Protocol of the Session on November 11, 2010

(Beifall FDP)

Wir sind Parlamentarier, wir tragen zwar die Landesregierung, das ist klar, aber wir haben auch unsere eigenen Gedankengänge und eigenen Wünsche, insbesondere was die Frage der Angemessenheit der Kosten betrifft. Aber vielleicht werden wir in den Beratungen noch einiges dazu hören.

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Ha- ben Sie überhaupt das richtige Manuskript?)

Ja, selbstverständlich. Haben Sie Angst? Habe ich etwas Falsches gesagt?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Eben nicht.)

Na also, dann seien Sie doch zufrieden. Ich lasse mich nicht aus der Reserve locken, um die Zeit schon gar nicht.

Meine Damen und Herren, ein anderer wichtiger Aspekt, der für Unzufriedenheit auf der Seite der Kommunen gesorgt hat, ist die Anhebung der fiktiven Hebesätze. Hierzu haben wir bereits in der Aktuellen Stunde debattiert und ich will dies nicht alles wiederholen. Aber es bleibt zu betonen, dass es an den Kommunen ist zu entscheiden, ob sie ihre Hebesätze anpassen oder nicht. Denn es ist letztlich eine Frage der Schwerpunktsetzung, ob Gelder in bestimmten Bereichen eingespart werden können oder die Bürger durch höhere Abgaben belastet werden müssen. Von der Anhebung der fiktiven Hebesätze abzusehen, wie dies von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände gefordert wurde, halte ich allerdings nichts. Denn - auch dies hatte ich gestern bereits ausgeführt - das Land kann sich nicht immer weiter verschulden und sich sehenden Auges seines Handlungsspielraums in der Zukunft berauben, während die Kommunen ihr Einnahmeund Ausgabeverhalten unverändert lassen. Das sind immer kommunizierende Röhren, wo man auch hinschauen muss, dass man auf der einen Seite die Kommunen nach Verfassungsgerichtsurteil ordentlich ausstattet, aber auf der anderen Seite muss das Land auch noch leben können; denn wenn das Land nicht mehr leben kann, dann funktioniert gar nichts mehr. Deswegen wiederhole ich noch mal ausdrücklich: Wir haben unsere Kommunen in den letzten 20 Jahren sehr gut und auskömmlich ausgestattet. Das muss man einfach konstatieren und festhalten.

(Beifall CDU)

Jetzt kommen wir selber langsam mit dem Rücken an die Wand und müssen sehen, wie wir auch die Kommunen noch verstärkter hier mit einbeziehen. Ich glaube, wenn da nicht das Kuschel-Mobil vor der Tür steht und man alle aufgehetzt hat, kann man mit den Kommunen schon vernünftig darüber reden; die wissen wohl, dass man das Geld nicht mehrfach ausgeben kann. Da sind die Kommunen wirklich sehr vernünftig und man kann darüber diskutieren. Das sogenannte Wunder von Gotha ist hier schon einmal erläutert worden und natürlich ist alles weiterzuentwickeln. Es ist nicht so, dass alles statisch stehen bleibt, sondern es muss weiterentwickelt werden und man muss auch laufend hinschauen, wie das Ganze weiter- und fortentwickelt werden kann.

Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist natürlich ein wichtiges Gesetz und deswegen möge es die Landesregierung nachsehen: Ich bitte die Landesregierung auch für die Zukunft, das Parlament muss eine angemessene Zeit haben, um beraten zu können.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wissen aber auf der anderen Seite, dass nicht die Falschen gleich klopfen, auch, dass die Forderung gerade von denen, die geklopft haben, im Raum steht, ihr könnt doch das nicht erst viel später bringen, ihr müsst es doch jetzt mitbringen. Nun ist dieses zusammengefahren und es ist jetzt da und jetzt müssen wir uns beeilen. Das ist einfach so. Ich glaube, hier hat ja insbesondere der Haushalts- und Finanzausschuss sich damit beschäftigt und deswegen, meine Damen und Herren, wir haben noch, ich glaube, 40 Punkte vor uns, möchte ich an der Stelle schließen und beantrage die Überweisung federführend an den Haushalts- und Finanzausschuss und begleitend an den Innenausschuss. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank, Herr Fiedler. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst eine Vorbemerkung. Herr Kuschel hat es schon gesagt. Ich habe ernsthaft mal darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn wir in dieser Debatte als Parlament feststellen würden, dass wir an diesem FAG etwas ändern müssen, allerdings der Termin für die Anmeldung kommunalrelevanter Änderungen am Haushalt schon durch ist. Insofern ist die Frage schon ein bisschen zu stellen, ob wir hier überhaupt ein ordentliches, gutes Verfahren haben. Ich kritisiere das genauso, wie Herr Fiedler das eben gemacht hat und wie Herr Kuschel das auch gemacht hat. Ich bin selbst kein Verfassungsrechtler und kann das, was Herr Kuschel eben angemahnt hat, nicht wirklich beurteilen. Die Frage steht, ob hier die Vorgaben des Verfassungsgerichts missachtet würden. Aber ich versuche mich da auf so eine Art natürliche Intelligenz zu verlassen und frage mich: Könnte denn in der Verfassung stehen, dass sich ein Land selbst in Richtung Bankrott und einer immer fortschreitenden Verschuldung bewegen soll? Ich glaube, das kann nicht in einer Verfassung stehen. Irgendwo dazwischen muss der vernünftige Weg liegen, wie wir in Thüringen unsere Kommu

nen gut ausstatten, sicher ausstatten und dennoch das Land nicht in den Ruin treiben.

Dieses Gesetz, wenn man es sich in der Einführung des Ministers anschaut, aber auch in der Textfassung durchliest, dann hat man, wie gesagt, das Gefühl, dass nur ein ganz schmaler Korridor bleibt und wir eigentlich kaum Platz für die Erörterung hätten. Aber in der Suche dieses Korridors oder in dem Versuch, diesen Korridor auszufüllen, glaube ich, liegt die große Aufgabe des Parlaments. Ich glaube, dass dieses Gesetz im System der rechtlichen Normen, besonders der organisatorischen Normen hier in Thüringen kaum veränderbar ist. Wir brauchen systematische und strukturelle Änderungen in Thüringen, ansonsten kommen wir an dieses Gesetz, an die hier zu zahlenden Beträge in Richtung Kommunen überhaupt nicht ran.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Strukturelle Maßnahmen sind hier das A und O oder - wenn man es so will - Alpha und Omega. Die alten kleinteiligen Strukturen, die wir uns in Thüringen leisten, manchmal sind sie nicht nur kleinteilig, manchmal sind sie auch kleinkariert,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

diese Strukturen lassen wir uns in diesem Jahr wieder 1,55 Mrd. € kosten. Ich glaube, dass dies unverantwortbar ist und wir unbedingt beginnen müssen, einen rigiden Sparkurs anzuwenden. Bei diesem rigiden Sparkurs muss es darum gehen, Thüringen zukunftsfähig zu machen. Bei diesem rigiden Sparkurs muss es darum gehen, dass wir das gemeinsam mit allen Akteuren machen, dass wir die Menschen mitnehmen, denn ein „Stuttgart 21“ in unseren Kommunen nützt uns überhaupt nichts. Wir müssen die Leute frühzeitig mitnehmen. Dafür müssen wir für Verständnis werben. Genau an der Stelle will ich eine Kritik einmal herausgreifen. Sie argumentieren in Ihrem Gesetzentwurf in der Begründung, dass die Revision ergeben hat, dass man keine zusätzlichen Mittel für den Personalaufwand der Kommunen habe, weil geringe Tarifsteigerungen durch moderate Veränderungen in der Belegschaft - also im Abbau von Beschäftigten aufgefangen werden müssten. In Ihrem eigenen Haushalt erhöhen Sie den Personalbedarf um 4 Mio. €. Das passt einfach nicht zusammen. Hier muss man mit Vorbild vorangehen und sagen, wenn ich das von den Kommunen verlange, dann muss ich das selbst auch mit einbringen; nur so können wir gemeinsam Thüringen fortentwickeln, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Strukturveränderungen sind absolut alternativlos. Ich habe schon einmal versucht, das darzustellen. Wir werden in der Haushaltsdebatte dann über den Personalhaushalt Ihres Nachfolgers oder Ihrer Nachfolgerin noch sprechen müssen. Drei

(Abg. Fiedler)

Dinge braucht Thüringen: Sparbereitschaft, Strukturreformen und eine Aufgabenkritik, nicht nur auf der kommunalen Ebene, aber heute reden wir über die kommunale Ebene und die Beziehung zwischen Land und kommunaler Ebene, insofern eine Aufgabenkritik, die sich zwischen diesen beiden Akteuren darstellt.

