Protocol of the Session on April 14, 2011

(Unruhe DIE LINKE)

Möglicherweise habe ich getroffen. Es ist tatsächlich so ein typischer Antrag von den GRÜNEN.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist wieder mal so eine typische FDP-Meinung.)

Es geht Ihnen hauptsächlich um Bezeichnungen, ohne damit besonders viel Inhalt zu verbinden.

Frau Berninger, ich kann Ihnen nicht ersparen darauf noch mal einzugehen. Sie haben die ganze Zeit von nichtdeutschen Menschen gesprochen, offenbar um den Begriff „Ausländer“ zu vermeiden. Darum ging es aber gar nicht in dem Antrag der GRÜNEN, denn da steht „Migrations- und Integrationsbeauftragte“. Also da sollen die Ausländer auch aus der Bezeichnung raus, Migranten sind aber nicht nur Nichdeutsche, es gibt durchaus auch deutsche Migranten, und zwar in beide Richtungen, einwandernde und auch auswandernde.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern haben Sie sich dann mit dieser Wortwahl zwar so des politisch korrekten „Neusprechs“ bedient, aber tatsächlich sind Sie nicht auf die eigentliche Intention des GRÜNEN-Antrags eingegangen.

Es gibt ja einige Bundesländer, in denen solche Beauftragten nicht existieren.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 14, Herr Recknagel.)

Tatsächlich ist es in einigen Bundesländern Regierungsaufgabe, Ministeraufgabe bzw. beim Staatssekretär oder sogar beim Minister angesetzt. Ich erwarte eigentlich, dass das in Thüringen auch so ist. Aus diesen Beispielen Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg kann man entnehmen, dass es nicht unbedingt, obwohl ich kein Problem damit habe, eines eigenen Beauftragten bedarf, um den Problemen der Integrationspolitik gerecht zu werden, aber man es durchaus auch noch ein bisschen höher ansiedeln kann. Das gilt auch im Hinblick auf den Ausländeranteil, den wir in Thüringen haben. Wie Sie alle wissen, ist der ja vergleichsweise niedrig. Gehen wir einmal auf die Punkte des Antrags ein. Also auch hier versuchen die GRÜNEN eine neue Bezeichnung einzuführen, die doch in Wirklichkeit nicht viel mehr neuen Inhalt darstellt.

(Beifall FDP)

Also Political Correctness’ Neusprech. Und interessant ist es auch, dass Sie sich einen denkbar komplizierten Namen aussuchen, der ja Menschen betrifft, die der deutschen Sprache möglicherweise nicht so recht mächtig sind.

(Beifall FDP)

Da ist ein komplizierter Name doch eher kontraproduktiv. Namen sind letztlich aber auch nicht entscheidend. In der Landesregierung wird das anders gesehen. Wir kennen ja noch alle das Beispiel des Wirtschaftsministeriums, welches mit nicht unerheblichem Kostenaufwand umbenannt wurde. Den Kostenaufwand scheuen Sie in Bezug auf den Beauftragten hier auch nicht.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie hoch ist denn der Auf- wand? Sagen Sie es mal bitte!)

Beim Ministerium waren es, wenn ich mich recht erinnere, 5.000 €.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh.)

Sie wissen, wir kümmern uns auch um die kleinen Beträge. Dass Sie mit der Haushaltssanierung nicht viel am Hut haben, haben Sie in der Vergangenheit immer wieder bewiesen.

(Abg. Berninger)

(Beifall FDP)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Inhalte, die Sie hier dargestellt haben, also die Aufgaben, die Sie dem Ausländerbeauftragten zumessen, sind ja durchaus zum Teil in Ordnung, aber insgesamt erscheint mir der Antrag doch reichlich unausgegoren. In der Überfrachtung von Aufgaben... Ich lasse keine Zwischenfragen zu.

Sie lassen keine Zwischenfragen zu, aber ich darf erst fragen, das ist nämlich meine Aufgabe. Vielen herzlichen Dank, Herr Recknagel.

Sie dürfen fragen, was Sie wollen.

Herr Recknagel, ich darf Sie darauf hinweisen, wenn jemand Ihnen eine Frage stellen möchte, ist es sogar meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, und das werde ich auch weiterhin tun.

