Protocol of the Session on December 9, 2010

(Beifall SPD)

das ist die erste Voraussetzung -, um überhaupt noch politischen Handlungsspielraum zu haben, und wir brauchen den gesetzlichen Einstieg in dieser Legislaturperiode für eine umfassende Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform,

(Beifall SPD)

die konsequente Fortführung des Leitbildes der Enquetekommission und den Einstieg in eine Kreisgebietsreform mit einem Ziel, die Zahl der Kreise und kreisfreien Städte mindestens zu halbieren.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Den Worten müssen Taten folgen.)

Meine Damen und Herren, was wäre das Ergebnis? Wir bekämen in absehbarer Zeit einen Freistaat, der seine neustrukturierten Aufgaben ohne fremdes Geld mit Strukturen, die nur sehr langsam umkehrbare demographische Entwicklung aufnimmt mit moderner Verwaltung als Dienstleister und so für die Zukunft gewappnet wäre. Das wäre doch einmal ein Ziel, für das man kämpfen könnte und kämpfen darf und kämpfen will, und zwar gemeinsam. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Recknagel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, Herr Huster hat allen gedankt, die im Haushaltsausschuss Verantwortung tragen, ihm hat aber noch keiner gedankt. Das will ich deshalb hier nachholen. Herzlichen Dank.

(Beifall im Hause)

Mitten in den Haushaltsberatungen wird der zuständige Minister getauscht; es ist schon bemerkenswert. Ob das gerade zu dem Zeitpunkt notwendig oder angeraten gewesen ist, das möchte ich hier einmal bezweifeln. Interessant auch die Pressemeldung in der Bildzeitung. In allen Bereichen sei Thüringen gut oder mindestens gutes Mittelfeld, nur im Bereich der Finanzen sei das nicht so. Das unterstreicht zwar die Notwendigkeit einer Änderung, aber ich frage mich, wie kommt das bei einer Ministerin Walsmann an und wie darf man das interpretieren. Entweder sie konnte es nicht, dann frage ich mich, warum landet sie dann in der Staatskanzlei.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ein Versorgungsposten, das kennt Ihr doch aus Berlin.)

Sie hat keine Rückendeckung in der Koalition oder bei der Ministerpräsidentin. Ich glaube, die Kritik an dieser Personalrochade kommt letztlich bei Ihnen an, Frau Ministerpräsidentin. Ich glaube, dass die fehlende Rückendeckung aus den Koalitionsfraktionen nicht nur der Grund dafür gewesen sein kann, sondern dass es auch fehlende Richtlinienvorgabe genau von Ihnen sein muss.

(Beifall FDP)

Offenbar hält die Koalition das nicht aus, hier endlich den Haushalt richtig anzugehen. Herr Dr. Voß, da kann ich Ihnen keine Hoffnung machen, da hilft ein neuer Minister möglicherweise auch nicht. Ich hoffe, es wird anders. Ich möchte Ihnen auch ganz ausdrücklich unsere Unterstützung dafür anbieten.

Ich bin, nachdem, was ich hier gelernt habe bei den letzten zwei Haushaltsberatungen - also dieser und der vorhergehenden - einigermaßen skeptisch, ob uns das gelingen wird.

(Beifall FDP)

Mit den Steuermehreinnahmen soll es fast 500 Mio. € neue Schulden geben. Im Jahr 2010 war für die Haushaltsberatung 2010 von einem Übergangshaushalt die Rede. Damals habe ich gefragt, wohin führt der? Als ich den Haushaltsentwurf 2011 in die Finger bekam und gelesen habe, da wusste ich es, es war ein Weiterso. Dann haben wir uns intensiv mit dem Haushalt beschäftigt, ich darf sagen, noch intensiver als wir das im vorhergehenden Haushalt machen konnten. Wir haben fast 720 Änderungsanträge vorgelegt. Dankenswerterweise haben wir im Ausschuss eine Zustimmung bekommen. Das ist heute schon erwähnt worden. Das hat einen Wert, auch den darf man mal erwähnen - das war nämlich bisher noch nicht Thema - von 1.300 €. Also von all diesen Änderungsvorschlägen, die wir gemacht haben, hat man einen Betrag von 1.300 € als bedenkenswert, als nachvollziehbar empfunden. Ich glaube, da hat sich jemand lächerlich gemacht, und das war die Regierungskoalition.