Wir sehen die Sparbereitschaft in den Kommunen. Ich will nur ein Beispiel darstellen: Kommunen, denen es gut geht und die verantwortlich sind, davon gibt es viele. Die sind im Augenblick so weit, dass sie sagen, das, was wir an Geld bekommen können vom Land - das darf man ihnen auch gar nicht übel nehmen, dass sie um jeden Cent und jeden Euro kämpfen -, und wenn sie etwas davon übrig haben, dann stecken sie das in die Tilgung. Ich glaube, das ist eine sehr vernünftige, ordentliche Haushaltsführung. Aber wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass wir nicht das Land immer weiter verschulden lassen können mit der Bereitschaft, Tilgung in den Kommunen zuzulassen. Diese Sparbereitschaft müssen wir verstehen. Es geht in den Kommunen nicht darum, dass sie immer mehr haben wollen und - das wurde hier auch gesagt - goldene Türklinken und Ähnliches anschaffen wollen. Die Kommunen sind bereit, auch einen Kurs mitzugehen, wenn er, glaube ich, vernünftig moderiert wird. Darum müssen wir zumindest kämpfen. Wir müssen Strukturreformen durchführen und diese müssen bürgerfreundlich sein. Das oberste Kriterium muss die Bürgerfreundlichkeit sein. Es ist heute in der Debatte schon gesagt worden, es muss ein Leitbild dahinter stehen; dieses Leitbild könnte die Bürgerfreundlichkeit sein. Es muss kostensparend sein und es muss vor allen Dingen den Weg in die Zukunft ebnen. Diese große Anstrengung kann man allerdings nur mit einer offenen Diskussion und das ist nicht häufig genug sagbar - mit allen Akteuren, und zwar nicht nur mit den Spitzenverbänden, führen. Die Spitzenverbände, auch das ist heute schon gesagt worden, sind Lobbyverbände und können und dürfen nicht anders, als um jeden Euro zu kämpfen. Aber wenn wir die Menschen vor Ort mit einbeziehen, bin ich mir sicher, dass wir zu einer offenen Diskussion und auch zu Strukturreformen kommen können, die angenommen werden. Das Wichtigste dabei ist aber, dass wir diese Diskussion jetzt endlich beginnen und die CDU sich nicht weiter dagegen wehrt, eine Kreisgebietsreform beispielsweise anzugehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es ist keine gute Politik, dabei zu bleiben, dass wir 23 Kreise haben. Das ist nicht einmal besonders konservativ, denn wir hatten niemals 23 Grafschaften, sonst würde unser Wappen anders aussehen. Wir haben wirklich keinen Grund, diese 23 Gebietskörperschaften hier als Fundament zu zementieren. Ich glaube, wir würden einen großen Schritt weiter

kommen, wenn wir einfach mal über ideologische Grenzen hinweg schreiten und sagen, wir diskutieren einfach den Vorschlag oder eine Möglichkeit, vier Kreise in Thüringen zu bilden,

(Beifall DIE LINKE)

die analog den im Augenblick eingeführten regionalen Planungsregionen entsprechen. Dort gibt es eine eingeführte Zusammenarbeit. Es gibt schon über die Kreise hinweg Zusammenarbeiten und das ist eine Struktur. Da kann man dann der LINKEN auch nicht mehr vorwerfen, dass sie die alten Bezirke wiederbeleben wollte; das ist eine neue Zahl. Diese vier Kreise würden uns, glaube ich, ein gutes Stück voranbringen, wenn wir Kompetenz bündeln, Kompetenz damit verstärken und hier wirklich weitermachen können. Das einzig Falsche wäre, diesen Vorschlag nicht zu diskutieren.

