Protocol of the Session on November 10, 2010

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer an dieser Stelle in der Abwägung zwischen Land und Kommune nun der Starke ist, das ist, denke ich, außerordentlich differenziert zu betrach

(Abg. Fiedler)

ten. Es kann nicht sein, lieber Herr Barth, dass zum einen die Kommunen weiterhin gut ausgestattet sind, ihre Gewerbesteuern und ihren Beitrag dazu nicht selbst beitragen, an anderer Stelle aber die guten Kommunen sogar selbst Schulden tilgen können, während das Land sich weiter verschuldet. Das ist einfach unsolidarisch. Hier muss man ganz klar sagen: An dieser Stelle ist die Kommune der Staat. Aber es ist natürlich auch richtig, dass wir Kommunen in diesem Land Thüringen haben, die durch die Erhebung oder die Erhöhung ihres Gewerbesteuersatzes oder durch die Senkung keinerlei Effekte erzielen würden, weil nämlich da kaum noch etwas da ist. An der Stelle ist die Kommune die Schwache, diese Kommune braucht einen starken Freistaat, der ihr zur Seite steht. Dieser Freistaat kann nur stark und nachhaltig wirtschaften, wenn er alle in die Pflicht nimmt, und das tut er an dieser Stelle mit diesen fiktiven Hebesätzen genau. Aber dieser Freistaat wird natürlich nicht nur dadurch, dass er seine Einnahmenseite anhebt, vorwärts kommen, er muss auch strukturelle Änderungen vollziehen. Hier sind die Kollegen der SPD und der CDU angesprochen, die jetzt abermals ein gutes Ergebnis in der Haushaltsdebatte vortäuschen, indem sie nämlich einfach die prognostizierten Steuereinnahmen nach oben nehmen und sagen, wunderbar wir haben weniger Neuverschuldung ohne irgendetwas an den Strukturen zu ändern. Wenn Sie so in der Logik weitermachen, dann werden Sie in dem Jahr, in dem Sie keine Mehrsteuereinnahmen haben, feststellen, dass nichts mehr zu ernten ist, und dann wird es sehr, sehr traurig werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fangen Sie endlich mit strukturellen Änderungen an. Die Kommunen müssen beteiligt werden, das ist ein richtiger Schritt und ich hoffe, dass die FDP es auch begreift. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank Herr Abgeordneter Adams. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Kuschel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrte Damen und Herren, die FDP ist mutig, dieses Thema hier voller Selbstbewusstsein in den Landtag zu bringen; ist es doch die FDP, die auf Bundesebene einen Generalangriff auf die Kommunen führt und die Kommunen finanziell ausbluten möchte,

(Zwischenruf Abg. Recknagel, FPD: Falsch!)

indem sie die Gewerbesteuer abschaffen will und die Konkurrenz, die nach dem liberalen Grundprinzip der FDP das Heilmittel jeder Gesellschaft dar

stellt, zwischen den Kommunen verstärken will durch die Einführung eines Hebesatzes auf die Einkommensteuer. Das findet unseren erbitterten Widerstand. Insofern hätte ich mir gewünscht, dass hier die Landtagsfraktion der FDP sich deutlich gegen das Vorhaben ihrer Bundespartei stellt. Das ist hier leider ausgeblieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, andererseits hat die FDP in einigen Detailpunkten durchaus recht mit ihrer Kritik, und zwar hinsichtlich der Art und Weise, wie die Landesregierung hier versucht zu agieren, indem sie ihr tatsächliches Vorhaben, über den Finanzausgleich eine Gemeindegebietsreform auf den Weg zu bringen, verschleiert. Das lehnen wir ab. Wir sprechen uns keinesfalls gegen eine Diskussion über die Hebesätze aus und sehen dort durchaus Potenziale, vorrangig bei der Gewerbesteuer, bei der Grundsteuer muss man das differenzierter sehen. Wir verweigern uns einer solchen Diskussion nicht; aber nicht im Rahmen des Finanzausgleichs, sondern dieser Dialog muss offen geführt werden mit allen betroffenen Gruppen. Es gibt natürlich Bedenken und Befürchtungen, die durchaus ernst zu nehmen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung agiert widersprüchlich. Im Gesetzentwurf zum Finanzausgleichsgesetz werden Mindesthebesätze definiert, die im Jahr 2015 in Kraft treten sollen. Bei der Bedarfsermittlung werden jetzt aber schon fiktive Hebesätze unterstellt, die über diesen Mindestsätzen im Finanzausgleichgesetz liegen. Das heißt, bereits jetzt unterstellt die Landesregierung den Kommunen, dass sie ihre Einnahmemöglichkeiten nicht ausschöpfen

