Protocol of the Session on November 12, 2010

richten und will das im Rahmen meiner Ausführungen auch ein bisschen tun, keine Sorge, ganz anonym.

Körperlicher oder seelischer Missbrauch von Kindern ist eine gravierende Tat, die besonders schwerwiegende seelische Verletzungen bei den Betroffenen nach sich zieht. Die Bezeichnung Kindesmissbrauch ist dabei schon fast eine Verharmlosung, da sind wir uns, glaube ich, in diesem Raum sehr einig. Dass der runde Tisch zu den DDR-Kinderheimen etwas Besonderes ist, ist auch schon mehrfach gesagt worden. Ich möchte es nur noch einmal betonen, der ist deshalb etwas Besonderes, weil er das systematische Kleinkriegen von kleinen Menschen durch den Staat problematisiert, nicht durch Einzelne oder das Wegschauen einer Organisation. Auch da kann ich sagen, ich war für die Diakonie tätig. Die Diakonie ist eine der beiden großen Organisationen in Westdeutschland, die das Thema gerade aufarbeiten muss und einige kleinere übrigens auch. Das Thema ist auch nicht einfach, aber gelingt auch. Aber hier war es der Staat, der es mit Absicht getan hat. In den DDRKinderheimen gab es absichtsvollen Missbrauch von Kindern, es gab aber auch den individuellen Missbrauch von Kindern. Dieses Problem stellt sich natürlich dort auch.

Wir haben als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bisher drei Dinge am Thüringer runden Tisch kritisiert. Zunächst war das Parlament kaum involviert, drum hat sich auch der Sozialausschuss auf Antrag unserer Fraktion mit der Thematik befasst und sich über den Stand durch die Landesregierung informieren lassen. Das ist passiert und es wird auch weiterhin passieren. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg. Vielen Dank, Frau Ministerin.

Wir haben und kritisieren weiterhin, dass sich der runde Tisch bislang sehr an den beiden bundesweiten runden Tischen orientiert hat. Bei uns geht es aber nicht um das Thema der Fokussierung auf den sexuellen Kindesmissbrauch, sondern um den staatlich gelenkten Missbrauch dieser Heime.

(Beifall FDP)

Es geht auch nicht um Prävention. Prävention in diesem Sinne braucht es auf diese Art und Weise nicht mehr. Prävention ist als Fragestellung bei jetzt bestehenden Strukturen, wo mit Kindern gearbeitet wird, unzweifelhaft vorhanden. Das ist aber ein gesamtdeutsches Thema, keine Sache der DDR-Heime, bis auf einen Punkt, darauf komme ich noch zurück. Das ist eine ganz heiße Nummer, behaupte ich mal.

Wir sind auch der Meinung, dass wissenschaftliche und persönliche Aufarbeitung, Rehabilitierung und Wiedergutmachung im Mittelpunkt stehen müssen. Insofern natürlich Unterstützung dieses Punkts des Antrags. Wir betonen auch, dass die Opfer stärker

(Abg. Dr. Zeh)

in den Prozess der Aufarbeitung einbezogen werden müssen. Von dem staatlich gewollten und ideologisch untermauerten Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in DDR-Kinderheimen und Jugendwerkhöfen müssen Verbände die Interessen der Opfer vertreten, die um die spezifischen Sorgen, Nöte und Anliegen ihrer Mandanten wissen. Wir wissen aber auch, dass das ein Wunsch ist und damit kollidiert, dass genau diese Betroffenen sich bislang praktisch nicht auf diese Art und Weise zu Wort gemeldet haben, aber auf andere Art und Weise.