(Beifall DIE LINKE)

Das einzig Falsche ist, ihn nicht zu diskutieren, liebe CDUler.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Aufgabenkritik ist gesagt worden. Herr Kuschel hatte ein Beispiel, wo er Kommunen neue Aufgaben zuordnen will. Ich muss und kann als Grüner nicht anders, als immer wieder zu sagen: Das, was Sie bei der Zerschlagung der staatlichen Umweltämter getan haben, war falsch und es war teuer und es war dumm. Diese sogenannte Reform müssen wir zurücknehmen. Wir müssen Aufgabenkritik üben und wirklich überprüfen, welche Aufgaben in diese kommunale Ebene gehören und welche wir wieder zurück in die Hände des Freistaats führen müssen. Das wäre eine vernünftige Politik. Wenn wir diese Fragen nicht klären, brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, dass wir in jedem Jahr vor dem FAG stehen und sagen werden, eigentlich kann man hier nichts ändern. Wenn wir diese Fragen nicht klären, werden wir niemals zukunftsfähig werden, und wenn wir diese Fragen nicht klären, können die Regierungsfraktionen in jedem Jahr den Vorschlag machen, dass man eine höhere Steuereinnahme annimmt, um damit die Neuverschuldung abzusenken. Aber was, wenn diese höheren Steuereinnahmen in einem Jahr mal nicht kommen? Dann sehen wir ganz alt aus und wir treiben die Neuverschuldung zulasten unserer zukünftigen Generationen weiter hoch. 17 Mrd. € sind schon da und es dürfte keine Million mehr werden. Deshalb brauchen wir strukturelle Änderungen in diesem Land. Wir stellen uns diesem kontroversen Diskurs. Ich weiß auch, dass das, was wir hier diskutieren müssen, nicht unbedingt dazu führt, dass man in Heerscharen Wähler gewinnt, aber im Augenblick sind die Normen recht günstig für uns GRÜNEN. Wir wollen diesen Aufwind nutzen, um hier kontroverse Diskussionen auch mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit den Menschen vor Ort führen zu können. Wir müssen uns an den Bedürfnissen der

Bevölkerung orientieren. Nur so können wir dieses Land reformieren und dann macht es auch wieder Sinn, über das FAG im Detail zu diskutieren. Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächster spricht Abgeordneter Hey von der Fraktion der SPD.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns zumindest in Ansätzen gestern bereits über das Finanzausgleichsgesetz unterhalten, in der Aktuellen Stunde, als es um die fiktiven Hebesätze der Kommunen ging. Ich habe bereits gestern versucht klarzumachen, dass ich das Finanzausgleichsgesetz für den Versuch halte, die finanzielle Ausstattung der Kommunen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Regelungen sicherzustellen und trotzdem die Finanzsituation des Freistaats zu berücksichtigen. Die Begeisterung über diesen Gesetzentwurf oder eher über seine Auswirkungen hält sich bei der sogenannten kommunalen Familie in sehr engen Grenzen. Sie haben das sicher auch den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände entnommen; der eine oder andere meiner Vorredner hat bereits daraus zitiert. Hier kritisiert der Gemeindeund Städtebund beispielsweise, auch das ist schon zur Sprache gekommen, die geplante Reduzierung der Verbundquote auf jetzt 1 Prozent oder die Berücksichtigung fiktiver Steuereinnahmen, das war das Thema gestern, das die Kolleginnen und Kollegen der FDP hier angesprochen haben. Beide Spitzenverbände, der Gemeinde- und Städtebund und der Thüringische Landkreistag, kritisieren unisono und gewissermaßen im Duett den von der Landesregierung ermittelten Minderbedarf infolge der Berücksichtigung der demographischen Entwicklung. Das ist heute, glaube ich, noch nicht sehr oft zur Sprache gekommen. Es wird dabei von beiden Spitzenverbänden darauf verwiesen, dass sich vornehmlich die Personalkosten als Faktor bei Landkreisen und Kommunen niederschlagen, die aber nicht ohne Weiteres veränderbar sind. Ich kann zumindest großes Verständnis dafür aufbringen, dass ein Rückgang der Bevölkerung in den Kommunen nicht automatisch dazu führen kann, dass man dort bei den Personalkosten einsparen könnte. Im Grunde wäre es möglich, den gesamten Gesetzentwurf zum Finanzausgleichsgesetz so zu zerpflücken und zu filetieren, wie Herr Kuschel das so genüsslich gemacht hat, und die einzelnen Punkte bei Ermittlung des Finanzbedarfs Stück für Stück durchzugehen. Aber Sie geben mir sicherlich recht, wir wer