(Beifall FDP)

Wir haben mit den Vorschlägen die Neuverschuldung mehr als halbiert, wir würden sie mehr als halbieren. Wir kommen mit weniger als 300 Mio. € aus, auch das ist uns noch zu viel.

Aber schauen wir uns einmal die Vorschläge im Einzelnen an. Wir haben versucht, die vielen Sparbüchsen, die in diesem Haushalt stecken, aufzulösen. Wir haben versucht, die eine oder andere Spielwiese - vornehmlich der sozialdemokratischen Ministerien - zu beenden. Und wir haben versucht, politische Fehlentscheidungen zu korrigieren. Da wären zu nennen das Landesarbeitsmarktprogramm mit Doppelstruktur, das gibt es in ganz vergleichbarer Form bereits von der Bundesagentur; Greentech-Agentur und vieles mehr.

Interessant ist auch ein Blick, wenn man sich Personal anschaut, auf den immer weiter steigenden Bedarf an Aushilfskräften in den Ministerien. Das ist doch ganz spannend, man spricht von Personalkonsolidierung, Wiederbesetzung von 50 Prozent frei werdender Stellen. Gleichzeitig hat man aber offensichtlich einen ganz hohen Bedarf an Aushilfskräften.

(Abg. Höhn)

Wenn ich mir den Haushalt anschaue, muss ich sagen, die Koalition hat keinerlei Willen gezeigt, den Haushalt in Ordnung zu bringen.

(Beifall FDP)

Ein paar wenige Beispiele möchte ich Ihnen an der Stelle nennen. Ganz interessant, während der Beratung ist mir das aufgegangen, im Bildungszentrum Gotha gibt es eine Kantine. Nach Nachfrage geht es dabei um die Verpflegung von etwa 670 Leuten.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt machen Sie sich lächerlich mit der Kaffeema- schine.)

Das ist gerade von der Größenordnung weit mehr als eine Kaffeemaschine. Wenn Sie bis zu Ende zuhören, werden Sie es erfassen.

Der Wirtschaftsbetrieb bekommt knapp 1 Mio. € Zuschuss. Damit werden angefertigt und ausgegeben: 24.000 Mittagessen im Jahr. Wenn man das runterrechnet, dann bedeutet das, dass in dieser Kantine ein Mittagessen 41 € kostet. Und da fand es keiner aus der Regierungskoalition auch nur des Nachdenkens wert, darüber mal nachzudenken. Wenn man 41 € pro Nase ausgibt, dann ist entweder das Essen so schlecht, dass da keiner hingeht das weiß ich nicht, ich habe da noch nicht gegessen - oder es wäre zumindest ratsam, jedem der dort Verpflegungsberechtigten einen Gutschein in die Hand zu geben, ihn in irgendein beliebiges Restaurant zu schicken, da reicht meine Vorstellungskraft kaum aus, was man für 41 € viel Besseres bekommen würde in jedem beliebigen, noch so luxuriösen Restaurant.

(Beifall FDP)

Hier scheint das Wegschauen und Wegducken die Devise zu sein und hier scheint eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Haushalt - auch in den Details - überhaupt nicht gewollt zu sein. Das finde ich bedauerlich für ein Parlament.

Bereits mehrmals ist mein Lieblingspunkt angesprochen worden, nämlich die Unterstützung der Pferdezucht. Wir bezahlen sächsische Deckhengste zur Besamung Thüringer Stuten

(Heiterkeit im Hause)

mit über 200.000 €. Ich habe auch zunächst gelacht, Frau Ministerpräsidentin. Ich habe mir dann die Frage gestellt: Haben wir eine Reiterstaffel bei der Polizei?

