Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/2305 ZWEITE BERATUNG
Ich eröffne die Aussprache und das Wort hat zunächst Abgeordneter Kummer von der Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf befindet sich jetzt in der zweiten Lesung, nachdem die Mehrheit des Parlaments ihm eine Beratung in den Ausschüssen verweigert hat. Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es, dass die sehr, sehr umfangreichen Flächenversiegelungen in Thüringen, die alle Fraktionen hier im Haus in den letzten Jahren immer wieder kritisiert haben, in Zukunft ein Ende haben sollten. Wir wollen mit unserem Gesetz die Möglichkeit schaffen, dass die Versiegelung von Flächen automatisch mit einer gleichgroßen Entsiegelung verbunden wird. Der Vorteil dieser gesetzlichen Regelung wäre es gleichzeitig, dass damit bereits versiegelte und nicht mehr benötigte Flächen in Wert gesetzt würden und ein Anreiz entstünde, solche Flächen zu entsiegeln.
Ein wesentlicher Grund dafür, dass Fraktionen unseren Gesetzentwurf ablehnen wollen, wurde in der ersten Lesung geäußert und er bestand darin, dass diese Fraktionen keine Regelungskompetenz für Länder in diesem Bereich sahen. Nun haben wir
das Ganze uns noch einmal angesehen und es gibt eine ganze Reihe von Bundesländern, die Regelungen in diesem Bereich vorgenommen haben. Mecklenburg-Vorpommern ist wohl gerade dabei, Hamburg hat Regelungen getroffen, Bayern, Schleswig-Holstein, Niedersachen und SachsenAnhalt. Entweder haben diese Länder sich getäuscht und rechtswidrig Regelungen in diesem Bereich erlassen oder aber es gibt die Abweichungskompetenz vom Bundesnaturschutzgesetz in diesem Bereich. Wenn man sich das Bundesnaturschutzgesetz ansieht, muss man feststellen, es enthält keinen Regelungskatalog für Eingriffe, es stellt nicht dar, was Eingriffe sind. Wenn der Thüringer Gesetzgeber hier keine Unterteilung vornimmt, würde das bedeuten, dass unsere Baubehörden in Zukunft selbst festlegen müssen, ist das jetzt ein Eingriff oder nicht. Bei der Vielzahl unserer Baubehörden kann ich mir vorstellen, dass dann Rechtsauffassungen in Thüringen sehr, sehr unterschiedlich wären und das ist ja gerade ein Ziel, was wir vermeiden wollen.
Meine Damen und Herren, deshalb halte ich es für erforderlich, dass der Freistaat Thüringen festlegt, was denn Eingriffe in die Umwelt sind. Ich gehe auch davon aus, dass in der Novelle des Naturschutzgesetzes, die der Minister in der ersten Lesung angekündigt hat, eine solche Regelung durchgeführt wird. Es gab bereits einen Referentenentwurf vom 06.07.2010, der auch gerade bei den Eingriffen entsprechende Regelungen vornahm, d.h., die Erarbeiter des Ministeriums sahen auch hier eine Regelungskompetenz für das Land Thüringen. In diesem Zusammenhang möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass wir den Mut haben sollten, hier entsprechende Konkretisierungen vorzunehmen, klare Eingriffsregelungen für Thüringen zu treffen und eben, wie gesagt, den Missstand, den wir immer alle beklagen, dass immer mehr Flächen in Thüringen versiegelt werden, ein für alle Mal zu beenden. Deshalb bitte ich Sie noch einmal inständig, stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu. Wenn Sie noch Beratungsbedarf haben, können wir auch gern den Gesetzentwurf noch mal in die Ausschüsse überweisen. Es würde sich hier der Umweltausschuss und der Ausschuss für Bau und Verkehr anbieten und natürlich der Justizausschuss wegen der rechtlichen Fragen. Dazu lade ich Sie herzlich ein. Ansonsten, wie