den dabei immer wieder zu demselben Ergebnis kommen und auch das ist heute schon angesprochen worden. Um es mal salopp zu formulieren: Die Decke für die Kommunen ist noch ein Stück kürzer geworden. Es gibt natürlich viele Deutungen, was uns allein dieser Gesetzentwurf für die nächsten Jahre an Handlungsbedarf und Handlungsrahmen mit auf den Weg gibt. Ja, Sie haben recht, Herr Adams, wenn Sie sagen, Thüringen braucht neue Strukturen. Wir haben das heute auch noch einmal eindeutig an anderer Stelle hier betont. Da bin ich voll und ganz bei Ihnen. Für diesen Kommunalen Finanzausgleich 2011 wird uns das allerdings nicht groß helfen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir hätten letztes Jahr anfangen können.)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hätten wir geschafft.)

Damit heilen Sie nicht alles, Herr Adams. Das müssen Sie schon auch einmal zugeben. Aber ich will meine Worte von gestern gern noch einmal wiederholen, wenn es um das Gesamtpaket dieses Gesetzes geht. Ich schätze nämlich die Offenheit in der Begründung dieses Gesetzentwurfs oder wie sie Herr Huber hier auch schon im Plenum dargebracht hat, nämlich die Herleitung der gesamten finanziellen Ausstattung der Kommunen, die dabei angeführt wird. In dieser Begründung heißt es beispielsweise, dass das Land finanziell nicht länger in der Lage ist, den von der Leistungskraft des Landes abhängigen Anteil der angemessenen Finanzausstattung auf dem bisherigen Niveau zu halten. Das steht frank und frei drin. Das ist gut so.

Ich habe in den letzten Wochen sehr viel gehört und gelesen von Täuschungsmanövern und Tricksereien und rechnerischen Kunststückchen und was sonst noch alles dem Innenministerium vorgeworfen wurde. Das alles wäre vielleicht nicht von der Hand zu weisen, wenn man keine Begründung liefern würde für die Ermittlungsansätze, die Sie in dieser Vorlage der Landesregierung finden können.

Ich begrüße diese Offenheit und Ehrlichkeit ausdrücklich und ich halte dieses Vorgehen uns Abgeordneten hier im Parlament gegenüber für richtig, aber auch gegenüber den Kommunen.

Es gibt natürlich auch Punkte, die ich bei diesem Gesetzentwurf durchaus kritisch begleite. Ich will deshalb auch noch einmal das Thema der Finanzierung des Kindertagesstättengesetzes ansprechen; der Gemeinde- und Städtebund hat das in seiner Stellungnahme auch sehr ausführlich getan und einige meiner Vorredner sind - unter anderem eben auch Herr Fiedler - darauf eingegangen. Die Kommunen beschäftigt im Moment nämlich ein Problem, und das seit Wochen und Monaten. Da gibt

(Abg. Adams)