Ich würde auch meinem Vorredner zustimmen, Herrn Dr. Zeh, der gesagt hat, dass die Begründung des Antrags sehr gut ist und ich habe mir dann auch drei Sätze aufgeschrieben. Es wird zitiert aus einer Drucksache, einer Kleinen Anfrage, das mache ich jetzt hier auch mal, aber nur teilweise, dass es zum überwiegenden Teil als Verlust persönlicher Rechte und als ein Angriff auf jede Form der Individualität erlebt wurde, dort zu sein. Die Aufenthalte wurden nach den Schilderungen der Betroffenen als Umerziehung erlebt. Ich kann Ihnen nur berichten aus etwa mehreren Dutzend zufällig zustande gekommenen Treffen mit ehemaligen Heiminsassen, die entweder noch in der Gegend wohnen oder anlässlich von offenen Tagen und Führungen durch das Gelände mit mir ins Gespräch kamen, dass z.B. dieses niemals thematisiert wurde. Das kann aber genau der Hinweis darauf sein, dass das so ist. Das macht die Sache ja so schwierig, wenn man als Laie mit Betroffenen redet, die haben nie das Wort Umerziehung in den Mund genommen. Ich kann Ihnen berichten, ich weiß nicht, das kann ich nicht prozentual ausdrücken. Ich will ein Zitat bringen einer betroffenen Dame, die sagte, ich bin das erste Mal seit 40 Jahren wieder hier. Ich muss dazusagen, das Heim bestand seit 1961. Im Zuge der Verlagerung von zwei Kinderheimen aus dem Eichsfeld und dem Mühlhäuser Bereich im Zuge der Grenzschließung ist es nach Weimar gekommen oder vor die Tore von Weimar. Und diese Dame sagte, ich bin seit 40 Jahren nicht mehr hier gewesen, weil ich hier gesehen habe, wie Kinder durch geschlossene Türen geworfen wurden. Ich glaube, das Bild zeichnet das Problem, mit dem wir es dort auch zu tun haben, ganz gut. Was hier noch gar nicht gesagt wurde, dass es individuelle oder organisierte Schuld gewesen ist. Andere wiederum von den ehemaligen Heimkindern treffen sich dort an diesem Ort regelmäßig zu Ehemaligenfeiern - 100, 120 Menschen. Ich bin mehrfach bei diesen Veranstaltungen dabei gewesen. Diese ehemaligen Heimkinder organisieren sich selber Webseiten, in denen sie sich wieder suchen, so etwas Ähnliches wie StayFriends, bloß eben für Heimkinder, und zwar nicht die große Heimkinder.de-Seite des Westens, sondern eine eigene organisierte Seite nur von diesem Heim, aber es geht dabei nur um: Kennst Du den auch? Wie

fandest Du den? War das nicht toll? Das gehört alles zu der Geschichte mit dazu. Was daran Verdrängung ist, was daran wirkliches Erleben ist, kann ich überhaupt nicht einschätzen. Die Fähigkeit zur Eigenvertretung ist nachdem, was ich dort erlebt habe, sehr eingeschränkt vorhanden. Das hat auch etwas damit zu tun, dass ich in Abrede stelle, dass in diesen Heimen - und ich rede jetzt von einem Heim, das zu den 90 Prozent gehörte, die „Standardheime“ waren. Ich hätte fast das Wort „normale Heime“ benutzt. Das meine ich damit aber nicht. Was ich damit meine, ist, dass es eben nicht um Jugendwerkhöfe ging, die eine ganz andere Qualität dargestellt haben, nach allem was ich weiß, und auch nicht um die Kleinkindheime, sondern ich rede von den 90 Prozent, die es in jedem Landkreis gab und über die nirgendwo richtig geredet wurde, obwohl sie überall präsent waren. Ich kann Ihnen Dutzende von Zeitungsartikeln zeigen über dieses Heim in Zeiten der DDR bis 1989, die waren durchaus präsent im Leben mit Patenschaften hierhin und dorthin und Betriebspatenschaften. Die DDR-Bürger unter Ihnen werden das alles wissen. Aber trotzdem ist die subjektive Wahrnehmung dieser Menschen dazu sehr unterschiedlich; was dabei Verdrängung ist oder wirkliches Erleben - keine Ahnung. Ich kenne allerdings eine Menge Menschen, die sagen, ich bin über die Ferien immer hiergeblieben, ich wollte nicht nach Hause zurück. Es gab dort mehr als nur einen kleinen Teil von Menschen, die tatsächlich aus Situationen heraus kamen, die auch nach heutigen vernünftigen Standards nicht mehr in den Familien gelassen worden wären, ich will es mal so formulieren. Wie hoch der Anteil ist - keine Ahnung. Ich will darauf hinaus, dass, wenn die Aufarbeitung kommt, wir auch dringend über das Problem der Täter und Opfer reden müssen. Auch Heimkinder waren, wie das in solchen Strukturen fast immer der Fall ist, nicht immer nur Opfer. Das ist im Gefängnis nicht anders. Das ist noch nicht einmal in Konzentrationslagern anders. Das ist auch in diesen Heimen nicht anders gewesen. Ich würde auch behaupten, dass einige von denen, die dort gearbeitet haben, nicht nur Täter gewesen sind. Das schlussfolgere ich daraus, dass ich es mittlerweile noch nicht geschafft habe, in diesen Bereichen - es wohnten dort Dutzende von Menschen, die dort gearbeitet gehaben - nicht einen einzigen Menschen getroffen habe, der sagen konnte, ich habe dort gearbeitet und es war auch gut so, ich habe nämlich das und das dort getan. Auch dort gibt es dieses Opferproblem, nur andersherum. Lehrer übrigens genauso.