(Beifall DIE LINKE)

Ja, habe ich ja gesagt, Sie dürfen fragen, was Sie möchten.

In der Überfrachtung der Aufgaben des Beauftragten werden Sie der grundsätzlichen Intention des Beauftragtenwesens nicht gerecht. Die geforderten Aufgaben fallen zum Großteil bereits in den Aufgabenbereich des Innenund Sozialministeriums. Aber Sie haben natürlich auch Aufgaben beispielsweise aus dem Wirtschaftsministerium genannt und wenn man die Aufgaben, die Sie hier aufgezählt haben, tatsächlich auf der Ebene umsetzen wollte, müsste man vielleicht ein eigenes Migrations- und Integrationsministerium gründen. Insgesamt klingt die Aufgabenbeschreibung, die Sie hier vorgeführt haben, dann doch nicht umfassend genug oder zumindest nicht gezielt genug. Vielleicht orientieren Sie sich einmal an der Aufgabenbeschreibung des Integrationsbeauftragten des Bundes. Da ist es nämlich sehr viel detaillierter und auch gezielter.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, der heißt auch an- ders, Herr Recknagel.)

Diese Aufgabe bleibt eine politische Querschnittsaufgabe, die ohne weitreichende Mitwirkung aller nicht zu stemmen ist. Die Namensänderung allein bewirkt gar nichts.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deshalb haben wir ja auch Aufgaben dazu vorgeschlagen.)

Ich möchte Ihnen ausdrücklich in einem Punkt zustimmen. Die Nutzung der Zuwanderung für Wirtschaft und Kultur ist tatsächlich eine wichtige Aufgabe und könnte durchaus dort angesiedelt werden.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie unterscheiden zwischen nütz- lich und unnütz.)

Sie haben nützliche Zuwanderung hier definiert. Nützlich unter Punkt f): „Maßnahmen zur Nutzung der Zuwanderung im Kontext des demografischen Wandels, des wirtschaftlichen Wachstums sowie von Kunst und Kultur.“ Das war Zitat aus Ihrem Antrag, also tatsächlich geht es Ihnen auch um nützliche Zuwanderung.

Migration, und das übersieht Ihre Namensänderung, bezeichnet beide Richtungen, sowohl die Immigration als auch die Emigration. Offensichtlich ist Ihnen die Emigration aus Thüringen und aus Deutschland nicht so wichtig. Also entweder ist es tatsächlich eine Aufgabe, die hier mit abgebildet werden soll, dann sollen Sie es in Ihrer Aufzählung mit aufführen oder es gehört nicht dazu, dann sollten Sie konsequenterweise die Umbenennung in Immigrationsbeauftragte fordern. Auswanderung ist eine Schwächung Thüringens. Punkt g), das habe ich gar nicht verstanden, Initiierung von Bundesratsinitiativen. Auch da ist es so, dass das Aufgabe der Landesregierung ist. Also fordern Sie in Wirklichkeit ein Migrationsministerium oder übersehen Sie die Aufgaben, die eine Beauftragte tatsächlich wahrnehmen kann, also Bundesratsinitiativen gehören jedenfalls nicht dazu.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das erklären wir im Aus- schuss.)

(Beifall FDP)

Insgesamt halte ich den Antrag für typisch.

Danke, Herr Abgeordneter Recknagel. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Kanis für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Umbenennung der Ausländerbeauftragten der Thüringer Landesregierung ist doch hier in der Diskussion relativ kompliziert dargestellt. Ich konnte den Argumenten von Herrn Recknagel nicht ganz folgen.

