Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte ja zunächst vermutet, dass die FDP auf Bitte von Herrn Emde oder Herrn Voigt, deren Interviews wir auch lesen durften in den letzten Tagen, diese Aktuelle Stunde eingereicht hat. Immerhin haben sich jetzt doch kleine Unterschiede aufgetan. Aber ich möchte schon gern noch etwas zu dem sagen, mit dem Frau Hitzing hier eingeführt hat: Ich sage ganz deutlich, davon unterscheiden wir uns grundlegend, und zwar wirklich grundlegend. Als wir den Entwurf der Schulordnung bekommen haben, die Zwölfte Verordnung zur Änderung der Thüringer Schulordnung,
haben auch wir uns durchaus zu Wort gemeldet. Auch wir haben sicher an der einen oder anderen Stelle noch Gesprächsbedarf. Ich sage aber ganz deutlich, dass wir vom Grundsatz her begrüßen, dass tatsächlich die individuelle Förderung jedes Kindes in den Mittelpunkt des Lehrens und Lernens gerückt wird mit dieser Schulordnung. Ich glaube, das ist auch gut so. Ich sage Ihnen, und das auch als Eltern, ja, sicher wollen Eltern ein übersichtliches Zeugnis, aber unterschätzen Sie die Eltern mal nicht. Was sagt denn eine Zahl, eine Note und was kann eine verbale Einschätzung leisten, die sehr viel differenzierter auf das Wissen und Können des einzelnen Kindes eingehen kann. Dass sich eine solche verbale Einschätzung sicher auch in eine Note übersetzen lässt, wenn es nötig ist, das wird niemand bezweifeln und das traue ich jedem Pädagogen und jeder Pädagogin zu.
Zum Vorwurf der Kuschelpädagogik, mit dem Sie, Frau Hitzing, ein wenig polemisch abgeschlossen haben, das haben Sie in Ihrer Pressemitteilung auch schon reißerisch platziert, sage ich Ihnen ganz deutlich, wenn dem ein erweiterter „Kuschelbegriff“ zugrunde liegt, um bei dem zu bleiben, wie z.B. Buden bauen an der Bielefelder Laborschule, Entspannungsecken in Klassen mit einem sehr hohen Anteil sogenannter schwieriger Schülerinnen und Schüler, dem pädagogischen Mittagstisch, die aus den Niederlanden kommenden Snoezelenräume zum Ansprechen aller Sinne der Kinder, das psychomotorische Extraturnen für bewegungs- und koordinationsgestörte Kinder und anscheinend die gesamte in den letzten dreißig Jahren ausgebaute Verständnispädagogik mit den Ursachen von Schwierigkeiten junger Menschen umzugehen, damit diese begreifbar werden, dann sage ich ganz klar: Genau solche Räume brauchen wir. Aber das hat nichts mit einer vermeintlich negativ konnotierten Kuschelpädagogik zu tun, sondern es geht darum, tatsächlich alle Sinne anzusprechen und alle Kinder individuell zu fördern.
Zur flexiblen Schuleingangsphase, die nun verbindlich zum Schuljahr 2012/2013 an allen Thüringer Grundschulen eingeführt werden soll, sage ich ebenfalls Ja. Wir haben damit sehr positive Erfahrungen gemacht und wir wissen natürlich, dass Eltern teilweise verunsichert sind, wenn quasi der Rahmen von ein bis zwei Jahren schwanken kann, in dem die Kinder eine bestimmte Leistungsstufe durchlaufen. Aber ich sage auch, es ist gut so, weil es der Unterschiedlichkeit der Kinder gerecht wird, und genauso sehe ich das im Übrigen auch bei der flexiblen Schulausgangsphase. Dass wissenschaftliche Erkenntnisse uns schon seit mehr als 20 Jahren darauf hinweisen, dass wir Heterogenität auch in der Grundschule gerecht werden müssen, das ist, glaube ich, auch hinlänglich bekannt.
Ich sage auch ganz deutlich, dass es nicht unser Ziel sein kann, weiterhin eine selektive Ausrichtung
von Schule zu praktizieren, und die haben wir im Moment. Wir wollen das Gegenteil. Wir wollen tatsächlich der Komplexität des Lernens gerecht werden. Damit meinen wir, dass sowohl verbale Leistungseinschätzung als auch durchaus andere Formen als Frontalunterricht beispielsweise dazu ermutigen und einladen können, dass Kinder tatsächlich besser lernen und begreifen und dass sie dafür selbstverständlich auch bessere personelle und räumliche Voraussetzungen brauchen.
