Protocol of the Session on February 24, 2011

Meine sehr verehrten Damen und Herren, von entscheidender Bedeutung für den Erfolg eines zukünftigen Landesentwicklungsplans ist, wie es uns gelingt, Thüringerinnen und Thüringer auf diesem Weg mitzunehmen. In meiner Stadt, ich bin Bürgermeisterin von Großbreitenbach, arbeiten wir gerade an dem Konzept „Energieautarke Stadt“. Ich bin Herrn Minister Machnig sehr dankbar, dass er dieses Projekt unterstützt. Ein wichtiger Bestandteil dieses Konzepts wird es sein, einen umfassenden

Partizipationsprozess einzuleiten. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass das Ziel einer energieautarken Stadt von Energieautonomie nur dann erreicht wird, wenn Bürgerinnen und Bürger, wenn Industrie, Wirtschaft, Tourismusverantwortliche und alle Akteure vor Ort in diesem Prozess mitgenommen werden. Ich hoffe, die hier gemachte Erfahrung, die wir in diesem Projekt gewinnen werden, in einen weiteren Diskussionsprozess eines neuen Landesentwicklungsplans mit einbringen zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE stimmt dem vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete Enders. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Doht für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Abgeordnete von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, als ich Ihren Antrag auf den Tisch bekam, hat sich mir die Logik dieses Antrags nicht erschlossen. Frau Schubert, nach Ihrer Einbringungsrede, nach Ihrer Begründung hier erschließt sie sich mir erst recht nicht.

(Beifall CDU)

Sie bringen unter der Überschrift „Rechtssicherheit schaffen: Regionale Raumordnungspläne in Kraft setzen“ Ihren Antrag ein, dass alle vorliegenden Regionalpläne unverzüglich genehmigt werden sollen. Sie begründen das in Ihrem Antrag mit einem Investitionsstau bei Windenergieanlagen. Hier haben Sie vorhin einen Landrat zitiert - ich weiß nicht, welcher es war, aber es könnten mehrere Landräte in Thüringen gesagt haben -: Wir bauen nie Windenergieanlagen. Das ist nicht nur die Auffassung eines Landrates, sondern bedauerlicherweise vieler Kommunalpolitiker. Ja, was meinen Sie,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

was denn da teilweise in so manchem Regionalplan jetzt drinsteht. Den kann doch das Ministerium verantwortlicherweise gar nicht in Kraft setzen, weil es eine Verhinderungsplanung ist.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wird aber nicht besser da- durch.)

Dann muss es eben Fristen geben für eine Überarbeitung. Es nutzt uns doch nichts, wenn hier ein Regionalplan verabschiedet wird, in Kraft gesetzt wird, der letztendlich einer gerichtlichen Überprü

(Abg. Enders)

fung nicht standhält. Dann kommt ein Gericht, kassiert den ein und dann gilt letztendlich nur noch die Privilegierung für Windenergie im Außenbereich. Nun mag ja sein, dass Sie das vielleicht wollen, aber da sage ich, das unterscheidet uns nun wieder, das wollen wir nicht. Wir wollen nicht die Windräder auf den Höhen des Thüringer Waldes und an anderen exponierten Stellen. Wir wollen sie da, wo sie Sinn machen, wo sie sich in die Landschaft einfügen, und wir wollen ganz bewusst das Instrument der Regionalplanung und der Raumordnung für die Steuerung nutzen. Dazu braucht man eben einen Regionalplan, der letztendlich auch rechtssicher ist. Deswegen ist es uns lieber, das Landesverwaltungsamt und das Ministerium schaut zweimal hin und wir haben am Ende Regionalpläne, die einer rechtlichen Überprüfung, auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, und dann haben wir die Rechtssicherheit geschaffen, die Sie wünschen. Dann haben wir auch die Möglichkeit, diesen Investitionsstau bei Windenergieanlagen aufzulösen. So weit zum Punkt 1.

Was den Punkt 2 Ihres Antrags betrifft, wir haben uns als Koalitionsfraktionen das Ziel gesetzt, bis zum 30.06.2012 das Landesentwicklungsprogramm zu überarbeiten, und das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, muss ich sagen. Wir wollen eben nicht Fristen für die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, für Bürgerbeteiligung oder letztendlich auch die Frist, die wir dann im Landtag noch zur Beratung haben, einengen. Ich habe das letztens schon einmal gesagt, als Sie zum Landesstraßenprogramm hier einen Antrag brachten, es mit einem Termin, der schon hinter uns lag, zu verabschieden - ich verstehe nicht, dass gerade die GRÜNEN, die so für Bürgerbeteiligung, für Bürgerrechte stehen, dann hier uns immer wieder mit Anträgen überraschen, in denen Sie die Fristen, die Sie von der Landesregierung oder von anderen abfordern, so setzen, dass eine vernünftige Bürgerbeteiligung gar nicht mehr möglich ist.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Regionalplanungsprozess, da gibt es doch gar keine Bürgerbeteiligung.)

