Protocol of the Session on January 26, 2011

(Beifall CDU)

Mobilität zu ermöglichen und zu gestalten, das ist Teil der Daseinsvorsorge. Dem hat sich die CDU in den letzten 20 Jahren erfolgreich gestellt. Für uns hat der Aus- und Aufbau der Infrastruktur von Anfang an höchste Priorität gehabt. Allein in Bundesund Landesstraßen wurden seit 1991 - ich habe das letzte Woche schon einmal gesagt - 8,5 Mrd. € verbaut. An vielen Orten entstanden Ortsumgehungen, die Lebensqualität stieg für die Menschen dadurch deutlich. Die Autobahnen sind ausgebaut, das macht für Thüringen hier in der Mitte Deutschlands viel aus.

Die Erhaltung und der Ausbau der Schienenwege und Landesstraßen, insbesondere der MitteDeutschland-Verbindung und die Fertigstellung wichtiger Ortsumgehungen sind noch nicht abgearbeitet und bleiben deshalb aus gutem Grund Schwerpunkt künftiger Investitionen, denn das Verkehrsaufkommen wird trotz Rückgang der Bevölkerung sowohl auf überregionalen Straßen als auch auf wichtigen Eisenbahnverbindungen steigen; bis 2025 beim Personenverkehr auf der Straße allein um 20 Prozent, Frau Schubert. Diese Entwicklung ist nun da und der müssen wir auch Rechnung tragen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fehlinvestitionen!)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Angesichts einer Bevölkerungsentwicklung in Thüringen, wenn man sie ganzheitlich betrachtet - wir werden weniger, wir werden älter und vor allen Dingen für uns ist wichtig, dem Auseinandertriften der Entwicklung des ländlichen Raums und einiger prosperierender Stadtregionen entgegenzuwirken -, angesichts der demographischen Entwicklung müssen und wollen wir den ländlichen Raum stärken. Hierzu gehört eine entsprechende infrastrukturelle Ausstattung und verkehrliche Erreichbarkeit über Straße und ÖPNV.

Aus diesem Grund werden wir auch bis 2013 den Landesstraßenbedarfsplan vorlegen. Auch darüber haben wir letzten Mittwoch ausführlich debattiert. Aber für eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums dient auch der weitere Ausbau des landesweiten Radwegenetzes. Hier geht es nicht nur um den touristischen Radverkehr, sondern auch um den Alltagsverkehr und die Fußgänger. In vielen Fällen kann so das Nachbardorf wieder fußläufig oder mit dem Fahrrad erreichbar gemacht werden. Das macht überhaupt einen Verzicht auf das Auto möglich. Aber auch hier sind die Kommunen in der Pflicht. Es ist eine kommunale Aufgabe. Im Gegensatz zu Ihnen, denen das egal ist - habe ich eben gehört -, achten wir die kommunale Selbstverwaltung. Das ist das höchste Gut, was wir seit 20 Jahren haben.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die kommunale Selbstverwaltung mit Füßen tre- ten.)

Wir haben unsere Aufgaben und die Kommunen haben ihre Aufgaben. Auch ist der Ausbau der Schienenwege für uns prioritär. Ich will mal zwei Zahlen sagen: 1996 gab es 17,8 Mio. Fahrplankilometer, 2010 sind das 21,6 Mio.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für Umgehungsstraßen?)

Das soll auch so bleiben. Auch hier haben wir mit einem Zuwachs zu rechnen. Wir hatten es vor zwei Wochen im Ausschuss gehört, aber auch auf den Hauptverkehrsstrecken, weniger in der Fläche; auch der Güterverkehr gehört zum modernen Verkehrssystem dazu. Es wird 10 Prozent Zuwachs geben, der auf die Schiene verlagert wird. Das bedeutet eine Verdoppelung des Güterverkehrsaufkommens. Wir haben auch gehört, dass wir gar nicht genug Trassen haben, dass wir neue Trassen bauen müssen. Das geht auch nicht ohne Konflikte. Wenn wir sagen, wir brauchen neue Trassen - denken Sie nur an Stuttgart 21 -, auch wenn nicht nur eine Ortsumgehung gebaut wird, gibt es Bürgerpro

(Abg. Schubert)

teste; auch wenn Schienentrassen gebaut werden, gibt es Bürgerproteste. Das kann man nicht einfach alles ideologisch wegwischen, wie Sie.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deshalb haben Sie eine ICE- Strecke gebaut, die für den Güterverkehr nicht taugt?)

Wir unterstützen deshalb die Aktivitäten des Bundes im Aktionsplan Güterverkehr und Logistik.

