Protocol of the Session on March 25, 2011

obwohl ich schon bei dem einen oder anderen das Gefühl hatte, wir haben uns bei den Beiträgen mehr auf den Gesetzentwurf im Bund konzentriert als auf das, was wir hier beraten, nämlich den Antrag.

Aber noch einmal zwei, drei Worte. Hören Sie gut zu, Frau Rothe-Beinlich, ich habe Ihnen auch zugehört.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich höre zu.)

Sie werfen uns gemeinsam mit der Kollegin Berninger vor, wir hätten uns breitschlagen lassen und wir hätten uns unseren Antrag entkernen lassen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Breitschlagen war gar nicht nötig.)

Frau Berninger, vielleicht kennen Sie das noch nicht, aber Politikfähigkeit heißt auch immer Kompromissbereitschaft. Sicherlich hätte ich mir das eine oder andere mehr gewünscht, aber praktisch trägt das nicht zum Erfolg bei, wenn ich mir einen Antrag aufgrund von Mehrheiten ablehnen lasse, sondern mein Credo ist, trotzdem für die Betroffenen zumindest das zu erreichen, was auch umsetzbar ist.

(Beifall FDP)

Deswegen noch einmal als Erklärung: Wir sollten zumindest nicht das schlechtreden, was wir jetzt gemeinsam erreicht haben, wir sollten es beschließen und dann sollten wir im Interesse der Betroffenen beginnen, das auch umzusetzen. Vielen Dank.

(Beifall SPD, FDP)

Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen seitens der Abgeordneten? Das sehe ich nicht. Für die Regierung möchte Herr Minister Matschie sprechen. Bitte schön.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, die Debatte hat deutlich gemacht, dass es einen breiten Konsens gibt. Wir brauchen eine Verbesserung der Anerkennung von Berufs- und Hochschulabschlüssen und wir diskutieren darüber, wie wir das am besten auf den Weg bringen können. Es ist auch klar, wo gegenwärtig noch die Defizite liegen. Wir haben keine klaren Regelungen zur Anerkennung von Berufs- und Hochschulabschlüssen von Einwanderern aus Ländern, die nicht zur EU zählen. Die klare gesetzliche Regelung der Anerkennung in solchen Fällen wird natürlich immer wichtiger. Einerseits bedeutet diese unübersichtliche Rechtslage für die Betroffenen Einwanderer, dass es sehr schwer ist, sich hier zu orientieren. Es gab bisher in den 350 nicht reglementierten Berufen nicht einmal einen Rechtsanspruch auf die Prüfung der erworbenen Qualifikationen, ausgenommen davon waren bisher nur die Berechtigten nach Bundesvertriebenengesetz oder nach der Lissabonkonvention. Alle anderen hatten einen solchen Rechtsanspruch auf Prüfung der erworbenen Qualifikation bisher nicht. Das ist für den Einzelnen, der hier im Land lebt mit einer bestimmten Qualifizierung kein auf Dauer zu akzeptierender Zustand. Deshalb muss es hier Lösungen geben. Aber auch wenn man aus dem Blick der Gesellschaft auf dieses Problem schaut, wird natürlich klar, dass wir uns große Chancen vergeben. Wir reden über Fachkräftebedarf, der in diesem Land vorhanden ist, auch hier in Thüringen. Wir wissen, dass bis 2015 rund 80.000 Fachkräfte in Thüringen allein benötigt werden. Auch vor diesem Hindergrund ist es natürlich klug, alles zu tun, damit erworbene Qualifikationen, Hochschulabschlüsse, Berufsschulabschlüsse auch im Land hier anerkannt sind. In der Debatte ist natürlich auch immer wieder mal das Vorurteil hochgekommen; jetzt geht es darum, im Land ausgebildete Fachkräfte zu ersetzen oder zu verdrängen. Darum wird es nicht gehen, sondern wir brauchen zusätzliche Fachkräfte und wir müssen diejenigen, die bei uns leben, mit ihren Qualifikationen nutzen, und zwar unabhängig von

(Abg. Dr. Voigt)

ihrem Herkunftsland. Deshalb brauchen wir jetzt bundesweit verlässliche Regularien und das ist auch der Grund, weshalb wir sehr stark über das jetzt vorliegende Bundesgesetz reden müssen.

Die Bundesbildungsministerin hat am 23. März 2011 ihren Gesetzentwurf im Kabinett eingebracht. Die Sachverhalte, die da geregelt werden, sind hier schon diskutiert worden, nämlich

1. der Rechtsanspruch auf Prüfung der Berufs- und Hochschulabschlüsse, und zwar unabhängig vom Herkunftsland des Antragstellers;

2. die Bearbeitungsfrist von drei Monaten;

3. die Möglichkeit, Nachqualifizierung zu eröffnen, dass nämlich Antragstellerinnen und Antragsteller auch schriftlich darüber informiert werden, welche Unterschiede zwischen der im Ausland erworbenen Qualifikation und der entsprechenden inländischen Ausbildung bestehen. Solche Unterschiede können dann in Lehrgängen oder mit Prüfungen ausgeglichen werden.