(Abg. Recknagel)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war mir nicht ganz schlüssig, für was Sie eigentlich jetzt argumentiert haben oder wogegen Sie argumentiert haben. Denn ich finde, der Inhalt ist in diesem Antrag schon vorhanden. Ich habe auch nicht ganz verstanden, was Frau Berninger gesagt hat, dass die Beauftragte von den ausländischen Mitbürgern beauftragt werden sollte. Meines Wissens haben wir dafür die Ausländerbeiräte. Aber das sei jetzt mal dahingestellt. Wir haben es schon gehört, am 01.10.2010, also ein bisschen mehr als vor einem halben Jahr, hat die neue Ausländerbeauftragte der Landesregierung ihre Arbeit aufgenommen. Ich stimme meinen Vorrednern zu, auch ich konnte bereits bei einer Vielzahl von Veranstaltungen erleben, dass sie sich sehr schnell mit der Thematik vertraut gemacht hat. Sie vertritt - in meinen Augen, ich rede hier auch für meine Empfindungen - die Interessen der Menschen mit Migrationshintergrund bei vielfältigen Themen. Da ging es einmal um die Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die Rolle der Migrantenorganisationen wurden in einer Veranstaltung, denke ich, sehr deutlich herausgestellt, sie hatte sehr viele interkulturelle Kontakte und fand bei Vereinen und Organisationen eine sehr hohe Resonanz. Sie vertritt und vertrat auch die Interessen der Menschen mit Migrationshintergrund gegenüber Kommunen und der Landesregierung. Ich denke, das ist auch ihre Aufgabe als Beauftragte. Sie nimmt nicht nur an Veranstaltungen teil, sondern sie organisiert auch eigene Veranstaltungen. Gemeinsam besuchten wir u.a. in Gera eine Veranstaltung, in welcher Migranten erzählten, oder die Gemeinschaftsunterkunft in Gerstungen.

Sehr geehrte Damen und Herren, sie tritt für die Interessen ausländischer Mitbürger und für die Bürger mit einem Migrationshintergrund ein, egal ob sie einen EU-Pass haben, ob sie als Spätaussiedler zu uns nach Deutschland kamen, ob sie jüdische Migranten mit deutschen Wurzeln oder Flüchtlinge sind. Richtig ist, dass es den Begriff Ausländerbeauftragte nur noch in Thüringen und Sachsen gibt. Ein Ausländer, der die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, für den sind nicht plötzlich mit dieser Änderung der Staatsbürgerschaft alle Probleme gelöst, sondern die Integration dieser Menschen bleibt ein Prozess, der durch die Beauftragte begleitet wird. Der Name der Ausländerbeauftragten wird im Kabinett durch eine Änderung im Beamtengesetz erfolgen und nicht hier durch einen Beschluss des Landtags.

Integrationsbeauftragte, dieser Begriff ist auch in meiner Fraktion völlig unstrittig, muss kommen, denn die Integrationsbeauftragte ist Interessenvertreterin der Menschen mit Migrationshintergrund. Der Name Ausländerbeauftragte ist schon aus dem Grund einschränkend und entspricht nicht dem wirklichen Aufgabengehalt, weil es um eine Integra

tion in alle Ebenen der Gesellschaft geht. Dieses unterstützt und begleitet die Integrations- oder Ausländerbeauftragte. Ich denke aber, wie im Antrag gefordert, sollte man diese nicht mit ausländerrechtlichen Belangen vermischen, denn diese Aufgaben sollten beim Innenminister bleiben. Dies ist auch nicht mit dem wenigen Personal bei Frau Hess zu stemmen. Für uns steht der Name Integrationsbeauftragte schon per se als geringere Diskriminierung von Ausländern.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann müssen Sie es aber auch umsetzen.)

Durch Ihre Förderung von Verbänden, Organisationen und Initiativen, die sich für ein verständnisvolles Zusammenleben aller Menschen in Deutschland einsetzen, wird Integration gelebt. Deswegen sage ich noch einmal: Die Umbenennung ist ganz wichtig, wird angemahnt und erfolgt hoffentlich bald im Kabinett durch eine Änderung im Beamtengesetz. Ich denke, dass sich Frau Hess schon heute als Integrationsbeauftragte - auch noch unter dem Namen Ausländerbeauftragte - etabliert hat und als Interessenvertreterin der Menschen mit Migrationshintergrund eine gute Arbeit leistet. Meine Fraktion wird aber aufgrund der inhaltlichen Erweiterung, nämlich der Aufgabenübertragung aus dem Innenministerium zur Ausländerbeauftragten, nicht zustimmen. Wir sind uns aber sicher, dass sich die SPD-Minister im Kabinett weiter für eine Umbenennung einsetzen werden und hoffen, dass sie damit bald Erfolg haben.

(Beifall SPD)