gesagt, unsere Bitte: Lassen Sie uns etwas gegen Versiegelung in Thüringen tun, stimmen Sie dem Gesetz zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, werter Herr Kummer, auch wenn Herr Ramelow ganz begeistert von Ihren Ausführungen ist, muss ich doch leider noch mal meine Anmerkung vom letzten Mal wiederholen. Ich weise vor allem noch mal auf folgende Dinge hin: Wir haben ein Baugesetzbuch auf Bundesebene, wir haben eine Thüringer Bauordnung, wir haben Instrumente, die bauleitplanend wirken - von einem Landesentwicklungsplan, über Raumordnungspläne, über B-Pläne. Wir haben - und da bin ich auch starker Vertreter - die kommunale Selbstverwaltung - Herr Kuschel ist jetzt leider raus - und das kommunale Selbstbestimmungsrecht. Das ist mir wichtig. Ich zitiere eine Änderung in Ihrem Gesetz: „das Überbauen, Asphaltieren, Pflastern oder anderweitige Verdichten von Boden, insbesondere durch den Bau von Straßen, asphaltierten Wegen und Plätzen, Gebäuden und Gewerbe- und Industrieanlagen“ wird als Eingriff in Natur und Landschaft von Ihnen definiert. Wir reden hier vom Innenbereich. Da sind wir uns einig. Darauf weise ich noch mal ganz eindeutig hin, dass nämlich diese geplanten Regelungen - ich führe gern noch mal meine Rechtsanmerkungen vom letzten Mal aus, und zwar in § 6 Abs. 2 Nr. 1/11 und § 7 Abs. 2 des Thüringer Naturschutzgesetzes - im Zusammenhang mit den gesetzlichen Regelungen des Bundesbaugesetzbuches und der Thüringer Bauordnung gesehen werden müssen und aus diesem Grund systemwidrig sind. Es ist ein gut gemeinter, aber nicht gut gemachter Versuch gegen Flächenversiegelung. Wir sind beim Inhalt zusammen, aber das Instrument ist nicht das taugliche. Ich darf noch weiterhin einwenden, dass der Bau oder die Erweiterung von Straßen und Gebäuden dem vorgenannten Planfeststellungsverfahren unterliegen und damit heute schon in § 6 Abs. 2 Satz 1 dieses Gesetzes als Eingriff in Natur und Landschaft charakterisiert sind. Das heißt, wir haben keinen Regelungsbedarf.
Ich habe es schon erwähnt, die Planungshoheit der Gemeinden, das kommunale Selbstverwaltungsrecht würden wir nicht nur aus meiner Sicht massiv beschneiden. Wir können von den Kommunen nicht verlangen, dass jede Neupflasterung und Neuasphaltierung - wir haben hier heute sehr lange über Straßenausbaubeiträge gesprochen - einer vorhandenen Straße der Genehmigung der Naturschutzbehörden bedarf. Ich denke, da bauen wir einen Verwaltungstiger auf, den wir nicht mehr im Griff haben und der auch nicht notwendig ist. Erstens ist es ein Verwaltungstiger, zweitens würde es im Prinzip auch nicht vor dem Verfassungsgerichtshof aus meiner Sicht standhalten, weil diese Dinge unter Bestandsschutz fallen und diesbezüglich auch repariert werden dürfen.
Bereits heute müssen Ausgleichsflächen - ich rede immer nur über den Innenbereich - bei größeren Baumaßnahmen angeboten werden, muss für jedes neu versiegelte Grundstück eine Entsiegelung an anderer Stelle gefunden werden und unsere Gemeinden kommen schon bald an die Grenzen, überhaupt Flächen in Innenstädten wieder zu verwerten und die Innenstädte zu revitalisieren. Ich denke, das ist ein Ziel, das wir auch alle gemeinsam haben. Wir müssen Neuerweiterungen außerhalb unserer Innenstadtbereiche eindämmen, wir müssen unsere Innenstädte revitalisieren, verdichten, verstärken, zu neuem Leben bringen. Wir müssen der Aushöhlung unserer urbanen Innenstadträume entgegenwirken. Ich denke, das ist ein Verwaltungstiger, ein nicht taugliches Instrument.