Der heikle Punkt, den ich ansprechen wollte, betrifft das Thema der Nachfolgeeinrichtungen. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass nach meiner Kenntnis nicht nur in Einzelfällen die heute existierenden Nachfolgeeinrichtungen für die Ingewahrsamnahme von Kindern durchaus von Menschen gegründet worden sind und auch heute noch betrieben wer

den, die mit diesem System in Verbindung gestanden haben. Das hat auch noch keiner aufgearbeitet. Es ist aber trotzdem so. Logisch, denn wer sollte 1991, 1992, 1993, als die Heime aufgelöst und zu Wohngruppen gemacht worden sind, „diese Arbeit“ tun. Das ist ein Sonderthema, wo ich auch herzlich darum bitte, dass das auch beachtet wird. Das ist nämlich gar nicht so ohne. Ich erlaube mir dazu auch eine persönliche Anmerkung als jemand, der - wie Sie wissen - seit 20 Jahren erst hier ist. Nachdem, wie ich die Wende und die Situation hier erlebt habe, ergeben sich mir in der Struktur, wie die Heime waren, wie mit den Heimen umgegangen wird, sehr viele Parallelen zu Ihrer Gesamtgesellschaft hier.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie dürfen nicht „Wende“ sagen, das haben Ihre Leute festgestellt.)

Oh, Entschuldigung - Revolution. Ich bemühe mich darum. Danke. Ich will trotzdem darauf hinaus, Herr Fiedler, die Debatte wäre an Sie zurückzurichten. Was davon sind eigentlich parallele Strukturen auch in der Aufarbeitung der DDR-Geschichte insgesamt in der Bevölkerung? Etwas weniger krass ausgedrückt gab es hier die strukturelle Unterdrückung genauso, hier gab es das Thema TäterOpfer-Problem genauso und das Thema der Nachfolgesituation beispielsweise auch. Darüber wird bislang meiner Ansicht nach auch 20 Jahre nach der Wende viel zu wenig gesprochen. Das ist ein strukturelles psychisches Problem der gesamten Bevölkerung hier. Das ist meine Wahrnehmung als Zugereister.

(Beifall FDP)

Mit dem runden Tisch in Thüringen besteht nun erstmals - deshalb komme ich auf das Thema zurück - auch die Chance, den ganzen Umfang und die Systematik des staatlichen Missbrauchs von Kindern zu erfassen. Das kann man nur begrüßen. Die Startschwierigkeiten sind nicht so gravierend, dass dieser nicht noch wertvolle Arbeit und Ergebnisse liefern könnte. Ich würde mich freuen, wenn dabei einzelne Opfer oder sogar Strukturen, die Opfer gewesen sind, also Vereine oder Verbände, wie immer sie sich organisieren, mittun würden. Deshalb unterstützen wir diesen Antrag. Dass die Anerkennung ihres Schicksals ein überfälliges Zeichen ist, haben mehrere Redner vor mir schon gesagt. Deshalb kann man nur dazu raten, heute den ersten Teil des Antrags von vornherein gleich, also einzeln abzustimmen und nicht zu überweisen und damit ein Zeichen dafür zu setzen, dass wir dieses Problem erkannt haben. Vielen Dank.

