Protocol of the Session on March 25, 2011

12,7 Prozent. An den Fachhochschulen sind von 362 Führungspositionen ganze 51 von Frauen besetzt, das sind 14,1 Prozent. Also hier liegt doch im Prinzip vor Augen, dass es da wirklich Nachholbedarf gibt. Auch in den Thüringer Landesbehörden sieht es nicht besser aus. Im Jahr 2009 hatten in 37 Abteilungen nur zwei Abteilungen eine Leiterin und nur 53 von 216 Referatsleitungen waren weiblich besetzt. Das sind doch alles Punkte, die man einfach auch als Landesregierung zur Kenntnis nehmen muss, dass hier gearbeitet werden muss, und das schnell. Sie haben sich nicht mit Ruhm bekleckert, auch als es darum ging, dass die Landesregierung ihre Staatssekretäre und Minister benannt hat. Von zehn Staatsekretären ist eine einzige eine Frau. Hier hätte sicher der Regierungskoalition auch etwas anderes gut zu Gesicht gestanden.

(Beifall DIE LINKE)

Auf eine Kleine Anfrage, die ich im letzten Jahr zu dieser Problematik gestellt habe, wie freie Stellen vorzugsweise mit Frauen besetzt werden sollen in der Landesregierung und in ihren nachgeordneten Einrichtungen, ist auf Artikel 33 des Grundgesetzes verwiesen worden, und jetzt zitiere ich, wie mir geantwortet worden ist: „wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zum öffentlichen Amt habe“. Toll! Die Interpretation, dass damit etwa eine verstärkte Chancengleichheit einhergehen kann, die erschließt sich mir nicht. Wenn nämlich das genauso wäre, wären die Zahlen, die ich eben vorgetragen habe, vollkommen andere. Auch hier haben wir gemeinsam noch einmal Nachholbedarf, auch mit der Landesregierung an der Stelle Maßnahmen zu bereden.

Die ganze Thematik Qualifikation von Frauen, die vielleicht so schlecht wäre, haben wir hier auch vor einem Jahr schon einmal beredet. Auch hier waren Sie nicht bereit, eigene Anträge, die wir als Opposition auf den Weg gebracht haben, zu beschließen, damit uns die Landesregierung eine langfristige Strategie vorlegen kann, wie Qualifikation von Frauen, aber auch von Männern durchgeführt werden soll. Das ist auch ein Punkt, der einfach so abgearbeitet worden ist nach dem Motto: Wir gehen zur Tagesordnung über, es wird schon alles geregelt.

Frau Pelke, ich hatte es vorhin bereits gesagt, ich hätte ganz gern die Umsetzung der Maßnahmen.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das wollen wir auch, aber dazu benötigt man keinen Be- richt.)

Und darum habe ich gesagt, die Umsetzung der Maßnahmen soll uns in Form eines Berichts gebündelt vorgelegt werden. Das ist sicher der Unterschied zwischen uns beiden oder unseren Fraktionen, wo wir sagen, wo es im Moment notwendig ist.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD)

Natürlich gibt es das, Frau Pelke, kein Problem damit.

Ich komme noch einmal zum Thema „Atlas“. Ja, wir wissen, dass die Landesregierung an dem Bundesatlas mitarbeitet. Das ist sicher gut und richtig, vollkommen klar, aber wir hätten ganz gern diesen Atlas, diese einzelnen Punkte aus dem Atlas, auch für einen speziellen Thüringer Atlas vorgelegt bekommen, damit wir genaue Schlussfolgerungen ziehen können, warum vielleicht Väter, die nur zwei Monate in Elternzeit gehen, nicht mehr Elternzeit in Anspruch nehmen. Warum sie nicht genügend Zeit zur Verfügung haben für ihre Kinder und ihre Frauen, woran es liegt. All diese Dinge könnten auch durch den Atlas - das hat der 2009er Atlas gezeigt - uns noch mal dargelegt werden. Ich weiß gar nicht, warum wir uns, diejenigen, die sich mit Gleichstellung befassen, immer so zurücknehmen. Der Wirtschaftsminister hat jetzt einen großen Trendatlas vorgelegt. Das ging ratzbatz, da lag der da. Da hat keiner gesagt, brauchen wir den oder brauchen wir den nicht. Darum plädiere ich noch einmal ausdrücklich für diesen Gleichstellungsatlas, den wir auch für Thüringen unbedingt benötigen, um die entsprechenden Ableitungen zu treffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir möchten unseren Antrag in den zuständigen Gleichstellungsausschuss überweisen, um die eventuell bestehenden Differenzen natürlich inhaltlich miteinander zu bereden, um auch diese auszuräumen, denn es geht um Gleichstellung von Mann und Frau und dies geht uns alle an. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete Stange. Wünscht Frau Ministerin das Wort? Dann hat das Wort Frau Ministerin Taubert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Gleichstellung von Frauen und Männern wird seit jeher als zentrale Querschnittsaufgabe der Thüringer Landesregierung betrachtet und auch in der täglichen Arbeit umgesetzt. Den von der Fraktion DIE LINKE geforderten Bericht zum 31. Mai 2011 zur Umsetzung der Strategie für Gleichstellung von Frauen und Männern 2010 bis 2015 der Europäischen Kommission, halte ich für verfrüht, die Terminisierung. Wir werden abwarten, welche Erfolge die von der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen mittelfristig haben. Darüber hinaus sind die Themen stets im Gleichstellungsausschuss - und das wurde ja erwähnt des Landtags präsent.