Sehr geehrter Herr Kummer, übrigens muss nach bereits vorhandener Rechtsprechung und dem Rechtsverständnis der Behörden bereits heute ein Ausgleich der Interessen bei Flächenversiegelungen durch Neubau oder Erweiterung baulicher Anlagen und dem Naturschutz gefunden werden. Selbst in diesem Bereich haben wir schon Abstimmungsbedarf und Anpassungsbedarf.
Ich habe es schon mal erwähnt, ich denke, Ihr Gesetzentwurf ist ein Recyclingprodukt, ich halte es für untauglich, um der weiteren Flächenversiegelung hier Vorschub zu leisten. Nichtsdestotrotz gibt es gute Gründe und der Minister ist auf dem Weg, eine Novellierung hier vorzubereiten. Wir werden uns mit einem Gesetz beschäftigen, aber mit einem ausgewogenen Gesetz und wir haben andere Dinge, die dringend in dieses Gesetz müssen, die im Bundesnaturschutzgesetz neu zu regeln sind und damit werden wir uns im Ausschuss beschäftigen. Aber dieses Instrument ist leider nicht tauglich, Herr Kummer. Ich denke, wir sollten andere Wege finden, die sinnhaft sind. Danke.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir sind heute in der zweiten Beratung zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE und wir haben schon in unserer ersten Besprechung vor vier Wochen einige Für und Wider debattiert, an denen sich aus meiner Sicht bis zum heutigen Tage auch noch nicht viel geändert hat. Ich hatte vor vier Wochen im letzten Plenum unter anderem auf den Punkt hingewiesen, dass ich bei der Steuerung der Flächennutzung grundsätzlich schon auf Ihrer Seite bin, Herr Kummer, wenn es darum geht, dass Boden als Ressource effektiv, effizient und auch sinn
voll genutzt werden muss. Da gibt es überhaupt keinen Dissens. Trotzdem geht mir die Regelung ganz einfach auch zu weit, wenn es darum geht, gerade im Innenbereich von Kommunen zu bauen. Es werden automatisch Flächen versiegelt und dann 1 : 1 im schlimmsten Falle andere Flächen dafür angekauft, wenn man sie nicht anderweitig zur Verfügung hat. Sehen wir es mal aus der Sicht des privaten Häuslebauers. Das würde bedeuten, wenn jemand in einem größeren Dorf, einer Stadt, wie auch immer, ein Grundstück hat, das er bebauen möchte im Innenbereich, dann muss er diese Fläche, die er versiegelt, 1 : 1 adäquat an einer anderen Stelle wieder als ungenutzte und naturbelassene Fläche vorhalten. Und wenn er sie nicht besitzt, muss er sie kaufen. So verstehe ich das oder zumindest muss sie in irgendeiner Weise ja da sein.
Schlimm ist ganz einfach die Tatsache, Herr Kuschel, dass es möglicherweise nicht dazu führen wird, dass die verwaisten Innenstädte der Kleinstädte in Thüringen und auch schon die zum Teil verwaisten Innenbereiche der Dörfer schneller wieder belebt werden. Das ist schlimm daran.
Um das gleich ganz konkret zu sagen, ich hatte auch vor vier Wochen schon einmal darauf hingewiesen, zumindest versucht, einen Blick in die Richtung zu werfen, dass auch Kommunen damit Schwierigkeiten bekommen würden. Frau Mühlbauer hat das gerade eben auch schon mal dargestellt. Die Tatsache, dass Kommunen an bestimmten Stellen Flächen versiegeln wollen oder auch müssen, weil sie eventuell Gehwege bauen etc. für ihre Bürger und im Sinne der Bürger, kann die Kommunen natürlich dann auch noch in zusätzliche Schwierigkeiten bringen, wenn sie nicht nur ein Grundstück, sondern ein zweites dafür brauchen. Da sehe ich tatsächlich Probleme. Es gibt über die Eingriffsregelung, wie das jetzt zurzeit schon ist da wiederhole ich mich gern -, ohne Weiteres die Möglichkeit und auch die Verpflichtung, Flächen, die versiegelt werden, adäquat wieder naturnah zumindest aufzuarbeiten oder aufzuforsten. Ich hatte beim letzten Mal davon gesprochen, dass es auch so aus meinem Wirkungsbereich gerade ganz aktuell ein Beispiel gibt, wo, weil eine Fläche versiegelt wird, an einer anderen Stelle aufgeforstet wird, und zwar in Form von Anpflanzungen von Mischhecken bzw. Anpflanzungen von Laubbäumen etc., um diese Versiegelung auszugleichen und die Natur zu ihrem Recht kommen zu lassen.