(Beifall im Hause)

Vielen herzlichen Dank, Herr Meyer. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Pelke für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch mit einigen Dankesworten beginnen. Ich finde, auch das gehört sich, wenn man im parlamentarischen Ablauf immer mal kritisiert, wegen des einen oder anderen Anliegens, dann auch mal ein Dankeschön zu sagen, in dem Falle in Richtung FDP und damit auch Herrn Koppe, der den Antrag vorgetragen hat. Sie haben die Thematik zwar schon sehr ausführlich im Sozialausschuss am 30. September diskutiert, aber Sie haben natürlich diese besondere Thematik hiermit noch einmal öffentlich gemacht und sich ganz deutlich positioniert. Dafür ganz herzlichen Dank.

Ich möchte, wenn Sie mir das gestatten und die Präsidentin, den ersten Absatz Ihres Antrags - also Nummer I - gern noch einmal vortragen, weil ich vorhin beim Redebeitrag von Frau König gehört habe, dass nicht jeder diesem Passus zustimmen kann.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt.)

Unter Nummer I haben Sie formuliert - das ist auch nicht böse gemeint, deswegen will ich es ja nur noch einmal vortragen -: „Der Thüringer Landtag sieht und erkennt erlittenes Unrecht und Leid an, das Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Kinder- und Erziehungsheimen zwischen 1945 und 1989 widerfahren ist, und bedauert dies zutiefst. Auch in Thüringen waren Kinder und Jugendliche insbesondere in den damaligen Jugendwerkhöfen und Spezialheimen - von Misshandlungen betroffen.“ Ich glaube, auch im Namen der meisten hier Anwesenden zu sprechen, ich würde mich sehr freuen, ich glaube, wir uns alle, wenn man dieses Bekenntnis in großer Übereinstimmung hier heute Abend noch geben könnte.

(Beifall im Hause)

Ich möchte auch Herrn Meyer danken für die sehr anschauliche Darlegung aus einem ganz anderen Blickwinkel, was auch noch einmal bestätigt, dass man auch aus einem anderen Blickwinkel durchaus erlittenes Leid bewerten und auch besprechen kann. Deswegen auch noch einmal herzlichen Dank für Ihren Beitrag.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenngleich ich aus meiner Sicht auch noch einmal in der Diskussion feststellen möchte, so sehr es hier um eine ganz besondere Variante des Missbrauchs an Kindern - ich will es mit dem Überbegriff einfach beschreiben - geht, um eine ganz besondere Variante, um eine staatlich orientierte

(Abg. Meyer)

Variante, will ich trotzdem feststellen, dass Leid aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion nicht vergleichbar ist. Da gibt es kein großes und kein kleines Leid und schon gar nicht, wenn es an Kindern ausgeübt worden ist.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da mag ich auch nicht von Einzelfällen reden, wenn man es jetzt auf diesen anderen Blickwinkel überträgt, was andere Träger angeht, es waren keine Einzelfälle in kirchlichen Einrichtungen und in anderen Einrichtungen. Darüber wurde schon lange, lange diskutiert. Es wurden nur früher wenige Konsequenzen gezogen und ich bin dankbar, dass man auch in diesem Bereich, was die kirchlichen Einrichtungen angeht, jetzt bereit ist, entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Erlittenes Leid allerdings, und da gebe ich uneingeschränkt auch Frau König recht, ist nicht mit Bedauern gutzumachen. Das ist einfach so, das funktioniert nicht und wir müssen uns da sehr viel weitestgehender und sehr viel deutlicher positionieren. Insofern wird auch meine Fraktion dem ersten Teil zustimmen und den Rest des Antrags natürlich an den Ausschuss überweisen. Anhand dessen, was die Ministerin alles aufgelistet hat, was sich der Arbeitskreis an Arbeitsstellungen, an Aufgaben vorgenommen hat, glaube ich, ist dies der absolut richtige Weg. Die Aufklärung ist notwendig in erste Linie, die Aufarbeitung ist notwendig. Dazu gibt es die Arbeitskreise unter Einbeziehung von Wissenschaft und unter Einbeziehung natürlich auch der Betroffenen. Das ist schon eine ganz sensible Sache, das ist schon mehrfach gesagt worden. Wenn es so einfach wäre, dass man irgendwann mal über sein Leid so einfach reden kann - das ist es eben nicht. Es ist schon ganz wichtig, dass Leute heute schon darüber reden können. Aber ich glaube, das muss auch noch sehr viel sensibler und in Zukunft auch noch für andere mit begleitet werden, dass man über das, was man erlebt hat, berichten kann, dass man mit Leuten darüber reden kann und dass es letztendlich auch - und da stimme ich zu, das ist so bei ehemaligen politischen Häftlingen, bei vielen anderen - im Wesentlichen um die Frage der Rehabilitierung geht, dass man Anerkennung bekommt auch von anderen, dass einem Unrecht geschehen ist. Das ist oftmals wichtiger als die finanzielle Entschädigung, aber letztendlich müssen wir natürlich in diesem Bereich auch darüber reden.

