Protocol of the Session on January 27, 2011

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Feuer- wehr.)

die klar von dem Bemühen gekennzeichnet war, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Wir brauchen sie auch alle weiterhin, denn das Landesprogramm ist eine Daueraufgabe, deren Weiterentwicklung im Kapitel 5 ausdrücklich verankert ist.

Die Grundlage unserer gemeinsamen Erklärung von 2009 wurde mit diesem Landesprogramm umgesetzt. Wir haben nun ein Landesprogramm, das sich wirklich sehen lassen kann und das den Vergleich mit anderen Bundesländern nicht zu scheuen braucht. Zwar hatten Sie, Frau Renner, angekündigt, auch positive Aspekte an diesem Programm zu äußern; leider haben Sie wieder nur Kritikpunkte dargestellt. Das von der Landesregierung beschlossene Programm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit wird aus unserer Sicht dazu beitragen, demokratische Strukturen, Einstellungen und Verhaltensweisen weiter zu stärken.

Sehr geehrte Kollegen, politisch motivierte Gewalt und Extremismus finden keinen Nährboden, wo demokratische Haltungen den Menschen in Fleisch und Blut übergegangen sind.

(Beifall CDU)

Aus Sicht der CDU-Fraktion dürfte es daher für Fördermittelempfänger solcher Landes- und Bundesprogramme keine Überwindung sein, sich auch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und unserer Verfassung zu bekennen.

(Beifall CDU, FDP)

Auch den zweiten Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE lehnen wir ab. Im Landesprogramm sind zum NPD-Verbot ausreichende und stichhaltige Äußerungen getroffen worden und deswegen bleibt uns an dieser Stelle nur, alle zivilgesellschaftlichen Kräfte weiterhin zu motivieren in ihrer Arbeit. Ich darf Ihnen an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit danken.

(Beifall CDU, FDP)

Für die FDP-Fraktion erhält der Abgeordnete Barth das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, den Arbeitsauftrag für das Landesprogramm, welches die Ministerin in ihrer Regierungserklärung vorgestellt hat, hat dieses Parlament in einem fraktionsübergreifenden Antrag formuliert. Das Landesprogramm, das hat die Ministerin ausgeführt, fußt auf dem Geist unserer Landesverfassung, wenn es aus der Präambel zitiert, in der es heißt, dass wir auf den leidvollen Erfahrungen mit überstandenen Diktaturen aufbauen. Auf dieser Basis begründet das Landesprogramm seine Aufgabe, sich koordiniert und institutionell mit den Gegnern unserer demokratisch-pluralistischen Gesellschaftsordnung auseinanderzusetzen, ganz im Sinne des von Ihnen eingangs erwähnten Zitats des ehemaligen Bundespräsidenten. Ich will an dieser Stelle sagen, dass diese Aufgabe aus meiner Sicht natürlich weit über Thüringen hinausgeht. Wir reden hier über das Thüringer Landesprogramm, aber wir dürfen auch nicht den Fehler machen, dass wir so tun, als ob die Frage des Extremismus, des Rechtsextremismus, aber auch des politischen Extremismus insgesamt eine Thüringer oder eine ostdeutsche Spezialität sei. Ich würde behaupten, dass es nördlich der Alpen auch in anderen deutschen Bundesländern Stammtische gibt, an denen man verwegene politische Thesen zu hören bekommt, ganz unabhängig davon, wo die regional im Einzelnen stehen.

Meine Damen und Herren, dem vorliegenden Programm vorausgegangen - das haben meine Vorrednerinnen, insbesondere die Ministerin und Kollegin Meißner dargestellt - waren Diskussionen mit vielen Vertretern aus Politik, aus Zivilgesellschaft, die sowohl auf fachlicher Ebene als auch in einem größeren Zusammenhang dann hier im Hause in ei

(Abg. Meißner)

ner Anhörung dieses Programm diskutiert haben. Insgesamt waren es mehr als 50 Interessenvertreter und Verantwortliche, die in diesen Meinungsbildungsprozess einbezogen worden sind. Es zeigt vor allem, dass das Landesprogramm in der Tat auf einem breiten Konsens steht.