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie schöpfen sie nicht aus.)

- darüber können wir reden -, aber bei den Mindestsätzen, die 2015 erst in Kraft treten, bleiben sie darunter. Dieser Widerspruch muss aufgeklärt werden. Da haben wir sicherlich im Rahmen der Diskussion zum Gesetzentwurf Finanzausgleichsgesetz Zeit. Wir sehen Potenziale und deswegen verweigern wir uns einer Diskussion nicht. Bei der Gewerbesteuer sehen wir Potenziale, weil durch die letzte Unternehmenssteuerreform zum 01.01.2008 bewusst die Unternehmen entlastet wurden, um den Kommunen einen Korridor zu eröffnen, über die Hebesätze zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften. Es ist beispielsweise bei dem Einzelnunternehmer, der angeblich so im Blickpunkt der FDP steht, der linear steigende Höchststeuersatz von 5 Prozent auf 3,5 Prozent reduziert worden und die Anrechenbarkeit auf die veranlagte Einkommensteuer vom 1,8-fachen auf das 3,8-fache erhöht worden. Damit kann ein Einzelunternehmer bis zu einem Hebesatz von etwa 420, wenn ich den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer mit berücksichtige, seine Gewerbesteuer vollständig mit der Einkommensteuer ver

(Abg. Adams)

rechnen. Das heißt, er wird überhaupt nicht mehr belastet. Deswegen sehen wir dort Potenziale, aber dies im Ergebnis eines offenen Dialogs und nicht durch die Hintertür. Bei den Kapitalgesellschaften kam es zu einer Entlastung bei der Körperschaftssteuer, nämlich von 25 auf 15 Prozent mit dem Hinweis, dass man den Hebesatz erhöhen kann. Dort wurde im Übrigen der Steuersatz auch von 5 auf 3,5 Prozent reduziert. Also, bei der Gewerbesteuer sehen wir Potenziale, bei der Grundsteuer differenziert wegen der Umlagefähigkeit. Wir sagen, die Grundsteuer hat in dem Katalog der Betriebskosten nichts zu suchen, denn bei der Grundsteuer wird das Vermögen besteuert, das Grundvermögen, also die Immobilie und die schöpft der Vermieter über die Nettomiete ab. Dieses noch einmal zusätzlich in die Betriebskosten zu nehmen, halten wir für unanständig. Wenn wir dieses Problem gelöst haben, können wir auch über den Hebesatz der Grundsteuer ideologie- oder emotionsfrei diskutieren. Allerdings ist ideologiefrei für uns nicht richtig, denn wir sind überzeugt, Vermögen muss in diesem Land einen höheren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Dazu gehört auch das Immobilienvermögen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke schön. Als Nächster spricht der Abgeordnete Hey für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kuschel, ich bin schon der Meinung, dass diese Diskussion - Sie sagen, sie muss entkoppelt werden - schon mit in den gesamten Diskurs um das FAG gehört. Das werden wir dann morgen erleben. Bei der jetzigen Diskussion geht es vor allem darum, was das Land an Einnahmen für die Kommunen voraussetzt und nicht, was es den Kommunen gibt. Das ist das, was die Kollegen von der FDP angesprochen haben. Es fällt insbesondere der Ansatz der Gewerbe- und der Grundsteuer ins Auge. Herr Bergner ist vorhin leider nicht so sehr auf die Gewerbesteuer eingegangen und hat gesagt, da fehlt jetzt die Zeit. Er hat sich mehr auf die Grundsteuer gestützt. Die Hebesätze sind jetzt zum Teil auf bundesdeutsches Niveau gestiegen oder mit Blick auf unsere Nachbarländer im Osten auf das Niveau des Freistaats Thüringen. In den Kommunen des Freistaats werden zum Teil geringere Hebesätze angewendet; das ist genau das Problem, das wir in dieser Aktuellen Stunde...