(Beifall FDP)

Ist vielleicht eine Kavallerie notwendig? Ich bin zu dem Schluss gekommen, eigentlich kann es hier ja nur um Freizeitpferde gehen, um Freizeit-Reiten. Das sächsische Landgestüt Moritzburg war auch schon Thema beim sächsischen Rechnungshof.

Auch der Thüringer Rechnungshofpräsident hat vorsichtig formuliert - die Frage gestellt, ob denn das wirklich eine staatliche Aufgabe ist angesichts vieler privat gehaltener Deckhengste, die die Besamung problemlos durchführen können. Unabhängig von der doch etwas heiteren Reaktion darf man sich immer und grundsätzlich und in jedem Haushaltsposten die Frage stellen: Handelt es sich tatsächlich um eine staatliche Aufgabe,

(Beifall FDP)

eine notwendige staatliche Aufgabe, die nur hier gemacht werden kann? Und wenn das nicht der Fall ist, dann muss man über die Ausgabe nachdenken. Das erwarte ich.

Ein dritter Punkt: Nehmen wir den Personalbestand. Auch aus dem Rechnungshofbericht wissen wir, wir haben etwa 22 Beschäftigte im öffentlichen Dienst des Landes Thüringen pro 1.000 Einwohner. Wir hätten eine - vergleichbare westdeutsche Flächenländer zugrunde gelegt - Zielmarke von etwa 16. Das bedeutet eine Reduzierung von etwas mehr als ein Drittel. Die natürlichen Abgänge, die Frau Ministerpräsidentin hat es erwähnt, betragen 17.000 Personen ab diesem Jahr. Dann halte ich es für verantwortungslos von einer Wiederbesetzungsquote von 50 Prozent auszugehen, wenn rein rechnerisch man sich höchstens 20 oder 25 Prozent leisten kann.

(Beifall FDP)

Auch in diesem Zusammenhang ist die Beschäftigung darüber hinausgehend zu Aushilfen und Leiharbeitskräften in einem ganz anderen Licht zu sehen. Da wird massiv ausgeweitet. Gerade im Wirtschaftsministerium hält man es für unabweisbar, etwa 1 Mio. € auszugeben.

Wenn ich gerade einmal auf die Beiträge meiner Kollegen hier eingehen darf, dann fällt mir bei Frau Siegesmund ein, sie hat als einen der Schwerpunkte genannt die Finanzierung der freien Schulen. Da frage ich mich aber: Warum haben Sie denn dazu keine Anträge gestellt?

(Beifall FDP)

Sie müssen ja nicht uns nacheifern in der Anzahl der Anträge. Das ist ja auch eine Fleißarbeit, die man da leisten muss, aber Sie hätten es dann schon tatsächlich nicht nur verbal thematisieren, sondern auch mit Anträgen untermauern können.

(Beifall FDP)

Ich finde es schön, dass Sie bei der Konsolidierung versuchen, uns zu folgen. Ich habe allerdings den Eindruck, Sie hecheln uns hinterher. Wenn Sie uns zum Vorbild nehmen, gern.

(Beifall FDP)

Was ich noch sagen muss, Frau Siegesmund, was ich überhaupt nicht verstanden habe, ist das mit dem Altschuldenfonds. Was bedeutet das denn? Dass die Schulden dann irgendwie jemand anders zahlt? Dass sie auf ewig in die Zukunft prolongiert werden? Dass sie einfach nur aus der Haushaltsrechnung verschwinden, damit sie nicht so auffallen? Wir müssen uns dem Thema stellen. Wir müssen nicht nur die Neuverschuldung auf null zurückfahren, sondern wir müssen darüber hinausgehend Schulden zurückzahlen.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wie im richti- gen Leben.)