Gegenwärtig - und das drücken das Programm, das drückt der Antrag, der ihm zugrunde liegt, und auch das Leitbild, welches formuliert ist, dezidiert aus ist die demokratische Kultur in Thüringen durch den Rechtsextremismus ganz besonders gefährdet. Die Wahlergebnisse, der Thüringen-Monitor, all das, was die Ministerin dazu ausgeführt hat, zeigen, dass es in Thüringen zu viele Menschen gibt, die für ausländerfeindliche und rechte Argumente empfänglich sind. All das sind in der Tat gute Argumente für ein Landesprogramm, das sich die Bekämpfung des Rechtsextremismus auf seine Fahnen geschrieben hat. In diesem Punkt kann nach meiner Einschätzung bei einigen unterschiedlichen Auffassungen, die jetzt schon deutlich geworden sind, die es in Details gibt, der Auftrag des Parlaments zunächst als umgesetzt angesehen werden.

Ich will einen Punkt, der noch nicht angesprochen worden ist, hinzufügen. Ich glaube, dass dieses Programm auch ein Beitrag zur Standortwerbung für Thüringen ist. Denn ich glaube, dass es ausländische Investoren gibt, die sehr wohl wahrnehmen, dass sich in unserem Land auch eine institutionelle Auseinandersetzung mit den Fragen insbesondere der Ausländerfeindlichkeit abspielt, dass es diese hier bei uns auch gibt. Dass es noch Vollzugsdefizite gibt, das hat der Staatssekretär, dem ich auch in Abwesenheit herzlich zum Geburtstag gratuliere, gestern in der Antwort auf meine Mündlichen Anfragen offenkundig werden lassen. Ich will an dieser Stelle deutlich sagen, dass wir erwarten, dass diese Fragen der Zusammensetzung des Beirats usw. möglichst schnell geklärt werden, weil die Umsetzung an dieser Stelle keinen Aufschub duldet.

(Beifall CDU, FDP)

Der Beirat und das Programm müssen möglichst schnell arbeitsfähig werden. Wenn ich vorhin gesagt habe, dass in diesem Punkt der Auftrag des Parlaments als umgesetzt angesehen werden kann, dann gibt es natürlich auch Punkte, in denen dieser Befund dann anders lautet. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn das in der Symbolik des heutigen Tages, des 27. Januar, auf dessen Bedeutung Kollegin Meißner zu Recht hingewiesen hat, schwer fällt, das an diesem Tag zu sagen, trotzdem bleibt es die Wahrheit, dass der Nationalsozialismus nicht die einzige Ideologie gewesen ist, deren Gewaltherrschaft Millionen von unschuldigen Menschen zum Opfer gefallen sind.

(Beifall CDU, FPD)

Es gibt auch und gerade in der Deutschen, in der Thüringer Geschichte Daten, die nicht minder symbolträchtig dies genau zeigen.

Sie haben die Frage der Kompromissfindung angesprochen, Frau Ministerin. In Wahrheit ist ja schon der Antrag, auf dem das Landesprogramm basiert, ein Kompromiss gewesen. Es hat einen wesentlich breiter gefassten Antrag der CDU-Fraktion gegeben, der die Mehrheit in diesem Haus nicht gefunden hat. Aber ich wiederhole das auch ausdrücklich, was auch meine Vorrednerin gesagt hat, es reicht nicht aus, lediglich einer Seite des politischen Extremismus entgegenzutreten.

(Beifall CDU, FDP)

Um erst gar keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben dem Antrag zugestimmt, weil es uns nicht darum geht, in irgendeiner Form den Rechtsextremismus etwa zu relativieren, zu verharmlosen oder kleinzureden. Es geht nicht und im Folgenden, was ich sage, um eine Korrektur des Programms, sondern es geht um eine Ergänzung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir halten es ausdrücklich nicht für sachgerecht, dass im Programm andere extremistische Strömungen von vornherein aus der Diskussion herausgehalten werden oder nach dem Motto, die gibt es dann auch noch, lediglich am Rande erwähnt werden.

(Beifall CDU, FDP)

Das Landesprogramm selbst gibt ein eindrückliches Beispiel, wenn es sagt, ich zitiere: „Bei diesem Befund wird nicht übersehen, dass auch andere Bestrebungen zur Abschaffung der durch das Grundgesetz vorgegebenen freiheitlichen demokratischen Grundordnung existieren.“ Im Folgenden bleibt das Landesprogramm aber genau diesen Beweis schuldig, dass es diese Bestrebungen eben nicht übersieht. Erst wenn dieser Beweis aber tatsächlich erbracht ist, erst dann folgen wir nach unserer festen Überzeugung dem Auftrag unserer Landesverfassung auch in vollem Umfang. Denn in der Präambel - Sie haben sie zitiert, Frau Ministerin - heißt es, dass wir aufbauen auf den leidvollen Erfahrungen mit überstandenen Diktaturen - überstandenen Diktaturen, in der Mehrzahl ist dort darauf hingewiesen. Deshalb halten wir das Programm an dieser Stelle für unvollständig.