Zum Stichwort Inklusion - weil das aus meiner Sicht auch hier natürlich mit dazugehört: Ich sage sehr deutlich, wir nehmen die Sorgen und die Ängste von Lehrern/-innen und auch von Eltern sehr ernst. Aber die UN-Konvention sichert jedem Kind ein Recht auf inklusive Beschulung zu, jedem Kind, und dieses Recht müssen wir tatsächlich umsetzen. Dass man dafür mehr Pädagogen und Pädagoginnen, auch Sonderpädagoginnen an den sogenannten normalen Schulen braucht - egal ob sie Gemeinschaftsschule, Regelschule, Grundschule oder Gymnasium sind -, davon bin ich überzeugt. Da wird das nicht ausreichen, was das Ministerium bisher vorgeschlagen hat. Ich sage aber auch, die Eltern, die Kinder, die Lehrerinnen müssen auf diesem Weg mitgenommen werden und es müssen dafür auch die sächlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Inklusion gut umgesetzt werden kann.
Ich will auch noch einmal sagen, ich bin etwas verwundert. Sonst sagt die FDP immer, es sei ihnen so wichtig, die Erkenntnisse aus der Forschung und Wissenschaft mit zu berücksichtigen. So jedenfalls habe ich es immer gehört. Wir haben unglaublich viele Studien - und die haben wir auch schon diskutiert - vorliegen, dass gerade das sogenannte Sitzenbleiben, das zwangsweise Wiederholen von Klassen mitnichten zu besseren Bildungserfolgen führt. Dass Sie, Frau Hitzing, jetzt sagen, die Kinder schreien förmlich danach - wenn ich das mal so überspitzt formulieren darf -, dass sie sitzenbleiben können, und zwar in jeder Klassenstufe, dann muss ich dem vehement widersprechen. Ich denke tatsächlich, dass wir den Lehrerinnen und Lehrern durchaus auch mehr zutrauen können. Wir müssen sie aber auch besser wertschätzen, wir müssen ihnen dafür die Zeit einräumen und wir brauchen dafür ausreichend Pädagoginnen und Pädagogen, Schulsozialarbeit und Schulpsychologie an den Schulen. Ich hoffe, wir kommen da auf einen guten Weg, auch mit dieser neu vorgelegten Änderung zur Thüringer Schulordnung. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die FDP hat mit dem Titel der Aktuellen Stunde die drei Handlungsmaximen der sozialdemokratischen Bildungspolitik auf den Punkt gebracht: Fordern und Fördern - Entwicklung des Thüringer Schulsystems. Diesen Leitlinien folgt meine Fraktion seit rund zwei Jahrzehnten - ich weiß, wovon ich spreche - und wir setzen sie jetzt in der Regierungsverantwortung in die Schulpraxis um. Dass Bedarf an einer derartigen bildungspolitischen Orientierung besteht, ist ebenfalls seit Jahren - nicht zuletzt mit Blick auf die verschiedenen internationalen Schulleistungsstudien sowie auch im Hinblick auf die Deckung des Thüringer Fachkräftebedarfs in naher Zukunft - bekannt. Wir werden gemeinsam mit dem Koalitionspartner diesem Handlungsbedarf nachkommen. Gemeinsam stehen wir für eine Verknüpfung von Fordern und Fördern sowie für eine Weiterentwicklung des Thüringer Schulwesens. Deutlich wird das an den Festschreibungen, die wir bei der Novellierung des Schulgesetzes vorgenommen haben. Dort ist die individuelle Förderung aller Schüler als verpflichtendes und durchgängiges Prinzip des Lehrens und Lernens gesetzlich verankert worden. Dort haben wir die 10-jährige Schulpflicht, die Einführung der Thüringer Gemeinschaftsschule und der neuen Schulabschlussphase festgeschrieben. All dies mit dem Ziel, die individuellen Leistungspotenziale unserer Schüler weit besser als bisher auszuschöpfen, niemanden fallenzulassen und möglichst viele Schüler zu höheren Bildungsabschlüssen zu führen. Wer das als leistungsfeindlich oder Kuschelpädagogik diffamiert, der hat, mit Verlaub gesagt, Frau Hitzing, die fachwissenschaftliche und bildungspolitische Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte glatt verschlafen.
