Protocol of the Session on March 24, 2011

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

angesichts des Leids und des Elends der Menschen in der Unglücksregion und über eine grundhafte Vereinbarung, wohin sich Thüringen vor dem Eindruck dieser Katastrophe energiepolitisch entwickeln soll.

(Unruhe im Hause)

Die Debatte über die 11. und 12. Novelle des Atomgesetzes ist Ihnen wichtiger als eine gemeinsame Erklärung hinsichtlich der Hilfsbereitschaft gegenüber dem japanischen Volk, die in dem gemeinsamen Antrag der erste Punkt ist.

(Beifall FDP)

In Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg glauben Sie, viel gewinnen zu können. In Wahrheit aber

werden Sie verlieren. Sie verlieren nämlich mit diesem Alleingang den Anspruch, Verantwortung für unser Land übernehmen zu können.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Sie!)

Deshalb machen Sie in Wahrheit genau das, was Sie den anderen Fraktionen,

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

insbesondere auch der Kanzlerin, dem Vizekanzler, der FDP und der Union in den letzten Tagen vorgeworfen haben, Sie sehen den kurzfristigen Profit für Ihre Partei. Sie wollen kurzfristig Kapital aus der Katastrophe in Japan, insbesondere in Fukushima schlagen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Brüderle hat zugege- ben, dass Sie nur Wahlkampf machen. Hö- ren Sie auf, das ist doch lächerlich.)

Das ist inkonsistente und von gesellschaftlicher Verantwortung befreite Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Weil Sie, Frau Siegesmund, vorhin aus dem Vertrag aus dem Jahr 2000 zitiert haben, aus dem Vertrag zwischen der damals rot-grünen Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen. Sie haben den Satz zitiert: Während der Restlaufzeiten wird der von Recht und Gesetz geforderte hohe Sicherheitsstandard weiter gewährleistet. Ich hatte Sie aufgefordert, den nächsten Satz vorzulesen. Dann haben Sie irgendwas vorgelesen, aber ich habe mich auch geirrt. Es war gar nicht der nächste Satz, es ist derselbe Satz. Sie hätten den Satz nur fertig lesen brauchen. Da geht es nämlich weiter mit der Formulierung: „Die Bundesregierung“ - die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 „wird keine Initiative ergreifen, um diesen Sicherheitsstandard und in diesem zugrunde liegende Sicherheitsphilosophie zu ändern.“ Das heißt, auch eben nicht zu erhöhen. Das ist der Preis gewesen, mit dem Sie sich Ihren Atomausstieg erkauft haben. Den Status quo zu erhalten, das war der Plan.

(Unruhe im Hause)

Dieser Vertrag trägt die Unterschrift auch von Herrn Trittin und im Übrigen auch des damaligen Bundeskanzlers.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Grundlage - und da sind wir bei dem gemeinsamen Antrag einer verantwortungsvollen Energiepolitik muss sein an erster Stelle - ich habe es schon mehrfach gesagt - die Frage der Sicherheit. Jede unserer Anstrengungen muss darauf hinwirken, unser bestehendes hohes Sicherheitsniveau weiter zu verbessern. Wir brauchen eine sichere Energieversorgung

nämlich auch dafür, dass der wirtschaftliche Motor in Thüringen weiter gut und in Zukunft möglichst noch besser läuft, damit auch der Lebensstandard unserer Menschen hier in Thüringen das heutige Niveau nicht nur hält, sondern sich möglichst verbessert. Eine sichere, stabile, verlässliche, umweltverträgliche und auch bezahlbare Energieversorgung sind die Zielgrößen der Energiepolitik. Außer der Sicherheit, die ausdrücklich an Position 1 steht, sind alle weiteren Ziele gleichbedeutend in Einklang zu bringen. Das ist die Aufgabe, vor der wir stehen.

(Beifall FDP)

Zwischen allen vier Fraktionen in dem Antrag besteht Konsens, dass es zu einem Ausstieg aus der Kernenergie keine Alternative gibt.

(Beifall FDP)

Natürlich haben wir in vielen großen und kleineren Detailfragen unterschiedliche Auffassungen. Das geht los mit der Zeitschiene. Aber sich selbst dahinter nicht vereinigen zu können, das zeigt übrigens auch die Politikunfähigkeit der GRÜNEN und die Kleinkariertheit ihres Denkens angesichts der großen Ereignisse.