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: In Sachsen sind die Gemeinden viermal grö- ßer.)

Ja, das kommt noch dazu. Herr Kuschel, ich stehe vor Ihnen als Abgeordneter, der bis Ende August des letzten Jahres noch als Finanzdezernent in einer Kommune gearbeitet hat. Die Argumentation der Kommunen, wenn es um die finanzielle Ausstattung des Landes geht, ist mir in Fleisch und Blut übergegangen, sie ist mir zumindest heute noch gegenwärtig. Um es mal anders oder salopp auszudrücken, ich säße heute sicher im Rathaus meiner Heimatstadt und würde Gift und Galle spucken wie meine Kollegen in anderen Rathäusern auch -, was das Land da wieder ausgerechnet hat. Man muss aber fairerweise beide Seiten der Medaille betrachten. Deshalb komme ich jetzt auch zu den finanziellen Nöten, die das Land derzeit selbst hat und weshalb die finanzielle Ausstattung der Kommunen so aussieht, wie sie aussieht. Ich würde das mal so umschreiben, man versucht hier im Rahmen der verfassungsrechtlichen Regeln die finanzielle Ausstattung der Kommunen sicherzustellen und das irgendwie in Einklang zu bringen mit der aktuellen Haushaltslage. Das ist schwierig. Wie wir sehen, ist das auch nicht unumstritten, denn die Haushaltsexperten hier im Landtag wissen auch, wenn ein höherer Ansatz an Gewerbe- und Grundsteuer bei den Kommunen vorausgesetzt wird, dann werden diese Kommunen über kurz oder lang gehalten sein, diese höheren Ansätze anzuwenden. Sie können immer noch wählen und darauf verzichten - logischerweise, das können sie machen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist aber jetzt sarkastisch.)

Nein, nein. Ich nenne das, was den Kommunen hier in dieser Situation übrig bleibt. Herr Kuschel, hören Sie genau zu, ich sage das mal sehr deutlich und ich nehme ein Wort in den Mund, das Politiker nicht sehr gern benutzen - ich sage dazu Steuererhöhung. Wir reden hier de facto über geplante Steuererhöhungen in den Kommunen. Herr Bergner hat das auch angesprochen. Das ist unbequem, wenn man mit den Betroffenen redet, also mit Bürgermeistern und Stadträten. Es ist aber wichtig, in diesen Gesprächen klarzumachen, dass auch seitens des Landes knallharte Gründe bestehen, den Spielraum bei Festlegung der Hebesätze nach oben zu regulieren. Ich kann in fünf Minuten Redezeit nicht erschöpfend auf die aktuelle Haushaltslage des Freistaats eingehen. Da haben wir noch genügend Gelegenheit. Über eines bin ich nicht direkt froh, aber zumindest erleichtert und wir werden zu diesem Fakt morgen noch kommen, wenn wir über das FAG sprechen, Herr Kuschel. Es ist einerseits sicher richtig und auf keinen Fall vollständig von der Hand zu weisen, dass es Kommunen gibt, die den Rahmen der Hebesätze noch nicht vollends ausgeschöpft haben. Es geht ja auch um gewisse Standortvorteile, sagen die Kommunen. Da, wo beispielsweise ein besserer Hebesatz bei Gewerbesteuer ist, da will man Investoren anlocken usw. Ich lese