Nun haben wir das Thema des Innenbereichs und der Versiegelung - und das möchte ich nicht noch einmal wiederholen -, ich habe also da meine Probleme und meine Bedenken genau an der Stelle, wenn es darum geht, leere Brachflächen im Ort wieder zu beleben und dann die Leute zu motivieren, das auch zu tun. Das kann man natürlich ganz schlecht, wenn man ihnen auf der anderen Seite noch sagt, weil du das jetzt tust, wirst du noch ein bisschen mehr zur Kasse gebeten über diese neue Regelung, die in Ihrem Gesetzentwurf enthalten ist. Das ist meines Erachtens eine Art und Weise, die Leute auch dafür zu bestrafen, dass sie vielleicht in kleine Kommunen hineinbauen und nicht an den Rand, an die Peripherie der Kommune, sondern tatsächlich wieder in den Kern der Kommune gehen. Und ich kann mich erinnern, dass das auch eines der Ziele ist, das so in Gänze in Thüringen oft formuliert wird, dass wir die Kleinstädte, die mittleren Städte Thüringens und auch die Kommunen nicht ausdünnen und nicht ausbluten lassen wollen, gerade im Innenbereich, und dass wir es auch - ich meine, das so verstanden zu haben - sehr verwerflich finden, wenn heute noch Grünflächen oder der grüne Rasen, ich will es einfach mal so bezeichnen, benutzt wird, um große Hallen darauf zu bauen, die dann als Supermärkte oder was auch immer fungieren, und auf der anderen Seite ist in der gleichen Stadt im Innenbereich ganz viel leer und tot. Das kann ja nicht das Ziel sein, so habe ich das auch nicht verstanden. Ich verweise noch mal auf das Gesagte im letzten Plenum und muss Ihnen sagen, diese Erweiterung der Eingriffsregelung findet nicht unsere Zustimmung.
Zum § 7, hier geht es um den Flächenpool noch einmal. Sie möchten gern einen Flächenpool anlegen oder schaffen, in dem Flächen vorgehalten werden, die dann als Ausgleichsfläche da rausgeholt werden können. Wir hatten auch letzten Monat darüber gesprochen, dass es ja das Brachflächenkataster gibt in den Landkreisen. Hier würde ich ganz einfach auch mal bitten, vielleicht haben wir die Möglichkeit, im Ausschuss darüber zu sprechen, ob es da nicht sogar Synergieeffekte gibt, dass man das Brachflächenkataster nutzen kann, um nicht noch mal einen Flächenpool parallel dazu schaffen zu müssen. Ich glaube, darüber könnten wir vielleicht reden, auch im Sinne der Effizienz zum Einsatz von Mitarbeitern in den öffentlichen Verwaltungen. Wäre mir sehr recht, wenn wir in die Richtung kommen könnten. Im Ausschuss können wir über die eine oder andere Frage noch mal reden. Wenn es denn so wäre, dann könnte man im Ausschuss darüber reden, so will ich es formulieren. Sollten wir ansonsten heute zu einer Abstimmung kommen, dann können wir dem Gesetzentwurf so nicht zustimmen. Danke.
Frau Abgeordnete, ich habe da noch mal eine Nachfrage. War das jetzt ein Antrag auf Ausschussüberweisung?
Nein, es war nur die Möglichkeitsform. Herr Präsident, ich hatte verstanden, dass es den Antrag schon gab.