Warum das ganze Thema so sensibel ist, möchte ich auch noch einmal darauf eingehen, was Frau König gesagt hat, dass es einen sehr unterschiedlichen Blickwinkel gibt derer, die eine solche Zeit durchlebt haben, und dass es da durchaus auch Leute gibt, die sagen, ich habe dort einfach aus meiner Sicht eine vernünftige Zeit erleben können. Da stellt sich natürlich die Frage, aus welcher Umfeldsituation ist ein Kind aus welchen Gründen in welche Einrichtung gekommen. Es waren ja willkür

liche Zuweisungen - Sie haben es in Ihrer Begründung auch noch einmal ganz deutlich aufgezeigt -, wo manchmal schon die Frage des Outfits dazu geführt hat, dass man in eine Einrichtung eingewiesen worden ist.

Aber was ich an dieser Stelle auch noch einmal deutlich machen will, ist, dass natürlich - und das hat Herr Meyer sehr deutlich gesagt auch durchaus Kinder aus Bereichen weggenommen wurden, aus denen sie auch unter heutigen Aspekten weggenommen worden wären. Das ist noch einmal so etwas, was man auch diesem SED-Regime und einer gewissen Verlogenheit noch einmal vorwerfen muss, so zu tun, als habe es in der ehemaligen DDR keine Gewalt in der Familie gegeben oder keine Verwahrlosung, keine sozialen Probleme. So zu tun, das ist natürlich auch etwas, was letztendlich nicht stimmt. Daraus resultiert natürlich auch die eine oder andere Entscheidung, die dann das damalige Kind in der heutigen Situation auch anders bewertet.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern noch einmal ganz herzlichen Dank, dass wir heute und in einer sehr angenehmen Atmosphäre dieses heikle und sensible Thema diskutieren konnten. Ich hoffe und wünsche, dass das Ministerium und die aufgelisteten Arbeitskreise in dieser Sensibilität, in dieser vorsichtigen Arbeit mit all denen, die begleiten sollen und wollen, die Arbeit fortsetzen können, und das - was eigentlich das Wichtigste ist - im Interesse der Betroffen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Vielen herzlichen Dank, Frau Pelke. Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Koppe für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Zuerst einmal, Frau Ministerin, vielen Dank für den Sofortbericht. Ich denke, Sie sind auf alle Punkte eingegangen. Es ist dann auch schon die Richtung der Beratung im Ausschuss, wo wir immer über die Beratung am runden Tisch reflektieren können. Da noch einmal vielen Dank. Ich freue mich auch dann auf die Beratungen.

Der Dank gilt aber auch all meinen Kollegen, die heute hier zu dem Thema gesprochen haben. Ich fand das schon sehr facettenreich und auch sehr aussagekräftig. Herr Dr. Zeh, noch einmal vielen Dank auch für die historische Aufarbeitung, die Sie an der einen oder anderen Stelle hier vorgenommen haben. Ich glaube, dem ist aus der Richtung überhaupt nichts hinzuzufügen. Herr Meyer mit sei