(Abg. Kuschel)

andererseits mit einer gewissen Erleichterung in der Begründung der Landesregierung zum FAG und das kann jeder nachschlagen -, dass hier Ross und Reiter benannt werden, dass also wirklich schwarz auf weiß zu lesen steht: Jawohl, wir haben nicht mehr Geld, das wir den Kommunen zur Verfügung stellen können, weil wir selbst nicht mehr Geld besitzen. Deshalb ist der Kommunale Finanzausgleich so, wie er ist. Das halte ich für eine Form der politischen Offenheit, die wirklich ehrlich und fair ist.

(Beifall SPD)

Die war nicht immer so, wenn wir ehrlich sind, Herr Kuschel. Die war nicht immer so. Ich entnehme also dem Antrag Herrn Bergners zu dieser Aktuellen Stunde, dass er sich Sorgen macht um die finanzielle Ausstattung der Kommunen. Um das deutlich den Kolleginnen und Kollegen der FDP zu sagen, wir teilen Ihre Sorge, aber mit Verlaub, ich will nicht ständig auf Sie eindreschen für das, was die Kollegen da im Bund, die Kollegen von der FDP gerade veranstalten, weil Sie diese Beschlüsse in Berlin ja auch nicht zu verantworten haben, aber Sie müssen schon zugeben, Ihre Parteifreunde im Bund waren in jüngster Vergangenheit nicht gerade zimperlich, als es um die kommunalen Finanzen ging. Ich nenne hier nur mal das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das kostet die Kommunen richtig viel Geld, die Geschichte mit dem Atomkonsens, die haben wir eben schon angerissen, die kostet richtig viel Geld. Wenn es Ihnen ernst ist, Herr Barth, auch mit der Sorge um unsere Städte und Gemeinden in Thüringen, dann rüffeln Sie ruhig mal Ihre Kolleginnen und Kollegen in Berlin. Wenn Sie dabei Unterstützung brauchen, dann sagen Sie ruhig Bescheid, ich denke, eine ganze Reihe von Abgeordneten hier im Hause werden Ihnen dabei helfen. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gibt es weitere Redemeldungen von den Abgeordneten? Ja, bitte schön, Herr Abgeordneter Recknagel.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, es wird Sie nicht verwundern, dass wir für Gewerbesteuererhöhung nicht zu haben sind.

(Zwischenruf Abg. Kusche, DIE LINKE: Das ist keine Erhöhung.)

Da ist nicht nur ein Zwang, der von oben aufgedrückt wird und der die freie Entscheidung in den Kommunen aushebelt ein Stück weit, sondern das ist auch aus grundsätzlichen Erwägungen so, weil die Gewerbesteuer immer noch trotz der Abschwä

chung dankenswerterweise, die wir in der Koalition in Berlin haben durchsetzen können, eine Fehlkonstruktion ist. Es werden nämlich Steuern erhoben auf Kosten, wie Lizenzen, auf Mieten, auf Zinsen. Herr Kuschel, ich muss Sie korrigieren, die Gewerbesteuer ist eben keine gerechte Steuer. Sie sagen ganz richtig, ein Hebesatz auf Einkommensteuer und Körperschaftssteuer wäre die Alternative. Das wäre tatsächlich gerecht, wenn man denn davon ausgeht, dass Einkommensteuer und Körperschaftssteuer gerecht sind. Also, da sollte man ganz vorsichtig sein. Die Gewerbesteuer ist heute das Gegenteil von Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, wie sie geboten ist, weil eben genau diese Verzerrungen darin stecken. Man will die Großkonzerne treffen, von denen wir in Thüringen leider Gottes keine haben, und trifft in Wirklichkeit die Mittelständler, die in den Gemeinden und Städten Thüringens aktiv sind.