Da ist alles geklärt. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Dr. Augsten von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Vorteil einer zweiten Lesung besteht darin, dass man die Argumente der anderen schon kennt und dass man, wenn man Wert darauf legt, die Reden noch mal im Protokoll nachvollziehen konnte. Insofern werde ich jetzt nicht noch mal das vortragen, was ich vor vier Wochen hier dargelegt habe, sondern, ich glaube, es ist wichtig, noch mal die Diskussion zusammenzufassen, die wir vor vier Wochen hatten, das möchte ich in drei Punkten tun. Zum einen gibt es in der Tat eine große Übereinstimmung, das war immer der erste Satz eines jeden Redebeitrags, über die Bedeutung der Reduzierung des Flächenverbrauchs.
Frau Hitzing, bei mir hat sich da jetzt nicht so sehr viel getan, weil Sie gesagt haben, wir sind da nicht zu einer so sehr anderen Einschätzung gekommen. Im Gegenteil, in den letzten vier Wochen gab es mehrere, ganz unverdächtige und unabhängige Verlautbarungen, wie schlimm das eigentlich ist. Ich habe mal eine mitgebracht vom Deutschen Bauernverband. Da wird der Herr Decker, Umweltbeauftragter des Deutschen Bauernverbands, zitiert, „Agra Europe“ von dieser Woche - ich zitiere: „Das allgemein anerkannte Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, den Flächenverbrauch auf täglich 30 ha zu reduzieren, ist in weiter Ferne.“ Und er führt weiter aus: „Vor Ort bleibe die Reduzierung des Flächenverbrauchs ein Lippenbekenntnis, wenn ein Investor die Schaffung von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen für die Region in Aussicht stelle.“ Ich glaube, dass es eine große Übereinstimmung gibt darüber, dass das ein ganz ernsthaftes Thema ist. Aber - und da teile ich die Einschätzung von Herrn Kummer nicht - wenn man die Redebeiträge dann verfolgt, die vor vier Wochen hier vorn getätigt wurden, dann merkt man schon, dass in den dritten und vierten Sätzen die Relativierung angefangen hat. Frau Mühlbauer, Frau Hitzing, die haben dann ganz schnell von Schwierigkeiten ge
sprochen, dass es alles ganz schwierig wäre. Der Minister Reinholz hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass es auch viel teurer ist, wenn man jetzt auf einen Altstandort geht und erst mal wieder alles rekonstruieren muss, dass es doch viel billiger wäre, wenn man gleich auf der grünen Fläche baut. Das ist auch richtig, man muss mehr Geld in die Hand nehmen. Nur, Herr Minister, Sie wissen eben, wenn man über seine Verhältnisse gelebt hat, und das werden Sie wahrscheinlich bei jedem Gespräch mit Herrn Voß jetzt erleben, dann wird es auch irgendwann teuer. Da muss man dann letzten Endes, wenn man das wieder in Ordnung bringen will, auch Geld in die Hand nehmen. Das ist in dem kleinen Beispiel ebenso wie in der großen Politik.
Meine Damen und Herren, der zweite Bereich, den ich ansprechen möchte, ist noch einmal der Thüringer Nachhaltigkeitsbeirat. Ich habe mich gefreut, dass diejenigen, die die Nulloption für 2020 wirklich verstanden haben, dass das auch noch einmal angesprochen wurde. Ich habe noch einmal nachgelesen, was der Minister dazu gesagt hat. Er hat auch wieder zu Recht darauf hingewiesen, dass das zwar eine Empfehlung ist und dass die Landesregierung mit dem Nachhaltigkeitsbeirat ins Gespräch kommen wolle. Man kann das interpretieren, wie man das will. Ich habe das so verstanden, dass die Empfehlung entgegengenommen wurde, dass es aber nicht bei dieser Empfehlung bleiben muss, wenn die Landesregierung sich dann dazu äußert. Aber ich sage noch einmal, dieser Nachhaltigkeitsbeirat ist nicht zusammengesetzt aus lauter Umweltleuten, sondern der ist sehr paritätisch besetzt auch von Mitgliedern, die den Umweltverbänden nicht sehr nahe stehen. Insofern, Herr Minister, bleibt für uns natürlich die Hoffnung, dass der Nachhaltigkeitsbeirat Ihnen da auch etwas auf den Weg gegeben hat, was Sie sehr ernst nehmen, und dass es zu keinen all zu großen Abweichungen kommt in der Frage.