Frau Berninger, ich will in dem Zusammenhang noch einmal deutlich machen, Sie haben gesagt, es muss einen Rechtsanspruch auf die Anerkennung des Abschlusses geben.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie missverstehen mich.)

Die Anerkennung des Abschlusses ist zunächst Gegenstand des Prüfungsverfahrens. Deshalb kann es nur einen Rechtsanspruch auf die Prüfung geben und erst am Ende wird man sehen, ob der entsprechende Berufsabschluss auch anerkannt werden kann oder ob er eben nicht anerkannt werden kann und zusätzliche Qualifizierungen oder Prüfungen notwendig sind. Eines darf doch auch nicht passieren, dass wir zulassen, dass hier eine Absenkung im Qualitätsbereich stattfindet, indem wir Abschlüsse anerkennen, die nicht wirklich gleichwertig sind.

Was heißt das jetzt hier für uns in Thüringen? Es heißt, dass wir zunächst einmal auch uns in die Debatte einbringen zu dem jetzigen Gesetzentwurf, der durchaus noch Fragen offenlässt, nämlich zum Beispiel die Frage, ob die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen nicht doch weitergehende Kompetenzen erhalten müsste in dem Zusammenhang der Anerkennungsverfahren. Es bleibt auch die Frage offen: Wie wird geregelt, dass fehlende Qualifikationen nachgeholt werden können? Wer soll diese Weiterbildung anbieten? Wie soll das bezahlt werden? Soll es hier einen Rechtsanspruch möglicherweise auf weiterqualifizierende Maßnahmen geben? Das sind noch offene Fragen, die wir im Gesetzesverfahren weiter diskutieren müssen. Ich kann Ihnen hier versichern, dass die Landesregierung daran interessiert ist, dass wir am Ende ein transparentes und gut umsetzbares Anerkennungs

verfahren haben. Dazu werden wir uns in die Debatte einschalten. Wenn das Gesetz dann beschlossen ist, werden wir auf der Grundlage dieses Gesetzes auch zügig Vorschläge auf den Tisch legen, wie wir die Umsetzung dieses Gesetzes hier in Thüringen gestalten können und auch hier dazu beitragen, dass Anerkennungsverfahren zügig vonstatten gehen, dass alle, die Berufs- oder Hochschulabschlüsse mitbringen, auch rasch Klarheit darüber erhalten, welchen Stellenwert diese Qualifikationen haben, welche Nachqualifikationen möglicherweise notwendig sind.

Mein Interesse ist, dass wir den Menschen, die bei uns leben, alle Chancen eröffnen, ihre Qualifikation hier einzusetzen, dass wir gleichzeitig dafür sorgen, dass ein hohes Qualitätsniveau gesichert wird und dass wir auch in der Zukunft in der Lage sind, unseren Fachkräftebedarf zu decken. Ich freue mich dazu auch auf eine gute Zusammenarbeit hier im Haus. Die bisherige Debatte hat gezeigt, dass der gute Wille auf allen Seiten dazu vorhanden ist. Dafür bedanke ich mich.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen als Erstes ab über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/ 2452. Wer ist für diesen Änderungsantrag, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Zustimmung bei den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Wer enthält sich? Es enthält sich die Fraktion der FDP. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur, die ebenfalls eine Neufassung des Antrags enthält, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Abstimmung des Änderungsantrags. Wer für diese Beschlussempfehlung ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist Zustimmung bei der FDP, der CDU, der SPD. Wer ist gegen diese Beschlussempfehlung? Ich sehe keine Gegenstimmen. Wer enthält sich? Das ist die Enthaltung bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Fraktion DIE LINKE. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10

Organspende in Thüringen fördern hier: Nummer II

(Minister Matschie)

Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1737 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 5/2314