(Beifall FDP)

Wenn man Steuererhöhungen von oben aufoktroyiert, dann sollte man sich klar machen, dass man damit auch diejenigen Gemeinden trifft, die klug und sparsam gewirtschaftet haben, die nämlich frühzeitig sich bemüht haben, attraktive Gewerbestandorte zu schaffen, Arbeitsplätze anzusiedeln. Das haben die unter anderem auch damit gemacht, dass sie ihre möglicherweise vorhandenen Infrastrukturnachteile durch einen etwas niederen, geringeren Steuersatz ausgeglichen haben. Wenn wir ihnen diesen Vorteil heute wieder wegnehmen,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das war schon immer so.)

dann vergehen wir uns an den Thüringer Gemeinden

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das machen Sie doch die ganze Zeit.)

und wir tun ganz bestimmt nichts für die Erhaltung oder Schaffung von Arbeitsplätzen.

Herr Adams, Ihre Milchmädchenlogik, die Sie da eben vorgetragen haben, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Steuersatzerhöhungen haben in den seltensten Fällen zu Steuermehreinnahmen geführt. Man sollte eine faire, eine vernünftige Steuer erheben. Man sollte dafür sorgen, dass die Steuereinnahmen steigen, nämlich indem das Gewerbe am Ort floriert. Das sollte man tun. Danke schön.

(Beifall FDP)

Herr Minister, wir haben noch zwei Minuten Redezeit für die Abgeordneten. Der Abgeordnete Kuschel hatte sich gemeldet. Würden Sie … ? Erst der Abgeordnete Kuschel. Gut.

(Abg. Hey)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Gewerbesteuer hat außer der Fiskalfunktion noch eine andere Funktion und deswegen kämpfen wir so um den Erhalt, übrigens wie die kommunalen Spitzenverbände. Sie stellt nämlich das Bindeglied dar zwischen der örtlichen Wirtschaft und der Kommune. Das würde vollständig verlorengehen, wenn wir einen Hebesatz auf die Einkommenssteuer einführen würden. Die Unternehmen sind meistens Kapitalgesellschaften, sind nicht gleichzeitig mehr Bürger der Kommune. Das ist diese neue Entwicklung, die wir zu verzeichnen haben. Wenn Sie hier geißeln, dass die sogenannten gewinnunabhängigen Elemente bei der Berechnung der Gewerbesteuer eine Art Substanzwirkung haben, also Substanzsteuerwirkung, ist das nicht ganz richtig. Erstens, das wissen Sie, kommt diese Wirkung der Zinsen, der Leasinggebühren, der Mietkaufkosten erst zur Wirkung ab einer Größenordnung von etwa 8 Mio. € durch die hohen Freibeträge. Das heißt, der klassische Einzelunternehmer ist im Regelfall davon nicht betroffen. Dann müssen Sie mal erklären, warum die Eigenkapitalverzinsung, die Grundlage des Gewinns ist, besteuert wird, aber die Fremdkapitaldecke, die auch Ausdruck von Leistungsfähigkeit ist, angeblich nicht. Insofern ist schon eine Logik dahinter, dass neben dem eigentlichen Gewinn auch diese gewinnunabhängigen Elemente, die Ausdruck von Leistungskraft immer darstellen, in die Besteuerung mit einbezogen werden.

Ich will noch etwas sagen zu der Rede von Herrn Fiedler, dass die Kommunen nicht gezwungen werden, die Hebesätze zu erhöhen. Er hat ja dieses Prinzip der Freiwilligkeit noch mal hervorgehoben. Da will ich Ihnen sagen, Herr Fiedler, an Sarkasmus ist das nicht mehr zu überbieten. Wir haben zum Teil in der Geschichte Erfahrungen mit Freiwilligkeit und den Wirkungen. Über den finanziellen Hebel schränken Sie die Freiwilligkeit im Grunde genommen in einer Art und Weise ein, die in der Praxis, in der Wirkung überhaupt nicht mehr erkennbar ist, und das wissen Sie auch. Von daher sollten wir hier nicht mehr von einer Freiwilligkeit sprechen, sondern das Land macht Zwang und dazu sollten wir auch stehen. Danke.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie tun ja so, als wäre das was Neues.)