Meine Damen und Herren, das eigentliche Problem dieses Antrags ist ja nicht, dass wir die Sache an sich nicht teilen - das habe ich beim letzten Mal auch schon gesagt -, sondern wir haben einfach ein Problem mit der juristischen Bewertung. Der Minister hat beim letzten Mal sehr ausführlich dazu Stellung genommen, dem ist auch überhaupt nichts hinzuzufügen. Frau Hitzing, das ist auch wieder so ein Punkt, wo wir eigentlich uns noch einmal bestätigt fühlen in der Position, die wir hier vorn vertreten haben. Wir haben noch einmal vier Wochen lang gearbeitet, haben hier uns noch einmal beraten lassen, und wenn jemand das noch einmal nachlesen will - normalerweise sind das Dinge, die Herrn Kummer auch zugänglich sind -, „Natur und Recht“ Ausgabe 33/2011, da wird genau darauf Bezug genommen und da wird noch einmal ausführlich dargelegt und sehr pointiert dargelegt, was in
Mecklenburg und in anderen Ländern überhaupt geregelt wird. Das ist eben genau nicht der Punkt, über den wir reden. Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die haben sie rausgenommen aus dem Bundesnaturschutzgesetz, die kann man dann auch regeln, aber hier wird noch mal eindeutig formuliert - ich trage das jetzt nicht vor -, dass das, was Sie hier vorhaben, juristisch nicht geht. Also bei uns bleibt es dabei, tolles Anliegen, voll zu unterstützen, juristisch aber nicht möglich. Da ist dem, was der Minister das letzte Mal gesagt hat, nichts hinzuzufügen.
Meine Damen und Herren, es gibt noch einen vierten Punkt, warum wir diesen Antrag, so gut er fachlich oder sachlich ist, ablehnen müssen. Ich beziehe mich da auf meine Kleine Anfrage vom 25. Juni vorigen Jahres. Da habe ich u.a. gefragt, wann denn mit einer Novellierung des Naturschutzgesetzes zu rechnen ist. Der Minister hat geantwortet, dass das auf jeden Fall im Jahr 2011 geschehen soll. Insofern glaube ich, wir sollten der Landesregierung auch die Gelegenheit geben, in diesem Jahr - die Zeit geht ja sehr schnell voran - letzten Endes auch zu diesem Punkt Stellung zu nehmen, die Vorstellung der Landesregierung dazu zu Papier zu bringen. Insofern werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen, wir halten auch eine Beratung im Ausschuss nicht für notwendig, weil es juristisch hier keine andere Bewertung geben kann. Wir hätten uns gefreut, wenn wir das zwischen der ersten und zweiten Lesung im Ausschuss hätten diskutieren können, dann hätte man auch einen Juristen dazu holen können. So bleibt das dabei, Anliegen erkannt, Anliegen ist zu unterstützen, juristisch ist es nicht möglich. Insofern ist dieser Antrag abzulehnen. Vielen Dank.