Es ist die Beteiligung der Kommunen. Wir haben damals durchgesetzt, dass der Landtag beteiligt wird, die Träger öffentlicher Belange werden beteiligt, das sind auch Bürger, ja. Gut, es ist nicht die Bürgerbeteiligung in dem Sinne, aber Sie wollen ihnen diese Fristen beschneiden und das wollen wir nicht. Wir wollen auch nicht, dass ein Teil vorab, z.B. das Thema Energiepolitik, verabschiedet wird, ohne dass es gegen alle anderen Belange abgewogen wurde. Es wird immer Zielkonflikte geben, Interessenkonflikte und die müssen abgewogen werden. Dieser Abwägungsprozess kann nach unserer Auffassung nicht vernünftig stattfinden, wenn man einen Bereich priorisiert, ihn eher verabschiedet und alle anderen müssen sich dahinter verstecken.

Wir sind dafür, dass wir verstärkt erneuerbare Energien in Thüringen nutzen. Wir sind auch dafür, dass Windenergie genutzt wird, aber das alles muss in einem rechtlichen Rahmen ablaufen und es gibt auch im Freistaat Thüringen neben dem Thema erneuerbare Energien noch andere Themen, z.B. der Landschaftsschutz, der Tourismus, die Beachtung finden müssen, und all dies wollen wir gemeinsam abwägen. Ich denke, da ist der 30.06.2012 ein ambitioniertes Ziel. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall CDU)

Danke, Frau Abgeordnete Doht. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Untermann für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, mit Ihrer Stellungnahme könnte ich mich fast hundertprozentig identifizieren, was die Sache der Windkraft und der erneuerbaren Energien betrifft, da sind wir als FDP auf Ihrer Seite. Wir sind auch erfreut, dass jetzt doch auch Bewegung in das Genehmigungsverfahren kommt. Wir hoffen, dass unsere Aktuelle Stunde hier auch ein klein wenig dazu beigetragen hat.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist aber keine Aktuelle Stunde.)

Aus diesem Grund möchte ich mich auch nur ganz knapp zu diesem heutigen Thema äußern. Seit August widmen wir uns kontinuierlich diesem Thema, nicht nur vom Schreibtisch aus. Wir haben vor Ort gemeinsam mit den Kommunen noch fehlende Genehmigungen zu den Vorrangflächen für die Windenergie diskutiert. Dazu zählen die Termine in der Gemeinde Marksuhl oder in der Gemeinde Milda, aber auch Gespräche mit den Regionalen Planungsgemeinschaften und bei Bürgermeistern gehören zu meinen Terminen. So verschaffe ich mir Sachkenntnis darüber, warum eine schnelle Genehmigung so wichtig ist. Nur eines möchte ich noch einmal deutlich hier betonen: Windkraft um jeden Preis nicht mit der FDP.

(Beifall CDU, FDP)

Da sind wir uns völlig einig, Frau Tasch, ein gesunder Energiemix und da wo es hingehört, jawohl, aber die Menschen, die dort leben, können wir nicht im Stich lassen.

(Beifall FDP)

Unser Ziel ist es, auf die regionalen Voraussetzungen und auf die Erfordernisse abgestimmte Raumordnungspläne zur Genehmigung zu bringen. Diesem wird durch die fachliche Kompetenz der Pla

(Abg. Doht)

nungsstellen, durch die Öffentlichkeitsbeteiligung, durch Gutachten und durch Handlungsempfehlungen, die gerade für die Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie bestehen, Rechnung getragen. Diese Tatsachen darf man nicht einfach ignorieren.

Zum Punkt Landesentwicklungspläne: Ich denke, die sind notwendig, aber wenn man ein fachlich fundiertes Konzept erstellen will, halte ich Ihre Terminstellung für nicht durchführbar und nicht möglich. Ich beantrage hiermit getrennte Abstimmung der beiden Punkte 1 und 2. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Untermann. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Frau Tasch für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Kollegen von den GRÜNEN ist nach ihren Aussagen immer die Bürgerbeteiligung ein sehr wichtiges Gut.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Für uns auch.)

Das tragt ihr immer vor euch her, vielleicht wie eine Monstranz oder wie ein Plakat, je nachdem, wie man es sieht. Ich habe da jetzt gerade ein Projekt in Süddeutschland vor Augen, wo gerade die Bürgerbeteiligung angemahnt wird und Sie suggerieren, dass es nie eine Bürgerbeteiligung gegeben hat und dass irgendeiner vom Himmel da eine Entscheidung gefällt hat und jetzt erst einmal alle munter geworden sind.