Meine Damen und Herren, von unseren bildungspolitischen Handlungsmaximen geleitet ist auch die beabsichtigte Novellierung der Thüringer Schulordnung. Bei den wichtigen Neuerungen möchte ich nur einige nennen: Ergänzung der Noten durch verbale Leistungseinschätzung, Erstellen von Lernentwicklungsberichten neben dem Notenzeugnis, zusätzliche Förderaufnahme bei Aufnahme in die Klassenstufe 10, zusätzliche Fördermaßnahmen bei Nichtversetzung bzw. drohender Nichtversetzung, Verzicht auf Versetzungsentscheidung in den Doppelklassenstufen. Gerade dieser letzte Punkt, der scheint der FDP überhaupt zu munden. Jedenfalls artikuliert Frau Hitzing in der heutigen TLZ, so das Zitat: „Zweifel, ob es wirklich im Sinne der schwächeren Schüler ist, sie in höheren Klassenstufen mitzunehmen, obwohl sie den Stoff noch nicht so richtig beherrschen.“ Diesen Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Er unterstellt, meine Damen und Herren, den Thürin
ger Lehrern, dass sie nicht in der Lage sind, mithilfe individueller Förderung und im Rahmen von Doppelklassenstufen auch den schwächeren Schülern die Unterrichtsmaterie so zu vermitteln, dass sie sie beherrschen. Mehr noch, hier wird ein Zerrbild der angeblichen leistungsfeindlichen Thüringer Schule gezeichnet, bei der sich die Schüler von Klassenstufe zu Klassenstufe irgendwie durchmogeln können.
Das ist, Frau Kollegin Hitzing, völlig absurd und zeugt aus meiner Sicht von erschreckender Unkenntnis.
Ich kann Ihnen daher nur raten, sich einmal mit der modernen Schulpädagogik und Didaktik, mit zeitgemäßer Unterrichtsgestaltung und mit einschlägigen Resultaten der Fachwissenschaften vertraut zu machen. Liebe Franka Hitzing, noch mal zum Mitschreiben: Die Erwartung, dass Schülerinnen und Schüler durch Klassenwiederholungen insbesondere Leistungsdefizite in den Fächern abbauen, in denen sie ungenügende Schulnoten haben, lässt sich wissenschaftlich nicht bestätigen. Im Gegenteil, eine Reduzierung der Wiederholungen erbringt insgesamt Leistungszuwächse.
Ich weiß schon, kaum jemand will hören, was er nicht hören will. Auch wenn Klassenwiederholungen im Einzelfall, das will ich sehr wohl sagen, pädagogisch sinnvoll sind, in der Regel gibt es keinen nennenswerten Zugewinn an Lernleistung.
Deshalb kann es nur eine Konsequenz geben: Die rechtzeitige und differenzierte und systematische individuelle Förderung. Genau das ist im Schulgesetz und in der Verordnung angelegt. Dass wir dabei die Anstrengungen zur Stärkung von Professionalität des Lehrpersonals erhöhen müssen, das ist doch unbenommen. Ich empfehle Ihnen mal, Kollegin Hitzing, einen Besuch der Lobdeburgschule, auch eine Regelschule. Dann können Sie am besten gleich die ganze Fraktion mitnehmen, denn ich denke, das wird dann für alle ein bildungspolitischer Gewinn sein. Die FDP, da bin ich überzeugt, hat einen solchen Gewinn bitter nötig. Herzlichen Dank.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin, um es vorweg zu sagen, den Begriff Kuschelpädagogik verwende ich nicht, weil er ist immer nur diffamierend gemeint und jeder versteht etwas anderes darunter. Ich will auch nichts wiederholen, was hier in diesem Hohen Hause offensichtlich Konsens zu sein scheint, zumindest für die Mehrheit, die hier in diesem Hohen Hause anwesend ist. Ich kann nur feststellen, es gibt ein riesengroßes Beharrungsvermögen und das ist, Gott sei Dank, eine Minderheit in diesem Plenum und eine Minderheit in Thüringen, aber eine Mehrheit in der Politik. Es gibt meines Erachtens auch kein Bedürfnis zum Sitzenbleiben. Frau Hitzing, wenn wir davon ausgehen würden, würde es ja die Prügelstrafe noch geben. Also wenn die Eltern damals, als es die Prügelstrafe noch gab, hätten fragen können, ob sie sich das vorstellen können, zu erziehen ohne zu prügeln, ich glaube, dann hätten wir das nie abschaffen können. Genauso, denke ich, ist es unsere Pflicht als Bildungspolitiker …