Ein Wort noch zum ÖPNV: Weder Bus noch Bahn fahren in Thüringen kostendeckend, das sollte auch Ihnen bekannt sein. Was in Zukunft an Nahverkehrsleistungen angeboten wird, wird maßgeblich davon abhängen, inwieweit die Kosten in den Unternehmen begrenzt und die Einnahmen gesteigert werden können. Es gibt gute Beispiele: Das ist der Tarifverbund Mittelthüringen, der muss auch ausgebaut werden.

Zum Schluss möchte ich nur sagen, wir verstehen unter moderner Verkehrspolitik die Straße, die Schiene, den ÖPNV und den Radweg. Dafür steht die CDU-Fraktion. Bei uns ist die moderne Verkehrspolitik in guter Hand. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abgeordnete Dr. Lukin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, auch die Fraktion DIE LINKE unterstützt die Forderung nach moderner Verkehrspolitik. Ich befürchte nur, dass wir im Rahmen der Aktuellen Stunde lediglich einige wenige Schwerpunkte formulieren können. Wir halten es in dem Zusammenhang für unverzichtbar, dass die Landesregierung als Eckpunkt für die weitere Entwicklung der Verkehrslage im Freistaat verkehrsträgerübergreifend einen Infrastrukturbericht Verkehr vorlegt. Nicht nur der gegenwärtige Zustand der Schienenund Straßeninfrastruktur macht eine derartige Analyse notwendig, auch im Zusammenhang mit den Prognosen für die Verkehrsentwicklung bis 2025 und der Studie zum Finanzierungsbedarf des ÖPNV sollte das Landesverkehrsprogramm von 2007 evaluiert und überarbeitet werden.

Wir brauchen in Thüringen - das hat die Diskussion schon gezeigt - andere Schwerpunktsetzungen als bisher. Wie wir alle wissen, ändern sich in den nächsten Jahren die Finanzierungsrichtlinien für den öffentlichen Personennahverkehr. 2014 findet die Prüfung der Regionalisierungsmittel durch den Bund statt. Ein Verteilungskampf der Länder ist deswegen vorprogrammiert und in diesem Zusammenhang bewerten wir die Reduzierung des Bahn

streckennetzes und der Bahnleistung in Thüringen ab 2012, ich erinnere hier an die Ohratalbahn, als kontraproduktiv. Denn als Bemessungsgrundlage der oben genannten Prüfung werden die Zugkilometerleistungen aus den Jahren 2011/2012 genommen. Darüber sollten wir uns im Klaren sein.

(Beifall DIE LINKE)

Welche grundsätzlichen Probleme werden die Verkehrspolitik in Thüringen in den nächsten Jahren prägen? Das ist einmal die Frage: Hält die Landesregierung an der Vorrangentwicklung des Straßenverkehrs und des Straßenbaus fest oder setzt sie sich mit konkreteren Schritten für die Stärkung der Verkehrsverlagerung auf die Schiene ein? In diesem Zusammenhang möchte ich einfach noch mal den Appell an die Landesregierung zu einer Kosten-Nutzen-Analyse für die Höllentalbahn richten und das Problem hier am Rande schon mal mit streifen.

Als zweites Problem wird gesehen, dass in Thüringen mehr auf den Individualverkehr gesetzt wird mit den Konsequenzen für erhöhten Flächenbedarf oder wird die Notwendigkeit nach einer Optimierung des öffentlichen Personennahverkehrs akzeptiert auch unter den sich verändernden demographischen Bedingungen. Wir wissen, in den Städten zeichnet sich bereits erfreulicherweise ein Anwachsen der Kurze-Wege-Beziehung, des Radverkehrs, des barrierefreien Nahverkehrs ab, auch in Kombination mit teilAuto, Radausleihen und alternativen Verkehrsformen.

Aber im ländlichen Raum ist die Problemlage signifikant. Hier sollten Pilotprojekte gefördert werden, um dort die Möglichkeiten mehr auszuschöpfen. Einige Ansätze, wie Bürgerbus, sind bereits in Vorbereitung, aber das reicht noch nicht.

Ein dritter Punkt: Welche Klimaschutzziele formuliert die Landesregierung für den Verkehr? Ich bitte, sich hier kein Beispiel am Koalitionsvertrag der Bundesregierung zu nehmen. Dort rangiert der Verkehr noch nicht einmal unter Zukunftstechnologien, sondern erst ein Kapitel später. Dort ist weder die Stärkung der Schiene konkret unterlegt, sondern eher die Förderung von mehr Güterverkehr mit einem Aufmachen der Tonnagen und Längenbegrenzung für Lkw im Vordergrund. Deswegen fordern wir an dieser Stelle eine stärkere Wahrnahme der Verantwortung der Landesregierung für die Optimierung des öffentlichen Personennahverkehrs und eine Konzentrierung der Ressourcen vorwiegend auf die Schienennutzung, auf den öffentlichen Nahverkehr und auch auf den Radverkehr und in dem Zusammenhang auch auf den stärkeren Ausbau der Radwege. Wir wollen, dass sich das Land stärker als Aufgabenträger in die Koordinierung, in die echte Vertaktung und Optimierung der Verkehrsangebote von Bahn, Bus und attraktiven Anbindungsangeboten einschaltet.