(Beifall FDP)

Wir wollen und müssen hin zu erneuerbaren Energien. Dennoch hat sich auch nach Fukushima - von dem wir heute auch noch nicht wissen, wie es am Ende ausgehen wird, und während wir hier diskutieren, hat in Japan schon wieder die Erde gebebt, auch das sind Dinge, mit denen die Menschen, die Retter und die Helfer dort auch jeden Tag klarkommen müssen - nichts daran geändert, dass wir noch eine geraume Zeit auf andere als erneuerbare Energieträger werden zurückgreifen müssen. Wir brauchen die herkömmlichen Energieträger, um auch die Zeit zu überbrücken, bis wir das Knowhow in den ganzen verschiedenen Bereichen, die dafür notwendig sind, haben und bis wir die Dinge so geordnet haben, dass wir verzichten können. Infrastruktur, Speichertechnologien, all dies ist hier genannt worden. Ich bin auch ganz froh, dass Uwe Höhn hier auch das Ohm’sche Gesetz, welches zum Glück nicht zur Abstimmung auf GRÜNENParteitagen steht, mal eingeführt hat. Das sind die Dinge, das sind die Randbedingungen, an denen wir uns - Sie mögen darüber lachen, ich bin dafür dankbar

(Beifall FDP)

ganz zwangsläufig orientieren müssen, da gibt es keinen anderen Weg. Deshalb ist es notwendig, dass wir auch in Thüringen Forschung und Entwicklung zu erneuerbaren Energien, zu Techniken und Technologien in all diesen Fragen verstärkt fördern. Wir müssen den Wissensvorsprung, den wir haben, weiter ausbauen, wir müssen ihn verteidigen und vergrößern. Thüringen hat für sich selbst gute geo

grafische und auch geologische Voraussetzungen, um Geothermie und Wasserkraft, was ja z.B. beides auch anerkannte regenerative Energieträger sind, noch mehr zur Energiegewinnung heranzuziehen und im Fall der Wasserkraft natürlich auch zur Energiespeicherung. Hier liegt für das Land selbst ein enormes Potenzial. Da werden wir nicht umhinkommen, wie bereits gesagt, auch für einen gewissen Zeitraum noch herkömmliche Technologien zur Energiegewinnung anzuwenden und zu nutzen. Wir brauchen auch in diesen Bereichen Entwicklungsfortschritte, wir brauchen auch in diesen Bereichen neue Technologien und auch Entscheidungen. CCS - also die Speicherung von CO2 - sei an dieser Stelle nur einmal beispielhaft genannt, auch eine Technologie, bei der die GRÜNEN große Probleme und große Bedenken haben.

Wir müssen in Thüringen größere Anstrengungen als bisher unternehmen, um mit Energie sparsam umzugehen. Auch das haben die Ministerpräsidentin und viele Redner nach ihr gesagt. Dazu gehört es, natürlich auch ein entsprechendes Bewusstsein und dafür auch intelligente Anreize zu setzen und zu schaffen. Neben einem effizienten Umgang mit erzeugter Energie gehört zu einer nachhaltigen Energiepolitik in Thüringen auch der effiziente Mitteleinsatz bei der Erzeugung von Energie. Deshalb plädieren wir zuallererst für die Ertüchtigung von bestehenden Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energie, das Stichwort Repowering hat in der Regierungserklärung an dieser Stelle den richtigen Akzent gesetzt.

(Beifall FDP)

Ich will ausdrücklich sagen, für uns ist die Frage nicht entscheidend, auf wie viel Prozent der Landesfläche wir z.B. Windenergieanlagen haben, sondern entscheidend ist natürlich die Frage, wie hoch ist die installierte Leistung? Das ist die Frage, auf die es im Kern ankommt.

(Beifall FDP)

Einen letzten Aspekt will ich noch ansprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das Unglück im japanischen Fukushima hat deutlich gemacht, dass die Folgen eines solchen Störfalls nicht nach den Grenzen von Präfekturen oder auch von Ländern fragen. Deshalb ist es richtig, dass die vier Fraktionen des Landtags, die sich dahinter vereinigen konnten, die Landesregierung dazu auffordern, sich im Bundesrat und auch im Rat der Regionen der Europäischen Union für mindestens europaweit einheitliche Prüfmaßstäbe für die Sicherheit aller Kernkraftwerke einzusetzen. Beispielhaft in Deutschland, festgesetzte beispielhaft hohe Standards sind gut und notwendig, aber isolierte Lösungen sind eben auch unsinnig.

(Beifall FDP)

Natürlich dürfen wir uns nicht hinter den Sicherheitsstandards in den uns umgebenden Ländern verstecken. Ein schlechteres Sicherheitszeugnis anderswo kann für uns kein Persilschein sein, den heimischen Sicherheitsauftrag etwa herunterzuschrauben oder nicht ernst zu nehmen. Aber die Kernkraftwerke in den uns umgebenden Ländern zeigen, dass die eigene Sicherheit höchstens so gut sein kann, wie die Sicherheitsstandards im nächstgelegenen Kernkraftwerk oder in dem im schlimmsten Fall in dessen Einzugsbereich man wohnt. Deshalb wird auch aus diesem Punkt klar, dass es einfache Lösungen nicht gibt, und dass wir uns nach dem gemeinsamen Antrag hier weiter auch künftig bei der einen oder anderen Gelegenheit über die Wege, wie wir das gemeinsame Ziel erreichen werden, kontrovers unterhalten und streiten werden.