Nein, das ist einfach unsere Pflicht, die Wissenschaft zur Kenntnis zu nehmen und moderne Bildungspolitik darauf aufzubauen, dass man die Dinge umsetzt, von denen wir überzeugt sind, und die Mehrheit in diesem Haus ist davon überzeugt. Es ist schon interessant zu beobachten, wie eine schwarz-rote Koalition funktioniert gerade bei solchen Themen, die diametrale Ansichten widerspiegeln. Also das, was die SPD bildungspolitisch will und was die CDU bildungspolitisch will, das ist diametral entgegengesetzt. Und dann ist es wiederum interessant, wie die CDU über Bande spielt. Die FDP ist sich nicht zu schade, dieses Spiel aufzugreifen und als 5-Prozent-Partei nimmt man natürlich jeden populistischen Strohhalm wahr, um dagegen zu polemisieren, um zu zeigen,
Und, Frau Hitzing, ich nehme Ihnen das einfach nicht ab. Ich nehme Ihnen auch nicht ab, dass Sie als der Vorkämpfer der freien Schulen sich hier vorn gerieren und zu Sitzungen und allem Möglichen einladen, wenn Sie doch offensichtlich nicht mal in der Lage sind, zu verstehen, was die freien Schulen eigentlich tun und was sie anders machen und warum sie diesen Zulauf haben, weil sie genau
diese reformpädagogischen Ansätze umsetzen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass der Verzicht auf Noten auf Beschluss der Schulkonferenz, wie es in der Schulordnung in § 147 a Abs. 5 angesprochen wird, unter Einbeziehung der Eltern, der Lehrer und der Schüler, die dies beschließen und umsetzen wollen, der Untergang guter Schule ist. Denn genau das ist es ja, was die freien Schulen auch dürfen und machen. Deswegen haben diese einen Zulauf, weil die staatlichen Schulen eben nicht diese Handlungsspielräume haben. Wenn es nach Ihnen geht, kann man bildungspolitisch keinen Schritt vorangehen. Auf Noten oder auf das Sitzenbleiben zu verzichten, das scheint für Sie ja also ein ganz, ganz rotes Tuch zu sein.
Das verstehen wir nicht. Nun kann ich ja verstehen, dass Sie diesen Antrag geschrieben haben und dass wir darüber reden, aber ich sage es noch einmal: In diesem Landtag gibt es offensichtlich Mehrheiten für eine moderne Bildungspolitik, sie werden leider nur nicht genutzt.
Jetzt bin ich daher bei der Kritik an Herrn Minister: Wenn man eine Gemeinschaftsschule will mit all dem, was dahintersteht, dann muss man natürlich auch die Bedingungen schaffen, es umzusetzen. Wenn man jedoch eine CDU an seiner Seite hat, die einem riesengroße Steine in den Weg rollt, um genau das nicht machen zu können, das fängt an bei den finanziellen Ressourcen zur Ausstattung, was die Schulträger betrifft, damit man eben gute Schule so umsetzen kann, dass individuelle Förderung möglich ist, bis hin zu den personellen Ressourcen, bis hin zu den Sozialarbeitern an den Schulen, den Sonderpädagogen, den Schulpsychologen und all solchen Dingen. Man muss natürlich auch die Leute, die das umsetzen sollen, mitnehmen und die Motivation dafür schaffen.
Es ist bedauerlich, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen: Ihre klare Absage im letzten Bildungsausschuss, den Koalitionsvertrag selbst zu brechen, 2.500 neue Lehrer wären eben nicht einzustellen, weil angeblich zu Zeiten des Koalitionsvertrags falsche Zahlen vorgelegen haben. Der Floatingvertrag wird nicht weiterentwickelt, man bleibt dabei und sitzt es aus, bis die angestellten Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr da sind. Man nimmt Burn-out zur Kenntnis, ohne wirklich etwas daran zu ändern. Und genau diese neuen Ideen umsetzen zu wollen, ohne die Motivation für diejenigen zu schaffen, die es umsetzen sollen, das geht eben schief und das bedauern wir zutiefst.