Zu Punkt 2: Die Landesregierung unterstützt mit einer großen Vielzahl von Maßnahmen die Gleichstellung von Männern und Frauen. Derzeit sind wir mit der Neufassung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes, mit dem Thüringer Vergabegesetz und dem Mittelstandsfördergesetz intensiv beschäftigt und müssen uns auf diese Aufgabe konzentrieren. Darüber hinaus sind wir nach § 13 des Gleichstellungsgesetzes zur Berichterstattung auch in dieser Legislaturperiode verpflichtet, der wir selbstverständlich nachkommen. Bei Interesse verweise ich auf den Zweiten Gleichstellungsbericht, enthalten in der Drucksache 4/5185 sowie auf die erst novellierten Musterfrauenförderpläne.

Die bisher erzielten Fortschritte, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich an einigen Beispielen festmachen. Laut der Hoppenstedt Analyse „Frauen in Führungspositionen“ in der Wirtschaft vom September 2010, steht Thüringen im bundesweiten Vergleich auf Platz 2 mit 25 Prozent Frauenanteil hinter Sachsen mit 25,2 Prozent. Der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern liegt in Thüringen aktuell bei 4 Prozent, also weit unter dem Durchschnitt Deutschlands. Frau Stange, ich verkenne nicht, dass das daran liegt - wir haben uns ja im Gleichstellungsausschuss auch dazu sehr umfänglich unterhalten -, dass unsere Löhne in Thüringen niedrig sind und damit die Löhne der Männer niedrig sind, wir dadurch den Abstand nicht in der Größe haben wie in anderen Ländern. Worauf wir schauen müssen, ist, dass die Löhne gleichmäßig wachsen und dieser Unterschied nicht größer wird. Dies zeigt der Gender Pay Gap 2009 des Statistischen Bundesamtes.

Die Inanspruchnahme des Elterngeldes durch Väter - hier den Zeitraum von Juli 2009 bis Dezember 2010 zugrunde gelegt - liegt bei 28,8 Prozent und damit auf Platz 3 hinter den Bundesländern Bayern mit 30 Prozent und Berlin mit 30,4 Prozent. Also auch in dem Bereich sind unsere Männer sehr gut, indem sie das Elterngeld in Anspruch nehmen und sich ihren Familien widmen. Es ist fast jedem bekannt, dass es natürlich die Arbeitsbedingungen der Männer sind, die verhindern, dass Männer an der Stelle länger zu Hause bleiben. Diese prozentualen Angaben ergeben sich aus den Daten des Statistischen Bundesamtes, die zur Inanspruchnahme des Elterngeldes erfasst wurden.

Mit der Förderung von 4 Interventionsstellen, 16 Frauenhäusern und 30 Frauenzentren, dem Landesfrauenrat, dessen Zuschuss wir verdoppelt haben, und weiteren Projekten kann sich der Freistaat Thüringen ebenfalls sehen lassen. Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit beabsichtigt nicht, einen Frauen- oder Männergesundheitsbericht in Auftrag zu geben, vielmehr setzen die meisten Länder, auch wir, die Gesundheitsberichterstattung in Form aktueller Online-Datenbanken auf der Grundlage eines gemein

(Abg. Stange)

sam erarbeiteten Indikatorensatzes um. Bereits seit 2007 werden auch durch das TMSFG dabei die geschlechterspezifischen Aspekte berücksichtigt. Damit entsprechen wir der Strategie des GenderMainstreaming als Querschnittsaufgabe. In diesem Sinn hatte ich bereits mehrfach Stellung genommen.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass bereits einige oberste Landesbehörden als familienfreundlich zertifiziert wurden. Drei sind es genau. Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit gehört natürlich auch dazu. Wie können Sie es anders denken.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wer noch? Wer sind die anderen beiden?)