(Abg. Pelke)

nen Berichten, die er selber in seiner Arbeitsfunktion erlebt hat, auch noch einmal vielen Dank für den Hinweis auf das eine oder andere sensible Thema, auch das gehört zur Aufarbeitung dazu. Auch Frau Pelke hat es noch einmal angesprochen. Es gab sicherlich auch in DDR-Zeiten Familien, in denen es nicht so war, wie es hätte sein können. Auch das gehört dazu. Deswegen haben wir auch gesagt, es sollen Historiker dabei sein, es sollen auch die betroffenen Menschen dabei sein, damit alles im richtigen Rahmen geht und dass dort die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Sie haben gesagt, das Bedauern und die Anerkennung rehabilitiert das Unrecht nicht, aber ich glaube, es ist ein erster Schritt dazu. Deswegen noch einmal vielen Dank auch für die Bereitschaft, dass wir heute den ersten Punkt hier abstimmen. Ich freue mich wirklich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall FDP)

Ich hoffe, dass wir das dort genauso konstruktiv, wie wir es hier angefangen haben, weiter tun können. Ich glaube, das sind wir den Betroffenen schuldig. Es sollte im Sinne der Betroffenen eine Lösung gefunden werden, mit der wir ein Zeichen setzen und mit der wir das aufarbeiten. Ich glaube, das steht uns gut zu Gesicht, dass Politik ein Thema auch einmal parteiübergreifend behandelt und auch dazu steht, weil es ganz einfach wichtig ist und dafür das Signal heute von diesem Landtag ausgeht. Dafür noch einmal herzlichen Dank. Wir kommen zur Abstimmung. Danke schön.

(Beifall FDP)

Vielen herzlichen Dank, Herr Koppe. Es hat sich noch einmal zu Wort gemeldet die Sozialministerin Frau Taubert.

Meine Damen, meine Herren, ich bin natürlich erfreut, dass wir insgesamt - das war aber auch nicht anders zu erwarten, das muss ich auch mal sagen dieses Kapital Vergangenheit gemeinsam aufarbeiten wollen und dass wir es in keiner Art und Weise das habe ich aus den Reden gehört - politisch missbrauchen wollen. Das ist, glaube ich, ganz wichtig für die Betroffenen.

Ich will aber noch einmal darauf verweisen, wie wir zu diesem Entschluss gekommen sind, den Arbeitskreis zu bilden. Es war in der Tat am Anfang für mich ganz wichtig, die sexuellen Missbrauchsfälle, die bei Kirchen und Internaten aufgedeckt wurden, diese waren Anlass dafür, dass wir in der Öffentlichkeit darüber geredet haben. Für uns war es wichtig - ich habe das schon ein Jahr bevor ich das Amt angetreten habe -, zu beobachten, was mit

dem runden Tisch „Kinderheime der 50er- und 60er-Jahre in der Bundesrepublik Deutschland alt“ passiert. Das war der Aufhänger zu sagen - auch als wir im Gespräch mit den Kirchen gewesen sind, ich will das noch mal sagen, vor Ostern, als wir darüber gesprochen haben -, was kann denn jeder tun, damit diese sensible Thematik Kindesmissbrauch von Schutzbefohlenen überhaupt auch angemessen aufgearbeitet werden kann. Daher kam der Entschluss.

Wir haben es gestern mit den Damen und Herren, die draußen vor dem Landtag standen, noch einmal diskutiert. Sehr schnell haben wir gemerkt, man kann das nicht nur aus Sicht der Jugendhilfe beleuchten, auch für die Vergangenheit beleuchten, um für die Zukunft auch Prävention zu tun, sondern wir haben es aufgrund unserer besonderen Vergangenheit in der DDR auch mit Überschneidungen zu tun.

Aber ich muss auf den Ursprung noch einmal verweisen, damit Sie auch alle mitnehmen können, warum das Landesjugendamt die Geschäftsstelle für diesen Arbeitskreis hat. Das war der Fokus und mir ist es auch noch einmal besonders wichtig, darauf noch einmal hinzuweisen, weil wir das nicht aus dem Auge verlieren dürfen. Wir haben aber gemerkt, Misshandlung ist ganz schwer zu trennen von Missbrauch. Wir müssen es gemeinsam weiter aufarbeiten. Deswegen haben wir auch nach einer längeren Diskussion, die nicht so einfach war, gesagt, diese beiden Themen Misshandlungen und Missbrauch in DDR-Kinderheimen soll das Ziel dieses Arbeitskreises sein.