Vielen Dank. Das Wort hat Herr Innenminister Prof. Huber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Bergner hat mit Schaum vor dem

Mund von Willkür, Unklarheit, Tohuwabohu, Zynismus und Ähnlichem gesprochen. Dem möchte ich entgegenhalten, dass uns natürlich dieser Ansatz, die Zurechnung fiktiver Hebesätze, nicht leichtfällt. Aber wir stehen - und das haben Herr Hey und Herr Fiedler zu Recht gesagt - hier in Verantwortung für den Freistaat, und die Kommunen sind nun einmal Teil des Freistaats. Das bedeutet, dass die Zwänge, die dem Land auferlegt sind, was die Konsolidierung seines Haushalts angeht, nicht an den Kommunen vorbeigehen können. Es gibt eine ganze Reihe von Finanzwissenschaftlern, z.B. Herrn Wagschal aus Freiburg, der das Land auffordert, die Kommunen intensiver an seinen Konsolidierungsbemühungen teilhaben zu lassen. Nichts anderes machen wir. Wir haben eine ganze Reihe von Kommunen - das ist, glaube ich, mehr als die Hälfte -, die sich deutlich unter den ostdeutschen Hebesätzen bei den Realsteuern heute befinden. Das ist bisher gut gegangen und bisher haben wir auch genug Geld gehabt. Diese Zeit ist jedoch zu Ende. Wir können uns die Großzügigkeit, dass in einem Mehrebenensystem die nachgeordnete Ebene ihre Möglichkeiten der Einkunftserzielung nicht ausschöpft und das Land das bezuschusst, nicht länger leisten. Deswegen ist es, glaube ich, richtig, ganz unabhängig davon, wie die Steuerschätzung sich weiter entwickelt, dass wir bei der weiteren Ausgestaltung und Fortentwicklung des Kommunalen Finanzausgleichs davon ausgehen, dass die Kommunen die Einkunftsquellen, die sie haben, auch tatsächlich ausschöpfen. Das ist auch keine Thüringer Besonderheit, das finden Sie im Finanzausgleichssystem aller deutschen Länder und das finden Sie auch im Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Für die Grunderwerbsteuer ist es letztes Jahr erst ins Grundgesetz aufgenommen worden. Es ist auch ein Gebot der Fairness, dass man die übergeordnete Ebene, das Land, nicht zu Subventionen, zu Zuschüssen zwingt, wo die untergeordnete Ebene sich helfen kann. Dass wir dabei auf den Durchschnitt setzen, scheint mir, obwohl ich kein Mathematiker bin, ein gängiges Verfahren zu sein. Da ist auch die Hansestadt Hamburg, da sind auch Gemeinden wie Prenzlau, aus der Uckermark, der Lüneburger Heide oder dem westpfälzischen Bereich dabei, denen es keineswegs besser geht als Thüringen. Wir haben letzte Woche die Zahlen zur Arbeitsmarktentwicklung, die Zahlen zu den Arbeitsplätzen hier in Thüringen zur Kenntnis genommen. Wir haben gesehen, dass wir uns deutlich abgesetzt haben von allen anderen ostdeutschen Ländern und auf dem Weg sind, mit NordrheinWestfalen gleichzuziehen. Vor diesem Hintergrund, glaube ich, ist es mehr als legitim, dass wir den bundesdeutschen Durchschnitt, was die Hebesätze angeht, auch hier bei der Zurechnung möglicher Einkünfte, Steuereinnahmen der Kommunen ansetzen.