Die Staatskanzlei und das Innenministerium.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ich bitte fest- zuhalten, dass das Wirtschaftsministerium nicht dabei ist.)

Herr Barth, Sie dürfen das gern tun. Das steht Ihnen doch völlig frei.

Meine Damen und Herren, natürlich gibt es auch noch eine Reihe von Aufgaben - das ist auch heute von allen schon erwähnt worden -, wie zum Beispiel befristete oder geringfügige Beschäftigung von Frauen, deren niedrige Renten bereits heute, aber auch in Zukunft damit verbunden, Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst, auch ohne Frage. Wir sind im Schnitt recht gut bis zur Referatsleiterinnenebene und danach wird es schwach. Aber auch da bitte ich um ein ganzes Stück Geduld

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Demut.)

Geduld, ja, Herr Mohring, Geduld, nicht Demut, Geduld -, weil die Stellen nicht alle auf einmal frei werden und wir natürlich auch bei der Auswahl nach Befähigung entscheiden. Aber ich stimme Frau Stange unumwunden und uneingeschränkt zu, es gibt mindestens genauso viele fähige Frauen wie Männer, die für diese Positionen infrage kommen.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Ministerin Taubert, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Gestatten Sie das?

Bitte am Ende.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Geduld.)

Jawohl. Geduld.

(Heiterkeit im Hause)

Natürlich steht auch für uns die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als verbesserungsbedürftig als Aufgabe. Ich fand es ganz gut - man muss die eigene Partei auch mal loben -, unsere Andrea Nahles hat ihr Kind bekommen und hat gesagt, sie fände es schön, wenn am Abend keine Parteiveranstaltungen mehr stattfinden würden. Das habe ich mir als junge Mutter auch gewünscht.

(Beifall SPD)

Ich denke, wenn die jungen und älteren Väter da mitmachen, könnte das auch gelingen. Zunächst jeder in seiner Partei und dann könnte man sich überlegen, ob man das auf andere Feierlichkeiten ausdehnte. Zumindest weiß ich, wenn Väter halbwüchsige Töchter haben, dann sind sie eher bereit, die Abendveranstaltungen abzukürzen, als wenn das nicht so ist.

Meine Damen und Herren, seien Sie versichert, wir werden natürlich auch versuchen, an den Stellen, wo es notwendig ist, deutliche Verbesserungen der Situation zu beeinflussen und darauf hinzuwirken. Neben dem Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland existiert eine große Fülle von Daten, von Bestandsaufnahmen und Trends, die Auskunft zum Sachstand der Gleichstellung geben und die im Internet ohne Weiteres verfügbar sind. Der Atlas selbst ist ein gut sichtbarer Ländervergleich, an dem auch die Licht- und Schattenseiten Thüringens erkennbar sind. Darüber hinaus werden zahlreiche Indikatoren bis auf die kommunale Ebene heruntergebrochen. Ich bitte da auch um Verständnis und will das auch deutlich sagen - das mag meiner vorherigen Tätigkeit geschuldet sein -, aus Ehrfurcht vor der Herkunft unserer Steuermittel werden wir auf die Doppelarbeit verzichten. Ich muss das so deutlich sagen, andere haben andere Möglichkeiten. Sie hatten etwas anderes angesprochen, den Trendatlas. Wir haben die Möglichkeiten nicht, bei uns ist die Verfügungsmasse nicht so groß. Insofern werden wir auf einen eigenen Atlas dort verzichten, aber die Daten natürlich auch weiterhin auswerten.

Meine Damen und Herren, ich bin ganz froh, dass wir im Gleichstellungsausschuss sehr sachorientiert über die Themen sprechen und ich erwarte das auch zukünftig. Auch ich will sagen, ich kann die Diskussion nicht verstehen. Man kann ja auch mal eine Frage stellen von dem Pult aus: Wer ist denn eigentlich dafür, dass wir den Gleichstellungsausschuss auflösen in dem Haus.

(Unruhe CDU)

Ich kenne gar keinen.

(Heiterkeit DIE LINKE)

(Ministerin Taubert)

Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender unserer Koalitionsfraktion, genau das wollte ich jetzt beweisen. Da sich keiner meldet, gibt es offensichtlich keinen in diesem Raum, der den Gleichstellungsschuss auflösen will.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nicht immer gleich so angespitzt sein. Jetzt wollte ich nun mal helfen und nun ist es wieder falsch verstanden worden. Jetzt wollte ich, Herr Mohring, nur mal helfen.

(Beifall SPD)

Es ist tatsächlich so, an mich ist keiner herangetreten - das will ich noch einmal sachlich sagen -, dass wir den Gleichstellungsausschuss auflösen wollen.