(Abg. Tasch)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir können es uns nicht mehr leisten, in Thüringen Doppelstrukturen zu fördern, sondern die regionalen Standorte müssen gut vernetzt sein. Dort wird sich dann auch in Bezug auf Landesentwicklung und Raumentwicklung einiges tun können. Wir wollen eine stärkere Förderung der Verkehrsverbünde und ihre Verzahnung zu einem einheitlichen, gut abgestimmten und vor allen Dingen preiswerten Tarifverbund. Hier sind die Landesmittel leider zu gering für die Förderung der Verkehrsverbünde. Es muss sich für die Bürger auch in der Preisgestaltung der Vorteil eines Verkehrsverbundes, eines einheitlichen Tarifsystems niederschlagen; von den Nachteilen, die in dem Zusammenhang noch einmal zu diskutieren sind, die Nichtmöglichkeit der Bahncard-50-Nutzung oder der Kinderkarten, erst einmal zu schweigen. In diesem Zusammenhang wäre es als kleinere Maßnahme gut, einen Fahrgastbeirat beim Verkehrsverbund Mittelthüringen und bei der Nahverkehrsgesellschaft einzurichten,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

denn, ich denke, demokratische Mitwirkung befördert auch die Akzeptanz des Nahverkehrs.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit.

Ein letzter Punkt - dann höre ich auf - ist die Verkehrssicherheitsproblematik. Tempolimit auf Autobahnen und „Null Promille“ sollten für die Landesregierung auch ein Schwerpunkt auf der Agenda der Forderungen an die Bundesregierung sein, gleichfalls die Nichtabhängung Thüringer Städte vom Fernverkehr außerhalb der Neubautrasse.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Doht von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, als ich den Titel der Aktuellen Stunde von den GRÜNEN „Für eine moderne Verkehrspolitik in Thüringen“ las, hat mir ein bisschen das Verständnis gefehlt, wie das ein Thema für eine Aktuelle Stunde sein kann. Sicherlich kann man sagen, das ist immer aktuell. Aber mein Verständnis von einer Aktuellen Stunde ist, dass man aktuelle, politische Ereignisse oder Beschlüsse und deren Auswirkun

gen auf Thüringen hier diskutiert. Was die moderne Verkehrspolitik betrifft, so denke ich,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zum Beispiel alljährliche Winter.)

Herr Adams, Sie können dann gern nach mir hier vor kommen und reden, jetzt halten Sie bitte einmal den Mund.

(Beifall CDU)

Etwas höflicher.

Das ist alles meine Zeit, die hier wegläuft.

Auf die Zeit passen wir schon auf.

(Unruhe DIE LINKE)

Für eine moderne Verkehrspolitik tritt auch diese Koalition ein und das ist letztendlich eine Daueraufgabe.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das steht Ihnen nicht zu.)

Frau Schubert, Sie haben es dann am Ende selber aufgelöst, Sie verweisen auf einen Beschluss einer Verkehrsministerkonferenz aus dem Jahre 1992, daran ist nun weiß Gott nichts Aktuelles.

Aber kommen wir zu dem, was sich die Regierungskoalition auf die Fahnen geschrieben hat und in der Koalitionsvereinbarung festgehalten wurde und wovon wir einen Teil schon im vergangenen Jahr umgesetzt haben. Wir haben gesagt, wir wollen möglichst viel Verkehr auf die Schiene verlagern; dazu gehört für uns aber auch, dass die ICEStrecke von Nürnberg über Erfurt nach Leipzig, Berlin fertig gebaut werden muss, denn nur, wenn ich die entsprechende Verkehrsinfrastruktur habe, wird es letztendlich auch möglich sein, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Die Anhörung, die wir dazu im Ausschuss für Bau, Landesplanung und Verkehr geführt haben, hat ja auch gezeigt, dass es letztendlich für den Güterverkehr Vorteile bringen wird.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist für uns der weitere zweigleisige Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung, wohlwissend, dass wir hier als Land nicht das Heft des Handelns in der Hand haben, aber wir setzen uns immer wieder jeder auf seiner Ebene dem Bund gegenüber ein, damit dieser zweigleisige elektrifizierte Ausbau kommt.