es jetzt ein Kindertagesstättengesetz, das ist seitens des zuständigen Ministeriums ausfinanziert. Dann passiert etwas, das man draußen im Land bei Bürgermeistern, Gemeinde- und Stadträten nicht versteht. Denn die Ausfinanzierung des Kita-Gesetzes wird in den Kommunalen Finanzausgleich gegeben und kommt deswegen nicht vollständig, also vollumfänglich bei den Kommunen an. Das ist diese eigenartige Verteilungssymmetrie, nach der dieser Kommunale Finanzausgleich funktioniert. Wir haben gestern schon kurz über das sogenannte Gothaer Wunder gesprochen. Herr Kuschel, das Gothaer Wunder - so heißt es wirklich - Gotha, das ist die Stadt, die Wunder macht. Diese Symmetrie führt in etwa dazu, dass bei den Schlüsselzuweisungen im Kommunalen Finanzausgleich rund ein Viertel der vorhandenen Gelder für die Landkreise zur Verfügung gestellt wird und drei Viertel der vorhandenen Gelder für die Kommunen. Bislang funktioniert das mit diesem Verteilungsmechanismus ja recht gut, aber genau bei der Verteilung der Gelder für das Kita-Gesetz hakt es. Denn ganz ehrlich, die Landkreise - das ist hier auch schon angesprochen worden - benötigen von diesem Geld nicht etwa dieses eine Viertel und die Kommunen brauchen mehr als die zur Verfügung stehenden restlichen 75 Prozent. Um es mal salopp zu formulieren: Minister Matschie stellt 10 € zur Verfügung und die Kommunen bekommen 7,50 €, brauchen aber mindestens 9 €. Das ist ein sehr ernstes Problem. Wer Zeitung liest, wer sich umhört in den Kommunen, in den Städten und Gemeinden, der weiß, wovon ich spreche. Denn die Kommunen sehen sich ja gezwungen, diese Deckungslücke, die jetzt entsteht zwischen den 7,50 € auf der einen und den 9 € auf der anderen Seite, zu schließen. Sie sind gehalten, ihre Gebühren für die Kitas zu erhöhen, wenn diese Symmetrie weiterhin so wirken sollte. Das wäre dann die Folge. Es gibt mehrere Varianten, das zu verhindern; die wurden und werden auch diskutiert. Ich bin nicht ganz Ihrer Meinung, Herr Kuschel, dass man nun die gesamten Kosten aus der Schlüsselmasse rausnehmen und wieder in einen Einzelplan des Ministeriums mit reinschlagen sollte. Ich denke schon, das ist eine kommunale Aufgabe, die sollte ruhig drinbleiben. Aber ich will keine Fachdebatte an dieser Stelle führen, das müssen wir mit Sicherheit auch in den entsprechenden Gremien tun. Ich will aber eines klar und deutlich hier sagen: Man kann trefflich darüber streiten, ob es verfassungsrechtliche Probleme geben könnte, wenn man Veränderungen der Schlüsselmasse vornimmt. Man kann freilich auf die Stellungnahme des Landkreistags eingehen, der weitere Umverteilungen dieser Art strikt ablehnt, obwohl hier eine eindeutige Ungerechtigkeit vorliegt, weil die Landkreise in diesem Fall - wohlgemerkt in diesem Fall mehr Geld bekommen, als sie benötigen. Man kann auch darauf verweisen, dass es weitere Punkte im Kommunalen Finanzausgleich gibt, bei denen die

Symmetrie der Verteilung nicht so ganz richtig zu sein scheint, zum Beispiel - immer wieder mal gern angeführt - die Sache mit dem ÖPNV. Das kann man alles machen, aber eines kann man nicht: Man kann nicht von uns Abgeordneten hier im Parlament ernsthaft erwarten, dass wir zusehen, wie die Kommunen an dieser Stelle bei der Ausfinanzierung des Kita-Gesetzes alleingelassen werden, nur weil man sich auf den Mechanismus des Kommunalen Finanzausgleichs beruft und sagt, den könne man nicht mehr ändern. Da müssen wir demnächst eben den Weg gehen und erneut über den Kommunalen Finanzausgleich diskutieren. Das kann dann freilich etwas dauern, bei diesem Kommunalen Finanzausgleich werden wir das bis zum Jahresende nicht hinbekommen. Aber in den nächsten Tagen müssen wir ganz konkret zu diesem Problem, zu dem ich eben gesprochen habe, etwas tun, um es lösen zu können. Das sind wir nicht nur den Kommunen schuldig, sondern auch den vielen Thüringer Eltern.

Ich beantrage deswegen auch die Überweisung federführend an den Haushalts- und Finanzausschuss und begleitend an den Innenausschuss. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)