur Schaffung von Möglichkeiten zur anonymen Geburt umzusetzen.

Wir wollten eine einheitliche Regelung. Seit 2002 liegt eine Arbeitshilfe vor, die sich an alle Einrichtungen, Dienste und Institutionen in Thüringen richtet, deren Arbeitsfelder mit der Hilfeleistung und Konfliktbewältigung für Schwangere oder Mütter und Kinder in Berührung kommen. Darin eingeschlossen sind die Kliniken und Jugendämter. Neben dem Hinweis einer psychosozialen Beratung wird darin auch klargestellt, dass die Fälle einer anonymen Geburt der Anzeige von Geburten unterliegen. Das heißt, die Klinik, in der die Entbindung durchgeführt wurde, muss

die Anzeige auf der Grundlage von § 18 Personenstandsgesetz beim zuständigen Standesamt veranlassen. Unter Wahrung der Anonymität der Mutter werden die vorliegenden Daten eingetragen. Die zuständigen Jugendämter leiten das Verfahren nach § 25 Personenstandsgesetz ein, um den vollständigen Personenstand des Kindes festzustellen. Die Kosten für die Entbindung trägt die Thüringer Stiftung „Hand in Hand - Hilfe für Kinder, Schwangere und Familien in Not“ im Rahmen der Schwangerenhilfe. Von 2002 bis 2009 wurden von der Thüringer Stiftung die Kosten für 37 anonyme Geburten erstattet. Die Stiftung hat hierfür 35.300 € aufgewandt. Die Arbeitshilfen zum Umgang mit anonymen Geburten in Thüringen beinhaltet zum einen die thematische Einführung, eine Kurzbeschreibung der betreffenden Einrichtungen, Behörden und Dienste mit angegliedertem Anschriftenverzeichnis, eine Checkliste zur Verfahrensweise einer anonymen Geburt sowie die gesetzlichen Grundlagen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, Thüringen ist bei dieser sensiblen Problematik in der fachlichen Diskussion und den angebotenen Hilfen weit fortgeschritten. Ich hoffe, dass der Umgang mit der Thematik und die Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen wie in der Vergangenheit über alle Parteigrenzen hinweg erfolgen kann. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Danke, Frau Ministerin. Aufgrund der mir vorliegenden Rednerliste gehe ich davon aus, dass alle Fraktionen eine Beratung zum Sofortbericht wünschen. Das ist der Fall. Ich rufe Abgeordnete Astrid RotheBeinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf.