Das ist nun nicht sehr mutig. Deswegen war der Ansatz von Frau Enders nicht, wir sagen Nein zu jedem Netzausbau, sondern wir sagen Ja zur Modernisierung und zum gesamten Umbau der Energiewirtschaft. Das wäre die richtige Herangehensweise. Wenn wir dann uns darauf verständigen, wie wir auch Strombrücken Ost-West besser organisieren und die Strommengen besser durchleiten, dann werden wir sogar mit der Energieproduktion mehr Wertschöpfung in Thüringen generieren. Das muss unser Ziel sein. In diesem Sinne bitte ich um eine intensivere Debatte und nicht nur eine Auseinandersetzung, ob ein Mast 97 Meter, 120 Meter oder 35 Meter hoch ist. Die Frage ist, ob der Weg überhaupt noch der richtige ist, und ich glaube, dieser Ausbau, der alternativlos gestellt wird, das ist der falsche Weg.
Vielen Dank. Ich habe eine weitere Wortmeldung eines Abgeordneten. Herr Abgeordneter Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich anfange, ich habe gerade aus den Reihen der SPD gehört: Jetzt kommt der Oberlehrer.
Entschuldigung, dann waren es die Reihen der CDU, ich habe leider hinten keine Augen. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Lieber Oberlehrer als Oberdepp.
Aber es ist nicht meine Absicht, hier jemanden zu belehren; ich versuche auch, der Debatte Substanz zu geben. An der Stelle ist es unglaublich wichtig, sehr geehrter Herr Minister, dass wir eine Sache noch mal feststellen: Liest man sich das Protokoll der Anhörung durch, wird eines deutlich, dass das nicht ganz stimmen kann, was Sie sagten, dass die
Fragen der Lastflussanalysen plausibel dort dargelegt wurden. Auf die Frage nach den Lastflussanalysen haben wir nur eine Antwort bekommen, dass die datenschutztechnisch so wichtig und brisant seien, dass sie hier in der Anhörung keine Rolle spielen können. Wir haben als Ausschuss dann ein Fax bekommen, ungefähr so groß, ein Jahr zusammengeschoben die Lastflussanalyse. Wer das versucht auszuwerten, muss ja nicht ganz klar sein, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist der Punkt Dialog, der hier von der LINKEN im Antrag eingefordert wird. Es geht auch nicht darum, dass wir uns gegenseitig kultiviert zuhören, sondern es geht darum, dass wir aufeinander zugehen und aus Diskussionen auch etwas lernen können. Da können wir einfach mal anfangen, wenn es um die Frage von Transparenz und Offenheit geht. Diese Lastflussanalysen wären wichtig gewesen für eine Diskussion, die wir führen können. Wenn Sie das Herrschaftswissen darüber haben, freue ich mich für Sie. Wir haben es nicht. Nehmen Sie es uns nicht übel, dass wir es einfordern.
Dann, sehr geehrter Herr Minister Machnig, es ist transparent und es ist uns GRÜNEN immer bewusst, dass Sie für Ihre Ziele die GRÜNEN immer gern einspannen. Aber an der Stelle muss das mal gesagt werden: Den Rainer Baake, den bekommen Sie hier nicht für Ihre Ziele, denn Rainer Baake hat mehr als unmissverständlich bei der Vorstellung des Plan N - und ich bin im Raum gewesen - eines gesagt, ungefähr nahezu wörtlich: Wir brauchen intelligente Lösungen, als nur das immer fortwährende Schreien nach neuen Drähten. Das ist ein Fakt, Herr Minister.
Wer sich den Plan N durchliest - ich habe ihn heute hier mit dabei gehabt und bin ganz stutzig geworden, was Sie hier herauslesen - und in die Hand nimmt, findet eigentlich nur eines: die Suche danach, wie man Akzeptanz schaffen kann für einen Begriff Netzausbau. Hier drin steht überhaupt nicht, wir müssen an der Stelle in Thüringen eine 380-kVLeitung bauen und auf keinen Fall eine ausgebaute, ertüchtigte, nein, es muss auf jeden Fall eine neue Leitung sein. Das werden Sie hier drin nicht finden und Sie sollten auch nicht den Anschein erwecken, dass es hier drinstände.
Hier drin finden Sie nur eines, das Eingeständnis, dass wir für die Integration der erneuerbaren Energien noch mehr investieren müssen, und das Anerkenntnis, dass das nur mit den Menschen vor Ort geht. Auch hier bin ich wieder bei der Sache: Dialog ist mehr als nur eine Zurkenntnisnahme.
Dann ist eine Sache noch mal ganz wichtig zu sagen: Hier wird im Parlament - und auch das zeigt die Dialogfreundlichkeit - immer wieder versucht darzulegen, dass diese Planungen jetzt stehen und jetzt gibt es nichts mehr zu machen. Ich unterstütze ganz vollinhaltlich Ihr Argument, dass man hier Stuttgart mit der Trasse nicht vergleichen kann. Hier wird es ganz besonders deutlich, weil Stuttgart ist im Prinzip planfestgestellt, die Genehmigungen sind erteilt. Aber wir sind hier in Thüringen, Herr Kemmerich. Und das müssen Sie sich mal genau angucken, wenn Sie sagen, Ende der Debatte. Wenn Sie hier von diesem Platz aus ein Ende der Debatte fordern, dann müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir just in diesen Verfahren stehen, in denen die Debatte stattfindet. Das müssen Sie sich doch einmal vorstellen. Sie sagen hier Ende der Debatte und wir haben gerade erst das Verfahren eröffnet zur Debatte. Da müssen Sie noch einmal genauer hinschauen.
Das mache ich doch gerne. Die große Frage ist auch - jetzt ist leider Herr Höhn nicht da, doch da ist er, da ist der Herr Höhn -: Herr Höhn hat gefragt und das ist ja eine kluge Frage -, sind wir uns eigentlich bewusst, was wir da bauen wollen, wenn wir eine Hochtemperaturleiter haben mit 200 Grad in unserer Landschaft. Jetzt frage ich mal, ist die SPD sich eigentlich bewusst, welche Abgastemperaturen Sie am Kopf des Schornsteins bei den von Ihnen bevorzugten Kohlekraftwerken haben? Können Sie uns das mal sagen? Da gehen Sie weit über 200 Grad drüber und das ist eine Technologie, die die SPD voranbringen will.
Auch darauf müssten Sie eine Antwort finden. Wenn es ein Problem ist, dass wir Leitungen mit 200 Grad durch die Landschaft ziehen, ist es mehr als ein Problem, die Kohletechnik weiter auszubauen.
Die Argumentation von Herrn Kollegen Weber, der Ausbau der Leitungen würde nur bis zum Jahr 2015 tragen, muss natürlich auch in der Relation gesehen werden, dass damals Vattenfall Transmission, heute 50Hertz, immer wieder erklärt hat, dass die Lichter im Jahr 2008, das ist zwei Jahre her, ausgehen werden, wenn diese Leitung nicht gebaut ist. Und sie scheinen immer noch die Lichter.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin gerne bereit, wirklich ganz klar über jeden Fakt zu sprechen, aber das einzelne Herausgreifen von Zahlen bringt natürlich bei der Gesamtschau wenig an Erkenntnisgewinn. Das ist jetzt hier schon angesprochen worden, die CDU stellt sich ja hier im Parlament immer ganz klar hin, wir wollen diese Leitung und dann wird das Unwort des Jahres nahezu immer wieder bemüht. Das Problem ist nur - und das müssen Sie auch den Menschen erklären in ganz Thüringen -, wie Ihre vier Landräte sich in der Anhörung im Landtag gegen diese Leitungen aussprechen können und Sie hier so tun, als sei es ein ideologisches Problem von GRÜNEN und LINKEN sich gegen die Leitung zu stellen oder überhaupt die Diskussion und die Alternativen einzufordern. Das werden Sie in Ihren Wahlkreisen noch erklären müssen.
Dann gibt es noch eine Sache. Hier wurde dargelegt, dass es imaginäre Befürchtungen sind, die geschürt werden. Diese unrealen Befürchtungen sind in einem kleinen Ortsteil der Stadt Erfurt, in Hochstedt, besichtigbar. Sie können dort hinfahren, Sie können sich anschauen wie ein Ort aussieht, der schon zwei 380-kV-Leitungen und eine 110-kV-Leitung um sich herum hat, der schon umspannt ist. Wenn Sie dort waren und dann noch sagen, das ist ja vollkommen übertrieben, dann nehme ich die Diskussion gerne wieder auf. Aber bitte, schauen Sie sich das an. Bitte, machen Sie sich eines deutlich: Wir haben den Plan N gehabt, der hier den Weg bereiten soll. Dieser Plan N diskutiert immer wieder darüber, dass man besondere Maßnahmen durchführen müsste, wenn solche Hochspannungsleitungen auf eine Nähe von 400 Meter herankommen. Wissen Sie, was wir in Hochstedt haben? Das sind Mastmitte bis zur letzten Wohnbebauung keine 100 Meter und letztes Seil 34 Meter bis zur nächsten Wohnbebauung. Darüber reden wir hier ganz konkret in diesem Thüringer Landtag, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist unglaublich wichtig, wenn wir uns hier Begriffe an den Kopf werfen, Netzausbau fordere der eine und der andere der gleichen Partei setzt sich hier für Alternativen ein. Lassen Sie uns mal hier für uns in der Diskussion eine Definition von Netzausbau finden. Dieser Netzausbau heißt niemals nur neue Leitung. Niemals heißt er das. Netzausbau heißt, Ausbau von Speicherkapazitäten, Netzausbau heißt Netzmonitoring, Netzausbau heißt auch manchmal Neuleitungsbau, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich ein wenig deutschlandweit umtut und überlegt und sich anschaut, was, wie, wo passiert. Ich habe mit meinen Brandenburger Kollegen am Anfang dieser Woche sprechen können und gesagt, ihr habt ja auch eine 380-kV-Leitung, die gebaut werden soll, die haben gesagt, nein, nur 110.
