Folgende Ziele und Leitlinien sind bei den anstehenden Diskussionen aus Sicht der Landesregierung von zentraler Bedeutung:
Dafür müssen alle vier energiepolitischen Ziele, also Sicherheit der Bevölkerung, Klima- und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit verfolgt werden.
Darauf aufbauend sind für eine Energiekonzeption der Thüringer Landesregierung, die insbesondere der Nachhaltigkeit verpflichtet ist, insgesamt zehn Punkte von besonderer Bedeutung:
Erstens, einen nachhaltigen, sicheren und bezahlbaren Energiemix für Thüringen und Deutschland aufbauen.
Wir müssen das Tempo für den Umstieg auf erneuerbare Energien erhöhen. Wer eine sichere, klimafreundliche und innovations- und wachstumsorientierte Energiepolitik will, der muss handeln. Es ist Zeit für einen Mentalitätswechsel. Spätestens nach der Katastrophe in Japan steht fest: Erneuerbare Energien sind nicht mehr nur eine alternative Form der Energieerzeugung, sie sind aus heutiger Sicht die Art der Energieerzeugung.
Deutschland ist heute schon Nettostromexporteur. Die Zukunft der Energieversorgung besteht in einem Dreiklang: erstens Ausbau der erneuerbaren Energien, zweitens Investitionen in mehr Energieeffizienz und drittens Energieeinsparung. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Brücke in unsere Zukunft. Bundesweit beträgt der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung schon heute etwa 17 Prozent. Damit wurden über 360.000 neue Arbeitsplätze in einem Leitmarkt der Zukunft geschaffen. Wir müssen jetzt die Investitionsdynamik verstärken und dabei alle Formen der erneuerbaren Energien - Solarenergie, Windenergie, Geothermie, Biomasse und Wasserkraft - nutzen. Die Bundesregierung geht für das Jahr 2030 von einem Anteil erneuerbarer Energien von 50 Prozent aus. Thüringen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird seinen Beitrag leisten, dass wir dieses Ziel schon früher erreichen können.
Erneuerbare Energien schaffen eine sicherere, von Importen unabhängigere Energieversorgung und zudem neue zukunftssichere Arbeitsplätze.
Das Exportpotenzial von grünen Technologien ist enorm. Ihre Zukunft im globalen Maßstab hat gerade erst begonnen. Bereits heute exportieren wir 80 Prozent unserer Windkraftanlagen und 50 Prozent der in Deutschland hergestellten Solarmodule. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann
Ihnen sagen: Ich habe kein Gespräch mit einem Botschafter, mit einem ausländischen Repräsentanten, wo nicht das Thema erneuerbare Energien als zentrales Thema wäre und immer wieder die Frage, was könnt Ihr Deutschen, was können wir tun, auch hier aus der Thüringer Wirtschaft heraus. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, ein guter wachsender Heimatmarkt ist eine wichtige Voraussetzung dafür, das Potenzial der erneuerbaren Energien in der gesamten Wertschöpfungskette im Land zu halten - von der Forschung und Entwicklung bis hin zur Produktion. Mitteldeutschland ist so im Übrigen auch zum größten Solarcluster der Welt geworden und kann dieses Potenzial in den nächsten Jahren noch weiter ausbauen. Dazu ist es notwendig, den Beitrag erneuerbarer Energien für die Stromversorgung zu erhöhen.
Thüringen handelt: Wir haben im Koalitionsvertrag das Ziel festgeschrieben, bis 2020 einen Anteil von 35 Prozent erneuerbaren Strom am Gesamtverbrauch zu erreichen. Es ist unser Ziel, hier noch schneller voranzukommen als bisher geplant. Die Landesregierung wird deshalb aufbauend auf einer Potenzialanalyse ein „Energiekonzept Thüringen 2020“ auf den Weg bringen, in dem Ziele für die einzelnen erneuerbaren Energien festgestellt und Instrumente entwickelt werden, diese Ziele zu erreichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zweitens brauchen wir Sicherheitsstandards der Kernkraftwerke nach den Erfahrungen aus Japan, die wir auf den Prüfstand stellen und die den neuesten Stand von Wissenschaft und Technik gewährleisten.
Wir müssen jetzt konsequent den Weg des Ausstiegs aus der Kernenergie gehen. Japan ist ein Hochtechnologieland, aber auch Japan als Hochtechnologieland hat uns gezeigt, dass es Situationen geben kann, in denen die Risiken der Kernenergie nicht zu beherrschen sind.
Sicherheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss oberste Priorität in der Energieversorgung und beim Betrieb von Kernkraftwerken haben. Der Sicherheitsstandard deutscher Kernkraftwerke muss stets dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. Aber wir brauchen auch über Deutschland hinaus überall höchste Sicherheitsstandards.
Ereignisse wie jetzt in Japan erfordern eine Überprüfung, ob die bisherigen Standards ausreichend sind. Wir unterstützen die Ankündigung der Bundesregierung, die sieben älteren, vor 1980 in Be
trieb genommenen Kernkraftwerke und das Kernkraftwerk Krümmel zur Sicherheitsüberprüfung sofort vom Netz zu nehmen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir gehen davon aus, dass das auch dauerhaft so bleiben wird,
wie ich es bereits in der Regierungsmedienkonferenz am 15. März ausdrücklich gesagt habe. Der Ausstieg aus der Kernenergie sollte so schnell wie möglich erfolgen. Wir sollten über Deutschland hinaus für ein europäisches, ja letztlich globales Ausstiegsszenario werben. In Deutschland beträgt der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung etwa 23 Prozent, in Frankreich liegt er bei 80 Prozent, dass wir uns hier auch einmal der Dimension bewusst werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, drittens geht es auch darum, vor allen Dingen jetzt deutlich zu machen, wie wir den Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent vorantreiben können. Die Leittechnologien des 21. Jahrhunderts sind die Technologien zur Nutzung der erneuerbaren Energien. Gerade in Thüringen sind sie, insbesondere die Photovoltaik, schon heute Impulsgeber für Wachstum und Beschäftigung. Dieses Potenzial ist auch in Thüringen noch keineswegs ausgeschöpft. Durch eine ambitionierte Strategie zur Förderung der erneuerbaren Energien wollen wir den Technologie- und Beschäftigungsstandort stärken und ausbauen. Es gibt in Thüringen z.B. zunehmend Landkreise und Kommunen, die sich zum Ziel gesetzt haben, ihre Stromversorgung in den nächsten Jahren etappenweise auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen.