Deswegen hätte ich mir gewünscht, die Schulordnung hätte vorgelegen zu dem Zeitpunkt, als wir das Gesetz diskutiert haben. Das haben wir auch immer wieder gefordert. Dann hätte man auch wirklich mit Namen und Adresse und Anhörung entsprechend versuchen können, diejenigen mitzunehmen, die das dann auch umsetzen sollen. Jetzt pro
duziert man unwillkürlich Widerstände. Man nutzt das seitens der kleinsten Fraktion aus, um die Widerstände zu einem großen Beharrungsvermögen in Thüringen auszugestalten, und das wiederum schadet der Thüringer Bildungspolitik und das ist das, was wir bedauern. Danke.
Ich habe jetzt keine Anmeldungen mehr aus den Fraktionen. Für die Landesregierung Minister Matschie, bitte.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, die FDP hat hier die Aktuelle Stunde beantragt zum Fordern und Fördern. Der Fraktionsvorsitzende Barth hat eben dazwischengerufen: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Da haben Sie recht, Herr Barth, das kann auch die FDP sein, die da hinkt.
In diesem Falle hinken Sie hinter der Bildungsdebatte wirklich hinterher. Mein Ziel ist, dass jedes Kind zur bestmöglichen Leistung gebracht werden kann. Das geht nur, wenn wir Kinder individuell fördern und fordern. Es geht nicht darum, irgendeinen abstrakten Leistungsanspruch zu formulieren, sondern es geht darum, jedem Menschen die optimalen Entwicklungsbedingungen zu schaffen, damit jeder das für ihn persönlich höchste Leistungsniveau erreichen kann.
Dazu beschreiten wir einen konsequenten Weg. Dieser Weg heißt individuelle Förderung, der beginnt im Kindergarten, weil die ersten Jahre entscheidend sind. Wir haben gemeinsam in der Koalition die Entscheidung getroffen, trotz schwieriger Haushaltslage die Personalsituation in den Kindergärten zu verbessern, weil dort die individuelle Förderung beginnt. Nur wenn Menschen von Anfang an individuell gefördert und gefordert werden, können sie ihr Leistungsvermögen auch entfalten. Diesen Weg gehen wir konsequent weiter in den Schulen.
Frau Hitzing, vielleicht macht es Sinn, auch einmal über die eigene persönliche Erfahrung hinaus zu schauen. Es gibt unheimlich viele gute Lehrerinnen und Lehrer im Land, die wissen, wie individuelle Förderung geht, und die ausdrücklich das unterstützen, was wir hier in der Schulordnung vorhaben. Ich will mich an dieser Stelle zunächst einmal bei all diesen engagierten Lehrerinnen und Lehrern ganz
Was heißt das jetzt in der Thüringer Schulordnung? Wir brauchen, damit individuelle Förderung nicht nur ein abstrakter Anspruch ist, konkrete Instrumente dafür. Wir haben deshalb in der Schulordnung festgeschrieben, dass es eine flexible Schuleingangsphase gibt. Alle, die sich ein bisschen näher damit beschäftigt haben, wissen, dass Kinder gerade am Beginn der Schulzeit noch sehr unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten haben, auch mit unterschiedlichen Entwicklungsständen in die Schule kommen. Damit alle gut in ihre Schulkarriere starten können, braucht es diese Flexibilisierung am Anfang. Die einen sind in der Lage, die ersten zwei Klassenstufen in nur einem Jahr zu absolvieren, weil sie schon sehr weit sind. Andere brauchen zwei Jahre und andere vielleicht auch drei Jahre, um die ersten beiden Klassenstufen zu absolvieren. Das ist doch ein vernünftiger Einstieg in einen optimalen Schulweg, am Anfang dafür zu sorgen, dass die Unterschiede stärker ausgeglichen werden können und jeder individuell gefördert werden kann. Dieser Idee entspricht jetzt auch der Vorschlag, eine individuelle Schulabschlussphase zu schaffen. Auch dort kommt es noch mal ganz besonders darauf an, am Ende der Schulkarriere dafür zu sorgen, dass auch jeder wirklich einen Abschluss erreichen kann. Es macht doch keinen Sinn, wenn so viele Schülerinnen und Schüler wie heute die Schule ohne Abschluss verlassen und dann Schleifen drehen in weiteren Fördersystemen, sondern die Schule hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Kinder einen Abschluss erreichen können und dass sie damit gute Startbedingungen in Berufsausbildung und Beruf am Ende haben.