Es sind vollkommen andere Dimensionen in den meisten Gebieten der Bundesrepublik Deutschland, die im Zusammenhang mit dem Netzausbau diskutiert werden. Ich habe noch keine Region gefunden, wo neben einer nahezu durchgängigen 380-kV-Leitung eine zweite alternativlos gebaut werden soll. Zeigen Sie mir die Region, dann nehme ich sofort zurück, was ich hier gesagt habe. Zeigen Sie mir die Region, wo neben einer 380-kV-Leitung die zweite gebaut werden wird. Das würde ich gern sehen wollen.
Da sage ich Ihnen noch ein Problem: Wenn wir heute, so wie der Herr Worm vorgeschlagen hat, eben nicht zu ertüchtigen, weil das gar nicht ginge im Netzbetrieb, sondern parallel daneben zu bauen, das ist die Ansage dafür, dass daneben die 800 kV schon kommt, weil ja schon eine 380 kV und die andere auch da ist. Das ist die Ansage dafür. Bringen Sie das vom Tisch, dass diese Gebiete, die wir in Thüringen jetzt hier mit dem Korridor belegen, nicht später einmal Gebiete sind, in denen noch weitere Leitungen dazukommen. Das ist, glaube ich, ganz wichtig, wenn man den Dialog mit der Bevölkerung vor Ort führen will.
Ich will nur noch ein Argument in Richtung des von mir unglaublich geschätzten Kollegen Weber senden. Na klar, mit dem kann man gut diskutieren. Er macht von hier vorn - genau wie ich auch - seine Stimmung, aber er ist ja immer wieder bereit, zu dem fachlichen Grund zurückzukommen.
Er hat eine Sache gesagt: Schaut es euch doch mal an, für die Integration der Erneuerbaren - Herr Adams ist ja da immer mit dabei - fordern alle den Netzausbau. Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, warum die Übertragungsnetzbetreiber nicht für ihre Netzstabilität von der Bundesregierung fordern, dass neue Speichertechnologien entwickelt werden, dass wir Speicher ausbauen, dass wir nach neuen Speichermöglichkeiten überhaupt
Ich kann das jetzt nicht dem einen oder anderen ersparen, ohne auf das eine oder andere Scheinargument, das hier vorgetragen wurde, einzugehen. Herr Ramelow, das sage ich mit großem Nachdruck, ich habe mir eben das Wort alternativlos nicht zu eigen gemacht, sondern ich habe sogar über viel weitergehende Alternativen gesprochen, auch technologische. Nur am Ende gilt ein Grundsatz, eine Alternative muss eben auch eine Alternative sein, sie muss technisch, ökonomisch und finanziell eine sein.
Es ist auch eine Alternative, die 380-kV-Leitung über Wladiwostok nach Bayern zu führen, das kann ich machen. Das ist eine denkbare Alternative, ob sie ökonomisch, finanzpolitisch, energiepolitisch sinnvoll ist, das ist eine völlig andere Frage. Daran muss ich messen.
Ja. Deswegen bin ich auch dafür, damit das auch klar ist, dass wir auch energiepolitisch über neue Strukturen nachdenken. Ich will ein Beispiel sagen: Ich war immer Vertreter einer deutschen Netz AG, dass es eine deutsche Netz AG gibt, weil sich alle von ihren Netzen trennen oder privatisieren ihre früheren Firmen. Meine Vorstellung war immer, lasst uns eine deutsche Netz AG machen, Bundesbeteiligung 25,1 Prozent, damit wir eines überprüfen können, dass wir in den nächsten Jahren die ausreichenden Investitionen auch in die Netze bekommen. Ich bin dafür. Der Weg läuft gerade in eine andere Richtung, ich will darauf nur hinweisen. Wir werden als Landtag kaum in der Lage sein, diesen Weg auf Bundesebene entsprechend zu gehen. Ich wäre bereit dazu, das zu machen, das würde helfen. Allerdings muss dabei eines herauskommen und das kann ich allen hier nicht ersparen. Die Planungszeiträume in Deutschland für ein Netz dauern heute inzwischen 10 bis 15 Jahre. Das ist Wahnsinn. Wenn wir eine solch lange Planung akzeptieren, heißt das, wir werden in den nächsten Jahren dann eben den Ausbau Erneuerbarer nicht vorantreiben können. Das wird auch zu einem führen, dass wir Engpässe bekommen und dass wir Netz
stabilität nicht aufrechterhalten können usw. Deswegen muss eines noch in die Köpfe: Eine Industriegesellschaft braucht am Ende des Tages auch Infrastrukturen. An dieser Wahrheit kann man sich nicht vorbeimogeln, auch nicht durch schöne Wortgirlanden. Das heißt auch, wir müssen akzeptieren und wir wollen auch akzeptieren, dass es Infrastrukturen gibt.
Es ist viel von der ICE-Strecke gesprochen worden. Ich sage mal eines - es ist aus meiner Sicht noch gar nicht verstanden worden -, das ist ein Gottesgeschenk für Thüringen, wenn sie denn endlich da ist.