Hier nenne ich Jena, aber z.B. auch Pößneck. Diese Ansätze unterstützen wir. Wir werden mit diesen kommunalen Initiativen nach neuen Instrumenten suchen, wie ein solcher Ausbau in Thüringen weiter unterstützt werden kann. Wir brauchen in Thüringen ein Beratungs- und Betreuungsangebot für Kommunen und Landkreise zur Entwicklung regionaler Energiekonzepte. Nach dem Muster von BIOBETH müssen auch andere Quellen erneuerbarer Energien durch Beratung und Unterstützung vor Ort flankiert werden. Der Freistaat muss Kommunen unterstützen, die sich zum Ziel setzen, ihren Energiebedarf vollständig über erneuerbare Energien zu decken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für den beschleunigten Umstieg müssen die Bedingungen stimmen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist und bleibt das wichtigste Instrument für einen erfolgreichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Es muss sichere, kalkulierbare Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau sicherstellen. Dabei blei
ben wir bei unserer Linie, dass wir überproportionale Absenkungen bei den Einspeisevergütungen ebenso ablehnen wie Forderungen, den Vorrang der Einspeisung der erneuerbaren Energien auszusetzen.
Um beschleunigt auszubauen, sind auch auf Landesebene rechtliche Rahmenbedingungen unentbehrlich. Das neue Landesentwicklungsprogramm muss den Vorrang erneuerbarer Energien für die Regionalplanung festschreiben und dies mit klaren Zielen für den Ausbau kombinieren. Das Landesentwicklungsprogramm soll Teil eines Masterplans für eine nachhaltige energiepolitische Entwicklung sein. Für die Umsetzung der Leitstrategien im LEP 2025 kommt es dabei auf drei Punkte an:
1. Wir brauchen Mengenvorgaben für erneuerbare Energien insgesamt für jede Planungsregion. Die Entscheidung darüber, an welchen Standorten wie viele und welche erneuerbaren Energien errichtet werden, obliegt den regionalen Aufgabenträgern, insbesondere den Regionalen Planungsgemeinschaften.
2. Wir brauchen Gebiete für großflächige Solaranlagen. Hier kommen vor allem Industriebrachen und ähnlich leicht nutzbare Flächen in Betracht, z.B. entlang von Autobahnen. Auch hier sollen die konkreten Gebiete durch die Regionalen Planungsgemeinschaften bestimmt werden.
3. Wir brauchen geeignete Gebiete für die Nutzung der Windenergie in Thüringen. Auch sie sollen durch die Regionalen Planungsgemeinschaften bestimmt werden. Natürlich müssen die Gebiete geeignet sein, denn sonst machen sie keinen Sinn.
Außerdem müssen alte und leistungsschwache Windenergieanlagen durch neue und leistungsstarke Anlagen ersetzt werden, Stichwort Repowering. Die Leitlinie ist klar. Thüringen hat Potenzial beim Ausbau der Windenergie. Dieses wollen wir intensiver nutzen und dabei werden wir die jeweiligen konkreten Belange vor Ort selbstverständlich berücksichtigen. Auch das gehört dazu.
Auch im Bereich Photovoltaik gibt es in Thüringen noch Ausbaumöglichkeiten. Auch hier wollen wir die Rahmenbedingungen weiter verbessern. Mit dem 1.000-Dächer-Programm haben wir dazu einen wichtigen Baustein entwickelt. Mehr als 120 Anträge von Kommunen zeigen den Bedarf, in den nächsten Jahren mehr Photovoltaik in Thüringen zu installieren. Wir werden dieses Programm
fortsetzen. Mit einer Brachflächenstudie der LEG liegt bereits ein Kataster vor, dass weitergehende Potenziale im Bereich der Photovoltaik aufzeigt. Ich sage ganz deutlich, wir werden auch weiter Private unterstützen, die zum Teil auch Konflikte mit Behörden haben, wenn sie auf ihrem eigenen Hausdach Photovoltaikanlagen installieren wollen. Ich denke, die Petitionsausschussmitglieder wissen, dass da einige Petitionen inzwischen Legion sind. Auch hier müssen wir Erleichterung schaffen und bürokratische Hindernisse beseitigen.
Die Landesregierung geht hier selbst mit gutem Beispiel voran, auch das ist uns wichtig. 2010 wurde die installierte Leistung von Photovoltaikanlagen auf landeseigenen Gebäuden verachtfacht.
Die wichtigste Form der erneuerbaren Energieträger in Thüringen ist heute die Biomasse. Sie leistet den weitaus größten Beitrag, nämlich 86 Prozent. Sie hat zugleich noch erhebliche Reserven und sie ist grundlast- und speicherfähig. Denn es geht vor allen Dingen darum, auch grundlastfähige Energie zu haben, so lange wir mit unseren Speicherkapazitäten eben noch nicht die entsprechenden Möglichkeiten haben.