Für heute möchte ich ausdrücklich sagen, dass ich sehr dankbar bin den Kollegen aus den vier Fraktionen, dass sie meine Anregung, die wir im Gespräch mit der Ministerpräsidentin entwickelt haben, aufgegriffen haben, dass wir diesen gemeinsamen Antrag haben. Ich danke Ihnen dafür und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP)

Ich blicke jetzt noch einmal in alle Fraktionen. Gibt es jetzt noch den Wunsch zu Redemeldungen? Das ist im Moment nicht der Fall. Dann für die Landesregierung Ministerpräsidentin Lieberknecht.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, auch zum Ende der Debatte nur noch einmal ein ganz kurzes Wort. Ich darf mich sehr herzlich bedanken für die Debatte, wie Sie sie geführt haben. Sie hat eine Reihe gemeinsamer Positionen deutlich gemacht, sie hat aber auch Unterschiede zwischen den Fraktionen markiert. Ich denke, das ist auch sehr angemessen und zeichnet auch einen angemessenen Umgang aus mit der Aufgabe, vor der wir stehen, die ich in meiner Regierungserklärung umrissen habe, die Sie aufgenommen haben. Ich will das jetzt nicht im Einzelnen hier kommentieren, das muss jetzt nicht mehr der Raum dazu sein. Ich kann Ihnen aber zusagen, dass wir in der Landesregierung insgesamt viele, viele Punkte, die hier thematisiert worden sind, natürlich weiter reflektieren und auch brauchen für unsere Vorbereitung im Blick auf den Energiegipfel, den ich angesprochen habe, und natürlich auch zur weiteren Fundierung unserer Strategie, die wir weiterentwickeln wollen. Es entspricht auch der Intention letztlich der Regierungserklärung, dass wir genau in diesen Prozess des Austausches miteinander weiter einsteigen und da darf und soll das Par

lament nicht abseits stehen, das will ich hier ausdrücklich vermerken.

Ich will auch sagen, wir haben ja einen Vorlauf, wir fangen nicht bei Null an. Wir haben die Energieund Klimastrategie, wir haben das Nachhaltigkeitsabkommen mit der Wirtschaft, aber wir müssen forcieren. Das heißt für mich, weiter denken, schneller handeln, aber weiter denken auch nicht mit Sand in den Augen. Deswegen finde ich auch eine ganze Reihe von kritischen Fragen, die hier gestellt worden sind, natürlich für berechtigt, unter anderem auch die Fragen, die Herr Mohring aufgeworfen hat. Natürlich müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir schnellere Planung, aber trotzdem mit Bürgerbeteiligung koordinieren können, wie wir Transparenz in Gebäuden mit Wärmedämmung kombinieren können. Wir haben da kluge Fachleute, wir haben wissenschaftliches Know-how hier in Thüringen, was genau bei diesen Fragen auch helfen kann, aber wir müssen uns diesen Fragen stellen. Das will ich hier ausdrücklich sagen, so, wie ich es an anderer Stelle in dieser Woche auch schon vermerkt habe, die Argumente müssen stimmen. Das hat dann auch etwas mit Wahrhaftigkeit, mit Glaubwürdigkeit zu tun. In diesem Sinne will ich auch die nächsten Schritte ausdrücklich gehen, verbinde sie mit der ausgestreckten Hand, so wie es verstanden worden ist. Ich sage ausdrücklich: So ist es auch gemeint. Herzlichen Dank für diese Debatte und auf ein gutes, erfolgreiches weiteres Vorgehen genau in diesen Fragen. Herzlichen Dank.

(Beifall im Hause)

Es liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor. Ich habe gerade noch einmal die Fraktionen abfragen lassen. Ich glaube, es ist angemessen, wenn wir an dieser Stelle in die Mittagspause gehen und um 13.30 Uhr mit dem Tagesordnungspunkt 2 fortsetzen. Da wollte ich jetzt erst einmal fragen: Bleibt es bei diesem Konsens? Gut.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung, und zwar werden wir zuerst abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD und FDP in der Drucksache 5/2450. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE, SPD, CDU und FDP. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt einige Stimmenthaltungen bei der Fraktion DIE LINKE. Mit großer Mehrheit ist dieser Antrag angenommen worden.

(Beifall FDP)

Wir stimmen nun ab über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der

(Abg. Barth)

Drucksache 5/2454. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die Gegenstimmen kommen aus den Fraktionen SPD, CDU und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenhaltungen. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 1 und wir gehen bis 13.30 Uhr in die Mittagspause.

Es ist vereinbart worden, dass wir 13.30 Uhr fortsetzen mit der Plenarsitzung. Das werde ich jetzt auch tun. Ich müsste die Berichterstattung vorher noch aufrufen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2 in den Teilen