Auf ein paar der gesagten Dinge möchte ich noch einmal eingehen. Frau Mühlbauer, Sie haben gesagt, Sie sehen keinen Regelungsbedarf. Aber gerade das, was wir in Thüringen zu verzeichnen haben, macht doch deutlich, dass es Regelungsbedarf gibt. Auch wenn für die Versiegelung von Flächen der Ausgleich vorgeschrieben ist nach dem im Moment noch gültigen Thüringer Naturschutzgesetz, ist doch dieser Ausgleich nicht automatisch als Entsiegelung durchzuführen. Oft haben wir Anpflanzungen, Frau Hitzing hat es beschrieben, z.B. auf Ackerflächen. Das, was wir zu verzeichnen haben, ist, dass unserer Landwirtschaft immer wieder
Flächen verlorengehen, auch durch die Ausgleichsmaßnahmen. Das ist ein Trend, der umgekehrt werden muss. Dazu braucht es eine andere Regelung als die bisherige. Ich sage Ihnen auch klar, wenn Sie hier sagen, es ist ein Eingriff in die Hoheit der Kommunen - ja, das ist es. Wenn Sie sich ansehen, welche Flächenpolitik Thüringer Kommunen in der Vergangenheit oft betrieben haben, dann führte die gerade zu vielen Versiegelungen und da führte sie nicht dazu, dass im Innenbereich eine Revitalisierung vorn anstand, sondern der Bau auf der grünen Wiese. Das hat es immer wieder gegeben. Da ist aber auch der Außenbereich zum Innenbereich geworden, weil man natürlich die grüne Wiese in den Innenbereich mit aufgenommen hat, um dort bauen zu können, ansonsten hätte man eine Privilegierung gebraucht. Also ist das alles bei der Geschichte mit zu betrachten. Ich sage Ihnen noch einmal, im Innenbereich wollen Sie doch nicht Parks oder Ähnliches zubauen. Sie wollen doch im Innenbereich die Revitalisierung so durchführen, dass Sie auf Brachflächen gehen, die schon versiegelt sind. Dass Immobilien, die nicht mehr benötigt werden, abgerissen werden und dort neu gebaut wird, oder im allerschönsten Fall, dass bestehende Immobilien - oft auch Denkmäler - wieder einer neuen Nutzung zugeführt werden. Das ist doch die Revitalisierung von Innenstädten, wie ich sie mir zumindest vorstelle. Ich weiß nicht, wohin Ihre Wünsche gehen, aber das wollen wir mit unserem Gesetz ermöglichen.
Da bin ich noch einmal bei Frau Hitzing zum Flächenpool. Ich wünsche mir nicht eine Lösung - und so ist es auch nicht zu verstehen -, wo derjenige, der ein neues Einfamilienhaus bauen möchte, sich irgendwo eine versiegelte Fläche kaufen muss und muss die entsiegeln, sondern der Flächenpool ist so zu verstehen, dass ich dort eine Entsiegelungsmaßnahme bezahle. Wir haben mehrere Tausend Hektar Brachflächen in Thüringen, die versiegelt sind, wo die Entsiegelung dann finanziert werden könnte, und damit sage ich ja, setzen wir diese nicht mehr benötigten Immobilien wieder in Wert. Das ist das Ziel, was wir haben. Dass wir also auf anderen bestehenden Immobilien die Entsiegelung mit dieser Ausgleichsregelung finanzieren. Das sollte der Anspruch sein und dann, glaube ich, kommen wir auch zusammen.
Meine Damen und Herren, zu der Frage Baurecht: § 18 im Gesetz über Naturschutz- und Landschaftspflege regelt das Verhältnis zum Baurecht und aus unserer Sicht gibt er hier den Ländern eine entsprechende Abweichungskompetenz. Nun kann man wirklich trefflich philosophieren. Ich muss sagen, eine ganz scharfe Kritik an die Föderalismusreform. Wenn die Föderalismusreform zu so unklaren Dingen führt, dass man darüber juristisch streiten kann, haben wir jetzt Abweichungskompetenzen oder nicht, dann hat sie versagt. Das ist der erste Kritikpunkt. Aber der andere Kritikpunkt, Herr Dr.
Augsten, wenn denn andere Länder Eingriffsregelungen getroffen haben, dann zeigt es doch gerade, dass es die Abweichungskompetenz gibt, auch wenn sie nicht Eingriffsregelungen im Sinn unseres Gesetzes getroffen haben. Deshalb lade ich dazu ein, seien Sie mutig, stimmen Sie diesem Schritt zu, der notwendig ist für dieses Land, und führen Sie dann die ganze Geschichte zu einem guten Ende, da es offensichtlich noch Beratungsbedarf gibt.
Ich hatte vorhin von der Möglichkeit gesprochen, Herr Präsident, ich beantrage jetzt die Beratung in den drei genannten Ausschüssen, also Bauausschuss, Umweltausschuss und auch im Justizausschuss. Danke.