Das Wort hat Frau Abgeordnete Siegesmund zur Berichterstattung aus dem Ausschuss. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin gebeten worden, die Berichterstattung zum Antrag Organspende in Thüringen zu übernehmen. Der Antrag der FDP-Fraktion „Organspende in Thüringen fördern“ vom 01.11.2010 mit der Drucksache 5/1737 wurde am 19.01.2011 hier im Plenum beraten und an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen. In seiner 15. Sitzung am 17. Februar 2011 ergänzte der Staatssekretär Dr. Schubert im Rahmen der Ausschussberatung seine Berichterstattung vor dem Landtag zu Punkt I des Antrags. Er führte die Maßnahmen aus, die in Thüringen in Kooperation mit den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt in den Jahren 2011 und 2012 durchgeführt werden, um die Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung zu fördern. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Deutsche Stiftung Organtransplantation am Tag der offenen Tür im Landtag Präsenz zeige und Veranstaltungen zum Thema organisiere. Das TMSFG erläuterte zudem, dass die Bundesregierung eine Novellierung des Transplantationsgesetzes plane, die Bundesländer hieran jedoch nicht beteiligt seien. Mit Ergebnissen sei erst im Jahr 2012 zu rechnen. Der Ausschuss beabsichtigt, überfraktionell für eine größere Spendebereitschaft zu werben. Dies soll 2011 erstmals sowohl am Tag der offenen Tür des Landtags als auch regelmäßig zum Tag der Organspende, also jedes Jahr am ersten Samstag im Juni, stattfinden. Der Ausschuss beschloss bei einer Enthaltung die Annahme von Nummer II des Antrags zu empfehlen. Vielen Dank.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Gibt es Wortmeldungen zu diesem Antrag? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über die Nummer II des Antrags der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/1737, da der Ausschuss dies empfiehlt. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich sehe Zustimmungen bei allen Fraktionen. Wer ist dagegen? Ich sehe keine Gegenstimmen. Wer enthält sich? Es gibt auch keine

Enthaltungen. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

(Beifall CDU, FDP)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10.

Die Tagesordnungspunkte 11, 12 und 13 wurden von der Tagesordnung abgesetzt und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Zurückweisung der Kriminalisierung der Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/2332

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung? Ja, bitte schön, Frau Abgeordnete Berninger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, am 22. Februar 2011 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Meiningen im Suhler Rathaus die Tafeln Nummer 21 und 22 der Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“. Sie erinnern sich, bereits am 23. Februar hatte DIE LINKE hier im Landtag versucht, diesen Vorgang zu thematisieren. Die Inhalte der beschlagnahmten Tafeln: Zitate öffentlicher Aussagen verschiedener mehr oder weniger prominenter Personen aus der politischen Landschaft der Bundesrepublik. Weshalb war die Staatsanwaltschaft auf die Idee gekommen, hier wäre ein Straftatbestand zu prüfen und möglicherweise eine Gefahr abzuwehren? Die Landesgeschäftsstelle der CDU Thüringen hatte die Staatsanwälte mittels einer Strafanzeige darauf gebracht. Der Straftatbestand der Beleidigung war vielleicht durch den Generalsekretär der Landes-CDU - man weiß es nicht - konstruiert worden. Inhalt unseres Antrags, der auch heute, gut einen Monat nach diesem Vorgang, nichts an Aktualität verloren hat, ist Sie können es nachlesen - die Zurückweisung der Kriminalisierung einer Ausstellung, die sich mit dem Neofaschismus in der Bundesrepublik auseinandersetzt. Die Landes-CDU hat am 22. Februar eine Strafanzeige als Instrument der Zensur missbraucht, anstatt das Mittel der politischen Auseinandersetzung mit Aussagen zu wählen, an die Alt- und Neofaschisten problemlos anknüpfen können,

(Beifall DIE LINKE)

etwa der Polemik eines CDU-Ministerpräsidenten über vorgeblich zu viele kriminelle Ausländer oder des unsäglichen Vergleichs eines Außenministers bezüglich angeblicher spätrömischer Dekadenz. Perfide in diesem Zusammenhang finde ich die durch Herrn Abgeordneten Voigt am 23. Februar hier am Pult angestimmte Wehklage, DIE LINKE

(Präsidentin Diezel)

würde mit der Ausstellung den Bundesaußenminister und einen Ministerpräsidenten denunzieren. Weder ist die Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ eine der Partei DIE LINKE, noch wird auf den beschlagnahmten Tafeln denunziert, Herr Dr. Voigt. Auf den Tafeln wird lediglich korrekt zitiert,

(Beifall DIE LINKE)

und zwar das, was die dort zitierten Damen und Herren öffentlich gesprochen haben. Wenn jemand denunziert hat, meine Damen und Herren, dann waren es Frau Steinbach, Herr Koch, Herr Westerwelle und der Ex-Bundesbanker selbst; durch ihre eigenen Aussagen haben sie sich selbst bloßgestellt. Damit sollten Sie sich auseinandersetzen, meine Damen und Herren,

(Beifall DIE LINKE)

damit und mit dem Neofaschismus in Deutschland, und zwar tatsächlich inhaltlich auseinandersetzen und nicht durch Kriminalisierung die Auseinandersetzung zu verhindern versuchen.