Kein Zweifel, wir müssen alles tun, dass der nationalsozialistische Terror niemals in Vergessenheit gerät.

(Beifall CDU, FDP)

Wir müssen alles dafür tun, dass Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Ausländerhass nie wieder zu herrschenden Einstellungen hier in Thüringen und in der Bundesrepublik insgesamt werden. Dieser

Aufgabe müssen wir uns heute auch deshalb und insbesondere deshalb stellen, weil die Generation, die diese Zeit erlebt hat - und da geht es nicht nur über Schuld, sondern auch über Erleben als Opfer und auch diese Erfahrungen weiterzutragen -, ausstirbt.

Aber Thüringen - und der Eindruck ist vielen lebenden Thüringern noch viel präsenter - stand 40 Jahre lang auch unter der Zwangsherrschaft einer kommunistischen, stalinistischen Staatsideologie der DDR. Diese linke Diktatur darf eben auch nicht verdrängt, nicht verklärt werden.

(Beifall CDU, FDP)

Die DDR war keine Diktatur auf Filzlatschen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir - und damit meine ich insbesondere uns, die zum großen Teil in diesem System aufgewachsen sind und gelebt haben - müssen auch heute dafür Sorge tragen, dass auch eine Diktatur von Links niemals wieder zur Realität in Deutschland wird.

(Beifall CDU, FDP)

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es - das will ich noch einmal deutlich sagen - nicht um eine Relativierung des Rechtsextremismus, sondern es geht darum, dass die permanente und latente Relativierung des Linksextremismus endlich beendet wird.

(Beifall CDU, FDP)

Ich will an dieser Stelle darauf verweisen, viele werden sich vielleicht an die Aktionswoche „Respekt“ erinnern, die im letzten Jahr stattgefunden hat. Zu dieser Woche und zu dieser CD, die dort ausgegeben worden ist, gibt es eine Broschüre des Thüringer Instituts für Lehrplanentwicklung, Lehrerfortbildung und Medien, in der ein Bild ist - Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis halte ich das einmal hoch -, auf dem in einer Hufeisenform sozusagen das politische Spektrum dargestellt ist und rechts und links die beiden sehr nahe beieinander liegenden Pole sind. Zur Erklärung heißt es dort: „So unterschiedlich auch die Ansichten der klassischen an der europäischen politischen Ideengeschichte festgemachten links- und rechtsextremistischen Strömungen sind, in Bezug auf ihre ablehnenden Haltungen im Blick auf den demokratischen Verfassungsstaat besitzen sie dennoch gemeinsame Strukturmerkmale.“ Diese Broschüre, meine sehr verehrten Damen und Herren, lege ich allen, die mit der Materie beschäftigt sind in diesem Punkt, sehr an das Herz.

(Beifall CDU, FDP)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Broschüre ist zurück- gezogen.)

Die Broschüre ist zurückgezogen, das ist ja besonders interessant. Wäre ja mal interessant herauszufinden, warum die zurückgezogen ist.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe sie jedenfalls erhalten, das ist keine Druckfahne, das ist ein fertiges Exemplar.

(Unruhe DIE LINKE)

Dann werden wir mal herausfinden und nachfragen beim zuständigen Ministerium, warum die denn zurückgezogen ist.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Aus wissenschaftlichen Gründen.)

Trotzdem ist der Punkt sehr wichtig.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, wenn sich der Freistaat zu den Grundwerten unseres Zusammenlebens, der Achtung von Freiheit, von Menschenwürde und Vielfalt, der Verteidigung von Meinungsfreiheit, Pluralismus und Demokratie bekennt, wenn Thüringen ein solches Landesprogramm auflegt, das mit Prävention, mit Bildung, mit Aufklärung diese Grundwerte in unserer Gesellschaft auch tiefer verankern soll, dann müssen in dieses Programm tatsächlich auch diejenigen Kräfte eingeschlossen werden, die die NS-Diktatur glorifizieren, als auch diejenigen, die dem Stalinismus und Kommunismus der DDR nacheifern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU, FDP)

Keine dieser Ideologien darf jemals wieder eine Chance erhalten, ihr Gedankengut in Thüringen mehrheitsfähig zu machen.

(Beifall CDU, FDP)