Ich möchte eigentlich nur das noch einmal wiederholen, was ich bereits gestern erwähnt habe, was zu einem erfolgreichen Abwägungsprozess, den die Genehmigungsbehörde vorzunehmen hat, erfolgen muss. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung müssen in den Plänen die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ansprüche und Bedürfnisse aller Beteiligten abgewogen werden. Da - das ist jetzt auch schon mehrfach gesagt worden - gibt es Für und Wider. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es hier widerstreitige Interessen gibt. Das ist einfach so. Ich habe so den Eindruck, Frau Schubert, dass Sie genau wissen, welche Interessen gut sind und welche nicht und Sie dann sagen können bei widerstreitigen Interessen, das ist ein gutes Interesse, das nehmen wir so und das ist nicht so ein gutes Interesse, das nehmen wir nicht so. Darüber haben wir als CDU-Fraktion eine ganz andere Auffassung.

(Beifall CDU)

Wir sagen hier, die Genehmigung der Regionalen Raumordnungspläne muss mit der nötigen Sorgfalt geschehen - und das braucht Zeit. Das oberste Ziel ist ein gutes Ergebnis, Herr Adams, rechtssichere Regionale Raumordnungspläne, in denen sich die Interessen der Bürger widerspiegeln. Jetzt hat Frau Enders gerade gesagt, sie ist Bürgermeisterin, auch ich bin Bürgermeisterin und habe eine Stellungnahme abgegeben zum Regionalen Raumordnungsplan Nordthüringen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, ein ganzes Jahr.)

Die habe ich selbstverständlich im Vorfeld mit meinen Gemeinderäten und auch mit meinen Einwohnern besprochen. Das ist eine Bürgerbeteiligung.

(Beifall CDU)

Da finden sich ja schließlich die Interessen meiner Heimatgemeinde wieder. Die müssen nicht übereinstimmen mit den Interessen meiner Nachbargemeinde, das ist bei mir auch ein konkreter Fall. Diese müssen da auch abgewogen werden.

(Heiterkeit und Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe gesagt, was ist daran schlimm, dass es zwei widerstreitende Interessen gibt. So ist es nun mal. Dieses Verfahren der Bürgerbeteiligung muss sich natürlich auch im Vorgehen des Ministeriums wiederfinden. Wir haben gestern - das hat mich schon sehr irritiert, Frau Schubert - gehört, dass Sie diese widerstreitenden Interessen und auch innerhalb von Koalitionsparteien oder auch von Gemeinden als Gezerre bezeichnen. Das kann ich nicht verstehen. Das ist kein Gezerre, das ist ein ganz normaler demokratischer Meinungsbildungsprozess und kein Gezerre. Ich möchte jetzt gar nicht einmal auf den Sachstand eingehen, das hat der Minister gesagt, welcher Plan wann, wo genehmigt wird. Aber ich möchte Ihnen auch noch einmal sagen, wir haben in Deutschland das Subsidiaritätsprinzip. Dieses Prinzip haben wir zu achten und nicht nur immer davon zu reden und in Anträgen davon zu reden, sondern auch in der Praxis umzusetzen. Da gilt auch, wer für was zuständig ist. Die Gemeinden haben die kommunale Selbstverwaltung und die ist hier auch mit zu beachten. Wir können nicht von oben herunter gerade bei dem Thema Windenergie hier gegen Bürgerwillen etwas beschließen. Ich möchte nur ein aktuelles Beispiel ansprechen, das sind die Aktivitäten im Bereich der Gemeinde Limlingerode im Landkreis Nordhausen, wo sich die Menschen dieser Gemeinde zu 99 oder 100 Prozent dagegen ausgesprochen haben. Das interessiert Sie scheinbar gar nicht, warum weiß ich jetzt auch nicht.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil es dort einen rechtsgültigen Plan gibt.)

(Abg. Untermann)

Ach so. Aber in dem neuen Entwurf wird es herauskommen, der Standort befindet sich in einem Landschaftsschutzgebiet, aber das wollen Sie dann nicht, sondern wollen den Bürgerwillen da nicht beachtet haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gilt gleichermaßen auch für den zweiten Teil des Antrags. Hier spricht sich die GRÜNE-Fraktion dafür aus, geltendes Recht, speziell das Raumordnungsgesetz und das Thüringer Landesplanungsgesetz zu missachten und ein Landesentwicklungsprogramm über das Knie zu brechen. Diese Forderung verletzt in meinen Augen in eklatanter Weise die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung und der betroffenen Stellen innerhalb der Verwaltung. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall CDU)